Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Auslegung der Freistellungserklärung einer Bank, zu deren Gunsten mehrere neu gebildete Grundstücke mit einer Gesamtgrundschuld belastet sind

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Entscheidung vom 06.06.1980)

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 16.11.1978)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 6. Juni 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, der Löschung der in Abteilung I. des Grundbuchs des Amtsgerichts Fürth für die Gemarkung Br. Band ... 7 Blatt ... I FlStNr. ... 6/... 8 eingetragenen Globalgrundschuld über 500.000 DM auch in Höhe eines restlichen Betrages von 11.259,18 DM zuzustimmen.

Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16. November 1978 zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 1/45 und die Beklagte zu 44/45 zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Kläger zu 1/4 und der Beklagten zu 3/4 zur Last.

Die Kosten der Streithilfe haben der Kläger für das Berufungsverfahren zu 1/45 und für das Revisionsverfahren zu 1/4 und im übrigen die Streithelfer selbst zu tragen.

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom ... 1976 kaufte der Kläger von Armin E., dem Streithelfer der Beklagten, ein Grundstück; E. verpflichtete sich, darauf ein Eigenheim mit Garage zu errichten. Auf dem Grundstück, als dessen Eigentümer inzwischen der Kläger im Grundbuch eingetragen ist, lastete eine zugunsten der Beklagten eingetragene Grundschuld von 500.000 DM, die gemäß "Zweckverwendungserklärung" E. vom ... 1975 zur Absicherung der ihm eingeräumten Kredite bestellt worden war. Mit Formularschreiben vom ... 1976, das an den beurkundenden Notar gerichtet und abschriftlich der notariellen Urkunde als Anlage beigefügt worden war, hatte die Beklagte folgendes mitgeteilt:

"Die Raiffeisenbank ... (Beklagte) erklärt hiermit, daß sie die auf den folgenden Grundstücken ... zu ihren Gunsten eingetragene Globalgrundschuld über 500.000 DM freigeben wird, sobald der Käufer des Vertragsobjektes den Kaufpreis, wie er in der notariellen Kaufurkunde festgelegt wird, vollständig auf das zu errichtende Baukonto einbezahlt hat, bzw. über den zu zahlenden Kaufpreis eine Bankbürgschaft oder von uns anerkannte Zahlungsgarantie vorlegt.

Soweit das Bauvorhaben aus Gründen, die der Käufer nicht zu vertreten hat, nicht zu Ende geführt wird, stellt die Raiffeisenbank ... den Vertragsbesitz frei, wenn der Käufer alle bis dahin fälligen Kaufpreisraten auf das genannte Baukonto bezahlt hat, oder zahlt dem Käufer die auf dem Konto einbezahlten Beträge zurück, Zug um Zug gegen Löschung der Auflassungsvormerkung. ..."

Der Wortlaut des Schreibens wird im notariellen Vertrag unter V g) nochmals aufgeführt. Ergänzend heißt es unter V e):

"Um die Freistellung des Vertragsgrundbesitzes von der zur Eintragung gelangenden Grundschuld ohne Brief über 500.000 DM für die Raiffeisenbank ... zu gewährleisten, tritt der Verkäufer den Kaufpreisanspruch unwiderruflich an die Raiffeisenbank ... ab.

...

Der gesamte Kaufpreis (Eigenmittel und Fremdmittel) ist auf das bei der Raiffeisenbank ... zu errichtende Baukonto, Kontonummer ... 8/... einzubezahlen."

Der vertraglich festgelegte Erwerbspreis, in dem gemäß V a) des Vertrages neben den Bau- und Grundstückskosten auch alle Erschließungskosten mitenthalten sind und der in mehreren nach Baufortschritt fällig werdenden Teilbeträgen entrichtet werden sollte, betrug 268.558 DM. Davon hat der Kläger 226.993,87 DM auf das dafür vorgesehene Baukonto einbezahlt. Weitere 19.400 DM hat er auf ein Sperrkonto der Beklagten gezahlt.

