Entscheidungsstichwort (Thema)

Effektivzins

 

Leitsatz (amtlich)

Die Angabe "Effektivzins" ist mit der in § 4 I 1 PAngV vorgeschriebenen Angabe "effektiver Jahreszins" nicht vereinbar.

 

Normenkette

PAngV § 4 Abs. 1; UWG § 1

 

Gründe

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, im gewerblichen Interesse von Unternehmen und freiberuflich Tätigen lauteren Wettbewerb zu fördern und Wettbewerbsverstöße zu bekämpfen.

Die Beklagte warb in der B. Zeitung vom 29. August 1992 für den Verkauf verschiedener Vorführ- und Gebrauchtwagen (Kaufpreise zwischen 16.350,-- DM und 49.900,-- DM) mit folgendem "Finanzierungsangebot":

Effektivzins

Laufzeit/Monate

Mindestanzahlung

6,9 %

24

30 %

7,9 %

36

30 %

8,9 %

47

30 %

9,9 %

60

30 %

Der Kläger hat diese Werbung als nach § 1 UWG i.V. mit § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV wettbewerbswidrig beanstandet, weil die Angabe "Effektivzins" anstelle der vorgeschriebenen Bezeichnung "effektiver Jahreszins" vom Verkehr als Angabe der für den gesamten Zeitraum zu entrichtenden Zinsbelastung mißverstanden werden könnte. Die Beklagte habe die Anzeige mit der beanstandeten Angabe nicht versehentlich, sondern bewußt und planmäßig geschaltet.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr und zu Wettbewerbszwecken bei der Werbung für die Vergabe von während ihrer Laufzeit in den Konditionen festgeschriebenen Krediten zur Finanzierung von Kraftfahrzeug-Kaufpreisen anstelle der Bezeichnung "effektiver Jahreszins" Kennzeichnungen zu verwenden, die nicht unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß der genannte Zinssatz auf der Basis der Kreditkosten eines Jahres berechnet ist, insbesondere zu werben ... (es folgt ein Auszug aus der konkret beanstandeten Werbung).

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Antrag nicht hinreichend bestimmt sei. Im übrigen sei sie aber auch unbegründet. Die von ihr gewählte Abkürzung genüge den Anforderungen des § 4 Abs. 1 PAngV, weil der Verkehr sie zutreffend dahin verstehe, daß sich die Zinsangabe auf den Zeitraum der Kreditkosten eines Jahres beziehe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.

Die Beklagte hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1738) hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil er die Voraussetzungen für die Klagebefugnis nach der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht mehr erfülle. Er hat beantragt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung zugestimmt und beantragt, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits waren der Beklagten aufzuerlegen, da dies unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands der Billigkeit entspricht (§ 91 a ZPO). Die Vorinstanzen haben die Klage zutreffend für begründet erachtet. Die Revision hätte keinen Erfolg gehabt.

1.

Entgegen der Ansicht der Revision sind der Klageantrag und die entsprechend gefaßte Urteilsformel hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 314 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Die Revision meint, die Formulierung, "Kennzeichnungen zu verwenden, die nicht unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß der genannte Zinssatz auf der Basis der Kreditkosten eines Jahres berechnet ist", sei zu vage und auch zu weitreichend. Dem kann nicht beigetreten werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muß ein Verbotsantrag so deutlich gefaßt sein, daß sich der Beklagte erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung über den Verbotsumfang nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 9.4.1992 - I ZR 171/90, GRUR 1992, 561, 562 - Unbestimmter Unterlassungsantrag II). Dem genügen Antrag und Urteilsformel vorliegend trotz der Unschärfe des Begriffs "unmißverständlich". Denn aus dem zur Bestimmung von Umfang und Reichweite des Verbots heranzuziehenden Klagevorbringen, dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen läßt sich hinreichend entnehmen, daß sich das Verbot auf jede Zinsangabe im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV erstrecken soll, die zeitliche Momente nicht erkennen läßt, nämlich den Hinweis darauf, daß es sich um einen auf den Zeitraum eines Jahres bezogenen Zinssatz handelt. An welche Fälle dabei gedacht ist, wird durch den "Insbesondere"-Zusatz verdeutlicht, der die konkrete Verletzungsform anspricht.

2.

