Leitsatz (amtlich)

a) Will der Vermieter eines außerhalb des Mietgebrauchs durch Brand unbenutzbar gewordenen Mietobjekts den Verlust des Anspruchs auf den Mietzins (§ 537 BGB) oder eine Kündigung des Mieters (§ 542 BGB) vermeiden, so muß er den vertragsgemäßen Zustand auch dann wiederherstellen, wenn im Mietvertrag Instandsetzung und Instandhaltung des Mietobjekts sowie Schönheitsreparaturen grundsätzlich auf den Mieter abgewälzt worden sind.

b) Solange die Verwaltungsbehörde die erneute Erteilung der Genehmigung für die Wiederbenutzung von Gaststättenräumen, die außerhalb des Mietgebrauchs durch Brand unbenutzbar geworden waren, versagt, ist der vertragsmäßige Gebrauch des Mietobjekts insgesamt aufgehoben, auch wenn nur noch restliche Wiederherstellungsarbeiten ausstehen.

 

Normenkette

BGB §§ 536-537

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 13.01.1986)

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 13. Januar 1986 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf Rückzahlung von 6.400,– DM zuzüglich Zinsen abgewiesen worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger weitere 6.400,– DM und 4 % Zinsen seit dem 26. April 1984 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revisionsinstanz zu tragen, außerdem 1/3 der Kosten der Berufungsinstanz und 1/5 der Kosten der ersten Instanz.

Die Kläger tragen 2/3 der Kosten der Berufungsinstanz und 4/5 der Kosten der ersten Instanz.

Die Kosten der Streithelferin fallen der Beklagten zu Last.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger haben aufgrund Formularvertrages vom 11. Dezember 1981 Gewerberäume im Hause der Beklagten zum Betrieb einer Gaststätte für die Zeit vom 1. August 1981 bis 31. Juli 1984 gemietet. Durch Nachtrag vom 8. April 1982 ist die Mietzeit bis zum 30. Juni 1987 verlängert worden. Im Vertrag und seinem Anhang ist unter anderem bestimmt:

㤠3 Miete und Nebenkosten

6. Die Schönheitsreparaturen übernimmt Mieter … § 11 Elektrizität, Gas, Wasser

5. Wenn die Strom-, Gas- oder Wasserversorgung oder die Entwässerung durch einen nicht vom Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen werden oder wenn Überschwemmungen und sonstige Katastrophen eintreten, hat der Mieter kein Mietminderungsrecht und keine Ersatzansprüche gegen den Vermieter.

§ 15 Instandhaltung der Mieträume

2. Der Mieter haftet dem Vermieter für Schäden, die durch Verletzung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht schuldhaft verursacht werden, insbesondere auch, wenn Versorgungs- und Abflußleitungen, Toiletten-, Heizungsanlagen usw. unsachgemäß behandelt, die Räume unzureichend gelüftet, beheizt oder nicht ausreichend gegen Frost geschützt werden.

§ 21 Weitere Vereinbarungen

7. Sämtliche notwendigen Reparaturen, Instandsetzungen, Instandhaltungen und Erneuerungen in den gemieteten Räumen gehen zu Lasten des Mieters. In diesem Zusammenhang wird auf § 3 Absatz 6 und § 15 des Mietvertrages verwiesen.

…”.

Die Kläger nahmen in der Gaststätte Ein- und Umbauarbeiten vor, deren Umfang im einzelnen streitig ist. Sie haben den Aufwand hierfür mit ca. 100.000,– DM beziffert. Durch Brand wurde die Gaststätte am frühen Morgen des 31. Januar 1983 vollkommen zerstört. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben keine Anhaltspunkte für eine fahrlässige Brandverursachung, wohl aber für den Verdacht einer vorsätzlichen Brandstiftung durch einen oder mehrere von außen in die Gaststätte eingedrungene Täter, die nicht ermittelt werden konnten. Die Beklagte ließ die Räume herrichten, allerdings nicht in dem von den Klägern verlangten Umfang. Die Kläger nahmen wegen der daraus entstandenen Differenzen mit der Beklagten den Betrieb der Gaststätte nicht wieder auf. Die Miete für die Monate Februar bis November 1983, insgesamt 16.000,– DM, zahlten sie unter Vorbehalt und kündigten das Mietverhältnis für den Fall, daß ein Mietvertrag mit den von ihnen benannten Nachmietern zustande käme. Die Beklagte bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 23. Dezember 1983 und teilte mit, der Mietvertrag mit den Nachfolgemietern sei zustande gekommen.

Die Kläger haben im ersten Rechtszuge Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete verlangt. Damit hatten sie Erfolg. Keinen Erfolg hatten sie mit einem unbezifferten Antrag auf Zahlung von 60,56 % des durch Sachverständigengutachten zu ermittelnden Wertes ihrer Investitionen und mit dazu gestellten Hilfsanträgen auf Auskunft (Leistung der Feuerversicherung für die Investitionen) und Zahlung von 60,56 % des sich aus der Auskunft ergebenden Betrages. Die Verurteilung zur Rückzahlung der Miete für die Monate Februar bis November 1983 hat das Landgericht auf § 812 BGB gestützt. Es hat gemeint, die Haftung der Beklagten für die – vollständige – Mietminderung sei vertraglich nicht ausgeschlossen.

Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Die Kläger haben mit ihrer Berufung nur noch einen Zahlungsanspruch von – weiteren – 34.000,– DM verfolgt. Damit hatten sie keinen Erfolg. Die Beklagten haben im zweiten Rechtszuge erreicht, daß ihre Verurteilung nur in Höhe von 9.600,– DM zzgl. Zinsen aufrechterhalten blieb (Rückzahlung des Mietzinses für die Monate Februar bis Juli 1983).

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstreben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung auch der für die Monate August bis November 1983 unter Vorbehalt gezahlten Miete im Gesamtbetrage von 6.400,– DM.

 

Entscheidungsgründe

1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Beklagte während der Dauer der infolge des Brandes eingetretenen Mietminderung zur Rückzahlung des von den Klägern unter Vorbehalt geleisteten Mietzinses gemäß § 812 BGB verpflichtet sei und daß diesem Anspruch weder die Vorschrift des § 814 BGB noch der in § 11 Nr. 5 Mietvertrag vereinbarte Ausschluß der Mietminderung entgegenstehe. Dieser für die Kläger günstige Standpunkt ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das wird auch in der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.

2. Das Berufungsgericht hat jedoch – im Gegensatz zum Landgericht – gemeint, ab August 1983 habe keine Mietminderung mehr bestanden. Das auf 16 Punkte gestützte Vorbringen der Kläger rechtfertige weder eine Mietminderung noch die Annahme, daß aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen die – erneute – Erteilung der Gaststättenkonzession jedenfalls noch Ende Juli 1983 versagt worden wäre. Ein Teil der Ende Juli 1983 noch nicht ausgeführten Arbeiten (Nr. 3 = Verfliesung der Küche, Nr. 4 = Verfliesung der Toilette, Nr. 8 = Herrichtung des Fußbodens in Raum 1, so daß er von der Bauaufsichtsbehörde abgenommen werde, Nr. 12 = Herrichtung des Privatraums, Nr. 13 = Herrichtung des Imbißraumes, Nr. 15 = Wiederherstellung der Kühlzelle) sei Sache der Kläger gewesen. Dies folge aus §§ 3 Nr. 6, 21 Nr. 7 Mietvertrag. Einbauten, die die Kläger nach Abschluß des Mietvertrages vorgenommen hätten (Nr. 3, 4, 13, 15) seien ohnehin nicht Gegenstand des Mietvertrages. Selbst wenn zugunsten der Kläger die Behauptung als richtig unterstellt werde, der Gebäudeversicherer und der Inventarversicherer hätten sich in der Weise geeinigt, daß der Gebäudeversicherer die Kosten der Wiederherstellung von Einbauten übernehme, werde der Mietvertrag durch eine derartige Absprache nicht geändert. Die Beschaffung des Stromzählers sei ebenfalls Sache der Kläger gewesen.

Im übrigen hat das Berufungsgericht von den Klägern gerügte Mängel als unsubstantiiert, unbewiesen oder unerheblich bewertet.

3. Soweit das Berufungsurteil angefochten worden ist, hält es den Revisionsangriffen nicht stand.

a) Dem Landgericht ist darin beizupflichten, daß die Gaststätte, für die nach dem Brandereignis die Genehmigung für die entsprechende Nutzung der Erdgeschoßräume unstreitig erloschen war, so lange nicht betrieben werden konnte, als die baubehördliche Genehmigung, zugleich eine Voraussetzung für die Erneuerung der Gaststättenkonzession, nicht wieder erteilt hatte. Das ist bis November 1983 tatsächlich nicht geschehen. Davon ist ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen. Waren baubehördliche Genehmigung und Konzession aber bis November 1983 nicht erteilt, so war der Betrieb der Gaststätte wegen Fehlens einer behördlichen Erlaubnis nicht möglich. Darin liegt eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z. B. Senatsurteil vom 23. März 1983 – VIII ZR 336/81 = WM 1983, 660), der zur Minderung des Mietzinses auf Null führt.

