Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Berliner Mietpreisbindung durch Umwandlung von Wohnraum in Geschäftsraum. Wohnraumbegriff

 

Leitsatz (redaktionell)

Bis 1949-12-31 bezugsfertig gewordener Altbauwohnraum in Berlin, der in der Zeit nach dem 1968-12-31 bis zum 1972-08-04 in Geschäftsraum umgewandelt wurde, ist hierdurch von der Mietpreisbindung für Wohnraum frei geworden.

 

Orientierungssatz

Ein Mietvertrag über Wohnraum liegt nicht vor, wenn die vermieteten Räume zwar zum Wohnen geeignet sind, der vertragsgemäße Gebrauch der Räume durch den Mieter für die Vertragspartner aber gerade nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten liegt (Bestätigung BGH, 1978-11-15, VIII ZR 14/78, WM IV 1979, 148; Bestätigung BGH, 1981-02-11, VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377).

 

Normenkette

BMietG 1 § 26 Abs. 2, § 30 Abs. 1; AMVOB § 15 Abs. 1; GeschRMietG § 2 Abs. 1; WoZwEntfrV BE § 1 Abs. 4 Buchst. a.F.assung: 1973-02-09

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 13.04.1981; Aktenzeichen 8 U 1313/80)

LG Berlin (Entscheidung vom 05.12.1979; Aktenzeichen 25 O 88/79)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden, unter Zurückweisung der Revision des Klägers, die Urteile der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 1979 und des 8. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 13. April 1981 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt vom Beklagten Rückzahlung angeblich zuviel gezahlter Miete für das Jahr 1978.

Der Beklagte ist Eigentümer eines vor dem Ersten Weltkrieg in Berlin erbauten Wohnhauses. Mit dem „Mietvertrag für gewerbliche Räume” vom 21. Januar 1970 vermietete der damalige Eigentümer des Grundstücks, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist, fünf Wohnungen zum Betrieb einer Pension. Bereits zuvor war ein Teil dieser Wohnungen, zuletzt im Jahre 1968, zum Betrieb einer Hotel-Pension vermietet worden. Die mit dem Vertrag vom 21. Januar 1970 vermieteten Wohnungen waren für die Zwecke einer Hotel-Pension hergerichtet worden. Die Zimmer hatten fließend warmes und kaltes Wasser sowie ein Handwaschbecken erhalten.

Mit Mietvertrag vom 17. Januar 1973 mietete der Kläger die genannten fünf Wohnungen zum Betrieb eines Studentenwohnheims. Als monatlicher Mietzins wurden 4.125,– DM zuzüglich Nebenkosten vereinbart.

Mit der Klage hat der Kläger vom Beklagten Rückzahlung von 17.221,08 DM nebst Zinsen verlangt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe erst jetzt erfahren, daß es sich bei den Mieträumen um preisgebundenen Wohnraum handele. Für das Jahr 1978 habe er die preisrechtlich zulässige Miete um 17.221,08 DM überzahlt. Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, daß für die Mieträume keine Preisbindung bestehe, weil sie – wie schon früher – als Gewerberaum vermietet worden seien.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Rückzahlung von 4.660,– DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen (Grundeigentum 1981, 767).

Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen auf 12.802,– DM ermäßigten Klageantrag weiter. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Abweisung der Klage. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß es sich bei den vom Kläger gemieteten Räumen um Altbauwohnraum handele, der bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden sei und deshalb nach den Vorschriften des Ersten Bundesmietengesetzes (1. BMietG) und der Altbaumietenverordnung Berlin (AMVOB) der Mietpreisbindung unterliege. Ein Ausnahmetatbestand (§ 3 Abs. 2 AMVOB), aufgrund dessen die Räume von der Mietpreisbindung frei sein könnten, liege nicht vor. Die Mieträume seien Wohnräume im Sinne der Altbaumietenverordnung Berlin geblieben, auch wenn sie zu anderen als Wohnzwecken genutzt würden.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist in Berlin aufgrund der hier fortgeltenden Mietpreisbindung für Altbauwohnraum von einem besonderen preisrechtlichen Wohnraumbegriff auszugehen. Es leitet diesen Wohnraumbegriff aus einer Abgrenzung zur Definition des Geschäftsraums in § 2 Abs. 1 des bis zum 31. Dezember 1975 in Berlin geltenden Geschäftsraummietengesetzes vom 10. Januar 1961 (GVBl. S. 161) ab. Danach sind Geschäftsräume Räume, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung auf Dauer zu anderen als Wohnzwecken, insbesondere gewerblichen oder beruflichen Zwecken zu dienen bestimmt sind und solchen Zwecken dienen.

