Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsfrist des Anspruchs auf Zugewinnausgleich bei beiderseitigem Rechtsmittelverzicht gegen den Scheidungsausspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Verjährung des Anspruchs auf Ausgleich des Zugewinns, wenn die Parteien im Verhandlungstermin über die Ehescheidung und Folgesachen im Anschluß an die Verkündung des Verbundurteils auf Rechtsmittel und Anschlußrechtsmittel verzichten und der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ein unrichtiges Rechtskraftzeugnis erteilt.

 

Normenkette

BGB § 1378 Abs. 4; ZPO § 629a Abs. 4, § 706 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.11.1995)

AG Bensheim

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 9. November 1995 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Anspruch der Klägerin auf Ausgleich des Zugewinns verjährt ist.

Die im Jahre 1974 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf Antrag des (jetzigen) Beklagten durch Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 21. Februar 1991 geschieden. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 1991 wurden in Anwesenheit beider Parteien zunächst Ehescheidung und Folgesachen erörtert. Die eingeholten Auskünfte zum Versorgungsausgleich ergaben eine Ausgleichspflicht der (jetzigen) Klägerin. Da andererseits für den – nicht anhängigen – Zugewinnausgleich eine Zahlungspflicht des Beklagten in Betracht kam, beantragten die Parteivertreter, „den Versorgungsausgleich abzutrennen”, damit eine Gesamtregelung unter Einbeziehung des Zugewinnausgleichs herbeigeführt werden könne, bei der von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abgesehen werden und der Beklagte an dessen Stelle anderweitige Vermögenswerte behalten solle. Das Familiengericht gab im Wege der Vorabentscheidung dem Scheidungsantrag statt und regelte das Sorgerecht für die beiden gemeinschaftlichen Kinder. Im Anschluß an die Verkündung des Urteils verzichteten die Parteien auf Rechtsmittel und Anschlußrechtsmittel. Am 15. März 1991 vermerkte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf dem Urteil, dieses sei „rechtskräftig seit dem 4.3.91”. Eine Urteilsausfertigung mit dem Rechtskraftvermerk wurde den Parteivertretern und dem Standesamt gemäß Verfügung vom 15. März 1991 zugesandt.

Der Versorgungsausgleich wurde, nachdem keine Gesamtregelung erfolgte und zweimalige gerichtliche Antragen nach der „in Aussicht gestellten Vermögensregelung” unbeantwortet blieben, durch Beschluß vom 12. November 1991 zu Lasten der Klägerin durchgeführt.

Im Juni 1993 erhielt der inzwischen von der Klägerin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen für den Zugewinnausgleich beauftragte Rechtsanwalt Dr. B. auf seinen Antrag von dem Amtsgericht – Familiengericht – eine Rechtskraftbestätigung des Ehescheidungsurteils, die den Eintritt der Rechtskraft am 4. März 1991 auswies.

Am 2. Februar 1994 fragte Rechtsanwalt Dr. B. für die Klägerin telefonisch bei dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwalt M., an, ob für den Versuch, eine einvernehmliche Regelung über den Zugewinnausgleich zu erzielen, eine Vereinbarung über einen befristeten Verzicht des Beklagten auf die Einrede der Verjährung geschlossen werden könne. Er wiederholte diese Antrage mit Schreiben vom 5. Februar 1994 unter Hinweis darauf, daß nach seinen Feststellungen am 4. März 1994 die Verjährung eventueller Zugewinnausgleichsansprüche drohe. Rechtsanwalt M. sagte zu, sich bei dem Beklagten für eine entsprechende Vereinbarung einzusetzen. Anläßlich einer erneuten telefonischen Antrage von Rechtsanwalt Dr. B. bei dem Bevollmächtigten des Beklagten am 17. Februar 1994 stellte sich heraus, daß das Schreiben vom 5. Februar 1994 noch nicht an den Beklagten weitergeleitet worden war. Am 23. Februar 1994 teilte Rechtsanwalt M. dem Bevollmächtigten der Klägerin telefonisch mit, der Beklagte verzichte auf die Einrede der Verjährung, sofern die Verjährung nicht bereits eingetreten sei. Am 2. März 1994 reichte die Klägerin Stufenklage auf Zugewinnausgleich ein, die am 11. März 1994 zugestellt wurde.

