Leitsatz (amtlich)

a) Ein Mittel bezieht sich i.S.d. § 10 PatG auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Ein für die technische Lehre der Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal kann als nicht-wesentliches Element der Erfindung außer Betracht zu lassen sein.

b) Für die Beurteilung der Frage, wann der Austausch von Teilen einer Vorrichtung deren Neuherstellung gleichkommt, bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch der in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Vorrichtung andererseits.

 

Normenkette

PatG § 9 S. 2 Nr. 1, § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen 6 U 182/01)

LG Frankfurt am Main

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 20.2.2003 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage eines Lizenzvertrages mit der Patentinhaberin aus dem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patent 388 736 (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

Das Klagepatent beruht auf einer Anmeldung v. 9.3.1990; der Hinweis auf seine Erteilung ist am 21.9.1994 bekannt gemacht worden. Patentanspruch 1 lautet:

"Flügelradzähler, mit einem Gehäuse (64), in dem ein Einlass (66) und ein Auslass (68) ausgebildet ist, mit einem vom Gehäuse (64) umgebenen Messbecher (14), in dem ein Flügelrad gelagert ist, das mit einem Zählwerk (16) verbunden ist, wobei eine den Messbecher (14), das Flügelrad (26) und das Zählwerk (16) aufweisende Einheit abnehmbar an dem Gehäuse (64) angebracht ist, dadurch gekennzeichnet, dass in dem Gehäuse (64) ein Einsatz (40) mit einer schrägen, auf den Messbecher (14) zu weisenden, sich an dem Einlass (66) anschließenden Anströmfläche (44) angeordnet ist, gegen welchen der Messbecher (14) sich dichtend abstützt."

Die nachstehend wiedergegebene Figur 5 der Klagepatentschrift zeigt eine teilweise aufgebrochene Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Flügelradzählers in montiertem Zustand.

Die Klägerin bringt Flügelradzähler sowie teils zur Unter-Putz-, teils zur Auf-Putz-Montage bestimmte Gehäuse für Flügelradzähler mit einem nur von ihr verwendeten Innengewindemaß in den Verkehr. Die Beklagte vertreibt ihrerseits unter der Bezeichnung "M. " Messkapseln, die in die Gehäuse der Klägerin eingeschraubt werden können und in die Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin unstreitig auch eingeschraubt wurden. Die nachstehend wiedergegebene Zeichnung (Anl. K 14) zeigt eine derartige, in ein Gehäuse der Klägerin eingesetzte Messkapsel.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Messkapseln eine mittelbare Verletzung des Klagepatents. Das LG hat ihre Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 201).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Das Klagepatent betrifft einen Flügelradzähler, mit dem die Durchflussmenge von Flüssigkeiten erfasst werden kann und der insb. als Wasserzähler zur Verbrauchsmessung eingesetzt wird. Der Flügelradzähler weist ein Gehäuse mit einem Einlass und einem Auslass auf, das einen Messbecher umgibt, in dem ein mit einem Zählwerk verbundenes Flügelrad gelagert ist. Messbecher, Flügelrad und Zählwerk bilden eine Einheit, die abnehmbar an dem Gehäuse angebracht ist. Diese Einheit kann demgemäß separat ausgetauscht und etwa geeicht werden, während das Messwerksgehäuse mit den Anschlüssen für die zu messende Flüssigkeit an Ort und Stelle, beispielsweise in einer Wand, verbleibt.

Die Klagepatentschrift erläutert, dass es als wünschenswert angesehen werde, den gleichen Zähler für unterschiedlich tief in der Wand verlegte Rohre verwenden zu können. Hierzu sei es bekannt, durch einen Ein- und Auslass trennenden T-förmigen Einsatz auch große Verlegungstiefen zu überbrücken, indem ein Anschlussrohr, in dem der Einsatz und damit der Einlass- und Auslasskanal nebeneinander geführt seien, in den gewünschten Längen vorgehalten oder an Ort und Stelle entsprechend abgelängt werde. Diese Lösung sei jedoch vergleichsweise aufwendig. Zudem erlaube sie nicht die in manchen Anwendungsfällen wünschenswerte tangential-radiale Anströmung des Flügelrades und führe zu einer ungleichmäßigen Beaufschlagung des Flügelrads.

Einen weiteren Nachteil der bekannten Flügelradzähler sieht die Klagepatentschrift in der Ablagerung von Kalk und sonstigen Verschmutzungen, die nicht nur die hydrodynamischen Verhältnisse beeinflussten, sondern vor allem das Austauschen der Messeinheit erschwerten, die dazu neige, an der Trennfuge zwischen Einsatz und Messeinheit festzubacken.