Ob ehemaliger Wohnraum seinen Wohnraumcharakter verloren habe und zum Geschäftsraum geworden sei, werde demnach entscheidend durch die objektiven Merkmale der baulichen Anlage und Ausstattung der Räume bestimmt. Die vom Kläger gemieteten Räume seien durch den Einbau von Handwaschbecken mit fließend kaltem und warmem Wasser nicht derart erheblich verändert worden, daß sie ihren Charakter als Wohnräume verloren hätten und Geschäftsräume geworden seien.

Die von den Parteien getroffene Mietpreisvereinbarung sei damit insoweit und solange unwirksam, als sie die gesetzlich zulässige Miete übersteige (§ 26 Abs. 2 1. BMietG). Deshalb stehe dem Kläger ein Anspruch nach § 30 Abs. 1 1. BMietG in Verbindung mit § 812 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der im Jahre 1978 zuviel gezahlten Miete zu, deren Berechnung das Berufungsgericht dann im einzelnen darlegt.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit Erfolg greift die Revision des Beklagten die Annahme des Berufungsgerichts an, daß es sich bei den vom Kläger gemieteten Räumen um preisgebundenen Wohnraum im Sinne der Altbaumietenverordnung Berlin handele. Durch die 1970 erfolgte Vermietung der Räume zur gewerblichen Nutzung zunächst als Hotel-Pension und später als Wohnheim haben die Räume ihren ursprünglichen Wohnraumcharakter verloren und sind Geschäftsräume geworden. Als solche unterliegen sie nicht mehr der Mietpreisbindung.

1. Bei der Entscheidung, ob zwischen den Parteien ein Wohnraummietverhältnis oder ein Mietvertrag über Geschäftsräume besteht, ist zur Abgrenzung der allgemeine mietrechtliche Wohnraumbegriff zugrundezulegen und nicht – wie das Berufungsgericht meint – ein besonderer preisrechtlicher Wohnraumbegriff, der im wesentlichen durch objektive Merkmale bestimmt wird.

Die rechtliche Einordnung von Räumen als Wohn- oder Geschäftsräume hängt danach, sofern sie nicht schon nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung eindeutig dem einen oder anderen Zweck zugeordnet werden können, nicht von der objektiven Eignung, sondern von der vertraglichen Zweckbestimmung und der tatsächlichen Nutzung ab (Gelhaar in BGB RGRK, 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 21; Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl. Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 25; Palandt/Putzo, BGB, 41. Aufl. Einf. vor § 535 Anm. 8 a; Roquette, Das Mietrecht des BGB, § 535 Rdn. 138, 139; Senatsurteil vom 15. November 1978 – VIII ZR 14/78 = LM BGB § 564 b Nr. 1 = WM 1979, 148 = Grundeigentum 1979, 29). Denn grundsätzlich trifft der Verfügungsberechtigte, in der Regel also der Eigentümer, die Entscheidung darüber, ob Räume zum Wohnen oder zu anderen Zwecken benutzt werden dürfen.

2. Die Annahme eines besonderen preisrechtlichen Wohnraumbegriffs würde dazu führen, daß im Berliner Mietrecht ein doppelter Wohnraumbegriff für die allgemeinen mietrechtlichen Gesetze einerseits und für das Mietpreisrecht andererseits Geltung hätte. Dafür ist jedoch keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

Auch das Berufungsgericht räumt ein, daß der von ihm angenommene preisrechtliche Wohnraumbegriff gesetzlich nicht ausdrücklich bestimmt worden ist. Es meint aber, aus § 15 Abs. 1 AMVOB in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der in Berlin bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Fassung des Geschäftsraummietengesetzes (GRMG) vom 10. Januar 1961 (GVBl. S. 161) ergebe sich, daß nach dem Willen des Gesetzgebers Wohnraum auch dann preisgebundener Wohnraum im Sinne der Altbaumietenverordnung Berlin bleibe, wenn er gewerblich genutzt werde.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Wie das Berufungsgericht selbst zutreffend ausführt, betreffen die Fragen, wann Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken benutzt werden darf und wie hoch die zulässige Miete im Einzelfall sein darf, zwei verschiedene Sachverhalte und sind deshalb auseinanderzuhalten. Dennoch meint es, die Mietpreisbindung sei ein Instrument, um der Aushöhlung des Wohnraumbestandes durch Zweckentfremdung entgegenzuwirken. Die Auffassung des Berufungsgerichts führt zu dem Ergebnis, daß Altbauwohnraum, der in Geschäftsraum umgewandelt worden ist, weiterhin den Mieterhöhungsbeschränkungen unterliegt. Eine solche Rechtsfolge ist jedoch sachfremd und deshalb abzulehnen (so auch OVG Berlin, Grundeigentum 1979, 812; 1981, 445; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 4. Aufl. Rdn. B 10).

