Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 14.04.1967)

LG Hof (Urteil vom 15.06.1966)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Revision des Klägers das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. April 1967 aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hof vom 15. Juni 1966 hinsichtlich des Hilfsantrags des Klägers teilweise zurückgewiesen und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist.

Die Beklagten werden unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils verurteilt, dareinzuwilligen, daß der Kläger seine Beteiligung an der Gesellschaft (einschließlich der Beteiligung am Gewinn und Verlust) bis auf 50 % unter Leistung einer weiteren Einlage erhöht, mit der sein Kapitalkonto – nach Maßgabe der Steuerbilanz des der Leistung vorangegangenen Jahres – die Summe der Kapitalkonten der Beklagten erreicht.

Die Kosten der Revisionsinstanz fallen zu 3/5 dem Kläger und zu 2/5 den Beklagten, die Kosten der beiden ersten Rechtszüge zu 7/12 dem Kläger und zu 5/12 den Beklagten zur Last.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind die Gesellschafter der W. Werke Wilhelm F. oHG in S. an der S.. Sie streiten insbesondere über die Frage, ob der Kläger beanspruchen kann, in größerem Umfange an der Gesellschaft beteiligt zu werden, als das bisher der Fall ist.

Die Gesellschaft war im Jahre 1929 von dem Kaufmann Wilhelm F. und seinem Sohn Werner, dem Vater der Beklagten, gegründet worden. Der Kläger wurde später ihr Prokurist. Ende 1944 wurde Werner F. zum Kriegsdienst einberufen. In dem Bestreben, das Unternehmen der Familie zu erhalten, errichtete er am 2. Dezember 1944 ein Testament, in dem er seine damals erst 3, 9 und 11 Jahre alten Kinder, die jetzigen Beklagten, zu Erben seines Gesellschaftsanteils bestimmte. In dem Testament heißt es sodann unter anderem:

„Die Geschäftsführung hat allein mein Vater … Nach seinem Ausscheiden bestimme ich … Hans P. (Kläger) und zwar solange, bis mein Sohn Werner (Beklagter zu 1) das 21. Lebensjahr erreicht hat, als Geschäftsführer. Herrn P. wird gestattet, sich an der oHG bis zu 50 % zu beteiligen.”

Am 27. Oktober 1945 starb Werner F. In jugoslawischer Gefangenschaft. Seine Angehörigen erfuhren hiervon erst Ende Juli 1946, Bereits vorher hatte der hochbetagte Wilhelm F. in einem Erbvertrag vom 4. Februar 1946 den Klüger, der praktisch die Geschäfte allein führte, das Recht eingeräumt, aus seinem Nachlaß eine Geschäftsbeteiligung bis zum Höchstbetrag von 25 % zu erwerben, falle er weiter seine Arbeitskraft der Firma zur Verfügung stelle und nicht schon aus dem Testament Werner F.s oder zu Lebzeiten Werner und Wilhelm F.s von einem von ihnen das Recht zum Erwerb eines Geschäftsanteils von 25 % erworben habe. Am 28. März 1946 hatte Wilhelm F. sodann mit dem Kläger und der Ehefrau Werner F.s, die zur Abwesenheitspflegerin ihres noch als vermißt geltenden Ehemannes bestellt, worden war, einen Gesellschaftsvertrag geschlossen. Hierin war der Kläger mit einer Bareinlage von 14.000 RM und mit dem Recht in die Gesellschaft aufgenommen worden, sich an ihr bis zum Höchstbetrag von 25 % zu beteiligen.

Am 10. Mai 1946 starb auch Wilhelm F.; er wurde von den Beklagten zu je 1/3 beerbt. In der Folgezeit kam es zwischen der Mutter der Beklagten und dem Kläger über dessen sich aus dem Testament und dem Erbvertrag ergebenden Rechte zu Meinungsverschiedenheiten. Diese wurden zunächst durch einen – wegen der Minderjährigkeit der Beklagten vom Vormundschaftsgericht genehmigten – weiteren Gesellschaftsvertrag vom 14. Mai 1948 beendet. Die Gesellschaft wurde in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Der Kläger erhielt als persönlich haftender Gesellschafter eine Beteiligung von 33,33 %. Weiterer persönlich haftender Gesellschafter blieb der Beklagte zu 1, die Beklagten zu 2 und 3 wurden Kommanditisten. In § 11 des Vertrages vereinbarten die Beteiligten ferner unter anderem folgendes:

„1. Das Testament des verstorbenen Gesellschafters Werner F. ist Bestandteil dieses Vertrages. …

9. Nach Vollendung des 21. Lebensjahres des Gesellschafters Werner F. kann die Gesellschafterversammlung … dem Gesellschafter Hans P. das Recht der Erhöhung seiner Beteiligung am Gesamtvermögen der Gesellschaft bis zu 50 % einräumen.”

Die zu diesem Vertragsabschluß abgegebenen Erklärungen widerrief der Kläger jedoch am 20. April 1958, nachdem erneut Differenzen entstanden waren. In dem sich anschließenden Rechtsstreit stellte das Landgericht Hof fest, der Gesellschaftsvertrag vom 14. Mai 1948 sei nichtig, weil ihn auf Seiten der minderjährigen Beklagten unter Verstoß gegen § 181 BGB allein deren gesetzliche Vertreterin abgeschlossen habe und der Widerruf daher gemäß § 178 BGB wirksam gewesen sei. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem das Oberlandesgericht Bamberg die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat. Der Kläger hat daraufhin seine Beteiligung an der Gesellschaft, die seither erneut als offene Handelsgesellschaft betrieben wird, nach Maßgabe des Vertrages vom 28. März 1946 wieder auf 25 % zurückgeführt.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt er unter Rückgriff auf das Testament Werner F.s, auf den mit Wilhelm F. abgeschlossenen Erbvertrag und auf weitere damit im Zusammenhang stehende Schriftstücke, in Höhe von 50 % an der Gesellschaft beteiligt zu werden, und zwar mit dem Hauptantrag in der Weise, daß ihm die Beklagten ein Drittel ihrer Anteile gegen Zahlung eines bestimmten Betrages übertragen, und mit dem Hilfsantrag, daß ihm die Beklagten gestatten, seine Beteiligung durch Zahlung einer entsprechenden Einlage auf 50 % zu erhöhen. Die Beklagten haben Widerklage erhoben. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist noch ihr Antrag festzustellen, daß der Kläger nicht berechtigt sei, Maßnahmen, die er mit einem Kostenaufwand von 150.000 DM zum Umbau eines Fabrikgebäudes eingeleitet habe, ohne ihre Genehmigung durchzuführen.

Das Landgericht hat die Klageanträge angewiesen. Das Berufungsgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagten nach dem Hilfsantrag verurteilt, dem Kläger gegen Zahlung einer entsprechenden Einlage eine 33 1/3 %ige Beteiligung zu gestatten. Der Widerklage haben beide Vorinstanzen in den genannten Punkte stattgegeben. Mit der Revision, die die Beklagten zurückzuweisen beantragen, verfolgt der Kläger den Hauptantrag, den weitergehenden Hilfsantrag und seinen Antrag auf Abweisung jenes Widerklageantrages weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Hauptanträge des Klägers hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgewiesen, daß er einen Anspruch gegen die Beklagten auf Abtretung eines weiteren Geschäftsanteils weder aus dem Testament Werner F.s noch aus dem mit Wilhelm F. abgeschlossenen Erbvertrag noch aus einer sonstigen Rechtsgrundlage herleiten könne. Dieses Ergebnis beruht im wesentlichen auf der Auslegung des Erbvertrages, des Testaments und der in einzelnen weiteren Schriftstücken enthaltenen Erklärungen der Beteiligten. Die tatrichterliche Würdigung, bei der das Berufungsgericht auch die Begleitumstände berücksichtigt hat, ist nach der gegebenen Sachlage möglich und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision vermag diesen Ausführungen nichts Rechtserhebliches entgegenzuhalten.

II.

