Leitsatz (amtlich)

a) § 57 TKG gilt auch für die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien auf Bahngrundstücken.

b) Ob ein Grundstück durch die Benutzung für Telekommunikationszwecke nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG), ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu § 906 Abs. 1 S. 1 BGB zu beantworten.

c) Muss der Eigentümer die Benutzung seines Grundstücks nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG dulden, kommen Ausgleichsansprüche nach § 57 Abs. 2 S. 1 und 2 TKG in Betracht.

 

Normenkette

TKG § 57

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.09.2003; Aktenzeichen 20 U 79/03)

LG Duisburg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 23.9.2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin errichtet und betreibt Breitbandtelekommunikationsanlagen zum Empfang und zur Weiterleitung von Telekommunikationssignalen. Bei der Verlegung eines Breitbandkabels war das Kreuzen einer Bahnstrecke notwendig. Es wurde im Wege der sog. geschlossenen Verlegetechnik, bei der ein Kabelschutzrohr (Leerrohr) in 2,50m Tiefe unter der Gleisanlage hindurch gebohrt und in das sodann das Kabel eingezogen wurde, ausgeführt. Die Baugruben am Anfang und Ende des Rohres befanden sich außerhalb der Gleisanlage. Oberirdische Bauarbeiten innerhalb der Gleisanlage fanden nicht statt. Der Ablauf und die Sicherheit des Schienenverkehrs wurden von den Arbeiten nicht berührt.

Die Beklagte verlangte von der Klägerin den Abschluss eines "Gestattungsvertrags". Danach waren "Verwaltungskosten" von 3.200 DM zzgl. Mehrwertsteuer (§ 8) und ein "Nutzungsentgelt" von 5.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer (§ 9) zu zahlen. Der Vertragsschluss erfolgte unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung dieser Zahlungsverpflichtungen der Klägerin.

Die Klägerin verlangt die Feststellung, dass der Beklagten keine Zahlungsansprüche zustehen. Das LG hat festgestellt, dass die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts nach § 9 des Vertrags hat; die weiter gehende Klage hat es abgewiesen. Das OLG hat auf die Berufung der Beklagten - unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin - die Klage insgesamt abgewiesen.

Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin die Durchsetzung ihrer Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht sieht den Klageantrag als auf die Feststellung gerichtet an, dass der Beklagten keine Ansprüche nach §§ 8 und 9 des Gestattungsvertrags zustehen. Den vereinbarten Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin legt es dahin aus, dass der Vertrag unter der Rechtsbedingung geschlossen worden sei, dass die Beklagte nicht bereits kraft Gesetzes zur unentgeltlichen oder teilweise entgeltlichen Duldung der Inanspruchnahme des Gleisgeländes für die Verlegung des Breitbandkabels verpflichtet sei. Weiter meint es, § 57 TKG gelte auch für Bahnanlagen. Nach Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift müsse die Beklagte die Errichtung der Telekommunikationslinie dulden, weil das in Anspruch genommene Bahngelände dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werde. Für ihren Verwaltungsaufwand bei der Prüfung und Überwachung der Baumaßnahme könne die Beklagte die Zahlung der in § 8 des Vertrags vereinbarten Vergütung verlangen. Das in § 9 vereinbarte Nutzungsentgelt müsse die Klägerin ebenfalls zahlen.

Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

II.

Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass die Klägerin nach § 57 Abs. 2 S. 1 TKG zur Zahlung des in § 8 des Gestattungsvertrags vereinbarten pauschalierten Verwaltungsaufwands und nach § 57 Abs. 2 S. 2 TKG auch zur Zahlung des in § 9 vereinbarten Nutzungsentgelts verpflichtet ist.

1. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Klageantrags hinsichtlich des Umfangs der verlangten Feststellung. Die Vertragsauslegung zu dem Sinn und Zweck des Vorbehalts der gerichtlichen Überprüfung der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin ist dagegen fehlerhaft, denn sie berücksichtigt das erkennbare Interesse der Parteien nicht, die zu zahlende Vergütung nur für den Fall einer gesetzlichen Verpflichtung regeln zu wollen. Dies bedarf aber keiner Vertiefung, weil die Revision in dem einen wie in dem anderen Fall keinen Erfolg hat.