Der Kläger verlangt mit der Klage die Zustimmung zur Löschung der auf dem Vertragsgrundstück lastenden Grundschuld. Er meint, daß die Resterwerbsforderung durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen oder durch Einzahlung auf das Sperrkonto in einer von der Beklagten anerkannten Form gesichert sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben.

Hinsichtlich eines Restbetrages von 45.000 DM verfolgt die Beklagte mit der Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat zum Teil Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nach Abzug einer von dem Streithelfer E. dem Kläger für nicht ausgeführte Arbeiten erteilten Gutschrift und unter Berücksichtigung der für drei Sonderwünsche des Klägers geschuldeten Zusatzvergütung ergebe sich eine noch offene Restwerklohnforderung von 37.454,02 DM, gegen die der Kläger wirksam mit Erstattungsansprüchen in Höhe von 6.794,84 DM aufgerechnet habe.

Durch Einzahlung von 19.400 DM auf ein Sperrkonto bei der Beklagten habe der Kläger insoweit, wie in der Freistellungserklärung erwähnt, eine andere, von der Beklagten anerkannte Zahlungsgarantie geleistet.

Wegen des Restbetrages von 11.259,18 DM stehe dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil der - vom Kaufpreis umfaßte - Ausbau der Zufahrtsstraße zu dem Grundstück des Klägers noch ausstehe. Da der zurückbehaltene Betrag möglicherweise zur Abdeckung der auf den Kläger zukommenden Erschließungskosten nicht ausreiche, sei ein ins Gewicht fallendes Sicherungsbedürfnis der Beklagten nicht mehr anzuerkennen; der Kläger könne daher nach Treu und Glauben schon jetzt die vollständige Löschung der auf seinem Grundstück lastenden Grundschuld verlangen.

II.

1.

Die Revision vertritt den Standpunkt, daß die Beklagte ohne Rücksicht auf etwaige Gewährleistungsrechte und Gegenforderungen des Klägers aus dem mit Eckert abgeschlossenen Werkvertrag das Grundstück erst dann als Pfandobjekt freizugeben brauche, wenn die volle Vertragssumme dem Baukonto zugeführt sei.

Diese Rüge geht fehl.

Ob und in welchem Umfang dem Kläger ein Anspruch auf Grundschuldverzicht (§§ 1192 Abs. 1, 1169, 1175 Abs. 1 Satz 2 BGB) zusteht, ist durch Auslegung der mit Formularschreiben vom 13. Januar 1976 dem beurkundenden Notar übersandten Freistellungserklärung zu ermitteln, die ein Angebot zum Abschluß einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung darstellt. Da das Berufungsgericht diese Auslegung unterlassen hat und weitere Feststellungen insoweit nicht mehr in Betracht kommen, kann das Revisionsgericht die Auslegung nachholen (BGHZ 65, 107, 112).

Ob die Vereinbarung über die Freistellung der einzelnen neu zu bildenden Grundstücke von der Gesamtgrundschuld zwischen der Grundschuldgläubigerin und dem Bauträger zugunsten der Erwerber (§ 328 BGB) oder - auch - zwischen der Grundschuldgläubigerin und den Erwerbern zustande gekommen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Die Auslegung der formularmäßig getroffenen Vereinbarung über die Voraussetzungen der Freistellung hat objektiv, d.h. nach dem Willen verständiger und redlicher Vertragspartner, unter Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise zu erfolgen (vgl. nur BGHZ 17, 1, 3; 33, 216, 218/219; 62, 251, 254). Dabei sind die Interessen der Erwerber auch dann zu berücksichtigen, wenn sie insoweit nicht als Vertragsschließende, sondern nur als leistungsberechtigte Dritte (§ 328 Abs. 1 BGB) anzusehen sein sollten (vgl. das Senatsurteil vom 28. Mai 1976 - V ZR 203/75, LM BGB § 133 (C) Nr. 38 Bl. 3, 4 = NJW 1976, 2340, 2342 = MDR 1976, 918 = DB 1976, 1761, 1762 = WM 1976, 845, 847/848 = DNotZ 1977, 356, 360 mit kritischer Anmerkung Schöner).