Das Mietpreisrecht ist nicht dazu da, die Umwandlung von Wohnraum in Geschäftsraum zu verhindern oder zu erschweren. Beim Mietpreisrecht und insbesondere bei der Mietpreisbindung für Altbauwohnraum (AMVOB) handelt es sich vielmehr um ein soziales Schutzrecht zugunsten von Wohnungsmietern (Roquette, Bundesmietengesetze, 3. Aufl. Einleitung Rdn. 43, 48; ders. NJW 1955, 1377, 1378; BVerwG NJW 1956, 1491). Die Mietpreisbindung soll die Mieter gegen Überteuerungen schützen, die sich aufgrund des Mangels an Wohnraum sonst ergeben können. Für Geschäftsleute und Angehörige freier Berufe, die ehemalige Wohnungen ausschließlich zu geschäftlichen oder beruflichen Zwecken gemietet haben, ist dieser Schutz nicht vorgesehen.

Andererseits ist das Ziel, einen ausreichenden Bestand an preisgünstigen Wohnungen zu erhalten, gefährdet, solange Wohnraum durch bloße Parteivereinbarung in Geschäftsraum umgewandelt werden kann. Deshalb war in dem bis zum 31. Dezember 1968 in Berlin geltenden Wohnraumbewirtschaftungsgesetz (WBewG) ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum (§ 21 WBewG) enthalten. Mit dem Außerkrafttreten des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes entfiel dieses Zweckentfremdungsverbot zunächst, bis am 4. August 1972 die Berliner Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) vom 25. Juli 1972 (GVBl. S. 1445) in Kraft trat. Nach dieser Verordnung darf Wohnraum nur mit Genehmigung des Berliner Landesamtes für Wohnungswesen anderen als Wohnzwecken zugeführt werden. Werden ehemalige Wohnräume aber ohne Verstoß gegen die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vermietet und genutzt, liegt kein Wohnraum mehr vor und die Preisbindung entfällt.

b) Auch die Berliner Altbaumietenverordnung enthält keine Rechtsgrundlage für die Annahme eines vom allgemeinen Mietpreisrecht abweichenden Wohnraumbegriffs (OVG Berlin, Grundeigentum 1979, 812; 1981, 445), durch den das Bestimmungsrecht des Vermieters hinsichtlich der Verwendung der zu vermietenden Räume eingeschränkt wird.

aa) Die Altbaumietenverordnung beruht auf der Ermächtigung des § 39 1. BMietG. Diese Ermächtigung ist mit der Maßgabe erteilt worden, daß dadurch die Vorschriften des Mietpreisrechts vereinfacht und unter Berücksichtigung des Ersten Bundesmietengesetzes zusammengefaßt werden. Die Altbaumietenverordnung Berlin enthält danach nur preisrechtliche Vorschriften und trifft über diese Ermächtigung hinaus keine Regelungen, durch die Räume als Wohnräume bezeichnet werden, die nicht Wohnräume im Sinne der allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften sind (Fischer-Dieskau/Pergande/Wormit, Das Bundesmietrecht, 1. BMietG § 39 Anm. 2 d; Graul/Becker, Kommentar zur Altbaumietenverordnung Berlin (1980), § 1 Rdn. 1; Graul/Becker, Grundeigentum 1979, 228, 229).

