Leitsatz (amtlich)

Der Besteller muss sich ein schuldhaftes Verhalten des mit der Planung beauftragten Architekten gem. §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, wenn der Architekt zwar nicht einseitig eine Planungsänderung vorgibt, eine solche jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen Besteller und Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt. In einem solchen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer einen Änderungsvorschlag unterbreitet hat.

 

Normenkette

BGB § 254 Abs. 2 S. 2, § 278 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 20.04.2012; Aktenzeichen 17 U 9/10)

LG Itzehoe (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen 2 O 44/03)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17. Zivilsenats des OLG Schleswig in Schleswig vom 20.4.2012 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 16.12.2009 und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 58.340,94 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen diejenigen Arbeiten der Klägerin, die erforderlich sind, um an der Fassade des Gebäudes M. straße 3, 3a, 3b, P., eine Fassadensanierung nach Maßgabe des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen T. vom 25.1.2012 und nach Entscheidung der Beklagten für eine Ausführung mit entweder 4-mm-Vertikalfugen oder 8-mm-Vertikalfugen herzustellen, wobei diese Arbeiten nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Zuschusses von 56.188,80 EUR seitens der Beklagten an die Klägerin durchzuführen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 24 % und die Beklagte 76 %. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt die Klägerin zu 24 %.

Die Anschlussrevision wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte. Von den Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 %; die insoweit durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt die Klägerin zu 72 %.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn für eine Fassadensanierung in Anspruch.

Rz. 2

Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Mai 2001 mit der Anbringung einer Argeton-Tonplattenfassade an ihrem Hochhaus in P. Hinsichtlich der Absprache der technischen Details ließ sie sich dabei durch ihren Architekten, den Streithelfer, vertreten. Nach dem von der Klägerin unterbreiteten Leistungsangebot, das auf der Grundlage des von dem Streithelfer erstellten Leistungsverzeichnisses basierte, sollte die Breite sowohl der horizontalen als auch der vertikalen Fugen 8 mm betragen. Dem Streithelfer waren ausweislich der Leistungsbeschreibung die Genehmigung von Ausführungsdetails des Auftragnehmers und eine stete Abstimmung mit ihm als planendem Architekten vorbehalten.

Rz. 3

Noch vor Ausführung der Arbeiten äußerte die Beklagte den Wunsch, die vertikalen Fugen aus optischen Gründen schmaler als ursprünglich vorgesehen auszubilden. Der Streithelfer nahm daraufhin Kontakt mit dem Hersteller auf, um sich über die Realisierbarkeit dieser von der Beklagten gewünschten Lösung zu informieren. Auf Betreiben der Beklagten und des Streithelfers verständigten sich die Parteien dann auf eine von der ursprünglichen Planung abweichende Breite der Vertikalfugen von lediglich 2 bis 3 mm und vereinbarten, dass nur in jede dritte Vertikalfuge Halteprofile eingesetzt werden sollten.

Rz. 4

Die Klägerin errichtete in der Folgezeit entsprechend dieser Planung die Fassade, wobei jedoch die Breite der vertikalen Fugen zwischen 0 mm und 8 mm variierte.

Rz. 5

Nach Erstellung der Schlussrechnung durch die Klägerin beanstandete die Beklagte die unterschiedliche Fugenbreite und kürzte die Schlussrechnungssumme zudem um einen Sicherheitseinbehalt i.H.v. 5 % (25.104,53 EUR). Gemäß Ziff. 12 der von der Beklagten gestellten Vertragsbedingungen war ein Gewährleistungseinbehalt von 5 % der Gesamtbruttoabrechnungssumme vereinbart, der von der Schlussrechnung in Abzug gebracht werden sollte. Die Klägerin sollte berechtigt sein, den Sicherheitseinbehalt gegen Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen.

Rz. 6

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Restbetrags i.H.v. 60.168,79 EUR geltend gemacht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist teilweise erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Betrags i.H.v. 33.236,41 EUR Zug um Zug gegen Erstellung einer (näher bezeichneten) mangelfreien Verfugung der Fassade verurteilt, wobei die Mängelbeseitigung wiederum nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Zuschusses von Seiten der Beklagten in Höhe eines Betrags von 56.188,80 EUR erfolgen sollte.