b) Unzutreffend ist die Ansicht des Kammergerichts, dies hätten die Kläger zu vertreten. Für seinen Standpunkt ergeben die Vereinbarungen nichts, die die Vertragsparteien über die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume, sowie über die Schönheitsreparaturen getroffen haben. In § 21 Nr. 7 des Mietvertrags heißt es zwar, sämtliche notwendigen Reparaturen, Instandsetzungen, Instandhaltungen und Erneuerungen in den gemieteten Räumen gehen zu Lasten des Mieters. Satz 2 dieser Klausel verweist „in diesem Zusammenhang” aber auf § 15 Mietvertrag, der unter der Überschrift „Instandhaltung der Mieträume” verschuldensabhängige Pflichten des Mieters regelt. Abgesehen davon begründet § 21 Nr. 7 ebenso wie die Regelung über die Schönheitsreparaturen in § 3 Nr. 6 Pflichten des Mieters erkennbar nur für den Fall, daß der Zustand des Mietobjekts sich durch Gebrauch verändert oder verschlechtert und deshalb Anlaß zu Reparaturen, Instandhaltungsmaßnahmen oder Erneuerungen besteht. Danach kommt im Falle der Zerstörung des Mietobjekts durch Brand eine Instandsetzungspflicht des Mieters im Sinne der §§ 3 Nr. 6, 21 Nr. 7 Mietvertrag nicht in Betracht, wenn Mietgebrauch als Brandursache ausscheidet (vgl. zur Beweislast BGHZ 66, 349). Das Berufungsgericht hat unter diesem Gesichtspunkt die beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin (1 Bra Js 635/83) nicht gewürdigt. Das kann, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht geboten sind, in der Revisionsinstanz nachgeholt werden. Aus dem in den Ermittlungsakten erstellten Schlußbericht ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Brandursache im Mietgebrauch liegen könnte oder die Kläger gar ein schuldhaftes Verhalten treffen könnte. Ihm ist vielmehr zu entnehmen, daß von vorsätzlicher Brandstiftung Dritter nach verübtem Einbruch auszugehen ist.

c) Will der Vermieter eines – außerhalb des Mietgebrauchs – durch Brand unbenutzbar gewordenen Mietobjekts den Verlust des Anspruchs auf den Mietzins (§ 537 BGB) oder eine Kündigung des Mieters gem. § 542 BGB – vermeiden, so muß er nach § 536 BGB den vertragsmäßigen Zustand wiederherstellen.

aa) Dazu gehörte im vorliegenden Fall ohne Zweifel die Ausstattung des Gastraums 1 mit einem neuen Fußboden. In dem Zustand, in dem er sich im Juli 1983 – und von da an bis November 1983 – befand, war er, wie das Landgericht unwidersprochen festgestellt hat, von der Bauaufsichtsbehörde nicht abgenommen worden.

bb) Die Pflicht der Beklagten zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Gebrauchs erstreckte sich, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, auch auf die Verfliesung der Küche. Nach § 7 Abs. 2 der 1. Verordnung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (GastV) vom 10. September 1971 für Berlin (GVBl. 1971 Seite 1778) müssen die Wände von Gaststättenküchen bis zu einer bestimmten Höhe mit einem glatten waschfesten Belag oder entsprechendem Anstrich versehen sein. Im Hinblick auf diese Bestimmung liegt auf der Hand, daß die erneute Erteilung der Genehmigung für die Benutzung der Räume zum Betrieb einer Gaststätte und damit die Erneuerung der Gaststättenkonzession auch von der Wiederherstellung des Fliesenbelags abhängig war.

cc) Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhandensein der weiteren von den Klägern angeführten Mängel in der Wiederherstellung des Mietobjekts der Erteilung der bauaufsichtsbehördlichen Genehmigung und der Erneuerung der Konzession entgegengestanden hätten. Ohne Bedeutung ist schließlich für die Entscheidung des Rechtsstreits, ob Gebäudeversicherer und Inventarversicherer, was naheliegt und im übrigen durch eine Aktennotiz belegt wird, eine Vereinbarung darüber getroffen haben, in welchem Umfang der Gebäudeversicherer Kosten für die Wiederherstellung von Einrichtungen tragen sollte, welche die Kläger geschaffen hatten.

4. Soweit das Berufungsurteil mit der Revision angefochten worden ist, konnte es danach keinen Bestand haben. Der erkennende Senat konnte in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer Sachaufklärung und Beweiserhebung nicht bedarf (§ 565 Abs. 3 ZPO). Wie dargelegt steht fest, daß bis November 1983 eine erneute Genehmigung für die Benutzung der vermieteten Räume als Gaststätte nicht erteilt war und daß die Beklagte dies zu vertreten hat. Der Betrieb der Gaststätte war mithin nicht möglich. Infolgedessen schuldeten die Kläger den unter Vorbehalt gezahlten Mietzins auch für die Monate August bis November 1983 nicht. Den zusätzlich zurückzuzahlenden Betrag von 6.400,– DM hat die Beklagte ab 26. April 1984 mit 4 % zu verzinsen (§§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 Abs. 1 S. 1 BGB).

5. Die Kosten des Rechtsstreits waren im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens gemäß §§ 92, 97 ZPO zu verteilen. Die Kosten der Streithelferin, die die Kläger hinsichtlich des Rückzahlungsbegehrens unterstützt hat, waren der Beklagten aufzuerlegen, § 101 ZPO.

 

Unterschriften

Braxmaier, Wolf, Dr. Brunotte, Dr. Zülch, Dr. Paulusch

 

Fundstellen

BGHR

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