Bei der Erörterung der Hilfsanträge, mit denen der Kläger Anspruch auf Erhöhung seiner Beteiligungsquote auf 50 % gegen Zahlung einer zusätzlichen Einlage erhebt, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß das Testament Werner F.s dem Kläger ursprünglich einen Vermächtnisanspruch dieses Inhalts eingeräumt habe. Insoweit haben zwar die Beklagten auch in der Revisionsinstanz ihrer bereits früher vertretenen Ansicht erneut Geltung zu verschaffen versucht, daß die Testamentsauslegung besonders wegen der im Erbvertrag enthaltenen Erklärungen zu dem Ergebnis führen müsse, dem Kläger habe nur ein Recht auf 25 %ige Beteiligung eingeräumt werden sollen. Damit setzen sie sich aber in revisionsrechtlich unzulässiger Weise zu der tatrichterlichen Beurteilung der Tragweite dieser Erklärungen, mit der sich das Berufungsgericht ausdrücklich auseinandergesetzt hat, in Widerspruch, ohne hierbei einen durchgreifenden Rechtsfehler darzutun. Die Revision richtet ihre Angriffe gegen die weitere Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Kläger dennoch heute wegen der seit dem Jahre 1948 eingetretenen Ereignisse eine höhere als die ihm im Vertrag von 14. Mai 1948 zugestandene Beteiligung von 33 1/3 % nicht mehr verlangen könne. Ihr ist zuzustimmen, daß das angefochtene Urteil insoweit keinen Bestand haben kann.

1. Das Berufungsgericht hat seinen Standpunkt in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung zu begründen versucht. Bereits im Jahre 1948, so hat es ausgeführt, habe es Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Testaments und die Bedeutung des Erbvertrages hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Beteiligungsquote gegeben. Der Kläger habe sich zwar im Laufe der Verhandlungen bereit gezeigt, auf die volle Erfüllung des Vermächtnisanspruchs zu warten, bis der Beklagte zu 1 das 21. Lebensjahr vollendet haben werde; für diesen Zeitpunkt habe er aber auf einer 50 %igen Beteiligung bestanden. Demgegenüber habe die Mutter der Beklagten anfänglich auf keinen Fall über 25 % hinausgehen wollen. Diesen Streit hätten die Beteiligten schließlich mit dem am 14. Mai 1948 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag endgültig vergleichsweise bereinigen wollen: Dem Kläger habe man eine Beteiligung zu 33 1/3 eingeräumt. Er habe sich seinerseits damit zufrieden gegeben, daß ihm die Beklagten unverbindlich eine Erhöhung der Beteiligung für das 21. Lebensjahr des Beklagten zu 1 in Aussicht gestellt hätten. In diesem Sinne sei § 11 Nr. 9 des Vertrages nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszulegen. Infolge des Vorprozesses stehe zwar rechtskräftig fest, daß der Gesellschaftsvertrag vom 14. Mai 1948 nichtig sei. Der Kläger sei aber 10 Jahre lang mit dem Anspruch auf 50 %ige Beteiligung nicht mehr hervorgetreten. Die Gewinne seien in der Gesellschaft ständig noch seiner 1/3 Beteiligung berechnet worden. Noch am 28. Januar 1955 hätten die Parteien anläßlich der Neufeststellung des Vertragskapitals an diesem Beteiligungsschlüssel festgehalten. Erst im Herbst 1958 sei der Kläger wieder auf das Testament zurückgekommen, nachdem er Rechtsanwalt Dr. G. mit der Wahrnehmung seiner Interessen betraut habe. Die Beklagten hätten sich daher aus gutem Grund darauf verlassen können, daß der Kläger eine höhere Beteiligung nicht mehr als sein Recht verlangen, sondern diese Frage ihrem Ermessen überlassen werde. Die Rechtsfolge der Verwirkung sei nicht an eine bestimmte Willenserklärung geknüpft, sondern an ein tatsächliches Verhalten des Anspruchsberechtigten. Verwirkungsgrundsätze müßten daher auch anwendbar sein, wenn dieser eine Willenserklärung nach vielen Jahren wegen eines von der Gegenseite begangenen Formfehlers widerrufe, um seine Rechtsposition zu seinen Gunsten abzuändern. Das sei hier geschehen, könne den Kläger aber nicht gestattet werden. Der Anspruch auf höhere Beteiligung sei daher verwirkt, soweit er über die im Vertrag von 1948 vorgesehenen 33 1/3 % hinausgehe.