Der Wohnraumbegriff der Altbaumietenverordnung Berlin stimmt danach mit dem des Ersten Bundesmietengesetzes überein. In dem Ersten Bundesmietengesetz fehlt jedoch, ebenso wie in der Altbaumietenverordnung Berlin, eine Begriffsbestimmung für Wohnraum. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Ersten Bundesmietengesetz wird gesagt, „Wohnraum” im Sinne dieses Gesetzes seien grundsätzlich alle Räume, die tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt werden (BT-Drucks. 1110, S. 40). Diese Begriffsbestimmung ist weder Gesetz geworden noch hat sie in der Literatur Zustimmung gefunden. In den Kommentaren zum Ersten Bundesmietengesetz wird übereinstimmend unter Wohnraum derjenige Raum verstanden, der nach seiner baulichen Anlage und Ausstattung für Wohnzwecke geeignet und vom Verfügungsberechtigten für Wohnzwecke bestimmt ist (Roquette, Bundesmietengesetze, 3. Aufl. S. 156 Rdn. 4,5; Fischer-Dieskau/Pergande/Wormit, aaO, § 1 BMietG Anm. 2). Als entscheidendes Merkmal des Wohnraums wird dabei die vertragliche Zweckbestimmung angesehen. Soweit die Eignung zu Wohnzwecken als zusätzliches Begriffsmerkmal genannt wird, liegt darin eine Bezugnahme auf einen weiten Wohnraumbegriff aus dem Öffentlich-rechtlichen Wohnrecht, wie er etwa im Wohnraumbewirtschaftungsgesetz (WBewG) vom 31. März 1953 (BGBl. I 1953, 97) enthalten ist. Nach § 2 WBewG ist jeder Raum, der zu Wohnzwecken geeignet und bestimmt ist, als Wohnraum anzusehen und unterliegt der Wohnraumbewirtschaftung. Bei der Übernahme dieses Wohnraumbegriffes in das Mietpreisrecht wird jedoch übersehen, daß sich der Rechtscharakter des Mietpreisrechts durch das Erste Bundesmietengesetz grundlegend geändert hat. Das bis zum Inkrafttreten des Ersten Bundesmietengesetzes zum öffentlichen Recht gehörende Mietpreisrecht wurde durch das Erste Bundesmietengesetz aus dem öffentlichen Preisrecht ausgegliedert und dem bürgerlichen Recht zugeordnet (Maetzel, Mietpreisrecht, S. 34; Roquette, Bundesmietengesetze, 3. Aufl. S. 90 ff.). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnraums im Sinne des Ersten Bundesmietengesetzes nicht dem öffentlichen Preisrecht zu entnehmen, sondern dem allgemeinen Mietrecht.

Daß der Begriff des Wohnraums im Sinne des Ersten Bundesmietengesetzes dem des Wohnraums im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches entspricht, wird bestätigt durch das „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht” vom 23. Juni 1960 (BGBl. I, S. 389 ff.), in dem neben § 39 1. BMietG (Art. IX Nr. 20, aaO, S. 407), zugleich auch mietrechtliche Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 556 a, 565) neu eingefügt bzw. geändert wurden (Art. VI, aaO, S. 398 ff.), in denen ebenfalls der Begriff des Wohnraums verwendet wurde, ohne daß ein Unterschied in der Begriffsbestimmung zwischen dem Ersten Bundesmietengesetz und dem Bürgerlichen Gesetzbuch gemacht wurde.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich ein hauptsächlich nach objektiven Merkmalen bestimmter preisrechtlicher Wohnraumbegriff auch nicht aus einer Abgrenzung zur Definition des Geschäftsraums in § 2 Abs. 1 GRMG ableiten. Denn der Begriff des Wohnraums wird dort gerade nicht definiert, sondern vorausgesetzt (Maetzel, aaO, S. 26).

Im übrigen wird bei der Begriffsbestimmung des Geschäftsraumes in § 2 Abs. 1 GRMG gerade auch auf die vertragliche Zweckbestimmung der Räume abgestellt. Wenn in § 2 Abs. 1 GRMG die bauliche Anlage und die Ausstattung erwähnt werden, so hat das nur den Sinn, daß die Zweckbestimmung nicht mit der Anlage und Ausstattung des Raumes unvereinbar sein darf. Die bauliche Eignung eines Raumes ist deshalb mit Recht weitgehend nach dem vorgesehenen Vertragszweck beurteilt worden (Kiefersauer/Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl. § 2 Rdn. 6; Meeske, Kommentar zum Geschäftsraummietengesetz, § 2 Rdn. 4; LG Göttingen, ZMR 1955, 14).

c) Für den Bereich des Kündigungsschutzes hat der erkennende Senat bereits in der Entscheidung vom 15. November 1978 (VIII ZR 14/78, aaO) klargestellt, daß im Bereich des Kündigungsschutzrechts für Berlin der gleiche Wohnraumbegriff gilt wie im Bundesgebiet mit der Folge, daß die Kündigungsschutzbestimmungen nicht eingreifen, wenn die Räume nach dem Vertragszweck der gewerblichen Nutzung dienen.

Entsprechendes gilt auch für das auf Altbauwohnungen in Berlin anwendbare Mietpreisrecht. Dementsprechend ist im vorliegenden Fall für die Abgrenzung eines Wohnraummietverhältnisses von einem Mietvertrag über Geschäftsräume nach allgemein mietrechtlichen Grundsätzen der Vertragszweck maßgebend.