Die Klagepatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, einen kostengünstigen, hydrodynamisch verbesserten Flügelradzähler zu schaffen, der konstruktionsbedingt weniger zum Festbacken neigt und dennoch für hohe Durchsätze auch bei mitteltief versenkt eingebauten Wasserrohren geeignet ist. In Übereinstimmung hiermit hat das Berufungsgericht das der Erfindung zu Grunde liegende technische Problem darin gesehen, die Hydrodynamik des anströmenden Wassers im Sinne einer möglichst gleichmäßigen und wirbelfreien Beaufschlagung des Flügelrades zu verbessern, die Gefahr eines Festbackens der Messeinheit zu vermindern und ein Gehäuse zu konstruieren, das sich für mitteltief eingebaute Wasserrohre eignet und kostengünstiger als der im Stand der Technik verwirklichte Tiefenausgleich ist. Das wird weder von der Revision noch von der Revisionsbeklagten angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Die erfindungsgemäße Lösung dieses technischen Problems besteht in folgender Merkmalskombination:

1. Der Flügelradzähler weist ein Gehäuse auf,

1.1 in dem ein Einlass und ein Auslass ausgebildet sind und

1.2 in dem ein Einsatz angeordnet ist.

2. Es ist eine (Mess-)Einheit vorgesehen, die aufweist:

2.1 einen von dem Gehäuse umgebenen Messbecher,

2.2 ein in dem Messbecher gelagertes Flügelrad und

2.3 ein mit dem Flügelrad verbundenes Messwerk.

3. Die (Mess-)Einheit ist abnehmbar an dem Gehäuse angebracht.

4. Der Einsatz ist mit einer Anströmfläche versehen, die

4.1 sich an den Einlass anschließt,

4.2 schräg verläuft und

4.3 auf den Messbecher zu weist.

5. Der Messbecher stützt sich dichtend gegen den Einsatz ab.

II. Da die Beklagte mit den angegriffenen Messkapseln nur die Messeinheit im Sinne des Merkmals 2 in den Verkehr bringt, scheidet eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents, wie auch die Klägerin nicht verkennt, aus. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe auch nicht dem sich aus § 10 PatG ergebenden Verbot zuwidergehandelt, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich des Patentgesetzes anderen als zur Benutzung der Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des Patentgesetzes in Kenntnis des Umstandes anzubieten oder zu liefern, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

1. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Lieferung der Messkapseln zur Benutzung der Erfindung führt, wenn die Messkapseln auf die Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin geschraubt werden.

a) Das LG hat dies mit der Begründung verneint, dass die Anströmfläche in diesem Gehäuse nicht in einem Einsatz, sondern im Gehäusekörper selbst ausgebildet sei. Das Berufungsgericht hat demgegenüber angenommen, dass zwar eine wortsinngemäße Benutzung der Erfindung zu verneinen sei, jedoch eine Benutzung der Erfindung mit äquivalenten Mitteln in Betracht komme. Mit der entsprechenden Ausbildung des Gehäusekörpers würden die Wirkungen des Einsatzes (Merkmal 1.2) und der darin vorgesehenen, entsprechend Merkmal 4 ausgestalteten Anströmfläche erzielt. Indem das Gehäuse mit einer schrägen Anströmfläche versehen sei, die in einem 45-Grad-Winkel auf die Stirnseite des Messbechers zulaufe und ihn dadurch teilweise unmittelbar und teilweise tangential beaufschlage, wobei der Einlass in das Gehäuse niedriger als die Stirnseite des Messbechers liege und sich diese nur mit einer kleinen O-Dichtung um den Auslass auf das Gehäuse aufstütze (Merkmal 5), würden die angestrebten konstruktiven Vorteile sowie eine gleichmäßige und wirbelfreie Beaufschlagung des Messbechers erreicht und Kalk- und Schmutzablagerungen an den voneinander zu lösenden Teilen minimiert.

b) Das Berufungsgericht hat damit die objektive Gleichwirkung als erste Voraussetzung einer Einbeziehung der vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausgestaltung des Flügelradzählers in den Schutzbereich des Klagepatents rechtsfehlerfrei bejaht. Die Rüge der Revisionserwiderung, das Berufungsgericht habe die Gleichwirkung für den im Gehäuse angeordneten Einsatz nur anhand der Vorteile geprüft, welche die Patentschrift für die Anströmfläche mitteile, und das Merkmal 1.2 schlicht weggelassen, was auf den Schutz einer Unterkombination hinauslaufe, ist nicht begründet. Denn aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass es das Ersatzmittel für den Einsatz darin gesehen hat, dass der untere Teil des Gehäusekörpers jenseits seiner eigentlichen Gehäusefunktion so ausgestaltet ist, dass er die Anströmfläche ausformt, die bereitzustellen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Funktion des Einsatzes ist.