Die Auslegung durch den Senat bestätigt im Ergebnis die Auffassung des Berufungsgerichts.

a)

Die Meinung der Revision, daß für die Freigabe die Einzahlung der vollen Vertragssumme auf das Baukonto auch dann erforderlich sei, wenn sich die Erwerbsforderung etwa durch Minderung des "Kaufpreises" wegen festgestellter Mängel oder durch Aufrechnung mit Gegenforderungen vermindert haben sollte, findet im Wortlaut der Freistellungserklärung keine ausreichende Stütze. Die Formulierung "vollständige Einbezahlung des Kaufpreises auf das zu errichtende Baukonto" läßt offen, ob damit mehr als der Zahlungsweg geregelt werden soll. Soweit es darum geht, in welcher Höhe Zahlungen zu leisten sind, erscheint es vom Standpunkt des Erwerbers naheliegend, daß die Einzahlung des Kaufpreises spätestens dann vollzogen ist, wenn die aus dem Vertrag mit dem Bauträger geschuldete Gegenleistung dem Baukonto gutgebracht worden ist; zu fragen ist dabei allenfalls, ob in der Abrede über die Zahlungsweise gleichzeitig die stillschweigende Vereinbarung eines Aufrechnungsausschlusses zu sehen ist (dazu nachfolgend unter b). Allein durch die einschränkende Wendung "Kaufpreis, wie er in der notariellen Kaufurkunde festgelegt wird" kommt ein etwa entgegenstehender Wille der Beklagten, wonach allein die Zahlung eines vom Umfang der Kausalforderung unabhängigen "Nominalpreises" die Freigabe bewirken könne, nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck. Besondere Bedeutung kommt dem Umstand zu, daß nach der Freistellungserklärung die Einzahlung der Vergütung auf das Baukonto durch die Vorlage einer Bankbürgschaft ersetzt werden kann. Macht ein Erwerber von dieser Möglichkeit Gebrauch, so vermag die Beklagte wegen des die Bürgenhaftung bestimmenden Akzessorietätsgrundsatzes (§§ 767, 768, 770 Abs. 1 BGB) in jedem Falle nur den von dem Hauptschuldner geschuldeten Forderungsbetrag einzuziehen. Der Erwerber soll so schnell wie möglich die Lastenfreiheit erreichen können, ohne Zahlungen vor den mit dem Bauträger vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten leisten zu müssen.

Diese Auslegung steht nicht, wie die Revision meint, im Widerspruch zu dem Senatsurteil vom 27. Oktober 1972, V ZR 43/71, WM 1972, 1420. Darin wird ausgeführt, daß die Übergabe eines Verrechnungsschecks, dessen Gegenwert der Bauträger nicht dem Konto zuführt, sondern anderweitig verwendet, zwar möglicherweise die Erwerbspreisforderung tilge, nicht aber die Freistellungsverpflichtung auslösen könne (vgl. auch das einen ähnlich gelagerten Fall betreffende Senatsurteil vom 17. September 1976, V ZR 244/75, LM BGB § 1175 Nr. 2 = NJW 1976, 2213). In jenem Falle ging es allein um die Folgen einer anderen als der vereinbarten Zahlungsweise; der Umfang der Zahlungsverpflichtung des Erwerbers stand - anders als hier - außer Frage.

Auch das Bedenken der Revision, daß Kreditinstitute die Globalfinanzierung von Bauvorhaben der vorliegenden Art nur dann verantworten könnten, wenn gewährleistet sei, daß die veranschlagte Bausumme vollständig zur Verfügung stehe, greift nicht durch. Es mag sein, daß der finanzierenden Bank im Interesse einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Baukredites daran gelegen ist, die Freigabe erst bei Einzahlung der ungeschmälerten Vertragssumme zu erteilen. Bei der Auslegung der Freistellungserklärung dürfen jedoch die Interessen der Erwerber nicht außer acht gelassen werden (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 1976 aaO). Diese gehen dahin, unabhängig vom Umfang der Darlehensverbindlichkeiten des Bauträgers zur Lastenfreistellung jedenfalls nicht mehr aufwenden zu müssen, als sie selbst dem Bauträger schulden. Dies wird für den Fall der vertragsgemäßen Durchführung des Bauvorhabens durch die Freistellungserklärung auch sichergestellt.