Die Klägerin hat geltend gemacht: Sie sei, ebenso wie ihr Prozeßbevollmächtigter Rechtsanwalt Dr. B., aufgrund des Rechtskraftvermerks auf dem Scheidungsurteil vom Eintritt der Rechtskraft des Urteils am 4. März 1991 ausgegangen. Weder sie noch Rechtsanwalt Dr. B. hätten gewußt, daß die Rechtskraftbescheinigung unrichtig sei. Für sie sei im Termin vom 21. Februar 1991, zumal nach der Abtrennung des Versorgungsausgleichs zum Zwecke der Ermöglichung einer Gesamtregelung mit dem Zugewinnausgleich, nicht durchschaubar gewesen, ob und wann die für die Zugewinnausgleichsregelung maßgebliche Beendigung des Güterstandes eintrete.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, da das Scheidungsurteil am 21. Februar 1991 Rechtskraft erlangt habe. Er hat behauptet: Die Klägerin habe von dem Eintritt der Rechtskraft sofort im Termin vom 21. Februar 1991 Kenntnis erhalten, weil sie selbst auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet und auch seine, des Beklagten, Rechtsmittelverzichtserklärung wahrgenommen habe. Durch den unrichtigen Rechtskraftvermerk sei ein Rechtsirrtum bei der Klägerin nicht erregt worden, allenfalls ein Tatsachenirrtum, der jedoch nicht entschuldbar gewesen sei, weil die – damals anwaltlich vertretene – Klägerin den Fehler des Familiengerichts durch einfache Nachfrage bei ihrem damaligen Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt H. sofort hätte aufklären können.

Das Amtsgericht hat die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede für durchgreifend erachtet und deshalb die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist begründet.

Ein etwa bestehender Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Denn die Verjährung ist rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist durch die am 2. März 1994 eingereichte (und am 11. März 1994 „demnächst” im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO zugestellte) Stufenklage unterbrochen worden (§ 209 BGB; vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94 = FamRZ 1995, 797, 798). Die Verjährungsfrist endete nicht vor Mitte März 1994.

1. Die Zugewinnausgleichsforderung verjährt nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte von der Beendigung des Güterstandes erfährt. Der Beginn der Verjährungsfrist setzt danach zunächst voraus, daß der Güterstand beendet ist. Diese Rechtsfolge tritt im Fall der Scheidung mit der formellen Rechtskraft des Scheidungsurteils ein. Ferner verlangt § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB die Kenntnis des Gläubigers von der Beendigung des Güterstandes. Dafür ist neben dem positiven Wissen von den die Beendigung begründenden Tatsachen außerdem erforderlich, daß der Gläubiger diese Tatsachen in ihrer rechtlichen Bedeutung erkannt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 203, 206 und vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94 = FamRZ 1995, 797). Er muß also positiv von der Scheidung – als der die Beendigung des Güterstandes begründenden Tatsache – einschließlich der Rechtskraft des Scheidungsurteils gewußt haben (BGHZ a.a.O. S. 208). Kennenkönnen oder Kennenmüssen reicht nicht aus.

2. Das Berufungsgericht hat als Zeitpunkt für die Beendigung des Güterstandes den 21. Februar 1991 angenommen und zur Begründung dieser Auffassung dargelegt: Der Scheidungsausspruch sei in dem Termin vom 21. Februar 1991 rechtskräftig geworden, da die Parteien in diesem Termin auf Rechtsmittel und Anschlußrechtsmittel gegen das Urteil verzichtet hätten (§ 629 a Abs. 4 ZPO). Daran ändere der Umstand nichts, daß der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf dem Scheidungsurteil als Datum des Eintritts der Rechtskraft den 4. März 1991 bezeichnet habe. Dieser Vermerk sei inhaltlich unrichtig und habe keinen Einfluß darauf, wann das Urteil tatsächlich rechtskräftig geworden sei.