Diesen Ausführungen hält die Revision zunächst zu Recht entgegen, daß das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des § 11 Nr. 9 des Gesellschaftsvertrages vom 14. Mai 1948, auf die es den Verwirkungseinwand zu einem wesentlichen Teile gestützt habe, den Streitstoff nicht ausgeschöpft und daß seine Annahme, der Kläger habe dort auf den im Vermächtnis begründeten Rechtsanspruch auf 50 %ige Beteiligung endgültig verzichtet, insofern keine ausreichende Grundlage habe. Hierauf braucht aber nicht näher eingegangen zu werden. Man kann zugunsten der Beklagten unterstellen, daß der Kläger im Mai 1948 auf den Rechtsanspruch, bis zu 50 % beteiligt zu werden, verzichtet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. u.a., BGHZ 25, 47, 52) wird einem Anspruchsberechtigten die Möglichkeit, sein Recht noch geltend zu machen, unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nur dann genommen, wenn dies im Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten, auf das der Verpflichtete vertraut und auf das er sich eingerichtet hat, in illoyaler Weise verspätet geschieht. Das ist hier auch dann nicht der Fall, wenn man mit dem Berufungsgericht die (nichtige) Verzichtserklärung als ein rein tatsächliches Verhalten des Klägers wertet und berücksichtigt, daß die Parteien den Gesellschaftsvertrag unangefochten 10 Jahre lang auf dieser Grundlage praktiziert haben. Gewiß lag es für die Beklagten und ihre gesetzliche Vertreterin fern, im Jahre 1958 noch damit zu rechnen, daß der Kläger mit dem Anspruch auf höhere Beteiligung jemals wieder hervortreten werde. Das hatte aber nicht seinen Grund in einem langjährigen Verhalten des Klägers, das er einseitig zu vertreten und zu dem er sich nunmehr illoyal in Widerspruch gesetzt hätte. Es lag allein daran, daß die Beteiligten während jener 10 Jahre die Mangelhaftigkeit des Gesellschaftsvertrages vom 14. Mai 1948 nicht erkannt hatten. Das ist keine Sachlage, die den Verwirkungseinwand rechtfertigt. Hiervon abgesehen geben weder die Feststellungen des angefochtenen Urteils noch der Parteivortrag etwas dafür her, daß sich die Beklagten durch irgendwelche Dispositionen von einiger Tragweite auf die Fortgeltung der bisherigen Beteiligungsquoten eingerichtet hätten und daß ihnen gerade deshalb nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten sei, dem Kläger die höhere Beteiligung heute noch zu gestatten. Aus diesem weiteren Grunde ist für die Annahme kein Raum, der Kläger habe seinen Anspruch verwirkt.

2. Der Grundsatz von Treu und Glauben steht auch sonst dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Solange zwischen den Parteien nicht entschieden war, ob er seine Vertragserklärungen vom 14. Mai 1948 wirksam widerrufen hatte, mochte darüber gestritten werden können, ob der Widerruf wegen der besonderen Umstände des. Falles eine gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung war, weil der Kläger die Beklagten nicht wenigstens aufgefordert hatte zu erklären, ob sie den Vertrag nachträglich genehmigen wollten. In diesem Zusammenhang hätte möglicherweise die vom Berufungsgericht für den Verwirkungseinwand herangezogene Feststellung eine Rolle spielen können, daß der Kläger vor allem widerrufen habe, um seine Rechtsposition zu verbessern. Mit diesem Gesichtspunkt kann aber dem Verzicht des Klägers auf die höhere Beteiligungsquote nicht nachträglich noch rechtliche Geltung verschafft werden, nachdem durch den Vorprozeß rechtskräftig feststeht, daß der Widerruf zulässig und wirksam und der Gesellschaftsvertrag infolgedessen – einschließlich jenes Verzichts – nichtig war.

