Leitsatz (amtlich)

Allg. Geschäftsbedingungen der Banken Nr. 19

Die formularmäßige Erstreckung von Sicherheiten auf künftig erst entstehende Forderungen, die im Rahmen einer bankmäßigen Geschäftsverbindung von der Bank gegen den Sicherungsgeber von einem Dritten erworben werden, hält der richterlichen Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen stand.

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 06.11.1979)

LG Stuttgart (Urteil vom 28.06.1979)

 

Tenor

Auf die Anschlußrevision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Revision des Klägers das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. November 1979 geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juni 1979 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma R. Teppichfabrik GmbH (Gemeinschuldnerin), das nach vorausgegangenem, am 27. Juni 1978 eingeleiteten Vergleichsverfahren am 1. September 1978 eröffnet worden ist. Die Gemeinschuldnerin hatte bei der Beklagten verschiedene Kredite aufgenommen und ihr zu deren Sicherung Grundschulden in einer Gesamthöhe von 500.000 DM abgetreten. Nach zwei Erklärungen der Gemeinschuldnerin über den Sicherungszweck dieser Grundschulden vom 18. Februar 1969 und 9. November 1971 sollten diese Rechte „als Sicherheit für alle gegenwärtigen und künftigen – auch bedingten oder befristeten – Ansprüche” der Beklagten zustehen, „gleichviel aus welchem Grund diese Ansprüche entstanden oder auf die Bank übergegangen sein mögen”. Die Grundschulden deckten unstreitig einen zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens ausgereichten Kredit in Höhe von 211.937,57 DM nebst Zinsen ab.

Die Gemeinschuldnerin hatte mit der Firma G. Leasing GmbH, einem Tochterunternehmen der Beklagten, 1974 einen Leasingvertrag über einen Greiferstuhl (Teppichwebmaschine) abgeschlossen. Nach diesem Vertrag war die Leasinggeberin zur Kündigung bei Vermögensverfall der Leasingnehmerin berechtigt und durfte außerdem den Leasinggegenstand in diesem Falle nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen verwerten. Sie war allerdings verpflichtet, den bei der Verwertung erzielten Reinerlös auf die vertraglichen Zahlungspflichten des Mieters für die restlichen Leasingraten anzurechnen. Die Firma G. hatte ihre Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin aus dem Leasingvertrag am 31. Dezember 1976 innerhalb einer Globalzession an die Beklagte zur Refinanzierung abgetreten. Eine Mitteilung von dieser Abtretung an die Gemeinschuldnerin ist nicht erfolgt.

Nachdem die Gemeinschuldnerin Vergleichsantrag gestellt hatte, kündigte die Firma G. den Leasingvertrag am 29. Juni 1978. Sie hatte sich schon seit März 1977 gemeinsam mit der Leasingnehmerin längere Zeit erfolglos bemüht, den Greiferstuhl zu verkaufen, weil die spätere Gemeinschuldnerin schon damals die Leasingraten nicht mehr zahlen konnte. Erst nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin gelang der Verkauf der Maschine durch Vermittlung eines früheren Angestellten der Gemeinschuldnerin.

Als der Kläger die mit den Grundschulden belasteten Grundstücke der Gemeinschuldnerin verkaufen wollte, verlangte die Beklagte vor der Erteilung von Löschungsbewilligungen nicht nur die Zahlung der Kreditsumme samt Zinsen, sondern auch weitere 78.476,48 DM für die ihr abgetretenen, durch den Verkaufserlös nicht gedeckten Ansprüche aus dem Leasingvertrag, wobei sie ebenso wie die Firma G. einen Teilbetrag von 8.000 DM aus dem Verkaufserlös des Leasinggutes, der als Verkaufsprovision bezahlt worden war, der Gemeinschuldnerin nicht gutbrachte. Der Kläger zahlte die abgetretene Summe aus dem Leasingvertrag unter Vorbehalt und verlangt sie mit Zinsen von der Beklagten zurück.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 8.000 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klageabweisung bestätigt. Mit der Revision verfolgen der Kläger und mit der Anschlußrevision die Beklagte ihr Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. 1. Die Revision hält die Klausel in den formularmäßig gestalteten Zweckbestimmungserklärungen für die Abtretung der Grundschulden, wonach sich die Sicherheiten auf alle künftigen oder auf die Bank übergehenden (abgetretenen) Forderungen erstrecken sollen, für überraschend und einer Inhaltskontrolle (§§ 157, 242 BGB) nicht standhaltend. Der Sicherungsgeber gebe nach dieser Klausel wie nach Nr. 19 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, mit welcher Bestimmung die Klausel inhaltlich übereinstimme, eine Blanko-Sicherheit, von der er nicht wisse und nicht wissen könne, wie, wann, in welcher Höhe und für welche Ansprüche sie einmal verwendet würde. Mindestens müsse die Klausel dahin eingeschränkt werden, daß sie nur Forderungen ergreife, die im bankmäßigen Geschäftsverkehr erworben worden seien und für die der Grund bereits zur Zeit der Sicherungsabrede gelegt sei, so daß der Sicherungsgeber mit ihrer Entstehung und ihrem Übergang auf die Bank rechnen müsse. Die Gemeinschuldnerin habe zur Zeit der Zweckbestimmungserklärungen aber noch nicht in Geschäftsbeziehungen zur Firma G. gestanden, so daß es auch nicht darauf ankommen könne, daß dieses Unternehmen die Leasing-Gesellschaft der Beklagten sei.