2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 57 TKG auch für Bahngelände gilt. Die Vorschrift regelt die Duldungspflicht des Eigentümers bei der Errichtung, dem Betrieb und der Erneuerung von Telekommunikationslinien auf Grundstücken, die keine Verkehrswege i.S.v. § 50 Abs. 1 S. 2 TKG, also keine öffentlichen Wege, Plätze und Brücken sowie öffentliche Gewässer sind. Dazu gehören auch Schienenwege; sie dienen nicht dem öffentlichen Verkehr, also der Nutzung durch jedermann, sondern nur der Nutzung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen (Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 50 Rz. 26 und § 57 Rz. 5). Deshalb unterliegt die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationslinien den Regelungen des § 57 TKG (Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 9).

3. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagte nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG die Benutzung ihres Grundstücks für die Verlegung des Breitbandkabels dulden muss, weil es dadurch nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB ist deshalb ausgeschlossen (§ 1004 Abs. 2 BGB).

a) § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG erfasst die Errichtung unterirdischer Telekommunikationslinien (BGH, Urt. v. 26.9.2003 - V ZR 51/03, CR 2004, 100 = BGHReport 2004, 79 = MDR 2004, 144 = NJW-RR 2004, 231 [232]; BT-Drucks. 13/3609, 50). Der Wortlaut der Vorschrift ähnelt der in § 906 Abs. 1 S. 1 BGB enthaltenen Formulierung, wo es heißt, dass der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von bestimmten unwägbaren Stoffen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten kann, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Allerdings weisen die beiden Gesetzestexte einen Unterschied in der Zielrichtung der Beeinträchtigung aus. In § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG ist das Grundstück selbst das beeinträchtigte Objekt; die Benutzung des Grundstücks besteht in der Errichtung, dem Betrieb und der Erneuerung von Telekommunikationslinien durch Dritte. Dagegen ist in § 906 Abs. 1 BGB die Grundstücksbenutzung durch den Eigentümer das Objekt der Beeinträchtigung. Gemeinsam ist beiden Vorschriften jedoch, dass der Eigentümer eine Einwirkung auf sein Grundstück durch Dritte nur dann dulden muss, wenn sie zu keiner oder einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung führt. Das rechtfertigt es, die Frage, ob keine oder eine nur unwesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG gegeben ist, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats zu § 906 Abs. 1 S. 1 BGB zu beantworten (OLG Oldenburg v. 26.5.1998 - 5 U 20/98, OLGReport Oldenburg 1999, 29 = NJW 1999, 957 [958]; Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 57 Rz. 10; Scheurle/Mayen/Ulmen, TKG, § 57 Rz. 13; Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 166 ff.; Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 13; Schuster, MMR 1999, 137 [141]). Dem steht nicht entgegen, dass die in § 906 Abs. 1 S. 1 BGB normierte Duldungspflicht dem Interessenausgleich bei der Nutzung benachbarter Grundstücke dient (BGH v. 30.10.1998 - V ZR 64/98, BGHZ 140, 1 [6] = MDR 1999, 290), auf die Zuführung bestimmter unwägbarer Stoffe und ähnliche Einwirkungen beschränkt ist und nach § 906 Abs. 3 BGB bei einer Zuführung durch besondere Leitungen entfällt (so aber Schäfer/Just, ArchivPT 1997, 200 [203]). Denn hier wie dort geht es um die Duldung von Einwirkungen in den räumlichen Herrschaftsbereich des Grundstückseigentümers; maßgebend ist jeweils die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit der daraus folgenden Beeinträchtigung. Sie ist nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Deshalb ist auch im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks in seiner durch Natur, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten Beschaffenheit abzustellen; zu § 906 BGB s. nur BGH, Urt. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03, BGHReport 2004, 224 = MDR 2004, 389 = NJW 2004, 1037 [1040], m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]). Nach diesem Maßstab beeinträchtigen das Verlegen eines Schutzrohres im Wege der geschlossenen Verlegetechnik und das anschließende Durchziehen eines Breitbandkabels das davon betroffene Grundstück nur unwesentlich, wenn es - wie hier - nicht unterirdisch genutzt und das Schutzrohr so weit unter der Geländeoberfläche eingebracht wird, dass eine Einschränkung der oberirdischen Grundstücksnutzung ausgeschlossen ist (vgl. AG Halberstadt, ArchivPT 1997, 335 [336]; Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 185 f.; Hoeren, MMR 1998, 1 [2 f.]; Schuster, MMR 1999, 137 [140 f.]). Zwar hat ein solcher Eingriff objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf die Substanz des Grundstückseigentums; das führt im Anwendungsbereich des § 906 BGB grundsätzlich zu einem Überschreiten der Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Einwirkung (BGH, Urt. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03, BGHReport 2004, 224 = MDR 2004, 389 = NJW 2004, 1037 [1040], m.w.N.). Die Substanzverletzung ist aber bei der Beurteilung der Unwesentlichkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG kein taugliches Abgrenzungskriterium, weil sie bei der Errichtung unterirdischer Telekommunikationslinien immer auftritt und deshalb sonst eine Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG immer ausschiede. Auch der dauerhafte Verbleib des Schutzrohres mit dem Kabel im Boden führt zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Grundstücks. Zum einen kommt es im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG - im Gegensatz zu Nr. 1 der Vorschrift, bei der die dauerhafte Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks eine Rolle spielt - nicht auf die Dauer der Benutzung des Grundstücks an. Zum anderen hat das bloße Vorhandensein des Schutzrohres mit dem Kabel keine weiter reichenden Auswirkungen auf das Grundstück, die das Maß der Beeinträchtigung erhöhen könnten, zur Folge. Schließlich ergibt sich hier auch aus der Gefahr einer Beschädigung des Schutzrohres und des Kabels und dem daraus resultierenden Haftungsrisiko der Beklagten keine mehr als nur unwesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks. Es ist nicht ersichtlich, dass es durch den Betrieb der Eisenbahn oder sonstige Maßnahmen im Bereich der Bahntrasse zu Schäden an der Leitung kommen könnte.