Dagegen kann die Revisionsbeklagte auch nicht mit Erfolg einwenden, das Klagepatent erstrebe eine flexible und kostengünstige Lager- und Vorratshaltung, weil mit einer Bauart des Gehäuses und unterschiedlichen Einsätzen eine kostengünstige Anpassung an unterschiedliche Anforderungen ermöglicht werde. Derartiges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, und die Revisionserwiderung zeigt insoweit einen Verfahrensfehler nicht auf. Der von ihr angegebenen Stelle im Schriftsatz der Beklagten v. 14.2.2001 ist eine entsprechende Behauptung zur Bedeutung des Einsatzes nicht zu entnehmen; im Übrigen ist auch nicht erkennbar, welchen Sinn unterschiedliche Einsätze ergeben sollten, die jedenfalls in ein- und demselben Gehäuse keine unterschiedlichen Höhen haben könnten. Soweit die Revisionsbeklagte schließlich meint, die Verwendung eines Einsatzes solle zudem die Möglichkeiten eröffnen, für diesen einen geeigneten Werkstoff auszuwählen, an dem sich weniger Kalk ablagere als an dem Grundmaterial Messing des Gehäuses, und schließlich Verdrehsicherungen mit zwei Stellungen vorzusehen, die es erlauben, den Einsatz um 180° zu drehen, um die Messrichtung des Flügelradzählers umzukehren, sind damit zwei Maßnahmen angesprochen, die die Klagepatentschrift als fakultativ beschreibt. Auch wenn der Fachmann sie nicht nutzt, folgt er der Lehre des Patentanspruchs 1. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht auch von der angegriffenen Ausführungsform angenommen hat, sie erziele sämtliche Wirkungen, die nach Patentanspruch 1 zusammenkommen müssen, um die technische Lehre dieses Anspruchs zu verwirklichen (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005 [1006] - Bratgeschirr).

c) Nicht abschließend entschieden hat das Berufungsgericht, ob

(2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann am Prioritätstag befähigten, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden und ob

(3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen musste, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der wortsinngemäßen gleichwertige Lösung in Betracht zog (BGH v. 12.3.2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149 [154] = BGHReport 2002, 735 - Schneidmesser I).

Hiervon ist daher für die weitere revisionsrechtliche Prüfung zu Gunsten der Klägerin auszugehen.

2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis ebenfalls dahinstehen lassen, ob die Beklagte mit den angegriffenen Messkapseln Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, angeboten und geliefert hat. Lege man eine in Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassung zu Grunde, nach der wesentlich solche Elemente der Erfindung seien, die nach der Patentschrift für die Ausführung der geschützten technischen Lehre erforderlich seien und diese vom Stand der Technik unterschieden, könne zweifelhaft sein, ob die Messkapseln von § 10 PatG erfasst würden. Nach der Klagepatentschrift komme es nämlich auf die Ausgestaltung der Messkapsel nur insoweit an, als diese an dem die Erfindung ausmachenden Gehäuse an- und abgeschraubt werden könne und sich im angeschraubten Zustand mit dem Messbecher gegen den Einsatz bzw. gegen das Gehäuse dichtend abstütze. Andererseits könnte zu berücksichtigen sein, dass die von der Beklagten gelieferte Messkapsel insb. nach den Maßen ihres Schraubgewindes ausschließlich dazu bestimmt sei, mit den Gehäusen der Klägerin zu den erfindungsgemäßen Flügelradzählern verbunden zu werden.

Die vom Berufungsgericht unentschieden gelassene Frage ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu Gunsten der Klägerin zu beantworten; die Messkapseln der Beklagten stellen Mittel dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen.

a) Das von der Rechtsprechung entwickelte Institut der mittelbaren Patentverletzung ist durch § 10 PatG erstmals gesetzlich geregelt worden. Da diese Vorschrift der entsprechenden für das Gemeinschaftspatentübereinkommen vorgesehenen Regelung (Art. 30 GPÜ 1975 = Art. 26 GPÜ 1989) nachgebildet ist, kann die zum alten deutschen Patentrecht ergangene Rechtsprechung zu ihrem Verständnis nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres herangezogen werden. Insbesondere hat das für die Reichweite des Verbots der richterrechtlich entwickelten mittelbaren Patentverletzung entscheidende Kriterium der Anpassung der gelieferten Mittel an den Erfindungsgedanken ("erfindungsfunktionelle Individualisierung") keinen Eingang in das Gesetz gefunden (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum Gemeinschaftspatentübereinkommen, BT-Drucks. 8/2074, 124 = BlPMZ 1979, 325 [333]).