2. Diesem Revisionsangriff hält das angefochtene Urteil stand.

a) Eine Sicherheit kann im Rahmen eines Kreditverhältnisses zu einer Bank auch für alle zukünftigen Ansprüche des Kreditgebers bestellt werden. Für den Fall der Grundschuld (§§ 1192, 1113 Abs. 2 BGB) wie der Bürgschaft ergibt sich das schon aus dem Gesetz (§ 765 Abs. 2 BGB; BGHZ 25, 318, 321; BGH Beschluß vom 9. Oktober 1974 – VIII ZR 149/73 = WM 1974, 1129, 1130). Es gilt aber auch für die Zweckbestimmungserklärung bei der Abtretung von Grundschulden. Das wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Allerdings wird regelmäßig davon auszugehen sein, daß sich die Sicherheit nur auf Forderungen der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung bezieht (§ 157 BGB), auch wenn der Wortlaut der hier streitigen Zweckbestimnungserklärungen ebensowenig wie derjenige von Nr. 19 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken diese Beschränkung enthält (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1965 – VIII ZR 70/63 = WM 1965, 230; BGH Urteile vom 24. April 1958 – II ZR 94/57 = WM 1958, 722; vom 15. Dezember 1975 – II ZR 49/74 = WM 1976, 248, 250; vom 28. März 1977 – II ZR 78/75 = WM 1977, 917, 919; Liesecke WM 1969, 546, 549; von Westphalen WM 1980, 1406, 1421).

b) Nicht gefolgt werden kann der Revision, wenn sie meint, nur diejenigen Forderungen der Beklagten könnten hier der Zweckbestimmung der Grundschuldübertragung als gesichert unterfallen, für die der Anspruchsgrund schon bei der Abgabe der Zweckbestimmungserklärungen gelegt gewesen sei, so daß mit dem Entstehen der Forderungen gerechnet werden konnte. Der Sinn einer Sicherheit, die im Rahmen eines Kreditvertrags einer Bank für zukünftige Forderungen gegeben wird, ist es, alle Möglichkeiten der Kreditgewährung, sei es durch Darlehenshingabe, durch Wechseldiskont oder durch Hereinnahme von Wechseln des Kreditschuldners von Dritten oder auch durch Erwerb von Forderungen gegen den Kreditnehmer abzudecken. Dabei muß dem Kreditnehmer die Ausnutzung des Kredits für die Zukunft vorbehalten bleiben (vgl. Senatsurteil vom 24. September 1980 – VIII ZR 291/79 = WM 1980, 1255 = ZIP 1980, 968). Die Erstreckung der Sicherheiten der Bank auf alle Forderungen gegen den Kreditnehmer, die im Laufe der Geschäftsverbindung entstehen, kann nicht überraschend oder unbillig sein, weil die Sicherheiten das Kreditverhältnis in der Regel insgesamt absichern sollen, auch wenn die Erstreckung auf formularmäßig verwendeten Klauseln beruht.

c) Der Forderungserwerb der Beklagten von der G. einem Unternehmen, das für sie Leasinggeschäfte betreibt, ist im Verhältnis der Beklagten zur Gemeinschuldnerin im Zuge der bankmäßigen Geschäftsverbindung entstanden. Die Beklagte hatte die von der G. vorfinanzierten Leasinggegenstände dieser gegenüber refinanziert und dafür mit der Globalabtretung vom 31. Dezember 1976 deren Forderung abgetreten erhalten. Sie hatte also in banküblicher Weise eine Forderung gegen einen ihrer Kunden, nämlich die Gemeinschuldnerin, erworben, die dann auch den für das Kreditverhältnis vom Kunden bestellten Sicherheiten unterfiel.

