Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung der Schadensersatzansprüche gegen Wirtschaftsprüfer aus fehlerhafter Steuerberatung

 

Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Steuerberatung gegen einen Wirtschaftsprüfer, der nicht zugleich Steuerberater ist, verjähren nicht nach § 68 StBerG, sondern nach der § 51a WiPrO, also in fünf Jahren seit ihrer Entstehung.

 

Leitsatz (redaktionell)

Daß Wirtschaftsprüfer zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind (§ 3 StBerG, § 2 Abs. 2 WiPrO), macht sie nicht zugleich zu Steuerberatern und damit zu „Mehrfachberuflern”.

 

Normenkette

WiPrO § 51a; StBerG § 68

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.11.1979)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Juli 1979 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Architekt, kaufte mindestens seit 1960 Baugrundstücke, bebaute sie und veräußerte sie dann weiter. Bis zum Jahre 1966 war er Klient des Steuerberaters A. M. in L. Im Februar 1966 übernahm der Wirtschaftsprüfer Dipl.-Kaufmann Dr. H. P. die Praxis und wurde von da an bis 1971 für den Kläger tätig. Er erstellte u.a. die Jahresabschlüsse und fertigte die vom Kläger abzugebenden Steuererklärungen. Dr. P. ist am 1. Oktober 1976 verstorben; er ist von der Beklagten, seiner Witwe, beerbt worden.

Steuerberater M. hatte sämtliche unbebauten, bebauten und im Bau befindlichen Grundstücke des Klägers in den Bilanzen als Anlagevermögen ausgewiesen. Deshalb nahm der Kläger auf die Herstellungskosten der von ihm errichteten Gebäude alljährlich Abschreibungen nach den §§ 7 und 7 b des Einkommensteuergesetzes vor. Die Anschaffungskosten für die als Anlagevermögen bilanzierten Grundstücke und die ebenfalls als Anlagevermögen eingesetzten Kosten für die Errichtung der Gebäude finanzierte der Kläger aus langfristigen Darlehen. In den Gewerbesteuererklärungen bis 1963 wurden diese Darlehen deshalb als Dauerschulden dem Gewerbekapital und die auf die Darlehen zu zahlenden Zinsen als Dauerschuldzinsen dem Gewerbeertrag zugerechnet. Gewerbekapital und -ertrag sind maßgebend für die Bemessung der Gewerbesteuer.

Dr. P. setzte das Verfahren seines Vorgängers für die Jahre 1964 bis 1966 fort. Es wurde später vom Finanzamt beanstandet. Da sich die Tätigkeit des Klägers als gewerblicher Grundstückshandel darstelle, habe das Grundvermögen des Klägers dem Umlauf- und nicht dem Anlagevermögen zugerechnet werden müssen. Damit seien die Finanzierungsdarlehen nicht als Dauerschulden anzusehen gewesen, die deshalb dem Gewerbekapital ebensowenig hätten zugerechnet werden dürfen, wie die Zinsen dem Gewerbeertrag. Der Kläger wirft Dr. P. vor, er hätte diesen Fehler ohne weiteres erkennen und vermeiden können. Zumindest hätte er gegen die ihm zugeleiteten Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1964 bis 1966 unverzüglich Einspruch einlegen müssen. Dadurch habe er (Kläger) in diesen Jahren 146.509 DM zuviel Gewerbesteuer bezahlt. Den Schaden müsse die Beklagte als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes ersetzen. Die Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger hat die 146.509 DM nebst Zinsen eingeklagt. Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der – angenommenen – Revision, um deren Zurückweisung die Beklagte bittet, verfolgt der Kläger die Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob dem Ehemann der Beklagten eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten aus dem Vertragsverhältnis mit dem Kläger vorzuwerfen sei, die ihn zum Schadensersatz verpflichten würde. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers seien nämlich verjährt. Zwar seien die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Ehemann der Beklagten nicht Werkvertrag, sondern Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter. Etwaige Schadensersatzansprüche unterlägen daher nicht der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 638 BGB. Die Ansprüche seien aber gemäß § 68 StBerG am 13. August 1975, drei Jahre nach Inkrafttreten dieser als § 29 a durch das 2. Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 (BGBl I 1401) neu geschaffenen Vorschrift, verjährt. Der erst am 23. August 1975 in Kraft getretene § 51a der Wirtschaftsprüferordnung mit seiner 5-jährigen Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche gegenüber Wirtschaftsprüfern sei hier nicht anzuwenden. Dr. P. sei zwar nur Wirtschaftsprüfer gewesen, nicht aber als solcher, sondern als Steuerberater tätig geworden, wozu er auch gemäß § 3 StBerG und § 2 Abs. 2 WPO befugt gewesen sei. Bei „Mehrfachberuflern” müsse bei der Zuordnung auf den materiellen Inhalt des Beratungsverhältnisses abgestellt werden, nicht auf die Berufsbezeichnung.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Allerdings ist es – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht hier angenommen hat, das zwischen dem Kläger und dem Wirtschaftsprüfer Dr. P. bestehende Geschäftsbesorgungsverhältnis sei dienstvertraglicher und nicht werkvertraglicher Natur; die Verjährung richte sich daher nicht nach § 638 BGB.