b) Verfassungsrechtlich ist § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG nicht zu beanstanden. Die darin begründete Duldungspflicht stellt eine zulässige Inhaltsbestimmung des Grundeigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar.

4. Ohne Erfolg greift die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts an, dass der Beklagten die in § 8 des Gestattungsvertrags vereinbarte Verwaltungskostenpauschale zusteht. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 57 Abs. 2 S. 1 TKG.

a) Die Vorschrift verpflichtet den Betreiber einer Telekommunikationslinie zur Zahlung eines angemessenen Ausgleichs in Geld an den Eigentümer, der die Benutzung seines Grundstücks nach § 57 Abs. 1 TKG dulden muss, wenn die Benutzung des Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht die Ausgleichspflicht unabhängig davon, ob die Duldungspflicht des Eigentümers auf Nr. 1 oder Nr. 2 des § 57 Abs. 1 TKG beruht. Damit ist die von der Revision vertretene Auffassung, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Benutzung des Grundstücks nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG zu dulden ist, ein Ausgleichsanspruch nicht in Betracht kommt (ebenso Scheurle/Mayen/Ulmen, TKG, § 57 Rz. 16; Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 205, 212), nicht zu vereinbaren. Sie übersieht zudem, dass auch eine nur unwesentliche Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks i.S.d. § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG dessen Benutzung oder Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen kann (Schuster, MMR 1999, 137 [142]). Denn sowohl das Objekt der Beeinträchtigung als auch ihr Maßstab sind in beiden Vorschriften unterschiedlich. Einmal geht es um die fehlende oder unwesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks selbst, das andere Mal um die das zumutbare Maß übersteigende Beeinträchtigung seiner Benutzung oder seines Ertrags.

