Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Bindungswirkung der strafgerichtlichen Entscheidung über die Entschädigungspflicht der Staatskasse für das nachfolgende Betragsverfahren.

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 18.10.1977)

LG Berlin

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 18. Oktober 1977 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.

 

Tatbestand

Die Klägerin, die sich mit der Produktion von Filmen befaßt, stellte den Film "X" (Werbespruch: "Beim Sex ist alles erlaubt") her, der vom 1. Februar 1974 ab in verschiedenen Städten aufgeführt wurde.

Auf Grund eines Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg vom 21. Februar 1974 wurden in Hamburg zwei Kopien des Films "X" beschlagnahmt. Die Klägerin erhob gegen den Beschlagnahmebeschluß erfolglos Beschwerde.

In einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB) ordnete das Amtsgericht Tiergarten durch Beschluß vom 8. April 1974 die Durchsuchung des Lichtspieltheaters "M." in B. und "gemäß §§ 94, 98 StPO die Beschlagnahme der bei der Durchsuchung etwa aufgefundenen sachdienlichen Gegenstände, insbesondere der Originale und Kopien des Films 'X - Beim Sex ist alles erlaubt' an, da diese als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sind und der Einziehung unterliegen". Auf Grund dieses Beschlusses wurde am 10. April 1974 in dem genannten Kino eine Kopie des Films "X" beschlagnahmt.

Durch Beschluß des Landgerichts Berlin vom 3. Mai 1974 - das Ermittlungsverfahren richtete sich inzwischen u.a. gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin, den Geschäftsführer des Filmtheaters und den Verantwortlichen des Filmverleihs - wurde "die am 10. April 1974 erfolgte Beschlagnahme des Films X" aufgehoben. In den Gründen ist ausgeführt: Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß vom 8. April 1974 sei rechtmäßig erlassen und vollzogen worden. Nachdem sich jedoch alle Beschuldigten mit der freiwilligen Herausgabe des sichergestellten Streifens an die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungszwecken einverstanden erklärt hätten, sei es nicht mehr geboten, die Beschlagnahme aufrechtzuerhalten.

Diese Kopie blieb im Einverständnis mit den Betroffenen weiter in amtlichem Gewahrsam; sie wurde am 7. Januar 1975 freigegeben und am 14. Januar 1975 der Klägerin ausgehändigt.

In einem weiteren, u.a. gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verbreitung pornographischer Bildträger (§ 184 StGB) ordnete das Amtsgericht Stuttgart durch Beschluß vom 18. April 1974 "gemäß §§ 94, 98 StPO, §§ 13, 14 Baden-Württembergisches Pressegesetz (BadWürttPresseG) die Beschlagnahme sämtlicher Positiv- oder Negativ-Kopien des Spielfilms "X" ", soweit sie sich im Besitze der bei ihrer Verbreitung mitwirkenden Personen befanden, an und gestattete zu diesem Zweck die Durchsuchung der Geschäfts- und Nebenräume der "B.- Lichtspiele" in S. Eine gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht Stuttgart verworfen. Auf Grund des Beschlusses vom 18. April 1974 wurde am selben Tage eine Kopie des Films in den "B.-Lichtspielen" in S. beschlagnahmt; nach dem Vortrag der Klägerin wurden am 22. April 1974 in Künzelsau und am 19. Juni 1974 in Hannover je eine weitere Kopie sichergestellt.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg stellte ihr Ermittlungsverfahren gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin im Hinblick auf das in Berlin schwebende Verfahren zur Vermeidung einer Doppelverfolgung ein. Das in Stuttgart anhängige Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin zu dem dortigen Verfahren übernommen. Sie erhob sodann gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin Anklage wegen Herstellung pornographischer Bildträger (§ 184 Nr. 3 StGB i.d.F. des Art. 12 Abs. 3 Nr. 2 des 4. StrRG). Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde Jedoch rechtskräftig abgelehnt. Das Amtsgericht Tiergarten hob am 1. Dezember 1975 den Beschlagnahme- und Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts Stuttgart vom 18. April 1974 auf.