3. Im vorliegenden Fall haben die Parteien kein Wohnraummietverhältnis begründet, sondern sich über die Vermietung von Geschäftsräumen geeinigt.

a) Gemäß § 1 b des Mietvertrages vom 17. Januar 1973 wurden dem Kläger „Geschäftsräume” zur Benutzung als „Wohnheim” vermietet. Wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat, liegt ein Mietvertrag über Wohnraum nicht vor, wenn die vermieteten Räume zwar zum Wohnen geeignet sind, der vertragsgemäße Gebrauch der Räume durch den Mieter für die Vertragspartner aber gerade nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten liegt (Senatsurteile vom 15. November 1978 – VIII ZR 14/78, aaO; vom 11. Februar 1981 – VIII ZR 323/79 = WM 1981, 409 = NJW 1981, 1377). Dann ist der Vertragszweck nämlich nicht die Überlassung von Wohnraum, sondern die Ermöglichung der Weitervermietung. Das aber ist ein wirtschaftlicher und kein Wohnzweck. Daß der Kläger als Studentenwerk soziale Zwecke mit dem Anmieten der Räume verfolgt und durch die Weitervermietung als solche keinen Gewinn erzielen will, steht der Annahme, daß er die Räume zur Förderung seiner sozialen und geschäftlichen Ziele angemietet hat, nicht entgegen. Damit scheidet die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses zwischen den Parteien aus. Als Geschäftsräume unterliegen die vom Kläger gemieteten Räume nicht der Mietpreisbindung.

b) Dem steht auch § 15 AMVOB nicht entgegen. Denn die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, daß es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum und nicht über Geschäftsraum handelt (Grau/Becker, aaO, § 15 Rdn. 1). Die Vorschrift des § 15 AMVOB wird damit keineswegs bedeutungslos. § 15 AMVOB erfaßt nach wie vor wohnfremde Nutzungen von Altbauwohnungen, deren rechtswirksame Umwandlung am Mangel der erforderlichen Genehmigung gescheitert ist, sowie Wohnräume, die vertragswidrig durch den Mieter zweckfremd genutzt werden (OVG Berlin Grundeigentum 1979, 812).

4. Die Vermietung der genannten fünf Wohnungen verstößt auch nicht gegen die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwVbVO) vom 25. Juli 1972 (GVBl. S. 1445).

a) Nach § 1 dieser am 4. August 1972 in Kraft getretenen Verordnung (in der Fassung vom 9. Februar 1973 (GVBl. S. 421)) darf Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des Landesamtes für Wohnungswesen zugeführt werden. Wird die Genehmigung nicht erteilt, darf der Raum nur als Wohnraum genutzt werden (§ 5 ZwVbVO). Hiervon ausgenommen sind jedoch Räume, die bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung anderen als Wohnzwecken zugeführt worden sind. Ihre Umwandlung von Wohn- in Geschäftsraum war genehmigungsfrei (§ 1 Abs. 4 Buchst. a ZwVbVO), denn die Verordnung gilt nicht rückwirkend (Nr. 1.4.1. AV-ZwVbVO vom 9.1.1974, i.d.F. vom 17.11.1977, ABl. Berlin S. 1598).

b) Zwar haben die Parteien den Mietvertrag vom 17. Januar 1973 erst nach dem am 4. August 1972 erfolgten Inkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung abgeschlossen. Gemäß § 1 Abs. 4 Buchst. a ZwVbVO bedurfte die Umwandlung keiner Genehmigung mehr, weil die Räume bereits durch den Mietvertrag vom 21. Januar 1970 zum Betrieb einer Hotel-Pension vermietet und damit in zulässiger Weise in Geschäftsräume umgewandelt worden waren. Zu diesem Zeitpunkt war das bis zum 31. Dezember 1968 in Berlin fortgeltende Wohnraumbewirtschaftungsgesetz, das Zweckentfremdungen von Wohnräumen nur mit Genehmigung zugelassen hatte (§ 21 WBewG), bereits außer Kraft getreten. Die vom Kläger gemieteten Räume sind spätestens durch den Mietvertrag vom 21. Januar 1970 ohne Verstoß gegen Zweckentfremdungsverbote in Geschäftsräume umgewandelt worden.

III. Die angefochtenen Urteile waren deshalb auf die Rechtsmittel des Beklagten aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. Da die Klage unbegründet ist, war die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI538045

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