b) Ob ein Ausgleichsanspruch des betroffenen Eigentümers nach § 57 Abs. 2 S. 1 TKG besteht, wenn er den Eingriff in sein Grundstück nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG dulden muss, ist danach eine Frage des Einzelfalls (Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 57 Rz. 40; Schuster, MMR 1999, 137 [142]). Dabei kann für die Beurteilung, ob die Benutzung des Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird, auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, welche die Rechtsprechung insoweit zu § 906 Abs. 2 S. 2 BGB entwickelt hat. Denn die Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch sind nach beiden Vorschriften dieselben, nämlich die über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Benutzung oder des Ertrags des betroffenen Grundstücks. Danach kommt es bei der Frage der Zumutbarkeit nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers an, sondern auf das Empfinden eines verständigen, durchschnittlichen Benutzers des Grundstücks in seiner örtlichen Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung (BGH, Urt. v. 18.10.1979 - III ZR 177/77, MDR 1980, 655 = WM 1980, 680 [681]). Das zumutbare Maß der Beeinträchtigung i.S.v. § 57 Abs. 2 S. 1 TKG ist dann überschritten, wenn sie einen solchen Umfang erreicht, dass der Betreiber der Telekommunikationslinie nach den marktüblichen Bedingungen nicht mehr damit rechnen kann, der Grundstückseigentümer werde sie ersatzlos hinnehmen (Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 57 Rz. 42; Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 213). Die Höhe des Ausgleichs bestimmt sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung; ausgleichspflichtig ist allerdings nicht, worauf die Revision zutreffend hinweist, die - noch - zumutbare Nutzung des Grundstücks, sondern nur der überschießende, unzumutbare Teil (Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 57 Rz. 43; Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 215; ebenso für § 906 Abs. 2 S. 2 BGB BGH, Urt. v. 8.7.1988 - V ZR 45/87, MDR 1989, 53 = WM 1988, 1730 [1732], m.w.N.).

c) Die dem betroffenen Grundstückseigentümer im Zusammenhang mit der Verlegung eines Schutzrohres und dem anschließenden Durchziehen eines Kabels entstehenden Kosten können danach zu einer das zumutbare Maß überschreitenden Beeinträchtigung des Ertrags des Grundstücks führen (vgl. Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 27 f.; derselbe, MMR 1998, 1 [4]). Das ist hier der Fall, wie das Berufungsgericht, dem es obliegt, die Zumutbarkeitsgrenze unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (BGH, Urt. v. 8.7.1988 - V ZR 45/87, MDR 1989, 53 = WM 1988, 1730, m.w.N.), zwar nicht ausdrücklich feststellt, wovon es aber zutreffend ausgeht. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass wegen der hier angewandten geschlossenen Verlegetechnik unzumutbare Beeinträchtigungen regelmäßig ausgeschlossen sind (so aber Schütz in: Beck'scher Kommentar zum TKG, § 57 Rz. 42 und Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 214). Auch steht dem das Senatsurteil v. 7.7.2000 nicht entgegen, in welchem ausgeführt ist, dass weder der mit schonender Verlegungstechnik erfolgte Austausch eines Kabels durch ein leistungsstärkeres Kabel noch die Nutzung des neuen Kabels dem Grundstückseigentümer ein unzumutbares Sonderopfer i.S.d. § 57 Abs. 2 S. 1 TKG abverlangte (BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [29] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823). Denn hier geht es nicht um die Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung, deren Ausmaß von der Art und Weise des Einbringens der Leitung in das Erdreich abhängen kann, sondern um die Beeinträchtigung des Grundstücksertrags. Er wird durch die Aufwendungen der Beklagten geschmälert. Diese waren für die Gewährleistung der Sicherheit des Schienenverkehrs und den Ausschluss von Gefährdungen auch notwendig, denn die Beklagte musste eventuelle Beeinträchtigungen des Bahnbetriebs von vornherein ausschließen. Hätte die Klägerin das Bahngelände nicht für ihre Zwecke in Anspruch genommen, wären der Beklagten keine Kosten entstanden. Diese bei ihr zu belassen, ist nicht sachgerecht. Insbesondere führt die Zahlungspflicht der Klägerin entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass die durch Art. 87 f. Abs. 2 S. 1 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit privater Telekommunikationsanbieter erheblich beschnitten würde. Sie wird davon nicht berührt, sondern durch die Möglichkeit der unentgeltlichen Benutzung von Verkehrswegen (§ 50 Abs. 1 und 2 TKG) und der entgeltlichen Benutzung privater Grundstücke (§ 57 Abs. 1 und 2 TKG) für Zwecke der Telekommunikation gesichert. Auch muss es der Eigentümer nicht hinnehmen, dass sein Grundstück zu Telekommunikationszwecken benutzt wird, der Anbieter daraus Gewinn erzielt und der Eigentümer dafür keinen Geldausgleich erhält. Das hat der Senat bereits für die Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG, die dann besteht, wenn auf dem Grundstück eine bereits durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch für die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung einer Telekommunikationsanlage genutzt und hierdurch die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird, entschieden (BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [32] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823). Dasselbe gilt erst recht für die Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG, welche bereits bei der erstmaligen Benutzung des Grundstücks besteht. Auch in diesem Fall lässt sich eine Unentgeltlichkeit weder mit der besonderen Sozialbindung des Grundeigentums noch mit dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck rechtfertigen (BVerfG, Beschl. v. 26.8.2002 - 1 BvR 142/02, NJW 2003, 196 [198] für die Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG).

d) Das Berufungsgericht geht auch zutreffend davon aus, dass der Beklagten die verlangten Kosten in voller Höhe zustehen. Das beinhaltet die Feststellung, dass jedenfalls in dieser Höhe eine unzumutbare Ertragsbeeinträchtigung vorliegt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen.

5. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin das in § 9 des Gestattungsvertrags vereinbarte Nutzungsentgelt zahlen muss. Dieser Anspruch der Beklagten hat seine Grundlage in § 57 Abs. 2 S. 2 TKG.

a) Die Vorschrift erfasst diejenigen Fälle, in denen eine "erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation" nicht unter Verwendung eines bereits existierenden, für die Zwecke der Telekommunikation einsetzbaren Leitungswegs erfolgt. Der Wortlaut knüpft an die in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG normierte Duldungspflicht an, wo von einer "erweiterten Nutzung" die Rede ist. Das setzt eine schon vorhandene Nutzung voraus. Dementsprechend ist der Ausgleichsanspruch nach der Rechtsprechung des Senats sowohl in Fällen der Ausweitung bisher gestatteter betriebsinterner Telekommunikation auf Dienstleistungen für die Öffentlichkeit als auch bei der Nutzbarmachung bestehender Dienstbarkeiten für die Neuerrichtung von Telekommunikationslinien gegeben (BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [32] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823; v. 23.11.2001 - V ZR 419/00, BGHZ 149, 213 [219] = CR 2002, 733 = MDR 2002, 330 = BGHReport 2002, 182; Urt. v. 23.2.2001 - V ZR 16/00, ZfIR 2001, 834 [835]). Die gebotene verfassungskonforme Auslegung des § 57 Abs. 2 S. 2 TKG ergibt jedoch, dass darüberhinaus auch in Fällen der Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG, also bei der erstmaligen Benutzung des betroffenen Grundstücks, eine einmalige Ausgleichszahlung geschuldet ist. Ebenso wie bei der Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG geht es hier nicht um einen finanziellen Ausgleich für eine Nutzungseinschränkung; der wäre von Verfassungs wegen nicht geboten, weil die Eigentümer ihre Grundstücke in unvermindertem Maß und in gleicher Weise wie bisher nutzen können (BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [32] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823). Maßgebend ist vielmehr, dass den Grundstückseigentümern ihr Recht beschnitten wird, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und eine Fremdnutzung zu untersagen (§ 903 S. 1 BGB) oder sich marktgerecht vergüten zu lassen. Zu der nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG notwendigen Herstellung eines gerechten und ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Eigentümerinteressen und den Belangen der Allgemeinheit ist deshalb eine finanzielle Ausgleichsregelung erforderlich (BVerfG v. 14.7.1981 - 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137 [147 f.]; v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84, BVerfGE 79, 174 [192] = MDR 1989, 517). Die betroffenen Eigentümer müssen auch in Fällen der Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG nicht hinnehmen, dass Dritte ihre Grundstücke zu Telekommunikationszwecken nutzen und daraus Gewinn erzielen, sie aber dafür keinen Geldausgleich erhalten. Da der aus der Nutzung der Grundflächen zur kommerziellen Telekommunikation erzielte Ertrag nicht vorrangig der Allgemeinheit, sondern den Inhabern des Leitungsrechts zugute kommt, ließe sich eine unentgeltliche Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG weder mit der besonderen Sozialbindung des Grundeigentums noch mit dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck rechtfertigen; auch die in Art. 87 f. Abs. 1 GG getroffene Grundentscheidung fordert nicht, erstmalige Nutzungen der betroffenen Grundstücke ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich zu eröffnen. Insoweit gilt nichts anderes als für den Ausgleich der Duldungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG (BVerfG, Beschl. v. 26.8.2002 - 1 BvR 142/02, NJW 2003, 196 [198]; BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [32] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823), zumal der Schutz des Eigentümers dort noch weiter geht, als dies nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG der Fall ist (BGH v. 23.11.2001 - V ZR 419/00, BGHZ 149, 213 [221] = CR 2002, 733 = MDR 2002, 330 = BGHReport 2002, 182). Für eine Ungleichbehandlung beider Fälle gibt es deshalb keinen sachlichen Grund. Insbesondere rechtfertigen die im Schrifttum im Hinblick auf die Verteuerung der Errichtung neuer Telekommunikationslinien erhobenen Bedenken gegen einen Ausgleichsanspruch bei der erstmaligen Nutzung eines Grundstücks für Zwecke der Telekommunikation (Lach, RTKom 2001, 35, 41 f. und Hahn, LM TKG Nr. 5, jeweils Anm. zu BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823) keine andere Betrachtungsweise. Denn sie berücksichtigen nicht, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Höhe der Ausgleichszahlung beschränkt ist; sie richtet sich nicht an dem wirtschaftlichen Nutzen aus, der aus dem Betrieb der Telekommunikationslinie gezogen wird, sondern bestimmt sich nach der Höhe des Entgelts, das nach den jeweiligen Marktverhältnissen für die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Telekommunikationszwecken gezahlt wird (BGH v. 7.7.2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16 [34] = MDR 2000, 1241 = CR 2000, 823). Zudem müssen alle Anbieter von Telekommunikationsleistungen diesen Ausgleichsbetrag zahlen, so dass insoweit gleiche Wettbewerbschancen bestehen.