Vor ihrer gesetzlichen Regelung ist die sog. mittelbare Patentverletzung als besondere Form der Teilnahme an fremder Patentverletzung gesehen worden, die demgemäß eine unmittelbare Patentverletzung als "Haupttat" erforderte (statt aller BGH v. 10.12.1981 - X ZR 70/80, BGHZ 82, 254 [257 f.] = MDR 1982, 316 - Rigg). Demgegenüber setzt der verselbstständigte Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG keine unmittelbare Verletzung des Patents durch den mit den sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehenden Mitteln belieferten Abnehmer voraus (BGH, Urt. v. 10.10.2000 - X ZR 176/98, GRUR 2001, 228 [231] - Luftheizgerät). Unbeschadet dessen erweitert § 10 PatG nicht den - durch den Patentanspruch definierten - immateriellen Schutzgegenstand (BGH v. 24.9.1991 - X ZR 37/90, BGHZ 115, 204 [208] = MDR 1992, 37 - beheizbarer Atemluftschlauch), dessen Nutzung ausschließlich dem Patentinhaber zugewiesen ist, sondern soll den Patentinhaber im Vorfeld drohender Verletzung vor dem Eingriff in diesen Schutzgegenstand schützen. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG kann deshalb auch als Patentgefährdungstatbestand bezeichnet werden (BGH v. 24.9.1991 - X ZR 37/90, BGHZ 115, 204 [208] = MDR 1992, 37 - beheizbarer Atemluftschlauch; Benkard, Patentgesetz, 9. Aufl., § 10 Rz. 2; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 10 Rz. 13; Holzapfel, GRUR 2002, 193 [194]; König, Mitt. 2000, 10 [11]; Mes, GRUR 1998, 281). Seine Schutzrichtung wird insb. daran deutlich, dass § 10 Abs. 1 PatG kein absolutes Verbot der Lieferung der sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehenden Mittel enthält, sondern nur dann eingreift, wenn die Mittel nicht nur zur Benutzung der Erfindung geeignet, sondern auch hierzu bestimmt sind. Aus demselben Grund muss die Lieferung auch zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des Patentgesetzes erfolgen; nur dann ist sie geeignet, das Verbietungsrecht des Patentinhabers aus § 9 PatG zu gefährden.

b) Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszwecks beschränkt das Tatbestandsmerkmal der "Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen", das Vorfeldverbot auf die Lieferung solcher Mittel, die nach ihrer Wirkungsweise geeignet sind, einen Eingriff in den Schutzgegenstand nach sich zu ziehen. (Nur) insofern besteht funktional eine Übereinstimmung mit den "erfindungsfunktionell individualisierten Mitteln" des früheren Richterrechts. Das Gesetz verwirklicht diese Einschränkung jedoch nicht bei der Anpassung der Mittel selbst, sondern bei ihrer Beziehung zu der Erfindung. Das zeigt insb. § 10 Abs. 2 PatG. Denn nach dieser Vorschrift können auch allgemein im Handel erhältliche und daher typischerweise der Erfindung nicht angepasste Mittel Mittel i.S.d. Abs. 1 sein. § 10 Abs. 2 PatG nimmt solche Mittel von dem Verbot des Abs. 1 nicht schlechthin aus, sondern verschärft nur die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand, da das Verbot bei allgemein im Handel erhältlichen Erzeugnissen lediglich dann eingreift, wenn der Dritte den Abnehmer bewusst veranlasst, in einer nach § 9 S. 2 PatG verbotenen Weise zu handeln. Ein Mittel bezieht sich dabei auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen Element bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Denn aus dieser Eignung ergibt sich die von der Ausgestaltung des Mittels selbst unabhängige besondere Gefahr, mit der Lieferung des Mittels zu einem Eingriff in den Schutzgegenstand des Patentrechts beizutragen und diesen zu fördern. Die Privilegierung des § 10 Abs. 2 PatG erklärt sich in diesem Zusammenhang aus der Erwägung, dass es dem Anbieter von Gegenständen, die allgemein und unabhängig von einer bestimmten Verwendung gehandelt werden, auch dann nicht angesonnen werden kann, die Verwendungsabsichten seiner Abnehmer zu kontrollieren, wenn im Einzelfall die Bestimmung zu einer erfindungsgemäßen Verwendung offenkundig sein sollte.