Rz. 7

Die von dem Senat teilweise zugelassene Revision der Klägerin richtet sich gegen die Teilabweisung der Klage in Höhe des Sicherheitseinbehalts von 5 % der Schlussrechnungssumme. Mit ihrer Anschlussrevision wendet sich die Beklagte gegen die doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung, soweit die Beseitigung der Mängel davon abhängig ist, dass sie einen Teilbetrag i.H.v. 38.000 EUR an die Klägerin zu zahlen hat.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 8

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines weiteren Betrags i.H.v. 25.104,53 EUR. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.

Rz. 9

Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien ist mit Ausnahme der für die Verjährung geltenden Überleitungsvorschriften in Art. 229 § 6 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch sowie das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Fassung anzuwenden, die für bis zum 31.12.2001 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.

I.

Rz. 10

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Rz. 11

1. In Höhe eines Betrags von 25.104,53 EUR sei die Klage unbegründet, da die Schlussrechnung um einen Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bruttoauftragssumme zu kürzen sei. Die formularmäßige Vereinbarung der Sicherheitsleistung sei nicht deshalb unwirksam, weil eine Ablösung des Einbehalts nur durch Stellung einer Bankbürgschaft auf erstes Anfordern vorgesehen sei. Zwar sei die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers enthaltene Verpflichtung eines Bauunternehmers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, grundsätzlich unwirksam. Der somit lückenhafte Vertrag könne jedoch ergänzend dahin ausgelegt werden, dass der Bauunternehmer eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft schulde. Die Einschränkung des BGH in seiner Entscheidung v. 4.7.2002 - VII ZR 502/99 (BGHZ 151, 229), wonach eine ergänzende Vertragsauslegung für Verträge, die nach Bekanntwerden dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen wurden, nicht mehr in Betracht komme, greife nicht, da der streitgegenständliche Bauvertrag bereits vor Erlass dieser Entscheidung geschlossen worden sei.

Rz. 12

2. In Höhe eines Betrags von 33.236,41 EUR sei die Klage hingegen begründet, jedoch nur Zug um Zug gegen Ausführung derjenigen Arbeiten, die erforderlich seien, um eine mangelfreie Verfugung der Fassade herzustellen. Diese Arbeiten wiederum habe die Klägerin nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Zuschusses i.H.v. 56.188,80 EUR seitens der Beklagten durchzuführen. In Höhe eines Teilbetrags von 38.000 EUR - nur dieser ist in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beruhe dies darauf, dass die Beklagte den Mangel der Fassade mitverursacht habe. Auf Betreiben des Streithelfers sei von dem ursprünglichen Vorschlag der Klägerin abgewichen worden, 8 mm breite Profile zu verwenden und entsprechende Fugen herzustellen. Dem Streithelfer, der selbst Herstellerinformationen eingeholt habe, habe nicht verborgen geblieben sein können, dass mit dem letztlich eingeschlagenen Weg eine Sonderkonstruktion unter Verzicht auf die herstellerseitigen Profile mit Klemmfeldern gewählt worden sei. Dies sei der Beklagten zuzurechnen, weshalb sie mit einer Quote von 1/3 an den Mängelbeseitigungskosten zu beteiligen sei.

II. Revision der Klägerin

Rz. 13

Das Berufungsurteil hält, soweit die Berufung in Höhe eines Betrags von 25.104,53 EUR zurückgewiesen worden ist, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Rz. 14

Die Beklagte war nicht berechtigt, die Schlussrechnung um einen Sicherheitseinbehalt i.H.v. 5 % der Bruttoauftragssumme zu kürzen, da die Klausel gem. Nr. 12 des Vertrags nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.

Rz. 15

1. Bei der Bestimmung gem. Nr. 12 des Vertrags handelt es sich, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 1 Abs. 1 AGBG.

Rz. 16

2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, die - wie hier - vorsieht, dass der Unternehmer einen Gewährleistungssicherheitseinbehalt von 5 % der Auftragssumme nur gegen Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösen kann, den Unternehmer unangemessen benachteiligt (BGH, Beschl. v. 24.5.2007 - VII ZR 210/06, BauR 2007, 1575, 1576 = NZBau 2007, 583; Urt. v. 9.12.2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 540 f. = NZBau 2005, 219; jeweils m.w.N.).