Durch rechtskräftigen Beschluß vom 7. April 1975 entschied das Landgericht Berlin, daß die Klägerin und ihr persönlich haftender Gesellschafter "für die Beschlagnahme bzw. Sicherstellung einer Kopie des Spielfilms 'X' in Berlin in der Zeit vom 8. April 1974 bis 7. Januar 1975 sowie für die Beschlagnahme einer weiteren Kopie des Films in Stuttgart in der Zeit vom 18. April 1974 bis 7. April 1975" zu entschädigen sind. Das Amtsgericht Tiergarten billigte der Klägerin und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter durch rechtskräftigen Beschluß vom 1. Dezember 1975 ferner Anspruch auf Entschädigung "für die Beschlagnahme der Filmkopien in Stuttgart für die Zeit vom 8. April 1975 bis 1. Dezember 1975" zu. Durch Beschluß vom 16. Februar 1978 hat das Amtsgericht Tiergarten seinen Beschluß vom 1. Dezember 1975 "erläuternd dahin ergänzt", daß die Klägerin und ihr persönlich haftender Gesellschafter "für alle auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 18. April 1974 beschlagnahmten Filmkopien zu entschädigen sind". Die hiergegen u.a. von der Klägerin und ihrem persönlich haftenden Geseilschafter eingelegten sofortigen Beschwerden wurden als unzulässig verworfen.

Das Landgericht München verurteilte durch rechtskräftiges Urteil vom 4. Februar 1976 den Prokuristen einer Film-Vertriebs-Gesellschaft in München u.a. wegen Verbreitens des Films "X" (Vergehen nach § 184 StGB) zu einer Geldstrafe. Das Gericht ordnete ferner sog. Schnittauflagen (Entfernung bestimmter Szenen) an, behielt die Einziehung aller Positiv- und Negativkopien des Films "X", die sich im Besitz des Verurteilten oder seiner Teilnehmer befanden, vor und sprach aus, daß der Klägerin als Entziehungsbeteiligter (Eigentümerin der Filme) keine Entschädigung zustehe (§ 74 f Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Die Klägerin und ihr persönlich haftender Gesellschafter beantragten, ihnen auf Grund der Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 7. April 1975 und des Amtsgerichts Tiergarten vom 1. Dezember 1975 eine Entschädigung zuzubilligen. Der Senator für Justiz in Berlin lehnte diese Anträge durch Bescheid vom 10. Juni 1976 ab.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie hat - soweit im Revisionsrechtszug von Bedeutung - vorgetragen: Die Uraufführung des Films "X" habe am 1. Februar 1974 mit insgesamt 15 Kopien begonnen. Sie habe ihr ursprüngliches Vorhaben, 75 Filmkopien herzustellen, wegen der Beschlagnahmemaßnahmen auf Grund der Beschlüsse der Amtsgerichte Stuttgart und Tiergarten aufgegeben. Im Hinblick auf die anhängigen Ermittlungsverfahren habe sie die nicht beschlagnahmten Filmkopien zurückgezogen. Dadurch seien ihr Einspielerlöse entgangen. Außerdem seien ihr - vor allem infolge des diskriminierenden Charakters der Beschlagnahme - Folgeschäden entstanden. Ihr auf die Herstellung von Spielfilmen in Zusammenarbeit mit den Verleihern ausgerichteter Gewerbebetrieb sei praktisch zum Erliegen gekommen, da die Verleihfirmen geplante Filmvorhaben verschoben hätten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von

  • a)

    ...

  • b)

    54.051,92 DM nebst Zinsen für eine der nicht beschlagnahmten Kopien des Films "X"

  • c)

    1.000,- DM (Teilbetrag) als Pauschalentschädigung für Folgeschäden

  • d)

    ...

zu verurteilen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klageanträge zu b) und c) abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.

Nach Auffassung des Beklagten stellt sich das Berufungsurteil bereits deshalb als im Ergebnis zutreffend dar, weil die Klägerin als Kommanditgesellschaft nicht Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens sein könne und daher auch nicht zu dem Kreis der Entschädigungsberechtigten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) gehöre.

Damit verkennt der Beklagte jedoch den Umfang der Bindungswirkung, die der Entscheidung des Strafgerichts über die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung (§ 8 StrEG) für das nachfolgende Verfahren über den Anspruch auf Entschädigung (§§ 10, 13 StrEG) zukommt.

1.

Entschädigungsberechtigt ist (von dem Ausnahmefall des § 11 StrEG abgesehen) derjenige, zu dessen Gunsten die Entschädigungspflicht der Staatskasse in der strafgerichtlichen Entscheidung nach § 8 StrEG ausgesprochen worden ist (Meyer, StrEG, 1978, § 10 Anm. 85 Schätzler, StrEG, 1972, § 10 Anm. 5). Das waren hier die Klägerin und ihr - inzwischen schon entschädigter - persönlich haftender Gesellschafter.