c) Das Kriterium der Eignung des Mittels, mit einem wesentlichen Element der Erfindung bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken, schließt solche Mittel aus, die - wie etwa die für den Betrieb einer geschützten Vorrichtung benötigte Energie - zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der technischen Lehre der Erfindung jedoch nichts beitragen. Leistet ein Mittel einen solchen Beitrag, wird es demgegenüber im allgemeinem nicht darauf ankommen, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs das Mittel zusammenwirkt. Denn was Bestandteil des Patentanspruchs ist, ist regelmäßig bereits deshalb auch wesentliches Element der Erfindung. Der Patentanspruch definiert die geschützte Erfindung und begrenzt den dem Patentinhaber gewährten Schutz auf Benutzungsformen, die sämtliche Merkmale der Erfindung verwirklichen. Spiegelbildlich zu dieser schutzbegrenzenden Funktion jedes einzelnen Merkmals ist jedes einzelne Merkmal grundsätzlich auch tauglicher Anknüpfungspunkt für ein Verbot der Lieferung von Mitteln i.S.d. § 10 PatG. Insbesondere ist es nicht möglich, die wesentlichen Elemente einer Erfindung danach zu bestimmen, ob sie den Gegenstand des Patentanspruchs vom Stand der Technik unterscheiden. Denn nicht selten sind sämtliche Merkmale eines Patentanspruchs als solche im Stand der Technik bekannt. Ein taugliches Abgrenzungskriterium lässt sich deshalb hieraus nicht gewinnen.

d) Im Streitfall kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen ggf. ein für die technische Lehre der Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal als nicht-wesentliches Element der Erfindung anzusehen ist. Denn die Messkapseln der Beklagten stellen jedenfalls Mittel dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung nach dem Klagepatent beziehen. Sie sind entsprechend Merkmal 2 ausgebildet und dazu geeignet und bestimmt, mit den von der Klägerin gelieferten Gehäusen zusammenzuwirken, die - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die Merkmale 1 und 4 verwirklichen; an diesen Gehäusen sind sie entsprechend Merkmal 3 angebracht, und auf diesen stützen sie sich entsprechend Merkmal 5 ab. Erst aus der Kombination von Gehäuse und Messeinrichtung ergibt sich der unter Schutz gestellte Flügelradzähler.

3. Das Berufungsgericht hat eine mittelbare Patentverletzung mit der Begründung verneint, dass die Beklagte ihre Messkapseln nur an zur Benutzung der Erfindung berechtigte Personen liefere. Die Klägerin liefere selbst Unter-Putz-Gehäuse - gemeinsam mit ihren eigenen Messkapseln, aber auch isoliert, deren patentrechtlicher Schutz durch diese Lieferung erschöpft sei. Die Beklagte liefere eine dazu passende, aber für sich gesehen ebenfalls patentfreie Messkapsel aus dem gemeinfreien Stand der Technik. Bei den Kunden der Klägerin fänden sich somit zwei jeweils patentfreie Gegenstände, die erst dort zu einem Flügelradzähler kombiniert würden. Eine dem Patentinhaber vorbehaltene Herstellung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses sei darin nicht zu sehen, weil ein Kombinationserzeugnis vorliege, bei dem bestimmungsgemäß ein Teil, nämlich die Messkapsel, ausgetauscht werden könne und müsse, wenn es verschlissen bzw. beschädigt sei, und bei dem sich die für den Patentschutz wesentlichen Erfindungsgedanken nicht in der Messkapsel, sondern allein in dem Gehäuse wiederfänden. Das entspreche auch den von der Beklagten geschilderten Marktverhältnissen und der eigenen werblichen Präsentation der Klägerin. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass sich ein Bauträger beim Einbau von Unter- bzw. Auf-Putz-Anschlussgehäusen wegen der erheblichen Folgekosten für den Einbau und Austausch der Messkapseln die Möglichkeit zu einem Produkt- und Anbieterwechsel offen halten müsse, wie auch die große Zahl der auf dem Markt erhältlichen Adapter belege. Auch die Klägerin, die auf den Patentschutz nicht hinweise, trete den entsprechenden Kundenerwartungen nicht entgegen. Aus den entsprechenden Gründen stünden der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit zu, die Messkapseln der Beklagten auf die Auf-Putz-Gehäuse der Klägerin aufzuschrauben, ohne dass es auf den Streit der Parteien ankomme, ob eine solche Verwendung der Messkapseln praktisch in Betracht komme.

