Entscheidungsstichwort (Thema)

Schaden. Schadensersatzanspruch. Darlegungslast. Beweislast. Finanzierungslücke

 

Leitsatz (redaktionell)

Für Schadensersatzansprüche nach §§ 249 ff. BGB gelten die allgemeinen Grundsätze der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, wonach jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen hat. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegener muss den Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen erbringen. Ist ein Schaden in Form einer Finanzierungslücke entstanden, so trifft die Darlegungs- und Beweislast für deren Wegfall durch Leistungen Dritter nicht den Geschädigten.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen 7 U 235/97)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das am 19.3.2003 verkündete Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Brandenburg aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin macht aus abgetretenem wie aus eigenem Recht gegen die Beklagte Ansprüche aus Vertrag und wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ("culpa in contrahendo") im Zusammenhang mit der Demontage der Betriebsanlagen der ehemaligen Kokerei in L. geltend. Die aus zwei Ofenstraßen bestehende Kokerei war zuletzt von der "B. GmbH i. A." (im Folgenden: BVL) betrieben worden, als deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin auf Grund späterer Vermögensübertragung und Verschmelzung die Beklagte ansieht. BVL hatte mit den Abbrucharbeiten mit Vertrag v. 29.7.1991 das "I. e.V." (im Folgenden: IFU) beauftragt, dessen Vorsitzender der damalige Betriebsleiter der Kokerei war und der den Abbruch im Rahmen einer vom Arbeitsamt C. geförderten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme unter Einsatz von freigestellten Beschäftigten der BVL durchführen sollte. Eine Vergütung in Geld war für IFU nicht vorgesehen; es war jedoch vereinbart, dass IFU verwertbares, bei der Demontage anfallendes Material (Bauschutt und Metallschrott) zu Eigentum erhalten und verwerten sollte. Mit Vertrag v. 30.8.1991 beauftragte IFU eine mit der Klägerin namensgleiche B. GmbH, Zweigstelle L. ..., mit der technischen und organisatorischen Leitung der Abbrucharbeiten sowie mit der Aufbereitung und Vermarktung des bei der Demontage anfallenden Materials. Im Rahmen der getroffenen Vergütungsregelung sollte das bei der Demontage anfallende Material in das Eigentum der B. GmbH übergehen und von dieser verwertet werden. Nach der Vereinbarung war Kalkulationsgrundlage der Anfall von ca. 100.000t Stahl- und Eisenschrott. Für jede Tonne hiervon stand IFU vereinbarungsgemäß eine Rückvergütung von 45 DM zu. Bei Unterschreitung der Kalkulationsgröße um mehr als 10 % war eine Verringerung der Vergütung um 5 DM/t vorgesehen. Der B. GmbH stand weiter vereinbarungsgemäß eine Vergütung von 7 Millionen DM zu.

Die Abbrucharbeiten wurden bis 30.6.1993 durchgeführt; dabei blieb bei jeder der beiden Ofenstraßen ein Ofen stehen.