Geht das Bauvorhaben nicht reibungslos vonstatten, so ändert sich deshalb nichts an dem Interesse des Erwerbers, durch die von dem Bauträger zur Finanzierung des Bauvorhabens vorgenommene Einschaltung des Gläubigers nicht schlechter gestellt zu werden, als er ohne dessen Beteiligung stünde. Dem trägt die Freistellungserklärung zumindest für den Fall des "steckengebliebenen Baues" in Anlehnung an § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Bauträger und Baubetreuer (Makler- und Bauträgerverordnung - MaBV -) vom 11. Juni 1975 (BGBl I S. 1351) dadurch Rechnung, daß die Beklagte - sofern sie sich nicht für die Rückzahlung der eingezahlten Beträge entscheidet - den Grundbesitz schon bei Zahlung der bis dahin fällig gewordenen Raten freistellt. Der Erwerber braucht somit in diesem Falle nur einen dem erreichten Bautenstand entsprechenden Teil der Vergütung zu entrichten, also nicht mehr, als es dem Wert der von dem Bauträger erbrachten Leistung entspricht (vgl. Marcks, Makler- und Bauträgerverordnung 2. Aufl. § 3 Rdn. 14). Der Wert dieser Leistung kann aber durch eine mangelhafte Leistung in gleicher Weise beeinträchtigt werden wie durch eine unvollendete. Ein Grund, den Erwerber nur beim "steckengebliebenen" und nicht auch beim mangelhaften Bau davor zu schützen, zwecks Freigabe der Grundschuld über das Geschuldete hinaus Zahlungen vornehmen zu müssen, ist nicht ersichtlich. Die Interessenlage der Beteiligten ist jeweils gleich.

Den wegen vorhandener Mängel zur Erwerbspreisminderung berechtigten Erwerber auf den Weg zu verweisen, zunächst einmal die volle Vertragssumme an die finanzierende Bank zu zahlen und dann vom Bauträger notfalls auf dem Klagewege den Minderungsbetrag herauszuverlangen (vgl. Reithmann in Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger 4. Aufl. Rdn. 439), würde die Interessen des Erwerbers vernachlässigen. Wäre er gezwungen, über das von ihm Geschuldete hinaus allein zur Lastenfreistellung des Grundstückes weitere Zahlungen zu leisten und damit weiterhin zur Rückführung der Kredite des Bauträgers beizutragen würde sich das Risiko einer Insolvenz des Bauträgers unter Vernachlässigung der Interessen des Erwerbers auf diesen verlagern.

Selbst wenn hiernach das Auslegungsergebnis noch zweifelhaft wäre, griffe zugunsten des Klägers die sogenannte Unklarheitenregel ein. Nach ihr wirken sich bei Formularverträgen etwaige Auslegungszweifel zum Nachteil des Verwenders aus (vgl. nur BGHZ 5, 111; 47, 207, 216; 62, 83, 89; Senatsurteil vom 28. Mai 1976 aaO; vgl. jetzt auch § 5 AGBG). Mindestens danach hat die Beklagte das Grundstück von der Haftung für die Gesamtgrundschuld spätestens dann freizugeben, wenn der Erwerber seine dem Bauhersteller geschuldete Gegenleistung dem Baukonto zugeführt hat. Erhebt ein Erwerber wegen vorhandener Mängel berechtigterweise die (dauernde) Einrede der Minderung (§§ 634, 638, 639 i.V.m. §§ 478, 479 BGB) oder rechnet er wirksam mit Gegenforderungen auf (vgl. dazu unten b) und c)), so ist der Minderungs- oder Aufrechnungsbetrag für die Freistellungsverpflichtung ebenso bedeutsam wie die bereits auf das Baukonto eingezahlten Gelder.

b)

Die Revision meint, mit der Bestimmung der Zahlungsweise sei zugleich schlüssig vereinbart worden, daß für die Freigabeverpflichtung eine Vertragserfüllung durch Aufrechnung ausgeschlossen sei. Das trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu.