Das rügt die Revision zu Recht als rechtsfehlerhaft.

a) Es kann dahinstehen, ob durch das Inverkehrbringen der Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin das auf diese Gehäuse bezogene Verbietungsrecht der Klägerin nach § 10 PatG erschöpft ist. Denn dadurch ist, wie auch die Revisionserwiderung einräumt, jedenfalls nicht das Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin an dem Gegenstand des Klagepatents erschöpft, kraft dessen die Klägerin jedem Dritten untersagen kann, ohne ihre Zustimmung den erfindungsgemäßen Flügelradzähler herzustellen oder in den Verkehr zu bringen (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG). Soweit mit der Verbindung von Gehäuse (der Klägerin) und Messkapsel (der Beklagten) erstmals der geschützte Flügelradzähler hergestellt wird, scheidet eine Erschöpfung des Patentrechts daher aus (vgl. BGH v. 14.12.1999 - X ZR 61/98, BGHZ 143, 268 [270] = MDR 2000, 964 - Karate; Urt. v. 13.3.2003 - X ZR 100/00, BGHReport 2003, 751 = GRUR 2003, 507 [511] - Enalapril).

á) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seinen gegenteiligen Standpunkt auf das Urteil des Senats v. 26.9.1996 (BGH, Urt. v. 26.9.1996 - X ZR 72/94, MDR 1997, 965 = GRUR 1997, 116 - Prospekthalter). In dem betreffenden Fall hatte das Berufungsgericht angenommen, eine Erschöpfung des Klagepatents sei nicht eingetreten, weil die von dem Lizenznehmer des Patentinhabers befugt angebotenen und vertriebenen Prospekthalter zwar die Möglichkeit einer Reduzierung des Aufnahmeraums durch Zwischenstücke (Einsätze) böten, derartige einem Unteranspruch des Klagepatents entsprechende Ergänzungen von ihm aber nicht geliefert worden seien. Der Senat hat diese Erwägung mit der Begründung verworfen, dass das Berufungsgericht den Schutzumfang des Klagepatents verkannt habe. Gegenstand des betreffenden Unteranspruchs sei nicht die bereits mit einem Einsatz versehene Halterung, sondern eine Halterung, die die Möglichkeit biete, sie mit Einsätzen so zu ergänzen, dass eine Art Zwischenboden entstehe und so die Möglichkeit eröffnet werde, auch Prospektmaterial kleineren Formats einzubringen. Damit beziehe sich der Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung des Halters selbst, d.h. dessen Eignung, mithilfe eines Zwischenstücks verändert zu werden. Erschöpfung war danach nicht deshalb eingetreten, weil der Lizenznehmer einen Teil des geschützten Gegenstandes, sondern weil er den geschützten Gegenstand insgesamt in den Verkehr gebracht hatte.

â) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass die Klägerin der Herstellung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses durch Verbindung ihres Unter-Putz-Gehäuses mit der Messkapsel der Beklagten zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung muss allerdings nicht ausdrücklich erteilt werden, sondern kann auch stillschweigend erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.1979 - KZR 14/78, MDR 1980, 121 = GRUR 1980, 38 [39] - Fullplastverfahren). Allein der Umstand, dass die Klägerin auf den zu ihren Gunsten bestehenden Patentschutz nicht ausdrücklich hinweist, genügt hierfür jedoch ebenso wenig wie die vom Berufungsgericht angeführte Erwartung des Verkehrs, sich beim Einbau von Unter- oder auch Auf-Putz-Anschlussgehäusen wegen der erheblichen Folgekosten für den Einbau und Austausch von Messkapseln die Möglichkeit zu einem Produkt- oder Anbieterwechsel offen halten zu können. Mag diese Erwartung auch im Allgemeinen bestehen und berechtigt sein, so ist sie doch dann unbegründet, wenn ein solcher Wechsel wegen des an einem bestimmten Flügelradzähler bestehenden Patentschutzes gerade nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers möglich ist. Ob er eine solche Zustimmung erteilt, steht dem Patentinhaber frei; diese Befugnis macht den wesentlichen Inhalt seines Ausschließlichkeitsrechts aus. Dies schließt es zwar nicht aus, bei der Beurteilung, wie Erklärungen und Verhalten des Patentinhabers von denjenigen, an die sie sich wenden, redlicherweise zu verstehen sind, die Verkehrsvorstellungen zu berücksichtigen, macht jedoch die Feststellung einer jedenfalls konkludent erklärten Zustimmung nicht entbehrlich.

b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält aber auch für diejenigen Fälle revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, in denen die Abnehmer von der Klägerin komplette Flügelradzähler erworben haben und bei einem notwendigen Austausch der Messeinheit die Messeinheit der Klägerin durch die angegriffene Messkapsel der Beklagten ersetzen.