Der Ausspruch des Strafgerichts, wer entschädigungsberechtigt ist, kann im vorliegenden Verfahrensabschnitt nicht mehr nachgeprüft werden. Das Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen gliedert sich, wie der erkennende Senat bereits in seinem in BGHZ 63, 209 veröffentlichten Urteil ausgeführt hat, in zwei Abschnitte, nämlich die Entscheidung des Strafrichters nach § 8 StrEG, in der die Entschädigungspflicht der Staatskasse dem Grunde nach festgestellt wird, und das anschließende Betragsverfahren vor der Landesjustizverwaltung und gegebenenfalls den Zivilgerichten nach den §§ 10, 13 StrEG, in dem die Höhe der Entschädigung festgesetzt wird (BGH a.a.O. S. 210 f; Begründung zu §§ 6 und 8 des Entwurfs des StrEG, BT-Drucksache VI/460 S. 8, 9; Meyer a.a.O. Einleitung Anm. 13; Rdn. 7 vor §§ 8, 9; § 8 Anm. 26, § 10 Anm. 1; Schätzler a.a.O. Einleitung Anm. 20; § 8 Anm. 2; § 10 Anm. 1; Kleinknecht StPO 33. Aufl. § 8 StrEG Rdn. 1, § 10 StrEG Rdn. 1). Durch die Entscheidung des Strafgerichts wird auch über die zum Anspruchsgrund gehörende Frage, wer anspruchsberechtigt ist, abschließend entschieden. Die Fragen, die im ersten Verfahrensabschnitt vor den Strafgerichten zu klären sind, werden in diesem Verfahren endgültig erledigt und können im anschließenden Betragsverfahren nicht nochmals aufgerollt werden (vgl. BGH a.a.O. S. 211). Das folgt aus der klaren Trennung des Verfahrens in zwei selbständige und funktioneil verschiedene Abschnitte, für die voneinander abweichende Entscheidungszuständigkeiten normiert sind (Kreft in Anm. zu BGH LM StrEG Nr. 2). Für den Strafrichter bildet die Entscheidung über die Entschädigungspflicht in der Regel (vgl. §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 StrEG) einen Annex der Hauptentscheidung in der Strafsache (Meyer a.a.O. Rdn. 6 vor §§ 8, 9; § 8 Anm. 8; Schätzler a.a.O. § 8 Anm. 8; Kleinknecht a.a.O. § 8 Rdn. 6). Der mit der verfahrensbeendenden Entscheidung in der Strafsache befaßte Richter vermag am besten zu beurteilen, wer von einer Strafverfolgungsmaßnahme im Sinne der §§ 1, 2 StrEG betroffen worden und daher unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen entschädigungsberechtigt ist.

2.

Die strafgerichtliche Entscheidung über den Anspruchsgrund würde allerdings im Falle ihrer Nichtigkeit keine Bindungswirkung für das nachfolgende Betragsverfahren entfalten. Von einem derartigen Mangel kann indes hier keine Rede sein (vgl. zu den Unwirksamkeitsgründen strafgerichtlicher Entscheidungen Kleinknecht a.a.O. Einleitung Rdn. 102). Insbesondere hat das Strafgericht keine Rechtsfolge ausgesprochen, die dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen offensichtlich fremd ist. Im Schrifttum wird die Meinung vertreten, daß auch der Einziehungsbeteiligte (vgl. § 431 StPO) zu dem Kreis der Entschädigungsberechtigten gehöre (Meyer a.a.O. § 2 Anm. 10; Kleinknecht a.a.O. § 2 StrEG Rdn. 2, § 3 StrEG Rdn. 1; § 111 i StPO Rdn. 6). Die Klägerin, in deren Eigentum die beschlagnahmten Filmkopien standen, war allerdings nur Einziehungsinteressentin (vgl. § 432 StPO), da es nicht zu einer Beteiligungsanordnung (§ 431 Abs. 1 Satz 1 StPO) gekommen war. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der Einziehungsinteressent Anspruch auf Entschädigung erlangen kann. Selbst wenn man das verneinen wollte, hätte das nicht die Nichtigkeit der Entscheidungen des Strafgerichts zur Folge.

Demnach steht für das Betragsverfahren bindend fest, daß die Klägerin entschädigungsberechtigt ist. Der Umstand, daß auch ihrem persönlich haftenden Gesellschafter Entschädigungsansprüche zuerkannt wurden, darf allerdings nicht zu einer Doppelentschädigung führen.

II.

1.

Die Bindungswirkung der Entscheidung des Strafgerichts umfaßt auch die Frage, welcher Art die Strafverfolgungsmaßnahme ist, für die Entschädigung zugebilligt wird. Hierbei handelt es sich um ein wesentliches Element des Anspruchsgrundes, über den der Strafrichter abschließend zu befinden hat. Daher schreibt § 8 Abs. 2 StrEG vor, daß in der strafgerichtlichen Entscheidung die Art und gegebenenfalls der Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnet werden muß, für die dem Grunde nach die Entschädigungspflicht ausgesprochen wird.