Die Revision hätte weiter keinen Erfolg gehabt, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, die Zinsangabe der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG i.V. mit § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

a)

Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV darin gesehen, daß die Angabe "Effektivzins" anstelle des vorgeschriebenen Begriffs "effektiver Jahreszins" nicht mehr als eine zulässige Abkürzung angesehen werden könne. Die Angabe sei mißverständlich, weil sie vom Verkehr zum Beispiel auch dahin verstanden werden könne, daß die Kreditkosten für die gesamte Laufzeit des Darlehens angegeben seien.

Die Revision hält die Feststellung des Verkehrsverständnisses durch das Berufungsgericht für erfahrungswidrig und verweist auf das von der Beklagten durch den Antrag auf Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens unter Beweis gestellte Beklagtenvorbringen, daß durch die Verwendung des Begriffs "Zins" in sämtlichen Wirtschaftsbereichen ein Jahreszins angegeben werde. Mit dieser Rüge hätte die Revision keinen Erfolg gehabt.

Zwar schließt sowohl der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV als auch der Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung, dem Verbraucher Preisvergleiche zu ermöglichen und für Preisklarheit und Preiswahrheit zu sorgen, den Gebrauch von Abkürzungen nicht generell aus. Voraussetzung ist allerdings, daß sie allgemein wie die ausgeschriebenen Bezeichnungen verstanden werden. Es darf also nicht die Gefahr bestehen, daß der Verbraucher sie nicht als Bezeichnung für die von der Verordnung gebrauchten Begriffe versteht, daß er sie verwechselt oder daß die Gefahr des Übersehen- oder Falschverstandenwerdens besteht (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1988 - I ZR 5/88, GRUR 1989, 59 - Anfängl. effekt. Jahreszinssatz). Solche Gefahren lassen sich vorliegend nicht ausschließen.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Angabe "Effektivzins" anstelle von "effektiver Jahreszins" könne vom Verbraucher dahin mißverstanden werden, daß der angegebene Effektivzinssatz auf die volle Laufzeit des Darlehens zu beziehen sei, kann weder als erfahrungswidrig noch sonst als rechtsfehlerhaft beurteilt werden. Da sich der Verkehr inzwischen an die allgemein gebräuchliche - und auch in anderen Gesetzen (z.B. in § 4 Abs. 1 Nr. 1 e, Abs. 2 VerbrKrG) verwendete - Bezeichnung "effektiver Jahreszins" gewöhnt hat, können nunmehr bei einer Bezeichnung ohne zeitlichen Bezug Irritationen hinsichtlich der Laufzeit auftreten. Insoweit hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß im Streitfall sogar eine konkrete Irreführungsgefahr besteht. Es hat ausgeführt, daß gerade in der jetzigen Zeit einer gewissen Rezession im Kraftfahrzeughandel, die sich auch auf den Gebrauchtwagenhandel erstrecke, verbunden mit dem allgemein günstigen Zinsniveau, die Werbung zum Beispiel mit einer Zinsbelastung von 6,9 % für den Zeitraum von zwei Jahren, also einer - wirtschaftlich gesehen - jährlichen Zinslast von 3,45 % ein Angebot darstelle, das vom Verkehr keinesfalls als völlig ungewöhnlich angesehen und daher von vornherein nicht in Betracht gezogen werde, sondern sogar über vergleichbaren Angeboten der heutigen Zeit liege. Entgegen der Ansicht der Revision konnte das Berufungsgericht, dessen Mitglieder sich zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen, diese Feststellungen aus eigener Sachkunde treffen, ohne daß es der Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens bedurfte.

b)

Das Berufungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, daß der Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV hier als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig zu beurteilen sei, weil sich die Beklagte durch bewußtes und planmäßiges Handeln einen für sie erkennbaren und relevanten Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft habe.

Soweit die Revision das Vorliegen eines Wettbewerbsvorteils in Zweifel zieht, hätte sie damit keinen Erfolg gehabt. Angesichts der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung, daß der Verkehr den Effektivzinssatz auf die jeweils angegebene Gesamtlaufzeit (von z.B. 24 Monaten) beziehen könne, ist davon auszugehen, daß der Verbraucher das Finanzierungsangebot als besonders günstig einschätzt, so daß es geeignet ist, dem Angebot anderer Mitbewerber vorgezogen zu werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456146

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