In diesen Fällen handelt es sich bei den Abnehmern zwar um Personen, die ein mit Zustimmung der Patentinhaberin in den Verkehr gebrachtes erfindungsgemäßes Erzeugnis erworben haben, hinsichtlich dessen das Patentrecht erschöpft ist und zu dessen bestimmungsgemäßem Gebrauch sie berechtigt sind, mit der weiteren Folge, dass die Abnehmer insoweit auch i.S.d. § 10 PatG zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind. Mit dem Austausch der Messkapseln überschreiten die Abnehmer jedoch die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs und stellen erneut das erfindungsgemäße Gesamterzeugnis her; die Lieferung von Messkapseln an solche Abnehmer ist daher gleichfalls nach § 10 PatG verboten.

) Zwar gehört zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentgeschützten Erzeugnisses auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Erzeugnisses ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von der Wiederherstellung einer aufgehobenen oder beeinträchtigten Gebrauchstauglichkeit eines mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gelangten Erzeugnisses kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen (BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 129/57, GRUR 1959, 232 [234] - Förderrinne; Urt. v. 8.3.1973 - X ZR 6/70, GRUR 1973, 518 [520] - Spielautomat II; s. auch House of Lords ENPR 2000, 324 - United Wire Limited v. Screen Repair Services [Scotland] Limited).

) Für die Abgrenzung zwischen (zulässiger) Reparatur und (unzulässiger) Neuherstellung ist danach maßgeblich, ob die getroffenen Maßnahmen noch die Identität des bereits in den Verkehr gebrachten konkreten patentgeschützten Erzeugnisses wahren (Ann, FS für König, S. 17, 29 f.) oder der Schaffung eines neuen erfindungsgemäßen Erzeugnisses gleichkommen. Das kann regelmäßig nur unter Berücksichtigung der Eigenart des Gegenstands der Erfindung und unter Abwägung der einander widerstreitenden Interessen beurteilt werden.

Soweit es um die Wiederherstellung oder den Austausch einzelner Teile einer geschützten Gesamtvorrichtung ging, ist in der älteren Rechtsprechung in diesem Zusammenhang insb. berücksichtigt worden, ob es sich bei den betreffenden Teilen um erfindungsfunktionell individualisierte Teile handele. Sie genössen als Einzelelemente der geschützten Gesamtvorrichtung zwar keinen selbstständigen Patentschutz; gleichwohl komme ihnen der gleiche Schutz zu (BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 129/57, GRUR 1959, 232 [234] - Förderrinne). Dementsprechend ist bereits in der Herstellung solcher Teile ein patentverletzendes Herstellen gesehen worden (BGH BGHZ 2, 387 [391 f.] - Mülltonne). Das ist jedoch mit der Definition des Schutzgegenstandes durch den Patentanspruch unvereinbar (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 9 Rz. 68). Der Senat hat demgemäß bereits in der "Rigg"-Entscheidung ausgesprochen, dass eine unmittelbare Verletzung eines Kombinationspatents grundsätzlich nur zu bejahen sei, wenn die Verletzungsform von der Gesamtheit der Kombinationsmerkmale Gebrauch macht, und dass von diesem Grundsatz allenfalls dann eng begrenzte Ausnahmen zugelassen werden könnten, wenn die angegriffene Ausführungsform alle wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens aufweise und es zu ihrer Vollendung allenfalls noch der Hinzufügung selbstverständlicher, für den Erfindungsgedanken nebensächlicher Zutaten bedürfe. Nur dann könne es gleichgültig sein, ob der Letzte, für die erfinderische Leistung unbedeutende Akt des Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen werde (BGH v. 10.12.1981 - X ZR 70/80, BGHZ 82, 254 [256] = MDR 1982, 316 - Rigg). Maßgeblich ist daher auch für die Abgrenzung zwischen bestimmungsgemäßem Gebrauch und (Neu-)Herstellung des geschützten Gegenstandes stets die Gesamtkombination.