Dem Strafrichter obliegt es, - soweit erforderlich - in seiner Entscheidung auch anzugeben, in welcher Weise die vorläufige Strafverfolgungsmaßnahme (§ 2 StrEG) vollzogen worden ist. Das ist gerade für die Fälle der Beschlagnahme von Bedeutung. Nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StrEG ist grundsätzlich nur für den Vollzug, nicht aber für die bloße Anordnung der Beschlagnahme Sicherheit zu leisten (Meyer a.a.O. § 2 Anm. 12; Schätzler a.a.O. § 2 Anm. 6, 18 j Begründung zu § 2 des Entwurfs des StrEG a.a.O. S. 7). Der näheren Bezeichnung der Vollzugsmaßnahmen, welche die Entschädigungspflicht begründet, bedarf es um so mehr, als die konstitutive Entscheidung des Strafrichters die Grundlage für das anschließende Betragsverfahren vor der Justizverwaltung und dem Zivilgericht bildet und daher im Interesse der Rechtsklarheit inhaltlich genau bestimmt sein muß (Meyer a.a.O. § 8 Anm. 26; Schätzler a.a.O. § 8 Anm. 12; Begründung zu § 6 des Entwurfs des StrEG a.a.O. S. 8). Zudem gebietet es der Gesichtspunkt der Sachnähe, dem Strafrichter, der in aller Regel mit dem Strafverfahren in der Hauptsache befaßt ist, auch die bindende Entscheidung über die Art und Weise des Vollzugs der Strafverfolgungsmaßnahme zuzuweisen.

2.

Legt man diese Beurteilungsmaßstäbe an, so ergibt sich folgendes:

a)

Das Landgericht Berlin hat in seinem Beschluß vom 7. April 1975 nur die Verpflichtung der Staatskasse, die Klägerin für die Beschlagnahme bzw. Sicherstellung einer Filmkopie auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. April 1974 zu entschädigen, ausgesprochen. Durch diesen amtsgerichtlichen Beschluß, den der erkennende Senat als gerichtliche Entscheidung frei auslegen kann (vgl. BGH NJV 1957, 791), war auch lediglich die Beschlagnahme der Kopie angeordnet worden, die bei der Durchsuchung des Filmtheaters "M." in B. auf gefunden wurde.

Die Entschädigung für die in Berlin beschlagnahmte Filmkopie ist aber nicht Gegenstand des Klageantrags zu b), der eine freiwillig aus dem Verkehr gezogene Kopie betrifft.

b)

Durch die Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 7. April 1975 und des Amtsgerichts Tiergarten vom 1. Dezember 1975 sowie vom 16. Februar 1978 - den letzteren Beschluß kann der erkennende Senat noch berücksichtigen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 37. Aufl. § 561 Anm. 3 E m.w.Nachw.) - haben die Strafgerichte für das vorliegende Betragsverfahren verbindlich entschieden, daß die Klägerin nur für die Beschlagnahme bzw. Sicherstellung der drei auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 18. April 1974 tatsächlich (in Stuttgart, Künzelsau und Hannover) in amtliche Verwahrung genommenen Filmkopien zu entschädigen ist. Diese Eingrenzung der entschädigungsbegründenden Vollzugsmaßnahme ergibt sich insbesondere eindeutig aus den Gründen des Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. Februar 1978, in dem auf das Vorbringen der Klägerin über die vollzogene Beschlagnahme dreier Kopien in Stuttgart, Künzelsau und Hannover abgehoben wird. Die gegen den genannten Beschluß eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie das Ziel verfolgt hat, weitergehende Entschädigungspflichten der Staatskasse feststellen zu lassen, ist als unzulässig verworfen worden.

c)