Der Schluß, daß die Aufrechnung allenfalls die Erwerbspreisforderung zum Erlöschen bringen, nicht aber auch die Freistellungsverpflichtung auslösen könne, liegt allerdings nahe, soweit es sich um Forderungen des Erwerbers gegen den Veräußerer handelt, die ihren Rechtsgrund nicht in dem Schuldverhältnis haben, dessen Durchführung durch die Inhaberin der Gesamtgrundschuld finanziert wird (vgl. die erwähnten Senatsurteile vom 27. Oktober 1972 und vom 17. September 1976). Handelt es sich jedoch - wie hier - um Gegenforderungen, die dem Erwerber wegen Schlechterfüllung seitens des Bauträgers zustehen, so wird gerade durch die Aufrechnung dem Sinn der Freistellungserklärung gemäß verhindert, daß der Erwerber zur Enthaftung seines Grundstücks von der Gesamtgrundschuld mehr aufwenden muß, als es dem Wert der vom Bauträger erbrachten Leistung entspricht. Jedenfalls in diesem Umfang muß daher eine Aufrechnung beachtlich sein.

c)

Die Aufrechnung des Klägers mit den gegen den Streithelfer Eckert gerichteten Erstattungsansprüchen ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb unwirksam, weil die Vergütungsforderung an die Beklagte abgetreten und der Kläger hiervon bereits bei Unterzeichnung des Erwerbsvertrages unterrichtet war. Dabei kann offenbleiben, ob die Aufrechnung schon nach der gesetzlichen Erweiterung ihrer Voraussetzungen in § 406 BGB wirksam wäre; denn jedenfalls ist der Freigabeverpflichtungserklärung im Wege der Auslegung eine vertragliche Erweiterung der Aufrechnungsbefugnis des Klägers zu entnehmen. In Fällen der vorliegenden Art liegt die Abtretung vor allem im Interesse des Erwerbers. Durch sie wird vermieden, daß der Bauhersteller seine Forderung anderweitig abtritt oder seine Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung auf die Forderung zugreifen (§§ 829, 835 ZPO), wonach der Erwerber nicht mehr im Sinne der Freistellungsverpflichtung schuldbefreiend leisten könnte (vgl. Schöner, DNotZ 1974, 327, 335-337). Nach dem typischen Sinn und Zweck der Regelung darf deshalb die Aufrechnungsbefugnis des Erwerbers (Kläger) nicht an der fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen scheitern.

2.

Die Revision rügt weiterhin, das Berufungsgericht habe zu Unrecht den auf einem Sperrkonto befindlichen Betrag von 19.400 DM als eine von der Beklagten anerkannte Zahlungsgarantie angesehen.

Die Rüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Wie sich aus der Sitzungsniederschrift des Berufungsgerichts vom 23. Mai 1980 ergibt, hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung erklärt, daß sich die 19.400 DM "ordnungsgemäß" auf einem Sperrkonto befänden. Hiernach ist die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, der Kläger habe insoweit eine andere, von der Beklagten anerkannte Zahlungsgarantie im Sinne der Freistellungserklärung geleistet, rechtlich nicht zu beanstanden.

3.

Die Revision wendet sich aber mit Recht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte trotz des noch offenstehenden Betrages von 11.259,18 DM nach Treu und Glauben das Grundstück von der Haftung für die Gesamtgrundschuld bereits freigeben müsse, da ein ins Gewicht fallendes Sicherungsbedürfnis nicht mehr bestehe.