Die Klägerin hat behauptet, BVL habe IFU im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine verwertbare Schrottmenge von 130.000t zugesagt, tatsächlich seien jedoch nur 42.000t angefallen. Hierdurch sei IFU bei einem Durchschnittserlös je Tonne Schrott von 120 DM ein Schaden von 10.560.000 DM entstanden; den entsprechenden Anspruch habe IFU ihr abgetreten. Die Klägerin hat wegen einer Mindermenge von 10.000t zunächst aus abgetretenem, in zweiter Instanz auch aus eigenem Recht einen Schadensersatzanspruch von 1.200.000 DM gerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte hat Widerklage mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass der Klägerin auch darüber hinaus keine Ansprüche zustehen. Sie hat sich insb. darauf berufen, dass die Erlöse aus der Schrottverwertung an das Arbeitsamt abzuführen gewesen seien. Das LG hat Klage und Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben; die Abweisung der Widerklage wurde nicht angefochten. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat durch Urteil v. 9.10.2001 (BGH v. 9.10.2001 - X ZR 87/99, BGHReport 2002, 96) das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im erneuten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wiederum zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, der die Beklagte entgegentritt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Ansprüche der Klägerin seien weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht begründet. Ansprüche von IFU, die auf Grund der Abtretungsvereinbarung auf die Klägerin hätten übergehen können, beständen nicht. Aus dem Vertrag zwischen IFU und BVL habe nur eine Verpflichtung zur Überlassung des tatsächlich vorhandenen Schrotts hergeleitet werden können. Ansprüche von IFU aus Verschulden bei Vertragsschluss, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder aus § 826 BGB seien ebenfalls nicht gegeben, wobei dahinstehen könne, ob Mitarbeiter der BVL eine Menge von 130.000t Schrott genannt hätten und ob tatsächlich nur 43.000t Schrott angefallen seien. Es fehle nämlich schon an einem ersatzfähigen Schaden auf Seiten von IFU. Denn die richtige Angabe hätte dazu geführt, dass IFU den Vertrag nicht geschlossen hätte, weshalb IFU aus dem Schrottverkauf überhaupt keine Einnahmen zugeflossen wären, so dass es an einem ersatzfähigen Vertrauensschaden fehle. Auch an einem Schaden von IFU in Form eines wirtschaftlichen Verlusts aus der Durchführung des Vertrags fehle es. Nach der Endabrechnung des Vereins ggü. dem Arbeitsamt Cottbus habe sich bei IFU lediglich eine Finanzierungslücke von 1.671.221,28 DM ergeben, für die ein Ausgleich angefordert worden sei; dass dieser nicht stattgefunden habe, sei dem Parteivortrag nicht zu entnehmen. Eine andere Aufschlüsselung der IFU entstandenen Sachkosten sei dem klägerischen Vortrag nicht zu entnehmen. Eines Hinweises auf die fehlende Schlüssigkeit habe es angesichts der wiederholten Rügen der Beklagten nicht bedurft. Auch aus der Abrechnung der Klägerin v. 14.1.1994 ergebe sich kein ersatzfähiger Schaden von IFU. Die Abrechnung lasse nämlich nicht den Schluss darauf zu, dass Verbindlichkeiten von IFU nicht durch den Zufluss von Finanzierungsmitteln gedeckt seien. Zwar möge eine Verbindlichkeit von IFU ggü. der Klägerin i.H.v. insgesamt 8.002.500 DM angenommen werden können. Jedoch seien die ggü. dem Arbeitsamt ausgewiesenen Kosten wesentlich höher und reichten aus, die Verbindlichkeit auszugleichen, so dass ein Verlust von IFU aus der Maßnahme nicht erkannt werden könne. Auch die ausgewiesenen Zinsen seien noch durch die Endabrechnung gedeckt. Zum anderen sei der Zinsschaden der Klägerin bestritten und nicht belegt oder unter Beweis gestellt. Verbindlichkeiten von IFU aus einem Vertrag mit der Klägerin v. 5.1.1993 seien nicht auf den Abbruch der Kokerei aufteilbar, da sie auch das Vorhaben "F. "beträfen; an Grundlagen für eine Schätzung der Kostenverteilung fehle es. Verbindlichkeiten von IFU wegen Behinderungen und verspäteter Freigaben scheiterten schon an Vorgaben des Vertrags zwischen IFU und der Klägerin.

Ansprüche wegen einer Schrottfehlmenge in geltend gemachter Höhe von 2.833.855,13 DM kämen schon wegen des Fehlens einer Verpflichtung von IFU ggü. der Klägerin nicht in Betracht; auch hier könne zudem nur angenommen werden, dass die Klägerin bei Kenntnis der wahren Verhältnisse den Vertrag nicht abgeschlossen und aus dem Schrott keinerlei Einnahmen erzielt hätte, weshalb auch hier ein Vertrauensschaden ausscheide.

Weitere Ansprüche der Klägerin hat das Berufungsgericht als ggü. dem Bestreiten der Beklagten nicht schlüssig dargetan angesehen. Auch außerhalb der Abrechnung v. 14.1.1994 bestehe kein Schadensersatzanspruch der Klägerin ggü. IFU.

Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin wegen Forderungsausfalls ggü. IFU aus dem ursprünglich vereinbarten Pauschalentgelt verneint; auch hier gehe es um das Erfüllungsinteresse, das nicht geltend gemacht werden könne. Selbstkosten seien nicht ausreichend substantiiert. Auch soweit die Klägerin einen Verlust von über 10 Mio. DM darlege, komme ein ersatzfähiger Schaden nicht in Betracht, da nicht aussagekräftige Buchungslisten vorgelegt und nicht ausreichend erläutert worden seien. Die Buchungen beträfen nicht ausschließlich das Abbruchvorhaben Kokerei und die Herausrechnung anderer Kosten sei unzureichend und entspreche jedenfalls nicht durchgängig der von der Klägerin angegebenen Quote. Eine pauschale Berechnung, wie sie die Klägerin vornehmen wolle, sei nicht möglich; zu Grunde zu legen sei der tatsächliche Aufwand; der Gewinnanteil sei herauszurechnen, da auch hier das positive Interesse nicht ersatzfähig sei. Auch die vorhandenen Erläuterungen reichten zur konkreten Darlegung des konkreten Lebenssachverhalts nicht aus. Der Einzelbuchungsnachweis zu den Konten 5900, 6780 stelle nur die einzelnen Kostennachweise dar, aus ihm ließen sich die tatsächlichen Grundlagen aber nicht entnehmen. Bei den Fahrzeugvermietungen stimmten die geltend gemachten Kosten mit dem gebuchten Betrag nicht überein; die Unstimmigkeiten ständen einer Berücksichtigung entgegen. Vortrag, warum Personenkraftwagen angesetzt seien, sei weiterhin nicht erfolgt. Auch die Angaben zu den Telefonkosten, die Rechnung der amerikanischen Consulting-Firma C. und die der I. I. über 2,9 Mio. DM könnten zwar berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten darstellen, seien aber durch die Zahlungen von IFU ausgeglichen.

Weiter hat das Berufungsgericht angenommen, dass Kosten für zugekaufte Schrottmengen nicht angesetzt werden könnten, weil davon auszugehen sei, dass die darlegungspflichtige Klägerin diese Gewinn bringend verwertet habe.

Das Berufungsgericht hat schließlich Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht verneint, da insoweit von einem Schaden nicht ausgegangen werden könne. Hierzu verweist das Urteil im Wesentlichen auf seine früheren Ausführungen.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin mit der Erwägung nicht durchgreifen lassen, in der Endabrechnung von IFU ggü. dem Arbeitsamt sei zwar eine Finanzierungslücke von 1.671.221,28 DM ausgewiesen. Dass ein Ausgleich dieses Betrags nicht stattgefunden habe, lasse sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen. Es ist dabei erkennbar davon ausgegangen, dass sich aus der Finanzierungslücke ein bei IFU eingetretener Schaden ergebe und dass die sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche von IFU gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten worden seien. Dies ist auch der Beurteilung im Revisionsverfahren zu Grunde zu legen. Wenn das Berufungsgericht weiter ausführt, dem Sachvortrag der Parteien sei nicht zu entnehmen, dass ein Ausgleich des Betrags nicht stattgefunden habe, weist es die Darlegungslast für das Unterbleiben eines solchen Schadensausgleichs der Klägerin zu.

2. Die Revision macht demgegenüber geltend, diese Annahme des Berufungsgerichts verkenne die Darlegungs- und Beweislast. Ein Schaden sei bereits durch geringere Einnahmen entstanden; der Schadensausgleich durch Dritte sei von der Beklagten darzulegen.

3. Der Rüge kann der Erfolg nicht versagt bleiben. Das Berufungsgericht ist zunächst davon ausgegangen, dass eine Finanzierungslücke und damit ein Schaden bei IFU entstanden ist. Ob und in welcher Form dieser Schaden durch Leistungen des Arbeitsamts ausgeglichen worden sein mag, war entgegen der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Auffassung des Berufungsgerichts nicht von der Klägerin darzulegen. Wie der Senat bereits bei anderer Gelegenheit ausgeführt hat, gelten für Schadensersatzansprüche nach §§ 249 ff. BGB, wie sie auch hier in Betracht kommen, die allgemeinen Grundsätze der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, wonach jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen hat. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muss den Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen erbringen (BGH v. 14.1.1991 - II ZR 190/89, BGHZ 113, 222 [224 f.] = MDR 1991, 413; Urt. v. 17.7.2001 - X ZR 71/99, UR 2001, 535 = BGHReport 2002, 3 = NJW 2001, 3535, zu § 326 BGB a.F.; zur Aufwendungsersparnis Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 108/02, MDR 2004, 898 = BGHReport 2004, 786). War aber ein Schaden in Form einer Finanzierungslücke entstanden, so folgt daraus, dass die Darlegungs- und ggf. Beweislast für deren Wegfall durch Leistungen des Arbeitsamts jedenfalls nicht die Klägerin traf. Der Beklagten wird hierdurch auch keine von ihr nicht zu erbringende Darlegung auferlegt; etwaigen Schwierigkeiten könnte zudem über Beweiserleichterungen begegnet werden (BGH, Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 108/02, MDR 2004, 898 = BGHReport 2004, 786, m.w.N.). Dass das Berufungsgericht gemeint hat, zu einem Ausgleich der Finanzierungslücke keine Feststellungen treffen zu können, durfte deshalb nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Die unzutreffende Beurteilung der Darlegungslast durch das Berufungsgericht hat dazu geführt, dass dieses einen Schaden der Klägerin mit einer nicht zutreffenden Begründung verneint hat. Das nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, und, nachdem der Senat insoweit eigene Feststellungen nicht treffen kann, zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

III. Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Befassung Folgendes zu beachten haben:

1. Es wird zunächst zu prüfen haben, ob der Rechtsvorgängerin der Beklagten und IFU tatsächlich eine Verletzung von Aufklärungspflichten zur Last fällt. Diese Prüfung hat es bisher unterlassen. Kommt es zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung von Aufklärungspflichten ausscheidet oder nicht als erwiesen anzusehen ist, wird dies der Klage die Grundlage entziehen.

2. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass die Klägerin nur das negative Interesse, nicht aber das Erfüllungsinteresse verlangen könne, hat es bei seiner Prüfung, ob ein solcher Schaden vorliegt, implizit den Obersatz aufgestellt, dass eine Haftung etwa aus Verschulden bei Vertragsschluss dann ausscheide, wenn der Anspruchssteller bei richtiger Aufklärung von dem Geschäft Abstand genommen hätte. Dies trifft aber dann nicht ohne weiteres zu, wenn der Anspruchsteller aus dem gleichwohl abgeschlossenen und durchgeführten Geschäft Verluste erleidet, und widerspricht zudem der vom BGH in ständiger Rechtsprechung angenommenen Beweislastverteilung zum "aufklärungsrichtigen" Verhalten, nach der sich derjenige, der falsch aufklärt, zu exkulpieren hat (BGHZ 61, 118 [121 f.]; BGHZ 64, 46 [51 f.]; BGHZ 72, 92 [106]; BGH v. 22.11.1983 - VI ZR 85/82, BGHZ 89, 95 [103] = MDR 1984, 388; v. 16.11.1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151 [159] = MDR 1994, 367). Weiter hat das Berufungsgericht dabei unberücksichtigt gelassen, dass der Vertrauensschaden das Erfüllungsinteresse durchaus erreichen oder sogar übersteigen kann. So hat der BGH (BGHZ 69, 53 [56]) ausgeführt, der Geschädigte könne verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schuldhafte Verhalten stehen würde. Welcher Schaden dabei erstattungsfähig sei, richte sich angesichts der Vielgestaltigkeit, in der ein Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht kommen könne, nach der Ursächlichkeit des schadenstiftenden Verhaltens für den eingetretenen Schaden im Einzelfall. Der BGH hat in dieser Entscheidung weiter auf die Besonderheit des Falls abgestellt, dass der Käufer, obwohl er bei anfänglicher Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, nunmehr zulässigerweise am Vertrag festhalte. In einem solchen Fall scheide eine Rückerstattung der beiderseits erbrachten Leistungen aus. Vielmehr müsse der am Vertrag festhaltende Käufer, solle der Schaden überhaupt sinnvoll erfassbar sein, so behandelt werden, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Kaufpreis abzuschließen, ohne dass es auf den Nachweis ankomme, ob auch der Verkäufer sich damals mit einem Vertragsschluss unter diesen Bedingungen einverstanden erklärt hätte. Diese Grundsätze hat der BGH auch auf Werkverträge angewendet (BGH v. 14.3.1991 - VII ZR 342/89, BGHZ 114, 87 [94] = MDR 1991, 764; vgl. auch, wenngleich nur für Ausnahmefälle, BGH, Urt. v. 24.6.1998 - XII ZR 126/96, MDR 1998, 1087 = NJW 1998, 2900 = BGHR BGB vor § 1/Verschulden bei Vertragsschluss - Negatives Interesse 1). Gleiches muss in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen sich nach dem für das Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Vortrag der Klägerin die Mindermenge an verwertbarem Schrott erst im Verlauf der Vertragsdurchführung herausstellte. Eine Einbuße der Klägerin, die zu einem Schaden führen konnte, könnte sich deshalb auch aus einem Vergleich mit einem hypothetischen Vertrag ergeben, in dem die Klägerin für ihre Werkleistung eine höhere Vergütung beansprucht und IFU diese zugesagt hätte. Schuldnerin des sich daraus möglicherweise ergebenden Schadensersatzanspruchs wäre zwar IFU und nicht die Beklagte. Jedoch könnte die Schadensersatzpflicht von IFU wiederum (jedenfalls unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von IFU) zu einem Anspruch von IFU gegen BVL führen, den die Klägerin sich abtreten lassen konnte. Das Berufungsgericht wird erforderlichenfalls entsprechende Überlegungen anstellen müssen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1332604

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