Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus fehlerhafter Steuerberatung eines Wirtschaftsprüfers

 

Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Steuerberatung gegen einen Wirtschaftsprüfer, der nicht zugleich Steuerberater ist, verjähren auch dann nach § 51a WiPrO und nicht nach § 68 StBerG, wenn der Wirtschaftsprüfer zur Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Auftraggeber bei ihm angestellte Steuerberater zugezogen hat (im Anschluß an BGH, 6.11.1980, VII ZR 237/79, BGHZ 78, 335).

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein „Übergreifen” der Regelung der einen Berufsordnung in die andere, ohne daß der Betroffene auch dem anderen Beruf angehört, kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

WiPrO § 51a; StBerG § 68

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 30.01.1980; Aktenzeichen 25 U 37/79)

LG Hagen (Urteil vom 26.01.1979; Aktenzeichen 14 O 314/77)

 

Tatbestand

Die Beklagte zu 2 ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 1, ebenfalls Wirtschaftsprüfer, ist. An sie wandte sich im Oktober 1973 der Kläger, der in P. ein Kaltwalzwerk betreibt. Er hatte die von ihm erzielten Gewinne in seinem Betrieb investiert und stand vor der Frage, wie er gleichwohl Steuern sparen könnte. Auf Vorschlag der Beklagten beteiligte er sich noch vor Jahresende 1973 als Kommanditist an mehreren Abschreibungsgesellschaften, darunter die Firmen I. in B. und G. in Ba.. Im Laufe des Jahres 1974 zahlte der Kläger an diese Gesellschaften (einschließlich Agio) insgesamt 1.785.000 DM. Er erhielt noch für 1973 Verlustzuweisungen, die bewirkten, daß er für dieses Jahr keine Steuern zu entrichten hatte. 1975 fiel die Firma G. in Konkurs, 1976 die Firma I.. Der Kläger muß nun Steuern nachzahlen, deren Höhe streitig ist.

Er nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus schuldhaft fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch und fordert von ihnen die Erstattung der an die Abschreibungsgesellschaften geleisteten Zahlungen. Er hat zunächst 714.000 DM nebst Zinsen eingeklagt und die Feststellung begehrt, daß die Beklagten auch zum Ersatz des weiteren ihm durch die Beteiligung an den beiden Gesellschaften entstehenden Schadens verpflichtet sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt. Mit der Anschlußberufung hat der Kläger die Klagsumme auf 1.785.000 DM nebst Zinsen erhöht und den Feststellungsantrag nur noch hilfsweise gestellt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Anschlußberufung zurückgewiesen (sein Urteil ist veröffentlicht in Betrieb 1980, 1335). Mit der – angenommenen – Revision, um deren Zurückweisung die Beklagten bitten, verfolgt der Kläger die Klage im Umfang des zweiten Rechtszuges weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht läßt offen, ob die Beklagten schuldhaft ihre Sorgfaltspflicht bei der Beratung des Klägers verletzt haben. Die Tätigkeit der Beklagten sei nur eine Teilleistung aus einem umfassenden steuerlichen Beratungsvertrag gewesen. Deshalb seien etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers gemäß § 68 StBerG verjährt.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Es macht keinen Unterschied, ob die Beklagten die Anlageempfehlung innerhalb der von ihnen übernommenen Wahrnehmung steuerlicher Angelegenheiten des Klägers gegeben haben oder nicht. Auch wenn die Empfehlung Teil steuerberatender Tätigkeit der Beklagten war, sind etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers nicht verjährt.

2. Wie der Senat inzwischen durch sein Urteil BGHZ 78, 335 = NJW 1981, 401 (vgl. dazu die Anm. von van Venrooy Betrieb 1981, 312) entschieden hat, verjähren Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Steuerberatung gegen einen Wirtschaftsprüfer, der nicht zugleich Steuerberater ist, nicht nach § 68 des Steuerberatungsgesetzes, sondern nach § 51a der Wirtschaftsprüferordnung, also in fünf Jahren seit ihrer Entstehung.

Nach der Entwicklung, die die Berufsordnungen der Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer genommen haben, richtet sich die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Angehörige dieser Berufsgruppen aus einer Tätigkeit, die ihrem jeweiligen Berufsbild entspricht, nach den Vorschriften derjenigen Berufsordnung, der sie bei Ausübung dieser Tätigkeit angehören. Ein „Übergreifen” der Regelung der einen Berufsordnung in die andere, ohne daß der Betroffene auch dem anderen Beruf angehört, kommt nicht in Betracht.

Die Verjährungsregelung des § 68 StBerG ist daher für Personen, die allein Wirtschaftsprüfer sind, keinesfalls anwendbar. Erst wenn die zu entfaltende Tätigkeit in das Berufsbild mehrerer Berufe fällt, denen der Auftragnehmer gleichzeitig angehört, kann es eine Rolle spielen, welchem Berufsbild der verschiedenen gleichzeitig ausgeübten Berufe die entfaltete Tätigkeit zuzuordnen ist und nach welcher Berufsordnung sich demgemäß die Verjährung von aus dieser Tätigkeit hergeleiteten Schadensersatzansprüchen richtet. Für Angehörige nur eines einzigen Berufs ist dagegen allein ausschlaggebend, ob die Tätigkeit in den Bereich des Berufs fällt. Die steuerberatende Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer nimmt einen Raum und Rang ein, der das Berufsbild der Wirtschaftsprüfer zumindest wesentlich mitbestimmt, und gehört deshalb zu dem beruflichen Bereich, für den § 51a WPO gilt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das vorerwähnte Senatsurteil verwiesen.

3. Hier ist der Beklagte zu 1 ausschließlich Wirtschaftsprüfer. Auch die Beklagte zu 2 ist nur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, für die nach § 56 Abs 1 WPO die Vorschrift des § 51a WPO über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen sinngemäß gilt. Darauf, ob die Beklagten – wie sie geltend machen – zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Kläger auch Steuerberater zugezogen haben, die bei ihnen angestellt sind, kommt es nicht an. Nicht die berufliche Einordnung etwaiger nach § 278 BGB tätig gewordener Erfüllungsgehilfen ist maßgebend, sondern die des Vertragspartners.

4. Die 5-Jahresfrist des § 51a WPO begann hier – wie in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall – mit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. August 1975 (BGBl I 2258), durch das die Vorschrift eingeführt worden ist, sie lief also ab 24. August 1975. Insoweit ist Art 169 Abs 2 EGBGB entsprechend anzuwenden (BGHZ 73, 363, 365 mwN). Die Klage ist am 10. November 1977 eingegangen und den Beklagten am 21. November 1977 zugestellt worden. Sie hat damit die Verjährung rechtzeitig unterbrochen.

5. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das nunmehr die Klagansprüche sachlich zu prüfen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2027378

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