Ähnlich wie beim Anwaltsvertrag (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 29. Juni 1972 – VII ZR 184/71 = LM BRAO § 51 Nr. 1) ist auch ein Vertrag, durch den die Wahrnehmung steuerlicher Interessen übertragen wird, regelmäßig Dienstvertrag und nur ausnahmsweise Werkvertrag (BGHZ 54, 106, 107/108; zuletzt BGH Urteil vom 13. März 1980 – VII ZR 274/79 –). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß hier eine solche Ausnahme nicht gegeben ist. Es durfte dem von den Parteien vorgelegten Schriftwechsel, insbesondere der Rechnung des Ehemanns der Beklagten vom 15. April 1966 und seinem Kündigungsschreiben vom 28. April 1971 entnehmen, daß er nicht nur einzelne Leistungen schuldete, die auf einen bestimmten Erfolg gerichtet waren, sondern eine weiterreichende Tätigkeit steuerlicher Beratung und Betreuung. Eine solche über Jahre hinweggehende Tätigkeit ist einheitlich zu beurteilen (vgl. das genannte Senatsurteil vom 13. März 1980).

Sie ist nicht, wie die Revisionserwiderung irrig meint, der Tätigkeit eines Architekten vergleichbar, der sämtliche Architektenleistungen von der Planung bis zur örtlichen Bauaufsicht übernommen hat. Denn diese Tätigkeit dient insgesamt der Herbeiführung eines Erfolgs, nämlich der Erstellung des Bauwerks (BGHZ 31, 224, 227; 43, 227, 230; 51, 190, 191; vgl. auch BGHZ 62, 204). Hier dagegen steht die Beratungs- und Betreuungstätigkeit im Vordergrund, die zwar darauf gerichtet ist, dem Auftraggeber zu möglichst günstiger Besteuerung zu verhelfen. Sie wird nach dem regelmäßigen Willen der Vertragspartner aber als Dienstleistung und nicht als Erfolg geschuldet, für den der Auftragnehmer wie für ein von ihm erstelltes Werk soll einstehen müssen.

2. Auf die „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften” kann sich die Beklagte nicht berufen. Sie hatte zwar im ersten Rechtszug behauptet, diese „Auftragsbedingungen” hätten dem Vertragsverhältnis ihres Ehemannes mit dem Kläger zugrundegelegen, und dafür Beweis mit der Vernehmung des Klägers als Partei angetreten. Nachdem jedoch der Kläger den Empfang der Vertragsbedingungen bestritten hatte, ist die Beklagte im zweiten Rechtszug auf ihre – offensichtlich nicht beweisbare – Behauptung nicht mehr zurückgekommen. Damit hat sie diesen Vortrag fallen lassen. Das Berufungsgericht hat sich mit ihm denn auch – im Gegensatz zu allen anderen von der Beklagten erhobenen Einwänden – nicht befaßt. Dann kann der Vortrag im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden.

3. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Die Verjährung dieser Ansprüche richtet sich nämlich nicht nach § 68 StBerG, wie das Berufungsgericht irrig meint, sondern nach § 51 a der Wirtschaftsprüferordnung.

a) Dabei kann offenbleiben, nach welchen Merkmalen die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen sogenannte „Mehrfachberufler” zu bestimmen ist, denen eine Tätigkeit übertragen wurde, die sie als Angehörige verschiedener Berufe entfalten können (vgl. zur Problemstellung Späth DStR 1977, 628 und Die Zivilrechtliche Haftung des Steuerberaters, 2. Aufl. (1979), Rdn. 302 a; Gräfe in Kolbeck/Peter/Rawald, Kommentar zum StBerG 1975, 2. Aufl., Anm. 7 b zu § 68). Dr. P. war kein „Mehrfachberufler”. Er war ausschließlich Wirtschaftsprüfer und ist auch nur als solcher aufgetreten. Daß Wirtschaftsprüfer zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind (§ 3 StBerG, § 2 Abs. 2 WPO), macht sie nicht zugleich zu Steuerberatern und damit zu „Mehrfachberuflern” (anders das Berufungsgericht und OLG Hamm Betrieb 1980, 1335). Sie gehören zwar zu einem Beruf, dem die Steuerberatung erlaubt ist, sind aber ausschließlich Wirtschaftsprüfer.

b) Die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 StBerG befugten Berufe haben durchweg eigene Berufsordnungen mit unterschiedlichen Verjährungsregelungen: Für Rechtsanwälte gilt § 51 BRAO, für Steuerberater (Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften) § 68 StBerG und für Wirtschaftsprüfer (einschließlich der vereidigten Buchprüfer) § 51 a WPO. Diese Vorschriften sind sach- und personenbezogen, d.h. sie regeln nur die Verjährung von bestimmten Ansprüchen gegen im einzelnen genannte Berufsangehörige.

aa) So verjähren nach § 51 BRAO lediglich Schadensersatzansprüche gegen einen Rechtsanwalt wegen Verletzung von Pflichten aus anwaltlicher, nicht aber aus anderweitiger Tätigkeit des Rechtsanwalts (Senatsurteil vom 29. Juni 1972 – VII ZR 184/71 = LM BRAO § 51 Nr. 1). Doch fallen unter diese Vorschrift Ansprüche aus fehlerhafter steuerrechtlicher Beratung durch einen Rechtsanwalt, weil Steuerberatung auch eine anwaltliche Tätigkeit ist (der Senat aaO). Der VI. Zivilsenat (Urteil vom 11. Juli 1978 – VI ZR 266/76 = WM 1978, 1123, 1124) hat die Frage aufgeworfen, aber offengelassen, ob insoweit § 68 StBerG anzuwenden wäre. Die Frage ist zu verneinen. Soweit der Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft eine steuerberatende und damit anwaltliche Tätigkeit ausübt, richten sich Schadensersatzansprüche daraus gegen ihn nach § 51 BRAO und nicht nach der für Steuerberater geltenden Verjährungsvorschrift.

Andere Personen, denen die Besorgung fremder Rechtsangelegenheit nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubt ist, ohne daß sie Rechtsanwälte sind, kommen nicht in den Genuß der 3-jährigen Verjährungsfrist des § 51 BRAO, auch wenn sie der Sache nach eine Tätigkeit ausüben, die zu den Berufsaufgaben des Rechtsanwalts gehört. So hat etwa ein Rechtsbeistand gegen seinen Auftraggeber zwar die gleichen Berufspflichten wie ein Rechtsanwalt (BGHZ 34, 64). Schadensersatzansprüche gegen ihn verjährten bisher gleichwohl nach den allgemeinen Bestimmungen. Das ist erst mit dem 5. Gesetz zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 (BGBl I 1503) anders geworden. Nach dessen Art. 2 Abs. (5) wird Rechtsbeiständen die Möglichkeit eröffnet, der für sie zuständigen Rechtsanwaltskammer beizutreten. Erst mit dem Beitritt ist auf sie u.a. auch der Dritte Teil der Rechtsanwaltsordnung anzuwenden, in dem sich § 51 über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen befindet (vgl. die Verlautbarung in RBeistand 1980, 67, 68).