Das trifft zu und wird auch von der Revision nicht in Frage gestellt.

Zu der – außerdem erforderlichen – Kenntnis der Klägerin von der Beendigung des Güterstandes hat das Berufungsgericht sodann ausgeführt: Nachdem die Klägerin selbst in dem Scheidungstermin vom 21. Februar 1991 anwesend gewesen sei und beide Prozeßbevollmächtigten in ihrer Gegenwart Rechtsmittelverzicht erklärt hätten, habe sie hierdurch unmittelbar vom Eintritt der Rechtskraft erfahren. Zwar erfordere die Kenntnisnahme von der Beendigung des Güterstandes als dem Eintritt einer Rechtswirkung nicht nur das positive Wissen von den die Beendigung begründenden Tatsachen, sondern daß der Gläubiger die ihm bekannten Tatsachen auch in ihrer rechtlichen Bedeutung – Beendigung des Güterstandes – erkannt habe. Beim Rechtsmittelverzicht in Anwesenheit der Parteien handele es sich jedoch um einen einfachen rechtlichen Zusammenhang. Auch einem Laien müsse sich in dieser Situation aufdrängen, daß die Scheidung durch den beiderseitigen Rechtsmittelverzicht endgültig und damit rechtskräftig geworden sei.

3. Diese allgemeine Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, die sich nicht mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles und der ausdrücklichen Erklärung der Klägerin über ihre Unkenntnis von der Unrichtigkeit des Rechtskraftvermerks auseinandersetzt, wird von der Revision zu Recht angegriffen.

a) Zwar mag dem Oberlandesgericht darin zuzustimmen sein, daß bei dem häufigsten Grund für die Güterstandsbeendigung, der Ehescheidung, die gleichzeitige Beendigung des ehelichen Güterstandes allgemein bekannt (selbstverständlich) sei (so Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 2. Aufl. § 1378 Rdn. 18), da allgemein bekannt sei, daß spätestens mit rechtskräftiger Auflösung der Ehe auch der Güterstand endet (so Baumeister in FamGB § 1378 Rdn. 36; auch BGHZ a.a.O. S. 206).

b) Das bedeutet indessen nicht, daß damit auch die Frage, wann die Rechtskraft bzw. Teil-Rechtskraft des Scheidungsausspruchs in einem Verbundurteil eintritt, einen „einfachen rechtlichen Zusammenhang” bildet, der sich nach beiderseitigem Rechtsmittelverzicht „auch einem Laien aufdrängen” müßte. Seit der Einführung des Scheidungsverbundes durch das 1. EheRG haben neben den Ehegatten auch die übrigen an einem Verbundverfahren Beteiligten, wie beispielsweise die Versorgungsträger – zur Folgesache Versorgungsausgleich – und das Jugendamt – zur Folgesache Sorgerecht – ein eigenes Beschwerderecht gegen die Verbundentscheidung (§§ 621 e ZPO, 20 FGG). Diesem Beschwerderecht der weiteren Beteiligten kommt besondere Bedeutung für die Herbeiführung der Rechtskraft des Verbundurteils durch Verzichtserklärungen zu. So können sich die Eheleute, selbst wenn sie bereits auf Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch verzichtet haben, einem später von einem weiteren Beteiligten eingelegten Rechtsmittel gegen die Entscheidung einer Folgesache gleichwohl noch anschließen mit dem Ziel, den Scheidungsausspruch zu Fall zu bringen (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Dezember 1979 – IV ZB 75/79 = FamRZ 1980, 233; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozeß 10. Aufl. Rdn. 269 und Fn. 25). Da jedoch das Bedürfnis erkannt wurde, auch unter Geltung des neuen Rechts die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs vorzeitig herbeiführen zu können (vgl. dazu Heintzmann FamRZ 1980, 112 ff., 115), wurde durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl I 301) mit Wirkung vom 1. April 1986 – durch Einfügung der Absätze 3 und 4 in § 629 a ZPO – eine Neuregelung getroffen, die von Bergerfurth (a.a.O. S. 418) als „ebenso wichtige wie komplizierte” Regelung bezeichnet wird. Danach kann u.a. nunmehr die sofortige Teil-Rechtskraft des Scheidungsausspruchs in einem Verbundurteil dadurch herbeigeführt werden, daß beide Ehegatten wirksam auf Rechtsmittel und Anschlußrechtsmittel verzichten, wobei der Verzicht bereits vor Einlegung des Rechtsmittels in einer Folgesache erklärt werden kann (§ 629 a Abs. 4 ZPO; vgl. allgemein Bergerfurth a.a.O. S. 423).