3. Wegen des Vorprozesses ist schließlich der Hilfserwägung des Berufungsgerichts ohne weiteres der Boden entzogen, daß sich der Kläger die 1948 vergleichsweise festgelegte Beteiligungsquote von 33 1/3 % jedenfalls nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als endgültig verbindlich gegen sich gelten lassen müsse. Die Frage, ob diese Grundsätze anwendbar seien, hatte das Oberlandesgericht Bamberg in den Entscheidungsgründen seines damaligen Urteils geprüft und – ob zu Recht oder zu Unrecht, kann dahingestellt bleiben – verneint. Mit der rechtskräftig festgestellten Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages vom 14. Mai 1948 ist es unvereinbar, nunmehr anzunehmen, daß die zum Bestandteil dieses Vertrages gehörende Einigung der Parteien über die Höhe der Beteiligung des Klägers doch rechtswirksam sei.

Andere Gründe, die dem Anspruch des Klägers entgegenstehen könnten, kommen nicht in Betracht. Das angefochtene Urteil kann daher in diesem Punkte nicht bestehen bleiben. Da es insoweit weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, sind die Beklagten in vollem Umfange nach dem Hilfsantrag des Klägers zu verurteilen.

III.

Unbegründet ist die Revision dagegen, soweit sie sich gegen die von den Beklagten mit der Widerklage beantragte und vom Berufungsgericht getroffene Feststellung richtet, daß die vom Kläger im Jahre 1965 eingeleiteten Maßnahmen zum Umbau eines Fabriktraktes eines Zustimmungsbeschlusses sämtlicher Gesellschafter bedurft hätten. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß es sich hierbei um ein über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehendes und deshalb zustimmungsbedürftiges Geschäft (§ 116 Abs. 2 HGB) handele, wird von seines tatsächlichen Feststellungen getragen, daß der Umbau nach den vorgelegten Bauplänen ganz erheblich über den Rahmen von Erhaltungs- und Reparaturarbeiten hinausgehe, wie sie in Fabrikgebäuden üblich und immer wieder notwendig werden und daß er mit der veranschlagten Bausumme von 90.000 DM Rohbau- und 60.000 DM Ausbaukosten, wie aus der Bilanz Von 1965 ersichtlich sei, auch hinsichtlich des finanziellen Aufwands aus dem Rahmen der für diese Gesellschaft gewöhnlichen Geschäfte herausfalle. Diesen Ausführungen kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß eine Reparatur des alten Fabrikgebäudes unstreitig notwendig gewesen sei, daß es sich nicht um einen völligen „Neubau”, sondern nur um einen „Umbau” und eine „großzügige Modernisierung des Betriebes” gehandelt habe, die „zweckmäßig” gewesen sei. Diese Gesichtspunkte sind nicht entscheidend. Es kommt darauf an, ob die Maßnahmen in ihrer besonderen Ausgestaltung, gemessen an den Verhältnissen der hier vorliegenden Gesellschaft, nach Art und Tragweite für den Geschäftsbetrieb Ausnahmecharakter haben (BGH LM HGB Nr. 1 zu § 116). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Soweit die Revision weiterhin meint, die Maßnahmen hätten sich im Rahmen des in solchen Fällen üblichen gehalten, setzt sie sich in revisionsrechtlich unzulässiger Weise zu der gegenteiligen Feststellung des Berufungsgerichts in Widerspruch.

Ebensowenig kann der Hilfserwägung der Revision nicht gefolgt werden, daß die Beklagten ihr Widerspruchsrecht gegen die Baumaßnahmen verwirkt hätten, weil ihnen die Notwendigkeit der Reparaturen und die geplanten Arbeiten bekannt gewesen sei und weil es infolgedessen ihre Sache gewesen wäre, den Kläger zu verständigen oder eine Gesellschafterversammlung zu beantragen. Um ein „Widerspruchsrecht” geht es bei einem ungewöhnlichen Geschäft nicht. Der geschäftsführende Gesellschafter überschreitet seine Geschäftsführungsbefugnisse, wenn er ein solches Geschäft ohne Zustimmung der Mitgesellschafter durchführt. Er hat daher einen Gesellschafterbeschluß herbeizuführen. Ohne die Zustimmung der Mitgesellschafter muß das Geschäft unterbleiben.

 

Unterschriften

Dr. Kuhn, Dr. Schulze, Fleck, Stimpel, Dr. Bauer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502364

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