bb) Weder das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz) vom 16. August 1961 (BGBl I 1301) noch das Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24. Juli 1961 (BGBl I 1049) enthielten ursprünglich Vorschriften über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, obgleich der Steuerberater in Steuersachen eine Tätigkeit ausübt, die zugleich anwaltliche Berufstätigkeit ist (BGHZ 53, 103, 107; 64, 214, 218). Wirtschaftsprüfer waren nach § 2 Abs. 2 der Wirtschaftsprüferordnung auch in ihrer damaligen Fassung befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen war damals – außer im Steuerberatungsgesetz – vor allem in § 107 a der Reichsabgabenordnung geregelt, der durch § 119 Abs. 2 StBerG (1961) neu gefaßt wurde.

cc) Erst durch das 2. Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 (BGBl I 1401) wurde in das Steuerberatungsgesetz der § 29 a über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Steuerberater und Steuerbevollmächtigte eingefügt, der dem § 51 BRAO nachgebildet ist, wenn er auch nicht völlig mit ihm übereinstimmt (vgl. BGHZ 73, 363, 369). Erst damit wurde in dieser Frage die Angleichung der Rechtsstellung der Steuerberater an die der Rechtsanwälte vollzogen, aber auch nur die der Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften (vgl. § 30 StBerG 1961). Eine entsprechende Vorschrift für die Wirtschaftsprüfer ist damals nicht geschaffen worden. Auch an der allgemeinen Regelung in § 107 a der Reichsabgabenordnung über die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen änderte sich nichts.

dd) Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl I 1509), das zur Neufassung des Steuerberatungsgesetzes vom 4. November 1975 (BGBl I 2735) führte, wurden die allgemeinen Vorschriften über die Hilfeleistung in Steuersachen aus der Reichsabgabenordnung herausgenommen, umgestaltet, ergänzt und als Erster Teil in das Steuerberatungsgesetz übernommen. Bei der bisherigen Regelung über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen blieb es jedoch. Der alte § 29 a befindet sich als neuer § 68 in dem „Steuerberaterordnung” überschriebenen Zweiten Teil des Steuerberatungsgesetzes, der nunmehr – ähnlich wie die Rechtsanwaltsordnung und die Wirtschaftsprüferordnung – die Berufsordnung der Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften enthält. Die Verjährungsregelung ist also nicht etwa in den 1. Teil über die Steuerberatung vorgezogen worden, so daß angenommen werden könnte, sie gelte nun für Ansprüche aus steuerberatender Tätigkeit, gleichviel von wem sie ausgeübt wird (ebenso Gräfe aaO Anm. 2 a.E.). Dafür fehlt auch sonst jeder Anhaltspunkt. Andernfalls wäre es entbehrlich gewesen, in § 72 n.F. StBerG an dem § 30 a.F. festzuhalten, wonach bestimmte Vorschriften sinngemäß für Steuerberatungsgesellschaften und deren Organe gelten, darunter auch § 68 mit der Verjährungsregelung.

ee) Etwa um die gleiche Zeit ist durch Gesetz vom 20. August 1975 (BGBl I 2258) die Wirtschaftsprüferordnung geändert und im Anschluß daran am 5. November 1975 ihre Neufassung bekannt gemacht worden (BGBl I 2803). Erst durch dieses Gesetz wurde in § 51 a WPO die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Wirtschaftsprüfer neu geregelt. Dabei geht die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung davon aus, daß die Verjährung bis dahin allgemein 30 Jahre betrug. In Anlehnung an den schon immer für Prüfungen des Jahresabschlusses von Aktiengesellschaften geltenden § 168 Abs. 5 AktG wurde die Verjährungsfrist – entgegen der 3-Jahresfrist des § 51 BRAO und des § 68 StBerG – auf 5 Jahre bemessen.

Damit war die einheitliche Verjährung aller Ansprüche eines Auftraggebers auf Schadensersatz „aus dem zwischen ihm und dem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis” gesichert. Ein Unterschied nach der Art der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers ist nicht gemacht worden (vgl. BT-Drucks. 7/2417 S. 21 zu Nr. 31 des Regierungsentwurfs). Die neue Vorschrift war während des Gesetzgebungsverfahrens nie umstritten. Es ist insbesondere auch nie zum Ausdruck gekommen, daß sie etwa nur für Ansprüche aus wirtschaftsprüfender und wirtschaftsberatender Tätigkeit, oder gar daß sie für steuerberatende Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers nicht gelten solle, weil dafür bereits eine anderweitige Regelung bestehe (vgl. auch Wolff „Die Wirtschaftsprüfung” 1975, 481, 483). Dagegen wurde die neue Bestimmung auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften ohne weiteres für anwendbar erklärt (§§ 56, 130 WPO).