Daß die Beklagte sich die Forderung der G. gegen die Gemeinschuldnerin etwa nur deshalb habe abtreten lassen, um sie unter ihre freien Sicherheiten einstellen zu können, hat das Berufungsgericht aufgrund seiner Feststellungen rechtsirrtumsfrei verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keine Angriffe.

d) Unterfiel aber die von der G. an die Beklagte abgetretene Forderung gegen die Gemeinschuldnerin der Sicherung durch die abgetretenen Grundschulden aufgrund der Zweckbestimmungserklärungen der Gemeinschuldnerin vom 18. Februar 1969 und vom 9. November 1971, dann hat die Beklagte ihre Löschungsbewilligung zu Recht von der Bezahlung auch dieser Forderung abhängig gemacht. Der Kläger hat keinen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte. Seine Revision bleibt ohne Erfolg.

II. 1. Das Berufungsgericht hat den Betrag von 8.000 DM nebst Zinsen dem Kläger zuerkannt. Dieser Betrag ist bei der Verwertung des Greiferstuhls als Verkaufsprovision von der Firma G. bezahlt worden. Das Berufungsgericht meint, die Firma G. sei zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet gewesen, bei Zahlungsschwierigkeiten der Gemeinschuldnerin als Leasingnehmerin den mit ihr über die Maschine geschlossenen Mietvertrag zu kündigen und die Maschine anderweit zu verwerten. Wenn sie dies tat, dann habe dies in erster Linie zu ihrer eigenen Sicherung gedient. Es sei nicht vorgetragen, daß nur eine Provisionszusage in dieser Höhe für einen Verkauf erfolgversprechend gewesen sei. Eine Provisionszusage sei den Interessen des Klägers zuwidergelaufen, die Masseschulden im Interesse der anderen Gläubiger so gering als möglich zu halten.

2. Die Anschlußrevision verweist darauf, daß nach der berechtigten Kündigung des Leasingvertrages seitens der G. gegenüber der Gemeinschuldnerin die noch ausstehenden Leasingraten in Höhe von 160.067,48 DM sofort zur Zahlung fällig gewesen seien und aufgrund der Globalzession vom 31. Dezember 1976 der Beklagten zugestanden hätten. Dieser Betrag habe sich durch den Reinerlös aus dem Verkauf des Greiferstuhls seitens der G. vermindert, wobei allerdings vom Gesamterlös der Maschine die bezahlte Verkaufsprovision von 8.000 DM in Abzug zu bringen sei. Erst als diese Provision versprochen worden sei, hätten nämlich die Verkaufsbemühungen Erfolg gehabt. Daß diese Verkaufsprovision zu hoch gewesen sei, habe der Kläger weder dargelegt noch unter Beweis gestellt.

3. Die Forderung, die die Gemeinschuldnerin der Firma G. schuldete, war nach ihrer Abtretung an die Beklagte mit den dieser von der Gemeinschuldnerin übertragenen Grundschulden gesichert. Erst als der G. nach unstreitig längeren Verkaufsbemühungen der Verkauf des Leasinggutes gelungen war, verminderte sich die Forderung gegen die Gemeinschuldnerin um den Reinerlös aus der Maschine, den sie der Gemeinschuldnerin vertragsgemäß gutzubringen hatte. Dafür, daß die Firma G. nicht die bestmöglichsten Verkaufsbedingungen eingehalten habe und daher der Gemeinschuldnerin wegen positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig sei, hat der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Das hat das Berufungsgericht verkannt, wenn es meinte, die Beklagte habe nicht behauptet, daß nur eine Provision in der von der G. bezahlten Höhe für den Verkauf erfolgversprechend gewesen sei. Schon das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, daß eine Pflichtverletzung der G. die die Beklagte sich anrechnen lassen müßte, hier nicht erkennbar ist.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Kläger substantiiert nichts dafür vorgetragen hatte, daß die Verkaufsprovision unangemessen hoch gewesen sei. Lediglich die Beklagte hatte unter Zeugenbeweis gestellt, daß alle anderen Verkaufsbemühungen bis dahin über längere Zeit erfolgslos waren. Bei dieser Sachlage war auf die Anschlußrevision der Beklagten das landgerichtliche Urteil in vollem Umfange wiederherzustellen mit der Folge, daß der Kläger die gesamten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen hat.

 

Unterschriften

Braxmaier, Dr. Hiddemann, Wolf, Merz, Treier

 

Fundstellen

Haufe-Index 1830931

NJW 1981, 756

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