Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der fristlosen Kündigung eines Handelsvertreters wegen Mehraufschreibungen bei Kundenbestellungen.

 

Normenkette

HGB § 89a

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 02.06.1978)

LG München II

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Juni 1978 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war seit Juli 1969 für die Beklagte, die insbesondere Leuchten vertreibt, aufgrund eines mündlich geschlossenen Handelsvertretervertrags als Bezirksvertreter tätig. Mit Schreiben vom 12. September 1974, das sie später durch ein weiteres Schreiben vom 30. Oktober 1974 ergänzte, kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich zum 15. September 1974. Der Kläger wies mit Schreiben vom 16. September 1974 die Kündigung der Beklagten zurück und kündigte seinerseits das Vertragsverhältnis fristlos.

Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der Kündigung u.a. vorgebracht, der Kläger habe wiederholt in Verkaufsgesprächen bei der Aufnahme von Aufträgen in die Auftragsformulare mehr Waren eingetragen, als die Kunden bestellt hätten. Der Kläger hat die Vorwürfe der Beklagten bestritten. Er hat seinerseits der Beklagten vertragswidriges Verhalten vorgeworfen und behauptet, die Beklagte habe den Vertreter B. heimlich in seinen Vertreterbezirk geschickt. Dadurch und auch durch ihre unberechtigte außerordentliche Kündigung habe ihm die Beklagte die weitere Zusammenarbeit unzumutbar gemacht. Im übrigen sei es der Beklagten schon aufgrund ihrer eigenen Vertragsuntreue verwehrt gewesen, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Beklagte wiederum hat in Abrede gestellt, sich ihrerseits vertragswidrig verhalten zu haben.

Der Kläger hat mit der Klage von der Beklagten u.a. die Zahlung eines Ausgleichsbetrags nach § 89 b HGB (77.700,– DM) und für die Zeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (31. Dezember 1974) Schadensersatz für entgangene Provision (33.300,– DM) verlangt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klageabweisung umfaßte auch die weitergehenden Anträge des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs für das Jahr 1972 und auf Zahlung der sich daraus ergebenden Provision. In der Berufungsinstanz hat der Kläger nur noch die Anträge auf Ausgleichszahlung und Leistung von Schadensersatz gestellt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Anträge aus der Berufungsinstanz weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht ist wie das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dem Kläger stehe kein Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch zur weil die Beklagte am 12. September 1974 berechtigt gewesen sei, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Klägers zu kündigen (§ 89 a Abs. 1 HGE, § 89 b Abs. 3 Satz 2 HGB). Als wichtigen Grund hat es angesehen, daß der Kläger in einer nennenswerten Anzahl von Fällen mehr Bestellungen notiert habe, als die Kunden tatsächlich in Auftrag gegeben hätten. Ein eigenes vertragswidriges Verhalten der Beklagten sei nicht feststellbar.

Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

II. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß das Revisionsgericht eine Entscheidung des Tatrichters über das Bestehen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes nur in beschränktem Umfang nachprüfen kann. Die Wertung durch den Tatrichter bindet das Revisionsgericht grundsätzlich. Es kann den von diesem festgestellten Umständen kein größeres oder geringeres Gewicht beimessen, als er es für richtig gehalten hat. Die Prüfung in der Revisionsinstanz muß sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt hat (BGH v. 7.7.1978 – I ZR 126/76 = LM Nr. 14 zu § 89 a HGB).

Das Berufungsurteil läßt solche Rechtsfehler nicht erkennen.

1. Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg dagegen, daß der Tatbestand des Berufungsurteils widersprüchliche Angaben zum Inhalt des Kündigungsschreibens vom 12. September 1974 insoweit enthält, als es um die – teilweise – Wiedergabe der in diesem Schreiben angeführten Kündigungsgründe geht. Widerspruchsvolle Angaben oder Verweisungen im Tatbestand eines Berufungsurteils bilden einen Revisionsgrund nur dann, wenn aufgrund der Widersprüchlichkeit des Tatbestands Zweifel daran bestehen, welchen tatsächlichen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (BGH v. 5.11.1968 – VI ZR 179/67 = LM Nr. 2 zu § 314 ZPO; BAG AP Nr. 5 zu § 313 ZPO; vgl. auch BGH vom 30.1.1979 – VI ZR 154/78 = NJW 1979, 927). Das ist hier aber nicht der Fall. Davon geht letztlich auch die Revision aus.

2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Kläger seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten schuldhaft grob verletzt habe.

Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, es sehe aufgrund der Aussagen der Zeuginnen K. (Firma H.), F. (Firma Q.), Fr. (Firma F.-M.), H. und E. (Firma R.-H) sowie des Zeugen Herrmann (Firma H.) als erwiesen an, daß der Kläger in einer nennenswerten Anzahl von Fällen bei der Aufnahme von Aufträgen eine größere Anzahl von Bestellungen aufgeschrieben habe, als tatsächlich von den Kunden aufgegeben worden seien, beruht dies auf einer Würdigung der Beweisaufnahme, die keinen Rechtsfehler aufweist und daher im Revisionsrechtszug nicht weiter nachgeprüft werden kann. Die insoweit von der Revision erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch; von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 565 a ZPO). Auch die Rüge aus § 551 Nr. 7 ZPO ist unbegründet. Mit dem Vorbringen des Klägers zu dem Schreiben der Firma B. brauchte sich das Berufungsgericht nicht auseinanderzusetzen. Die Revision zeigt nicht auf, daß der Kläger behauptet hätte, aus dem von ihm geschilderten Vorgehen der Beklagten im Fall der Firma B. sei auf eine gleichartige Beeinflussung der anderen Firmen durch die Beklagte zum Nachteil des Klägers zu schließen.

Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß das von ihm festgestellte Verhalten des Klägers einen schweren Verstoß gegen die ihm gegenüber der Beklagten obliegende Treuepflicht darstellte. Der Beklagten mußte daran gelegen sein, ihren alten und neuen Kunden als seriöser Geschäftspartner zu gelten. Damit war das Geschäftsgebaren des Klägers, um erhöhter Provisionseinnahmen willen Kunden nicht gewollte Waren zu unterschieben, nicht vereinbar. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß durch solch ein Verhalten des Handelsvertreters das Vertrauen der Kunden zu dem Unternehmer erheblich erschüttert werden kann und dadurch die Gefahr des Verlustes dieser Kunden besteht, widerspricht nicht der Lebenserfahrung. Dabei ist es unerheblich, ob im Streitfall Kunden eine durch den Kläger untergeschobene Mehrbestellung tatsächlich zum Anlaß genommen haben, die Geschäftsbeziehungen zur Beklagten abzubrechen oder einzuschränken. Ausschlaggebend ist allein, daß Manipulationen der vom Kläger bei Verkaufsgesprächen vorgenommenen Art in hohem Maß geeignet sind, Kunden zu verärgern und den Unternehmer in Mißkredit zu bringen. Schon die dadurch herbeigeführte Gefährdung der Interessen des Unternehmers kann zu einer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und Handelsvertreter führen, die die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung für den Unternehmer rechtfertigen kann. Es kommt hinzu, daß der Unternehmer sich auf die ordungsgemäße Ausfüllung der Auftragsformulare durch seine Handelsvertreter verlassen können muß. Andernfalls hätte er nicht die Gewähr, daß die abgeschlossenen Verträge auch tatsächlich in vollem umfang zur Ausführung kommen werden und eventuelle Kundenrügen wegen angeblicher Zuviellieferungen unberechtigt sind. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht im Hinblick auf die bei fünf Firmen festgestellten Mehraufschreibungen von einer „Vielzahl” bzw. einer „nennenswerten Anzahl” spricht. Das Berufungsgericht will damit ersichtlich zum Ausdruck bringen, daß es sich um ein wiederholtes, die Interessen der Beklagten ernsthaft gefährdendes Verhalten handelt, das der Kläger auch noch zum Ende der Beziehungen der Parteien – so bei der Firma H. im August 1974 – fortsetzte. Wenn das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen das Verhalten des Klägers als schwere Vertragsverletzung beurteilt hat, so kann dem aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden.

3. Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, daß ein wichtiger Kündigungsgrund nur dann anzuerkennen ist, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (BGH v. 7.7.1978 – I ZR 126/76 = LM Nr. 14 zu § 89 a HGB). Es hat auch zutreffend beachtet, daß es nach Treu und Glauben unter Umständen geboten sein kann, den Vertragspartner erst einmal abzumahnen und danach abzuwarten, ob er bereit und in der Lage ist, das vertragswidrige Verhalten abzustellen (BGH v. 18.3.1977 – I ZR 147/75, S. 14/15). Wenn es dennoch zu der Auffassung gelangt ist, daß die Beklagte angesichts der Bedeutung der Verfehlungen des Klägers zur außerordentlichen Kündigung berechtigt war, kann dieser im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Beurteilung aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. Dabei durfte das Berufungsgericht die bereits im März 1973 erfolgte (dann wieder rückgängig gemachte) fristlose Kündigung der Vertragsbeziehungen durch die Beklagte in seine Erwägungen mit einbeziehen. Die damalige Kündigung war zwar auf andere Gründe gestützt, beruhte aber gleichfalls auf persönlichem Fehlverhalten des Klägers. Ihre Berechtigung hat der Kläger nicht bestritten. Das Berufungsgericht hat auch im übrigen ersichtlich alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Es hat insbesondere nicht übersehen, daß bereits in früheren Jahren gelegentlich von Kunden Mehraufschreibungen des Klägers behauptet worden sein sollen, ohne daß die Beklagte dies zum Anlaß einer Kündigung genommen hätte. Es hat indessen festgestellt, wie sich aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergibt, daß die Beklagte damals noch von Irrtümern des Klägers bei der Aufnahme der Bestellungen habe ausgehen können; dies habe sich erst mit dem Erhalt der Kundenschreiben nach dem 6. September 1974 geändert. Bei diesem Sachverhalt kann es nicht als rechtsfehlerhaft betrachtet werden, daß das Berufungsgericht es für die Beklagte als unzumutbar angesehen hat, den Kläger erst einmal abzumahnen oder das Vertragsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung aufzulösen und noch dreieinhalb Monate fortzusetzen. Dem steht die Entscheidung des Senats vom 7. Juli 1978 (BGH LM a.a.O.) nicht entgegen, in der es für den Unternehmer als zumutbar angesehen wurde, trotz einer Vertragsverletzung des Handelsvertreters mit diesem bis zur ordentlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses in viereinhalb Monate weiterhin zusammenzuarbeiten. Diese Entscheidung betraf einen anderen, mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt.

4. Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist es, daß das Berufungsgericht in seine Beurteilung ein eigenes vertragswidriges Verhalten der Beklagten nicht mit einbezogen hat. Allerdings begegnet die Ansicht der Revisionserwiderung Bedenken, die Annahme eines wichtigen Kündigungsgrundes für die Beklagte wäre auch dann noch gerechtfertigt, wenn die Beklagte tatsächlich im hier interessierenden Zeitraum in erheblichem umfang Geschäftsabschlüsse des Vertreters Bischoff im Bezirk des Klägers geduldet und möglicherweise sogar gefördert hätte. Denn für die Entscheidung, ob einem Vertragsteil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mindestens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist noch zuzumuten ist, spielt im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände sein eigenes Verhalten eine erhebliche Rolle (BGH v. 24.1.1974 – VII ZR 52/73 = WM 1974, 350, 351); und zwar regelmäßig auch dann, wenn die gegeneinander erhobenen Vorwürfe nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen (BGH vom 29.11.1965 – VII ZR 202/63 = BGHZ 44, 271, 275 = NJW 1966, 347, 348). Welche Folgerungen daraus im Streitfall zu ziehen wären, bedarf jedoch keiner Entscheidung.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Kläger ein vertragwidriges Verhalten der Beklagten nicht hinreichend dargetan habe, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte die vom Kläger angebotenen Beweise erheben müssen, hat keinen Erfolg. Zumindest unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten, auf das die Revisionserwiderung Bezug genommen hat, entbehrt der Beweisantrag der erforderlichen Bestimmtheit. Der Kläger hat unter Nennung von mehreren Firmen behauptet und durch Benennung offenbar der Firmeninhaber und/oder Angestellten unter Beweis gestellt, daß die Beklagte durch den Vertreter B. ganz massiv in seinen Vertreterbezirk eingegriffen und dort Verkäufe getätigt habe, wie Stichproben ergeben hätten. Dem ist die Beklagte aber entgegengetreten, ohne daß der Kläger darauf erwidert hätte. Nach dem Vorbringen der Beklagten sollen die vom Kläger benannten Firmen zum einen Vorfälle betreffen, die sich unstreitig bereits im Jahre 1972 ereignet hatten und von den Parteien damals einvernehmlich und gütlich beigelegt worden waren; zum anderen habe eine der Firmen die erste Bestellung überhaupt erst am 5. Oktober 1974, also nach dem Ausspruch der Kündigung aufgegeben, eine weitere Firma habe ihre Bestellungen sämtlich durch ihre Zentrale über einen anderen Vertreter der Beklagten getätigt, und bei einer weiteren der vom Kläger benannten Firmen seien niemals Verkäufe durch einen anderen ihrer Vertreter getätigt worden; soweit es bei einer der Firmen tatsächlich zu Verkäufen über den Vertreter B. gekommen sei, sei versehentlich die Zugehörigkeit dieser Firma zum Vertragsgebiet des Klägers übersehen worden. Jedenfalls unter diesen Umständen hätte es näherer Darlegungen des Klägers bedurft, um aus seinem Vorbringen auf ein eigenes vertragswidriges Verhalten der Beklagten schließen zu können, das das Berufungsgericht bei der Prüfung des wichtigen Kündigungsgrundes in seine Erwägungen hätte einbeziehen müssen und dem das Berufungsgericht deshalb durch Erhebung der angebotenen Beweise hätte nachgehen müssen. Dem Kläger könnte zwar eingeräumt werden, daß das Fehlen näherer Behauptungen zu einem Beweisthema dann zulässig sein kann, wenn die Partei eine Tatsache behaupten muß, über die sie eine genaue Kenntnis gar nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich halten darf (BGH v. 14.3.1968 – II ZR 50/65 = NJW 1968, 1233 f; BGH v. 4.5.1964 – III ZR 159/63 = NJW 1964, 1414, 1415). Dieser Gesichtspunkt kommt hier aber schon deshalb nicht zum Tragen, weil der Kläger nichts dazu vorgebracht hat, daß und warum es ihm nicht möglich gewesen sein soll, seine Behauptungen zu substantiieren. Dafür, daß dem Kläger nähere Angaben, wie z.B. die ungefähren Daten der von ihm behaupteten, über den Vertreter B. getätigten Geschäftsabschlüsse, unmöglich oder unzumutbar gewesen sein könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Die weitere in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge aus § 139 ZPO greift ebenfalls nicht durch. Die Rüge ist deswegen unbegründet, weil die Revision nicht aufzeigt, welche zusätzlichen Angaben der Kläger hätte machen können, wenn das Berufungsgericht ihn darauf hingewiesen hätte, daß es den Vortrag für nicht hinreichend substantiiert hält. Vielmehr heißt es dort lediglich, daß nach einem Hinweis des Berufungsgerichts gegebenenfalls weiterer Vortrag erfolgt wäre. Es wäre aber Aufgabe der Revision gewesen darzutun, daß das Berufungsurteil auf dem von ihr gerügten Verstoß beruht. Deshalb hätte sie angeben müssen, was nach dem entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts über den bisherigen Vortrag hinaus noch hätte angeführt werden können (BGH v. 27.6.1963 – III ZR 62/62 = VersR 1963, 1149, 1150).

Schließlich durfte das Berufungsgericht die Vorfälle, die 1972 ihren Abschluß gefunden hatten, mit der Begründung außer Ansatz lassen, diese Vorgänge hätten jedenfalls zu weit zurückgelegen, als das darin im Zeitpunkt der Kündigung noch ein Vertragsverstoß der Beklagten hätte erblickt werden können. Aus dem gleichen Grund hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend den Schreiben des Vertreters B. vom 20. August 1974 und der Beklagten vom 26. August 1974 keinen Hinweis auf ein vertragswidriges Verhalten der Beklagten entnommen, das im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen gewesen wäre. Denn die in diesen Schreiben ansprochenen Vertretertätigkeiten B. im Bezirk des Klägers betrafen, mit einer Ausnahme (Firma K.) die bereits im Juni 1972 abgeschlossenen Vorfälle, wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat. Im Hinblick auf die Firma K. heißt es in diesen beiden Schreiben, daß der Vertreter B. ab April 1974 diese Firma besuchte, weil sie um die Entsendung eines anderen Vertreters als des Klägers gebeten hätte; mit Schreiben vom 22. Juli 1974 sei dann auch der Besuch dieser Firma dem Vertreter B. wieder untersagt worden. Es ist demnach nicht rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht aus diesen Schreiben keine Folgerungen zum Nachteil der Beklagten gezogen hat.

III. Danach hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß infolge schuldhaften Verhaltens des Klägers das Handelsvertreterverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12. September 1974 beendet worden ist und dem Kläger weder ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB noch ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Die Revision des Klägers war danach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

v. Gamm, Alff, Merkel, Piper, Teplitzky

 

Fundstellen

Nachschlagewerk BGH

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge