Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 24.09.1990)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 1990 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Aufgrund einer Vereinbarung mit der Beklagten übernahm die Klägerin die Entwicklung einer U.-Kompatiblen CPU-Karte. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte hieran mitwirken sollte, ist im einzelnen zwischen den Parteien streitig. Nach ihrem schriftlichen Angebot, das insoweit Grundlage der Absprache zwischen den Parteien war, oblagen der Klägerin

1.1 Mitarbeit bei der technischen Konzeption der CPU-Karte

1.2 Entwicklung der Hardware

1.3 Aufbau und Test eines Funktionsmusters (wire wrap)

1.4 Erstellung eines Leiterplatten-Layouts

1.5 Aufbau und Test von drei Funktionsmustern

1.6 Dokumentation der erbrachten Entwicklungsleistungen

1.7 Projektspezifischer Technologietransfer:

Für ihre Leistungen sollte die Klägerin insgesamt 313.400,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer erhalten, von denen 34.400,– DM auf im einzelnen aufgeschlüsselte und als Zusatzkosten bezeichnete Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Leiterplatten-Layout entfielen. Später haben die Parteien die Vergütung mit Rücksicht auf eine Reduzierung des Auftragsumfangs um 39.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer ermäßigt. Vorgesehen war in dem Vertrag weiter, daß die Beklagte auf das Honorar der Klägerin nach deren Aufwand und auf deren Anforderungen Teilzahlungen erbringen sollte. Als Liefertermin hatten die Parteien nach dem Angebot der Klägerin einen Zeitpunkt von „etwa fünf Monaten nach Vertragsschluß” ins Auge gefaßt.

Auf Zwischenrechnungen der Klägerin zahlte die Beklagte insgesamt 190.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Weitere Rechnungen der Klägerin über 50.000,– DM aus dem Sommer 1985, deren Zugang im einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, blieben offen. Nachdem zum gleichen Zeitpunkt zwischen den Parteien aufgenommene Verhandlungen über eine Änderung ihres Vertrages, insbesondere hinsichtlich der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen, nicht zu einer Einigung führten, mahnte die Klägerin unter dem 16. April 1986 die Begleichung der letzten Rechnung aus dem Sommer 1985 unter Hinweis darauf an, daß sie Teilleistungen in Höhe von 240.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer erbracht habe. Die Beklagte lehnte diese Zahlung ab und forderte die Klägerin, nachdem weitere Gespräche unter den Parteien ebenfalls ergebnislos verlaufen waren, ihrerseits mit Schreiben vom 11. Dezember 1986 unter Fristsetzung bis zum 17. Dezember 1986 und Ablehnungsandrohung auf, die aufgrund der bisher geleisteten Zahlungen geschuldeten Ergebnisse vorzulegen. Mit dem Hinweis, daß sie diese Frist nicht einhalten könne, bot die Klägerin Lieferung für den 19. Dezember 1986 an. Ein an diesem Tage in ihren Geschäftsräumen angebotenes Muster in wire-wrap-Technik lehnte die Beklagte als unzureichend ab und erklärte mit Schreiben vom 5. Januar 1987 den Rücktritt vom Vertrag.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung der im Sommer 1985 in Rechnung gestellten 50.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer Zug um Zug gegen Lieferung einer U.-Kompatiblen CPU-Karte auf der Basis des MC 68.000 in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage Rückzahlung der geleisteten Anzahlungen in Höhe von 216.000,– DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe der Stromlaufpläne und PAL-Gleichungen im PALLAS 11-Format einer U.-Kompatiblen CPU-Karte verlangt.

Das Landgericht hat – unter Zurückweisung der Widerklage – die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht diese Entscheidung aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Klägerin entsprechend der Widerklage – abgesehen von einem Teil der Zinsforderung – verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Eine Rücktrittserklärung hat das Berufungsgericht dem als Anlage zur Klageschrift eingereichten Schreiben der Beklagten vom 5. Januar 1987 entnommen. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang ausreichende Feststellungen des Berufungsgerichts zur Rücktrittserklärung vermißt und deshalb das Fehlen von Gründen rügt (§ 551 Nr. 7 ZPO), übersieht sie die hierauf bezugnehmende Darstellung im unstreitigen Teil des Tatbestands des angefochtenen Urteils.

Auch sonst geht die von der Revision erhobene Rüge aus § 551 Nr. 7 ZPO fehl. Das angefochtene Urteil läßt hinreichend erkennen, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen Grundlage der durch das Berufungsgericht getroffenen Entscheidung waren. Damit ist dem Begründungszwang genügt.

II.

1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte habe nach den §§ 636 Abs. 1 Satz 1, 634 Abs. 1 Satz 1, 327 BGB von dem geschlossenen Vertrag zurücktreten können, da die Klägerin das geschuldete Werk nicht rechtzeitig hergestellt habe. Gegenstand von deren Leistungspflicht sei ein auf der abschließend entwickelten Leiterplatte aufgebauter, für die Markteinführung geeigneter Prototyp gewesen. Diesen habe die Klägerin auch am 19. Dezember 1986 nicht angeboten und damit den ihr unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gesetzten Herstellungstermin überschritten. Ob der ursprünglich vorgesehene – frühere – Ablieferungstermin durch die späteren Verhandlungen aufgehoben worden sei, könne in diesem Zusammenhang dahinstehen. Die Leistung sei jedenfalls vor dem 11. Dezember 1986 fällig geworden, wie schon daraus folge, daß von einer solchen Fälligkeit auch die Klägerin in ihren Mahnschreiben vom 16. April/28. Mai 1986 ausgegangen sei. Daß die Beklagte zuvor die mit der Klage geforderte Zahlung nicht erbracht habe, stehe dem nicht entgegen. Durch die Vereinbarung zwischen den Parteien werde die Vorleistungspflicht der Klägerin nicht berührt. Auch daß die Beklagte lediglich Lieferung bestimmter Arbeiten verlangt habe, stehe der Wirksamkeit der der Klägerin gesetzten Frist mit Ablehnungsandrohung ebensowenig entgegen wie der Umstand, daß die gesetzte Frist möglicherweise zu kurz gewesen sei. Jedenfalls sei durch das Schreiben der Beklagten eine angemessene Frist in Lauf gesetzt worden, die an dem von der Klägerin selbst genannten Liefertermin, dem 19. Dezember 1986, abgelaufen sei. Da der an diesem Tag vorgelegte Prototyp nicht das geschuldete Werk gewesen sei, liege eine verspätete Herstellung vor. Demgegenüber könne die Klägerin sich nicht darauf berufen, daß für die Entwicklung der Leiterplatte eine Mitwirkung der Beklagten erforderlich gewesen sei. Dieser habe es nicht bedurft. Die Erstellung des Leiterplatten-Layouts sei allein Sache der Klägerin gewesen.

2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Beurteilung des von der Beklagten erklärten Rücktritts richte sich nach § 636 Abs. 1 BGB. Die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung stellt einen Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache im Sinne des S 651 BGB dar. Der Einwand der Revision, von der Klägerin sei primär der Arbeits- bzw. Personalaufwand geschuldet worden, betrifft lediglich die Abrechnung der Zwischenzahlungen durch die Beklagte und deren Anrechnung auf die Gesamtvergütung. Damit sollte jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden, nach ihrem Verständnis habe die Klägerin nur Dienstleistungen erbringen sollen und nicht einen Erfolg im Sinne eines fertigen Prototyps geschuldet.

b) Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, ein Rücktrittsrecht der Beklagten entfalle schon mangels Verzugs der Klägerin. Mit dieser Rüge verkennt sie, daß § 636 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Verzug des Unternehmers nicht voraussetzt. Das Rücktrittsrecht nach dieser Vorschrift besteht nicht nur dann, wenn die Herstellungsfrist bereits überschritten ist; es kann vielmehr genügen, daß die Überschreitung lediglich droht (vgl. Staudinger/Peters, BGB, 12. Aufl., § 636 BGB Rdn. 11). Ebensowenig ist erforderlich, daß den Unternehmer ein Verschulden an der Fristüberschreitung trifft (vgl. Staudinger/Peters a.a.O., Rdn. 12; Palandt-Thomas, 51. Aufl., § 636 BGB Rdn. 1). Es genügt, daß sie objektiv in seinen Verantwortungsbereich fällt, insbesondere also nicht auf den Besteller zurückzuführen ist.

c) Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe einen Herstellungstermin im Sinne des § 636 Abs. 1 BGB überschritten.

aa) Auf die ursprüngliche Vereinbarung läßt sich für das vorliegende Revisionsverfahren die Bestimmung des Herstellungstermins nicht stützen. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die ursprüngliche Vereinbarung einen Herstellungstermin bzw. eine Herstellungsfrist festlegte, und ebenso dahinstehen lassen, ob eine solche Festlegung gegebenenfalls aufgrund der Verhandlungen der Parteien über die Ersetzung des Vertrages stillschweigend aufgehoben worden ist.

bb) Eine ausdrückliche neue Vereinbarung, durch die die Parteien einen neuen Herstellungstermin bestimmt hätten, ist durch das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt worden.

cc) Seine Annahme, die Leistung der Klägerin sei jedenfalls im Dezember 1986 fällig gewesen, weil diese zuvor die Gesamtleistung angeboten und die Gesamtvergütung verlangt habe, wird durch die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen, wie die Revision mit Recht rügt.

In dem Mahnschreiben, auf das sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang stützt, findet sich ein Angebot des geschuldeten Gesamtwerks nicht. Das Schreiben der Klägerin vom 16. April 1986 befaßt sich mit dieser Frage nicht; in dem Schreiben der späteren Prozeßbevollmächtigten erster Instanz der Klägerin vom 28. Mai 1986 findet sich nur das Angebot, Zug um Zug gegen die geforderte Zahlung die bisher fertiggestellten Teilleistungen abzuliefern. In beiden Schreiben hat die Klägerin auch nicht die gesamte Vergütung verlangt. Diese belief sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zuletzt auf 312.200,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer, von denen die 39.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer für den zurückgenommenen Teil des Auftrags abzusetzen waren, so daß sich ein Gesamtbetrag von 274.400,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer ergibt. Die Mahnungen der Klägerin bezogen sich auf die im Sommer 1985 berechneten 50.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer; diese sind auch allein Gegenstand der Klage. Zusammen mit dieser Forderung ergibt sich mithin ein Gesamtbetrag von 240.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer, der um 33.200,– DM und damit in etwa jenen Betrag hinter der Gesamtvergütung zurückbleibt, den die Parteien für den nach Darstellung der Klägerin allein noch offenen Teil des Auftrags vorgesehen haben.

dd) Ein verbindlicher Herstellungstermin vor dem 11. Dezember 1986 folgt auch nicht aus einer einseitigen Bestimmung durch die Beklagte. Dabei kann ebenso dahinstehen, ob hier eine solche Bestimmung grundsätzlich möglich war, wie die weitere – zweifelhafte – Frage, ob sie in dem insoweit allein in Betracht zu ziehenden Schreiben der Beklagten vom 11. Dezember 1986 enthalten war. Eine verbindliche Festlegung durch einseitige Erklärung der Beklagten scheidet hier schon im Hinblick auf die offene Zwischenrechnung der Klägerin aus. Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizutreten, daß die Absprache zwischen den Parteien über die vorgesehenen Leistungen auf Zwischenrechnungen der Klägerin deren Vorleistungspflicht nicht berührten. Diese, insoweit rechtlichen Bedenken nicht begegnende Auslegung schöpft den Inhalt der insoweit getroffenen Absprachen der Parteien nicht aus. Sie vernachlässigt, daß der Klägerin ein Anspruch auf Abschlagszahlungen eingeräumt wurde. Auch wenn die Vorleistungspflicht der Klägerin dadurch nicht berührt wurde, kann sich daraus, daß sie Ausgleich je nach dem erreichten Fortschritt vor endgültiger Herstellung des Werks verlangen konnte, andererseits auch ergeben, daß sie die Arbeiten bis zur Begleichung der jeweiligen Zwischenrechnung nicht fortsetzen müßte.

Ein solches Verständnis der zwischen den Parteien getroffenen Absprachen läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausschließen. Maßgebend für diese Beurteilung ist vor allem die – vom Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig nicht aufgegriffene – Frage, was die Parteien mit der Vereinbarung der Abschlagszahlungen bezweckt haben, insbesondere ob damit die wirtschaftlichen Folgen der gesetzlichen Vorleistungspflicht des Unternehmers für die Klägerin abgemildert werden sollten. In diesem Fall spräche vieles für ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht der Klägerin. Ohne eine solche Sanktion wäre die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung bei fortbestehender Vorleistungspflicht der Klägerin weitgehend entwertet und daher nur schwer zu verstehen. War aber die Klägerin vor Begleichung ihrer Zwischenrechnung zur Fortsetzung der Arbeiten nicht verpflichtet, scheidet auch die verbindliche Festlegung eines vor Eingang dieser Zahlung liegenden Herstellungstermins durch die Beklagte aus.

III.

Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

1. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ein Rücktrittsrecht der Beklagten vor einem Herstellungstermin nicht festgestellt werden.

a) Nach dem insoweit im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt ist offen, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt sich die Parteien über einen Termin zur Herstellung des Werks verständigt haben. Angesichts dieser Ungewißheit ist für eine Erwartung, daß ein verbindlich festgelegter Herstellungstermin sicher überschritten würde (vgl. dazu Staudinger/Peters, a.a.O. § 636 BGB, Rdn. 11), kein Raum.

b) Ebensowenig kann der Rücktritt auf eine Erfüllungsverweigerung durch die Klägerin gestützt werden. Vor Eintritt der Fälligkeit können dem Gläubiger die an eine nicht fristgerechte Leistung anknüpfenden Rechte allenfalls dann zugebilligt werden, wenn der Schuldner die Erfüllung bestimmt, ernsthaft und endgültig verweigert. Erst die darin liegende, über das bloße Unterlassen der geschuldeten Leistung weit hinausgehende Vertragsverletzung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 29.06.1989 – VII ZR 330/87, JZ 1989, 808 = WM 1989, 1732 = DB 1989, 2269; Urt. v. 19.10.1988 – VIII ZR 22/88, NJW 1989, 451 = WM 1989, 318; vgl. auch Sen. Urt. v. 14.05.1991 – X ZR 2/90, NJW-RR 1991, 1269) führt dazu, daß die Zwecklosigkeit der im Gesetz für den Fall des Verzuges vorgesehenen Maßnahmen offensichtlich wird und deren Einhaltung daher dem Gläubiger nicht mehr zugemutet werden kann. Für einen solchen Sachverhalt ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts. Danach hat sich die Klägerin vielmehr zum Abschluß ihrer Arbeiten außerstande gesehen, weil die Beklagte notwendige Mitwirkungshandlungen nicht vorgenommen habe. Weitergehende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Seine auf das eingeholte Sachverständigengutachten gestützte Feststellung, eine solche Mitwirkung sei nicht erforderlich gewesen, findet – wie die Revision mit Recht rügt – in diesem keine tragfähige Grundlage. Der Sachverständige hat die Notwendigkeit einer solchen Mitwirkung lediglich für den Fall verneint, daß der Auftraggeber kein Interesse an einer bestimmten Plazierung der Bauteile habe. Demgegenüber hat er diese für notwendig gehalten, wenn etwa aufgrund des Gehäusedesigns Schwierigkeiten bei der Anordnung oder der thermischen Belastung der Bauteile auftreten könnten. Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin, wie die Revision mit Recht geltend macht, damit behauptet, daß die Beklagte ihr zwei unterschiedliche Gehäuseformen vorgestellt hatte, die mit derartigen Schwierigkeiten verbunden gewesen seien. Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen; insbesondere ist nicht zu erkennen, auf welcher Grundlage es diese Darstellung als widerlegt angesehen hat. Auf das Sachverständigengutachten kann in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil es insoweit an einer Darlegung der für die Auffassung des Sachverständigen maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen fehlt. Daß die Klägerin die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zur Mitwirkung an der endgültigen Fertigstellung aufgefordert hat, begründet keine zum Rücktritt berechtigende Erfüllungsverweigerung; auch eine sonstige, diese Folge auslösende Vertragsverletzung kann darin nicht gesehen werden.

2. Auch auf die verzögerte Herstellung einer Teilleistung läßt sich der Rücktritt der Klägerin nicht stützen. Dabei kann auch hier dahinstehen, ob durch das Schreiben der Beklagten vom 11. Dezember 1986 für Teile des von der Klägerin geschuldeten Werks ein solcher Ablieferungstermin verbindlich bestimmt wurde. Ein Rücktritt scheidet schon deshalb aus, weil es an einer Fristüberschreitung fehlt. Am 19. Dezember 1986 hatte die Klägerin mit Ausnahme der Positionen 1.4 und 1.5, von deren Fälligkeit im vorliegenden Revisionsverfahren nicht ausgegangen werden kann, sämtliche Teilleistungen der Leistungsbeschreibung erbracht. Die Dokumentation lag vor. Nach der Sachdarstellung der Klägerin, von der mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, war sie vertragsgerecht. Sie mußte danach insbesondere nicht in deutscher Sprache abgefaßt werden. Ein Prototyp in wire-wrap-Technik war erstellt und sollte der Beklagten unter gleichzeitiger Einweisung am 19. Dezember 1986 ausgehändigt werden. Daß dies erst am 19. Dezember 1986 und somit nicht in der durch die Beklagte gesetzten Frist geschehen sollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die ursprünglich gesetzte Frist war, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, zu kurz bemessen und setzte lediglich eine angemessene Frist in Lauf. Wie diese im einzelnen zu bestimmen ist, kann mit Rücksicht auf das Angebot der Klägerin dahinstehen, da sie jedenfalls nicht vor dem 19. Dezember 1986 ablief. An diesem Tag hatte die Klägerin mithin sämtliche Leistungen, bei denen nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Fälligkeit in Betracht kommt, erbracht bzw. angeboten.

IV.

Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird von folgenden Überlegungen auszugehen sein:

Die Wirksamkeit des von der Beklagten erklärten Rücktritts hängt zunächst maßgeblich von der durch das Berufungsgericht offengelassenen Frage ab, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die Parteien ihre ursprüngliche Absprache über den Herstellungszeitpunkt modifiziert haben. Sollte es bei dem ursprünglichen Termin verblieben oder dieser durch einen neuen ersetzt worden sein, wird gegebenenfalls der Frage nachzugehen sein, ob die Klägerin mit Rücksicht auf einen durch Abschlagszahlungen nicht ausgeglichenen Fortschritt ihrer Arbeiten die Fortsetzung der Arbeiten zurückstellen konnte und deshalb die Überschreitung des Herstellungstermins nicht in ihren Verantwortungsbereich fallen kann. In diesem Zusammenhang wird zu beachten sein, daß die Beklagte die Behauptung der Klägerin, der Stand der Arbeiten habe bei Rechnungsstellung den mit allen Teilrechnungen geltend gemachten 240.000,– DM entsprochen, bestritten hat.

Ergibt sich danach ein von der Klägerin einzuhaltender und verstrichener Herstellungstermin, so wird weiter zu klären sein, wie das abzuliefernde Werk beschaffen sein mußte.

In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht davon ausgehen können, daß der erteilte Auftrag auch das Leiterplatten-Layout und den darauf aufbauenden Prototypen einschloß. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision gehen schon deshalb fehl, weil sie versuchen, die dem Tatrichter vorbehaltene Vertragsauslegung durch eine eigene zu ersetzen und revisionsrechtlich erhebliche Rügen nicht zum Gegenstand haben. Da der Rücktritt nach § 636 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar kein Verschulden, aber doch voraussetzt, daß die Verzögerung jedenfalls nicht dem Verantwortungsbereich des Bestellers zuzuordnen ist, wird das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang der Behauptung der Klägerin erneut nachgehen müssen, das Layout habe Ahne Mitwirkung der Beklagten nicht entworfen werden können, da diese der Klägerin allein Gehäuse bezeichnet habe, die jeweils eine bestimmte Plazierung der Bauteile erforderten, so daß es schon aus diesem Grunde einer vorherigen Entscheidung durch die Beklagte bedurft habe. Mit dieser – erheblichen – Behauptung hat sich das Berufungsgericht im Rahmen seiner Würdigung des Sachverständigengutachtens nicht befaßt. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Für den Fall, daß das Berufungsgericht den Rücktritt der Beklagten als wirksam ansieht, wird es der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagte in Höhe der geltend gemachten Zinsforderung einen Schaden erlitten hat. Dem zuerkannten Zinsanspruch steht zwar nicht notwendig entgegen, daß Zinsen auch auf den Mehrwertsteuerbetrag verlangt werden. Das von der Revision angesprochene Problem der Mehrwertsteuer auf Verzugszinsen (dies betrifft auch die von ihr angeführte Fundstelle bei Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 288 Rdn. 8) stellt sich hier nicht. Daß auch die Vorenthaltung eines Mehrwertsteuerbetrages zu einem Zinsschaden führen kann, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Hier muß jedoch deshalb, weil der Unternehmer eine ihm in Rechnung gestellte Vorsteuer gegebenenfalls kurzfristig bei seiner eigenen Umsatzsteuerberechnung einstellen kann mit der Folge, daß sich seine Vorausleistungen auf die Mehrwertsteuer entsprechend verringern, besonders sorgfältig geprüft werden, ob ihm die entsprechenden Mittel für den gesamten Zeitraum entzogen worden sind und damit ein für den Zinsanspruch in der geltend gemachten Höhe erforderlicher Schaden entstanden ist.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI749259

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