Rz. 17

Fehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Sicherungsabrede könne im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. §§ 157, 133 BGB dahin ausgelegt werden, der Sicherheitseinbehalt sei durch eine einfache unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft ablösbar. Das widerspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 9.12.2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 541 f. = NZBau 2005, 219; Urt. v. 22.11.2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463, 465 = NZBau 2002, 151; Urt. v. 8.3.2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105 f.), von der abzuweichen kein Anlass besteht.

Rz. 18

Das Berufungsgericht hat insoweit irrtümlich die Rechtsprechung zur Verpflichtung des Unternehmers, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen, angewendet (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229, 235 f.). Diese findet jedoch auf Vereinbarungen über Gewährleistungseinbehalte und deren Ablösung keine Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 542 = NZBau 2005, 219; Urt. v. 16.6.2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rz. 35 ff.).

III. Anschlussrevision der Beklagten

Rz. 19

1. Die Anschlussrevision ist zulässig.

Rz. 20

Der aufgrund der akzessorischen Natur erforderliche unmittelbare rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Gegenstand der Revision (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2014 - V ZR 164/13, NJW 2014, 1447 Rz. 31 - in BGHZ 200, 221 insoweit nicht abgedruckt; v. 22.11.2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rz. 38 ff. m.w.N.) ist gegeben. Die Anschlussrevision betrifft einen Mängelbeseitigungsanspruch, der aus demselben Werkvertrag wie der von der Klägerin weiterverfolgte Restvergütungsanspruch resultiert und zudem mit diesem über die von Seiten der Beklagten erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrags prozessual verknüpft ist.

Rz. 21

2. Die Anschlussrevision ist unbegründet.

Rz. 22

Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision dagegen, dass das Berufungsgericht eine Mitverantwortung der Beklagten für den Mangel der Fassade angenommen und im Wege einer doppelten Zug-um-Zug-Verurteilung eine Beteiligung der Beklagten an den Mängelbeseitigungskosten in Höhe eines Betrags von 38.000 EUR ausgeurteilt hat.

Rz. 23

a) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Mängelbeseitigungsanspruchs das Planungsverschulden des Streithelfers gem. §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zurechnen lassen muss.

Rz. 24

(1) Ein auf Seiten des Bestellers mitwirkendes Verschulden ist gem. §§ 254, 242 BGB auch gegenüber einem ein Verschulden nicht erfordernden Anspruch auf Mängelbeseitigung gem. § 633 BGB zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1984 - VII ZR 50/82, BauR 1984, 395, 397 f. in BGHZ 90, 344 insoweit nicht abgedruckt). Dem Besteller obliegt es grundsätzlich, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient er sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss (BGH, Urt. v. 27.11.2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rz. 33 ff. m.w.N.; BGH, Urt. v. 24.2.2005 - VII ZR 328/03, BauR 2005, 1016, 1018 = NZBau 2005, 400). Ein schuldhaftes Verhalten des mit der Planung beauftragten Architekten ist dem Besteller gem. § 278 BGB zuzurechnen, wenn dieser im Laufe der Bauausführung fehlerhafte Anordnungen erteilt, aufgrund derer von der ursprünglichen Planung abgewichen werden soll (BGH, Urt. v. 24.2.2005 - VII ZR 328/03, BauR 2005, 1016, 1018 = NZBau 2005, 400). Einer solchen Anordnung steht es gleich, wenn der Architekt zwar nicht einseitig eine Planungsänderung vorgibt, eine solche jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen Besteller und Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt. In einem solchen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer einen Änderungsvorschlag unterbreitet hat.