Das Berufungsgericht hat angenommen, es lasse sich nicht ausschließen, daß der noch offenstehende Betrag von 11.259,18 DM - vielleicht auch noch mehr - im Wege der Verrechnung getilgt werden könnte, weil der Kläger möglicherweise in dieser Höhe für den Straßenbau herangezogen werde. Dabei übersieht es, daß der Kläger den auf Sperrkonto eingezahlten Betrag von 19.400 DM erst nach Klärung der Frage der Erschließungskosten zur Erfüllung des Vergütungsanspruchs freizugeben braucht und daher auch insoweit eine Sicherheit für den Fall einer späteren Verminderung seiner vertraglichen Zahlungspflicht hat. Daß die auf den Kläger zukommenden Erschließungslasten etwa den Betrag von 19.400 DM auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit übersteigen werden, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Unter diesen Umständen ist ein Sicherheitsbedürfnis der Beklagten in Höhe von 11.259,18 DM nicht zu verneinen. Jedenfalls in diesem Umfang ist der Anspruch des Klägers auf Bewilligung der Löschung durch die Freigabeverpflichtungserklärung nicht gedeckt und daher unbegründet.

4.

Dies führt jedoch nicht dazu, daß die Klage in vollem Umfang abzuweisen wäre. Vielmehr ist die Beklagte zur Bewilligung einer Teillöschung in Höhe von weiteren 33.740,82 DM (45.000 DM - 11.259,18 DM) verpflichtet.

Eine Teillöschung ist allerdings weder in dem Vertrag zwischen dem Kläger und E. noch in der Freistellungsverpflichtung der Beklagten ausdrücklich vorgesehen. Die Erklärung geht ersichtlich davon aus, daß eine endgültige Abrechnung des Bauvorhabens in angemessener Zeit nach der Fertigstellung möglich sein werde. Hätten die Beteiligten vorausgesehen, daß hier diese Möglichkeit ausnahmsweise nicht bestünde, so hätten sie auch diesen Fall vertraglich geregelt. Die Vertragslücke ist im Wege ergänzender Auslegung zu schließen. Unter Berücksichtigung der Interessenlage führt diese Auslegung dazu, daß die Beklagte zur Abgabe der Teillöschungsbewilligung verpflichtet ist. Eine Gesamtlöschung ohne volle Tilgung der tatsächlichen Vergütungsforderung widerspräche dem schutzwürdigen Sicherungsinteresse der Beklagten. Ebensowenig wäre es dem Kläger zuzumuten, wegen des verhältnismäßig geringfügigen noch offenstehenden Betrages von 11.259,18 DM die Grundschuld in weit größerem Umfang auf unabsehbare Zeit auf seinem Grundstück zu belassen. Die Interessenlage gleicht insoweit derjenigen bei Sicherungsverträgen. Bei derartigen Verträgen wird allgemein angenommen, daß im Zweifel auch bei nur teilweiser Tilgung der gesicherten Forderung der Sicherungsgeber die Rückgewähr eines entsprechenden Teils der Grundschuld verlangen kann, sofern eine endgültige Übersicherung eingetreten ist (Senatsurteil vom 15. März 1966 - V ZR 17/65, WM 1966, 653/654; BGH Urteil vom 21. Februar 1967 - VI ZR 144/65, WM 1967, 566/567 = BB 1967, 1144; Huber, Die Sicherungsgrundschuld S. 179, 180; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III § 37 IV; Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschuld 3. Aufl. S. 115; MünchKomm/Eickmann, BGB § 1191 Rdn. 81; Erman/Räfle, BGB 7. Aufl. § 1191 Rdn. 12; Palandt/Bassenge, BGB 41. Aufl. - nicht mehr ausdrücklich ausgesprochen in der 42. Aufl. - § 1191 Anm. 3 b bb; zurückhaltender Staudinger/Scherübl, BGB 12. Aufl. § 1191 Rdn. 58). Für die Auslegung der Freistellungserklärung bietet sich die gleiche Lösung an. Für die Interessenlage macht es keinen Unterschied, ob die Einschränkung des Verwertungsrechts des Globalgläubigers auf die Tilgung der gesicherten Darlehensforderung und/oder auf die Tilgung der Erwerbspreisforderung zurückzuführen ist.

5.

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, der Löschung der Globalgrundschuld auch in Höhe eines Restbetrages von 11.259,18 DM zuzustimmen. Insoweit ist die Klage unbegründet und daher die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018831

NJW 1984, 169-171 (Volltext mit amtl. LS)

DNotZ 1984, 322

DNotZ 1984, 322-326

MDR 1984, 131 (Volltext mit amtl. LS)

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