b) Der Anspruch nach § 57 Abs. 2 S. 2 TKG ist hier auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten auch ein Anspruch nach § 57 Abs. 2 S. 1 TKG zusteht (s. vorstehend unter 4.). Beide Ansprüche bestehen selbstständig nebeneinander. Das folgt aus dem Wortlaut von S. 2, wonach unter bestimmten Umständen für eine erweiterte Nutzung des betroffenen Grundstücks zu Zwecken der Telekommunikation "darüber hinaus" ein Ausgleich verlangt werden kann. Mit "darüber hinaus" ist der Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 S. 1 TKG gemeint (Nienhaus, Wegerechte für Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken, S. 233). Zudem unterscheiden sich die Voraussetzungen der beiden Ansprüche insoweit, als der Ausgleichsanspruch nach S. 1 als Kompensation für die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers nur in dem Fall der unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks oder des Ertrags besteht, also den Nachteilsausgleich bezweckt, wohingegen der Anspruch nach S. 2 lediglich an die Benutzung des Grundstücks anknüpft, ohne dass damit eine unzumutbare Beeinträchtigung verbunden sein muss, also eine Nutzungsentschädigung gewährt.

c) Die Höhe des von der Beklagten verlangten Nutzungsentgelts wird von der Revision nicht beanstandet. Sie entspricht der vertraglichen Vereinbarung, ist aber auch dann angemessen, wenn nach der vom Berufungsgericht gewählten Vertragsauslegung nur der gesetzliche Ausgleichsanspruch greift.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1168607

BGHZ 2005, 168

BGHR 2004, 1207

NJW-RR 2004, 1314

EWiR 2004, 991

WM 2005, 194

ZIP 2004, 2060

ZfIR 2004, 674

MDR 2004, 992

ITRB 2004, 250

MMR 2004, 608

N&R 2004, 166

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