c) Bei dieser Entwicklung und der daraus folgenden Sach- und Rechtslage richtet sich die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus einer Tätigkeit, die ihrem jeweiligen Berufsbild entspricht, nach den Vorschriften derjenigen Berufsordnung, der sie bei Ausübung dieser Tätigkeit unterliegen. Die Verjährung richtet sich nach dem Willen des Gesetzgebers dagegen nicht, wie das Berufungsgericht irrig meint, jeweils „nach dem Charakter der in zulässiger Weise praktisch ausgeübten Tätigkeit”. So wie sich die einzelnen Berufsordnungen, was die Verjährung von Schadensersatzansprüchen angeht, entwickelt haben, kommt ein „Übergreifen” der Regelung der einen Berufsordnung in die andere, ohne daß der Betroffene auch dem anderen Beruf angehört, nicht in Betracht. Deshalb gehört – entgegen der in der Revisionsverhandlung vom Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vertretenen Ansicht – § 68 StBerG auch nicht zu den „besonderen gesetzlichen Bestimmungen”, welche nach § 51 a Satz 2 WPO unberührt bleiben. Die Verjährungsregelung des § 68 StBerG ist daher für Personen, die allein Wirtschaftsprüfer sind, keinesfalls anwendbar.

Erst wenn die zu entfaltende Tätigkeit in das Berufsbild mehrerer Berufe fällt, denen der Auftragnehmer gleichzeitig angehört, kann es eine Rolle spielen, welchem Berufsbild der verschiedenen gleichzeitig ausgeübten Berufe die entfaltete Tätigkeit zuzuordnen ist und nach welcher Berufsordnung sich demgemäß die Verjährung von aus dieser Tätigkeit hergeleiteten Schadensersatzansprüchen richtet. Dann mag es darauf ankommen, für welchen Beruf die Tätigkeit „typisch” oder „spezifisch” ist, welchem sie zumindest ihrem Schwerpunkt nach zuzurechnen ist. Für Angehörige nur eines einzigen Berufs ist dagegen allein ausschlaggebend, ob die Tätigkeit in den Bereich dieses Berufs fällt. Trifft das zu, richtet sich die Verjährung allein nach den für diesen Beruf geltenden Bestimmungen (so wohl auch Späth DStR 1977, 628, 629 und van Venrooy Betrieb 1980, 1336).

d) So ist es hier. Zwar wird das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers seinem Schwerpunkt nach durch die ihm nach § 2 Abs. 1 WPO obliegende Aufgabe geprägt, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen (BGHZ 64, 214, 218). Zugleich wird jedoch in § 2 Abs. 2 WPO die Befugnis der Wirtschaftsprüfer besonders hervorgehoben, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten. Davon wird auch verbreitet Gebrauch gemacht. In der Befugnis zu unbeschränkter Hilfeleistung in Steuersachen stehen die Wirtschaftsprüfer nach § 3 StBerG (1975) den Steuerberatern und den Rechtsanwälten gleich. Das war auch schon nach § 107 a der Reichsabgabenordnung so.

Diese Befugnis der Wirtschaftsprüfer steht in enger Verbindung zu der sich u.a. aus ihrer Prüfungstätigkeit ergebenden Beratung ihrer Mandanten in wirtschaftlichen Angelegenheiten, welche die Wirtschaftsprüfer seit jeher als eine ihrer Aufgaben angesehen haben und die ihnen nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO auch ausdrücklich erlaubt ist (vgl. entsprechend für Steuerberater § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG). Wirtschaftliche und steuerliche Beratung stehen in Wechselbeziehung zueinander. Wegen der Verknüpfung der Handelsbilanz mit der Steuerbilanz ist die eine ohne die andere kaum sinnvoll durchzuführen. Die steuerberatende Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer nimmt damit zwangsläufig einen Raum und Rang ein, der das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers zumindest wesentlich mitbestimmt und deshalb zu dem beruflichen Bereich gehört, für den § 51 a WPO gilt (insofern a.A. van Venrooy aaO, der dann aber die 30-jährige Verjährungsfrist des BGB für anwendbar hält).