Die mit dem Klageantrag zu b) begehrte Entschädigung betrifft nicht die Gewinnausfälle, die der Klägerin aus der vollzogenen Beschlagnahme von Filmkopien erwachsen sind. Nach den rechtsbedenkenfreien Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich auch bei den mit dem Klageantrag zu c) verlangten Folgeschäden nicht um Nachteile, die auf den Vollzug der Beschlagnahme in Berlin, Stuttgart, Künzelsau und Hannover zurückzuführen sind. Die Klägerin kann wegen der Beschlagnahme oder Sicherstellung von Filmkopien nur den Ersatz der Schäden verlangen, die sich gerade als eine spezifische Folge dieser Strafverfolgungsmaßnahmen darstellen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den "diskriminierenden Charakter" der Beschlagnahme abhebt, handelt es sich darum, daß das gegen ihren persönlich haftenden Gesellschafter eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens nach § 184 StGB und ein der Klägerin selbst möglicherweise drohendes Einziehungsverfahren bekannt wurden. Die Einleitung und das Bekanntwerden solcher Verfahren stellen jedoch keine entschädigungsfähigen Strafverfolgungsmaßnahmen dar. Daraus erwachsende Schäden fallen auch nicht mehr in den sachlichen Schutzbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG. Die Beschlagnahme besteht darin, daß die tatsächliche Verfügungsgewalt des Gewahrsamsinhabers über Beweis-, Verfalls- und Einziehungsgegenstände entzogen oder beschränkt wird und diese Gegenstände in amtliche Verwahrung genommen oder sonst sichergestellt werden (Senatsurteil vom 9. November 1978 - III ZR 116/77 -, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Nur soweit die typischen Folgen dieser Beschlagnahmewirkungen und des Verbreitungsverbotes reichen (Entzug der Kopien bzw. Verbot der Verwertung), greift die Entschädigungsvorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG ein.

Im Hinblick auf die umschriebene Bindungswirkung der strafgerichtlichen Entscheidung kommt es auf die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts nicht mehr an. Ebensowenig braucht auf die Frage eingegangen zu werden, ob es einen entschädigungspflichten Tatbestand darstellen würde, wenn die Strafverfolgungsorgane ohne förmlichen Vollzug einer Beschlagnahmeanordnung auf die Klägerin eingewirkt hätten, weitere Filmkopien freiwillig nicht mehr verbreiten oder aufführen zu lassen, um einer sonst zu erwartenden zwangsweisen Sicherstellung des Filmmaterials zuvorzukommen (vgl. Senatsurteil in NJW 1975, 347/8; Meyer a.a.O. § 2 Anm. 13; LG Flensburg GA 1978, 341). Ferner kann wegen der erwähnten Bindungswirkung der Entscheidung des Strafrichters offen bleiben, welche entschädigungsrechtlichen Wirkungen dem in § 15 BadWürttPresseG statuierten Verbreitungsverbot beizumessen sind (zur Frage der Gültigkeit der landesrechtlichen Vorschriften über die Pressebeschlagnahme vgl. Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 1978, 30. Kap. Rdn. 58 ff; Kleinknecht a.a.O. § 111 m StPO Rdn. 4). Schließlich kann dahingestellt bleiben, ob § 17 BadWürttPresseG oder § 16 Berliner PresseG (noch) gültig sind und andere Entschädigungsregelungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG bilden; etwaige Ansprüche nach diesen landesrechtlichen Entschädigungsvorschriften sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

3.

Auch die Ablehnung von Amtshaftungsansprüchen und Entschädigungsansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

a)

Etwaige Amtshaftungsansprüche wegen schuldhaften Fehlverhaltens der Ermittlungsbehörden (§ 839 BGB, Art. 34 GG) werden zwar durch das StrEG nicht ausgeschlossen (Senatsurteil vom 9. November 1978, a.a.O.; Begründung zum StrEG, 5a.a.O., S. 6; Meyer a.a.O. Einleitung Anm. 44; Schätzler Einleitung Rdn. 42). Nach der rechtsirrtumsfreien Würdigung des Berufungsgerichts haben die Strafverfolgungsorgane hier jedoch rechtmäßig gehandelt. Entgegen der Meinung der Revision steht die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme nicht etwa deshalb bindend fest, weil diese Maßnahme wegen Nichteröffnung des Hauptverfahrens aufgehoben wurde. Es ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme, wenn sich der zunächst auf Grund summarischer Prüfung rechtens angenommene Tatverdacht später nicht bestätigt.

b)

Dagegen scheidet ein allgemeiner Aufopferungsanspruch oder ein allgemeiner Anspruch aus enteignendem Eingriff, soweit die abschließende spezialgesetzliche Regelung durch das StrEG reicht, aus (Meyer a.a.O. Einleitung Anm. 47; Schätzler a.a.O. Einleitung Rdn. 45). Ob für atypische Folgen einer Strafverfolgungsmaßnahme etwas anderes gilt (vgl. Meyer und Schätzler a.a.O.), bedarf hier keiner Erörterung, da für eine solche Fallgestaltung nichts vorgetragen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018747

JZ 1979, 353

JZ 1979, 353-355

MDR 1979, 562 (Volltext mit amtl. LS)

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