Rz. 25

(2) So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben sich die Parteien auf maßgebliches Betreiben der Beklagten und des Streithelfers darauf geeinigt, die Breite der Vertikalfugen abweichend von der ursprünglichen Planung auf 2 bis 3 mm zu reduzieren und nur in jeder dritten Vertikalfuge Haltewinkel anzubringen. Dadurch sollte einem Wunsch der Beklagten Rechnung getragen werden, das Gebäude schmaler erscheinen zu lassen. Für diese Planungsänderung hatte der Streithelfer die Planungsverantwortung übernommen. Ihm war als planendem Architekten nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag, Ziff. 22.4.1 des Leistungsverzeichnisses, die Genehmigung der Ausführungsdetails vorbehalten. Zudem war der Klägerin eine stete Abstimmung des Planungsgrades mit dem Streithelfer vorgegeben. Die Planungsverantwortung des Streithelfers sollte demnach sämtliche nachträglichen Planungsänderungen umfassen, mithin auch die zwischen den Parteien vereinbarte Reduzierung der Fugenbreite unter teilweisem Verzicht auf die herstellerseits vorgesehenen Haltewinkel. Dementsprechend hat sich der Streithelfer die Planungsänderung bezüglich der Fugenausführung zu Eigen gemacht und diese maßgeblich verantwortlich mitgetragen. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Planungsänderung auf sein Betreiben vereinbart worden ist, sondern auch daran, dass er - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - bereits im Vorfeld eine beträchtliche Eigeninitiative entwickelt und Erkundigungen sowohl bei der Klägerin als auch bei dem Hersteller bezüglich der Realisierbarkeit des Wunsches der Beklagten auf schmalere Vertikalfugen eingeholt hatte.

Rz. 26

b) Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision weist das Berufungsurteil auch keinen Begründungsmangel auf. Das Berufungsgericht habe, so meint die Anschlussrevision, eine Verschuldenszurechnung nach § 278 BGB vorgenommen, ohne die Vorschrift angeführt und ohne die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen geprüft zu haben. Mit diesem Vorbringen vermag die Revision einen Begründungsmangel nach § 547 Nr. 6 ZPO nicht aufzuzeigen. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn das Urteil entweder gar nicht begründet ist oder die Gründe für alle oder einzeln geltend gemachte Ansprüche oder Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlen. Eine bloße Unvollständigkeit der Begründung füllt die Bestimmung hingegen nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.2002 - X ZR 29/00, juris Rz. 40). Eine solche bloße Unvollständigkeit liegt vor, wenn im Urteil nicht sämtliche Voraussetzungen einer angewendeten Norm erörtert werden oder die angewendete Norm nicht ausdrücklich bezeichnet wird.

Rz. 27

So verhält es sich hier. Das Berufungsurteil nennt die Vorschrift des § 278 BGB zwar nicht, es geht jedoch ausführlich auf die einvernehmliche Planabweichung, das diese betreffende Verhalten des Streithelfers und den ihm insoweit zugewiesenen Aufgabenbereich ein.

Rz. 28

c) Nicht zu beanstanden ist schließlich die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge. Diese ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob sämtliche in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt und keine rechtsirrtümlichen Erwägungen angestellt worden sind (BGH, Urt. v. 8.12.2011 - VII ZR 198/10, BauR 2012, 494 Rz. 16 = NZBau 2012, 104; Urt. v. 24.2.2005 - VII ZR 328/03, BauR 2005, 1016, 1018 = NZBau 2005, 400).

Rz. 29

Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil. Das Berufungsgericht hat in seine Abwägung einerseits die mangelhafte Bauausführung durch die Klägerin und andererseits die in der Planungsänderung liegende Obliegenheitsverletzung der Beklagten eingestellt. Bei der Gewichtung der Verursachungsbeiträge hat es hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin als Unternehmerin eine Ursache für die Mängel gesetzt und die Planungsänderung ohne Bedenkenhinweis umgesetzt hat. Den Verursachungsanteil der Klägerin mit einer Quote von 2/3 zu gewichten, ist vor diesem Hintergrund revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

IV.

Rz. 30

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7435257

NJW 2014, 3645

NJW 2014, 8

BauR 2015, 523

EBE/BGH 2014

IBR 2014, 740

IBR 2015, 14

JurBüro 2015, 164

WM 2015, 850

JZ 2014, 721

JuS 2015, 264

MDR 2014, 1438

NJ 2015, 113

VersR 2015, 1034

ZfBR 2015, 53

NJW-Spezial 2014, 717

NZBau 2014, 776

GreifRecht 2015, 5

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