Diese gesetzliche Regelung, nach der der sofortige Eintritt der Teil-Rechtskraft des Scheidungsausspruchs in einem Verbundurteil bewirkt werden kann, wenn die Ehegatten – trotz der Möglichkeit, daß ein weiterer Beteiligter Rechtsmittel gegen die Entscheidung in einer Folgesache einlegt – mit einem Rechtsmittel- und Anschlußrechtsmittelverzicht sowohl auf die Einlegung eines eigenen Rechtsmittels gegen den Scheidungsausspruch als auch darauf verzichten, sich einem u.U. zu erwartenden Rechtsmittel eines weiteren Beteiligten (z.B. des Jugendamts) gegen die Entscheidung einer Folgesache mit einem Angriff gegen den Scheidungsausspruch anzuschließen, ist weder „rechtlich einfach”, noch muß sich die Rechtsfolge derartiger Verzichtserklärungen „einem Laien aufdrängen”. Die Regelung ist für einen Laien vielmehr in ihren rechtlichen Wirkungen ohne anwaltliche Beratung in der Regel nicht zu überschauen. Der Laie wird sich statt dessen mangels anderer Kenntnis zumeist auf den zum Nachweis der formellen Rechtskraft bestimmten Rechtskraftvermerk nach § 706 Abs. 1 ZPO verlassen und davon ausgehen, daß dieser den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft – und damit zugleich der Beendigung des Güterstandes – rechtlich zutreffend ausweist (vgl. § 418 ZPO; Zöller/Stöber ZPO 20. Aufl. § 706 Rdn. 2).

Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs ersichtlich selbst dem für die Erteilung von Rechtskraftvermerken zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Jahre 1991 nicht bekannt. Denn dieser bescheinigte die Rechtskraft des gesamten Verbundurteils einschließlich des Scheidungsausspruchs ohne Rücksicht auf die im Termin vom 21. Februar 1991 abgegebenen Verzichtserklärungen – rechtsfehlerhaft – erst für den 4. März 1991, an dem das Jugendamt das Urteil vom 21. Februar 1991 zugestellt erhielt und seinerseits „auf Einlegung von Rechtsmittel und Anschlußrechtsmittel” verzichtete.

Soweit der Senat in dem bereits genannten Urteil vom 18. März 1987 (BGHZ 100, 203 ff.) ausgeführt hat, im Fall der Scheidung werde der Gläubiger angesichts der meist einfachen rechtlichen Zusammenhänge die ihm bekannten Tatsachen in aller Regel auch in ihrer rechtlichen Bedeutung – Beendigung des Güterstandes – erkennen, (a.a.O. S. 206), bezog sich diese Äußerung auf den Zusammenhang zwischen der Auflösung der Ehe und der damit einhergehenden Beendigung des Güterstandes (s. dazu oben unter a). Der Hinweis betraf jedoch nicht die hier behandelte Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Partei Kenntnis von der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs in einem Verbundurteil als dem maßgeblichen Zeitpunkt der „Auflösung der Ehe” erhält.

Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich nach alledem, daß allein die Anwesenheit einer Partei bei Erklärung des beiderseitigen Rechtsmittel- und Anschlußrechtsmittelverzichts im Anschluß an die Verkündung eines Scheidungsverbundurteils der Partei in der Regel (noch) nicht die Kenntnis vom Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs vermittelt, wenn nicht das Gericht oder der anwaltliche Vertreter sie ausdrücklich hierauf hinweist. Letzteres wird in der Mehrzahl der Fälle entweder unmittelbar im Anschluß an die Abgabe der Verzichtserklärungen oder nach Beendigung des Termins in einer abschließenden Ergebnismitteilung des Prozeßbevollmächtigten geschehen, so daß auf diese Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Scheidungstermin der Partei die Kenntnis von dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs vermittelt und damit die Verjährungsfrist nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB in Gang gesetzt wird.

Im vorliegenden Fall kann hiervon indessen nicht ausgegangen werden. Denn es ist weder tatrichterlich festgestellt noch überhaupt von dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. BGHZ a.a.O. S. 210) behauptet worden, daß die Klägerin von ihrem damaligen Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt H., – etwa bei Übermittlung der ihm mit gerichtlicher Verfügung vom 15. März 1991 zugesandten Urteilsausfertigung mit dem Rechtskraftvermerk 4. März 1991 – belehrt worden wäre, die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs sei ungeachtet des Rechtskraftvermerks bereits am 21. Februar 1991 eingetreten. Der Hinweis des Beklagten, die Klägerin hätte sich unschwer durch Nachfrage bei ihrem damaligen Prozeßbevollmächtigten Klarheit über den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs verschaffen können, ist unerheblich. Denn Kennenkönnen und Kennenmüssen reicht, wie dargelegt, für die Kenntnis i.S. von § 1378 Abs. 4 BGB nicht aus.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht daher nicht fest, daß die Klägerin am 21. Februar 1991 Kenntnis i.S. des § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB von dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs an diesem Tag hatte, wobei unter den gegebenen Umständen eine zusätzliche Unsicherheit für sie dadurch begründet wurde, daß sie ohne rechtliche Beratung nicht übersehen konnte, ob der Abtrennung des Versorgungsausgleichs wegen der geplanten Gesamtregelung unter Einschluß des Zugewinnausgleichs eine rechtliche Bedeutung im Hinblick auf den Beginn der Verjährungsfrist für den Anspruch auf den Zugewinnausgleich zukam.

c) Eine Kenntnis, die Rechtsanwalt H. von dem Eintritt der Rechtskraft infolge des beiderseitigen Rechtsmittel- und Anschlußrechtsmittelverzichts in dem Termin vom 21. Februar 1991 hatte, braucht sich die Klägerin nicht zurechnen zu lassen, da Rechtsanwalt H. zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Geltendmachung des Zugewinnausgleichs für sie beauftragt war (vgl. BGHZ a.a.O. S. 208).

Die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters ist für den Verjährungsbeginn nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB (ebenso wie im Fall der insoweit vergleichbaren Regelung des § 852 Abs. 1 BGB, vgl. Baumeister a.a.O. § 1378 Rdn. 36) regelmäßig unerheblich; die Bestimmung des § 166 Abs. 1 BGB, die nur für Willenserklärungen gilt, ist für die nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB maßgebliche Kenntniserlangung nicht anwendbar (vgl. BGH Urteile vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92 = NJW 1993, 648, 652 unter 4; vom 29. Januar 1968 – III ZR 118/67 = LM § 852 BGB Nr. 35 Bl. 4). Nur wenn eine Partei einen Dritten mit der Tatsachenermittlung gerade zur Durchsetzung desjenigen Anspruchs, um dessen Verjährung es konkret geht, beauftragt und ihm die insoweit erforderliche Kenntnisnahme rechtserheblicher Tatsachen übertragen hat, muß sie die Kenntnis dieses „Wissensvertreters” nach dem § 166 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken gegen sich gelten lassen (BGH Urteile vom 15. Oktober 1992 und 29. Januar 1968 aaO).