4. Daß damit Schadensersatzansprüche aus der gleichen schuldhaften Pflichtverletzung verschieden verjähren, je nachdem ob die steuerlichen Angelegenheiten von einem Rechtsanwalt, einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer wahrgenommen werden, mag unbefriedigend erscheinen, ist aber die unvermeidliche Folge der insofern uneinheitlichen Gesetzgebung.

a) Betrüge die Frist in § 51 a WPO nicht 5 Jahre, sondern – wie in § 51 BRAO und § 68 StBerG – 3 Jahre, so wäre das deswegen ungereimt, weil Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer aus fehlerhafter Prüfung des Jahresabschlusses von Aktiengesellschaften gemäß § 168 Abs. 5 AktG in 5 Jahren verjähren. Gerade das sollte aber nach dem Willen des Gesetzgebers vermieden werden (BT-Drucks. 7/2417 aaO).

b) Daß inhaltlich gleiche Ansprüche gegenüber verschiedenen Schuldnern in verschiedenen Fristen verjähren, ist nichts Außergewöhnliches, wie beispielsweise § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB zeigt. Danach beträgt die Verjährungsfrist für die dort aufgeführten Ansprüche grundsätzlich 2 Jahre, bei Leistungen für den Gewerbebetrieb des Schuldners dagegen 4 Jahre. Dabei können die Merkmale, nach denen sich richtet, wer Gewerbetreibender im Sinne dieser Bestimmung ist, rein formaler Art sein, wie z.B. bei einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH, wenn sie kein Gewerbe betreiben, aber trotzdem die 4-Jahresfrist gegen sich gelten lassen müssen (BGHZ 49, 258, 263; 66, 48).

c) Die Verjährung soll sich nach möglichst einfachen, klaren, leicht zu handhabenden und damit weitgehend formalen Merkmalen bestimmen. Das ist der Fall, wenn für die Verjährung daran angeknüpft wird, ob die Tätigkeit, aus der der Schadensersatzanspruch herzuleiten ist, von einem Rechtsanwalt, einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer innerhalb der von ihrem jeweiligen Berufsbild gezogenen Grenzen ausgeübt und die Verjährungsfrist dann der jeweils maßgebenden Berufsordnung entnommen wird.

d) Die Interessenlage gebietet keine andere Lösung. Für den Auftraggeber ist eine längere Verjährungsfrist, wenn er – statt eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters – einen Wirtschaftsprüfer mit der Wahrnehmung seiner steuerlichen Interessen betraut hat, von Vorteil. Die Wirtschaftsprüfer, für die in den ihnen nach § 2 Abs. 1 WPO vorbehaltenen Aufgaben ohnehin die 5-Jahresfrist des § 51 a WPO gilt, können sich auf diese Frist auch bei ihrer steuerberatenden Tätigkeit einrichten. Das trifft sie nicht hart; bis 1975 betrug die Verjährungsfrist – außer in dem Sonderfall des § 168 Abs. 5 AktG – sogar 30 Jahre.

Wenn einer Harmonisierung das Wort zu reden wäre, dann wäre eher an eine Angleichung der häufig sehr knappen 3-Jahresfrist der §§ 51 BRAO, 68 StBerG auf 5 Jahre zu denken, so wie es in dem beiden Vorschriften vorausgegangenen § 37 der Reichsrechtsanwaltsordnung gewesen ist und im Regierungsentwurf zur Bundesrechtsanwaltsordnung ursprünglich auch vorgesehen war. Eine solche Angleichung kann aber nur der Gesetzgeber treffen.

5. Die 5-Jahresfrist des § 51 a WPO begann hier mit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. August 1975 (BGBl I 2258), durch das die Vorschrift eingeführt worden ist, zu laufen, also ab 24. August 1975. Insoweit ist Art. 169 Abs. 2 EGBGB entsprechend anzuwenden (BGHZ 73, 363, 365 m.w.N.). Die Klage ist am 27. April 1978 eingegangen und der Beklagten am 12. Mai 1978 zugestellt worden. Sie hat somit die Verjährung rechtzeitig unterbrochen.

6. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche noch nicht sachlich geprüft. Dem Senat ist deshalb eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2027375

BGHZ, 335

NJW 1981, 401

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