Diese Voraussetzungen lagen hier jedoch nicht vor. Der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, Rechtsanwalt H. sei für den – in dem damaligen Scheidungsverbundverfahren nicht anhängig gewesenen – Zugewinnausgleich in dem Verhandlungstermin vom 21. Februar 1991 Wissensvertreter der Klägerin in dem dargelegten Sinn gewesen. Rechtsanwalt H. hatte zwar im Zuge der Vorbereitung der Ehescheidung im Jahre 1990 Auskünfte sowohl über das Einkommen als auch über das Vermögen (Anfangs- und Endvermögen) des Beklagten eingeholt. In einem Besprechungstermin vom 30. Januar 1991, also vor der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 1991, wurde indessen unstreitig vereinbart, die Regelung des Zugewinnausgleichs „zunächst zurückzustellen”, um eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien zu ermöglichen. Nach dem 21. Februar 1991 kam die Klägerin sodann bis Anfang Februar 1994 nicht mehr auf Zugewinnausgleichsansprüche gegenüber dem Beklagten zurück. Ihr früherer Prozeßbevollmächtigter korrespondierte bis Anfang 1992 nur noch über Unterhaltsfragen mit dem Vertreter des Beklagten. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs entfaltete er hingegen keine Tätigkeit und beantwortete nicht einmal die gerichtlichen Antragen nach der ursprünglich beabsichtigten Gesamtregelung von Versorgungs- und Zugewinnausgleich. Hiernach war Rechtsanwalt H., jedenfalls seit dem 30. Januar 1991, erkennbar nicht mit der Wahrnehmung der Interessen der Klägerin hinsichtlich des Zugewinnausgleichs beauftragt und demgemäß insoweit auch nicht als ihr Wissensvertreter anzusehen.

d) Rechtsanwalt Dr. B., den die Klägerin später mit der Geltendmachung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs betraute, hatte aus eigenem Wissen keine Kenntnis von dem Eintritt der Rechtskraft am 21. Februar 1991. Er ging nach der Feststellung des Berufungsurteils – aufgrund des durch die unrichtige Rechtskraftbescheinigung hervorgerufenen Irrtums – vom Eintritt der Rechtskraft am 4. März 1991 aus. Er hätte allerdings, wie sein Verhalten seit dem 2. Februar 1994 zeigt, die Stufenklage spätestens bis zum 21. Februar 1994 und damit in einer jeden Zweifel von vornherein ausschließenden Weise „rechtzeitig” eingereicht, wenn er auf seine Antrage vom 4. Juni 1993 eine zutreffende Rechtskraftbestätigung des Familiengerichts erhalten oder sonst Kenntnis von der Unrichtigkeit des Rechtskraftvermerks erlangt hätte. Diese Kenntnis konnte ihm die Klägerin nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vermitteln, da sie, wie dargelegt, ihrerseits keine (eigene oder ihr zuzurechnende) Kenntnis vom Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs am 21. Februar 1991 hatte.

Daß die Klägerin durch die Rechtskraftbestätigung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Kenntnis über die Rechtskraft des Scheidungsurteils und damit über die Beendigung des Güterstandes erlangt hat, vermag die Verjährungseinrede nicht zu begründen. Dabei kann dahingestellt bleiben, zu welchem Zeitpunkt nach der Ausstellung des Rechtskraftvermerks am 15. März 1991 die Klägerin diese Kenntnis erhielt. Denn sie hat mit der Einreichung der Klageschrift am 2. März 1994 jedenfalls vor Ablauf der Frist des § 1378 Abs. 4 BGB eine zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Maßnahme ergriffen (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Februar 1995 aaO).

4. Aus den dargelegten Gründen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Die Sache ist vielmehr unter Aufhebung des Berufungsurteils zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128084

NJW 1997, 2049

Nachschlagewerk BGH

MDR 1997, 647

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