Andererseits bedeutet dies jedoch nicht, dass es für die Frage, wann beim Austausch von Teilen einer Vorrichtung von deren Neuherstellung gesprochen werden kann, nur auf quantitative Kriterien ankäme. Vielmehr bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 129/57, GRUR 1959, 232 [235] - Förderrinne; Benkard, Patentgesetz, 9. Aufl., § 9 Rz. 37). Dabei kann zum einen Bedeutung gewinnen, ob es sich bei den betreffenden Teilen um solche handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist (BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 129/57, GRUR 1959, 232 [234] - Förderrinne). Zum anderen kommt es aber auch darauf an, inwieweit sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln. Demgemäß liegt in dem Austausch eines Verschleißteils, das während der zu erwartenden Lebensdauer einer Maschine - ggf. mehrfach - ersetzt zu werden pflegt, regelmäßig keine Neuherstellung. Verkörpert gerade dieser Teil wesentliche Elemente des Erfindungsgedankens, kann es jedoch anders liegen (vgl. LG Düsseldorf GRUR-Int. 1989, 695 [697]). Denn wenn gerade durch den Austausch dieses Teils der technische oder wirtschaftliche Vorteil der Erfindung erneut verwirklicht wird, kann nicht gesagt werden, dass der Patentinhaber bereits durch das erstmalige Inverkehrbringen der Gesamtvorrichtung den ihm zustehenden Nutzen aus der Erfindung gezogen hätte (s. auch die von Lord Hoffmann im Fall United Wire v. Screen Repair [House of Lords ENPR 2000, 324 - United Wire Limited v. Screen Repair Services (Scotland) Limited] formulierte Frage "whether, having regard to the nature of the patented article, the defendant could be said to have made it").

) Die für diese Abwägung erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht im Streitfall bereits getroffen. Da weitere Feststellungen insoweit weder notwendig noch zu erwarten sind, kann der Senat die abschließende Würdigung selbst vornehmen (vgl. BGH v. 19.12.2000 - X ZR 150/98, BGHZ 146, 217 [224] = BGHReport 2001, 209 - Temperaturwächter). Danach ergibt sich, dass mit der Ersetzung der Messeinheit des Flügelradzählers durch eine nicht von der Patentinhaberin stammende Messkapsel der Flügelradzähler erneut i.S.d. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG hergestellt wird.

Die Messkapsel enthält mit dem Messbecher, dem darin gelagerten Flügelrad und dem Zählwerk mehrere Bestandteile der geschützten Gesamtvorrichtung (Merkmal 2). In die Kapselwand ist ein Gewinde eingeschnitten, das es erlaubt, die Kapsel entsprechend Merkmal 3 abnehmbar an dem Gehäuse anzubringen, und die Kapsel ist mit einem Dichtring versehen, so dass der Messbecher sich dichtend gegen das Gehäuse bzw. den darin angeordneten Einsatz abstützen kann (Merkmal 5). Zwar wird das Gehäuse (Merkmale 1 und 1.1) mit dem Einsatz (Merkmal 1.2), durch dessen Ausgestaltung mit einer Merkmal 4 entsprechenden Anströmfläche das der Erfindung zu Grunde liegende Problem vornehmlich gelöst werden soll, nicht ersetzt. Die Messkapsel wirkt jedoch, wie bereits ausgeführt, mit dem so ausgestalteten Gehäuse(einsatz) unmittelbar zusammen. Denn an und in der zugehörigen Messkapsel werden, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, die Vorteile der erfindungsgemäßen Lösung verwirklicht, dass eine gleichmäßige und wirbelfreie Beaufschlagung des Messbechers (d.h. des darin gelagerten Flügelrades) erzielt und die Gefahr eines Aneinanderfestbackens von Messkapsel und Gehäuse verringert wird. Zugleich wird damit die vom Klagepatent am Stand der Technik bemängelte erhöhte Lagerbelastung für das Flügelrad vermieden. Daher entsteht durch den Einsatz einer neuen Messkapsel ein neuer, diese Vorteile aufweisender Flügelradzähler; ihn in den Verkehr zu bringen, ist der Patentinhaberin und den von ihr hierzu Autorisierten vorbehalten.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Zusammensetzen von Messkapsel und Gehäuse sei eine technisch und systembedingte Ergänzung, die den Erfindungsgedanken und damit das Recht des Patentinhabers nicht berühre, vernachlässigt diesen Wirkungszusammenhang zwischen Gehäuse und Messeinheit. Daher stellt auch der vom Berufungsgericht weiter angeführte Umstand, das Klagepatent setze selbstverständlich voraus, dass die Messeinheit ausgetauscht werden könne, ebenso wenig einen ergebnisrelevanten Gesichtspunkt dar wie der nachvollziehbare Wunsch der Abnehmer der erfindungsgemäßen Flügelradzähler, bei einem notwendigen Austausch der Messeinheit auch auf andere Anbieter als die zur Benutzung des Klagepatents Berechtigten zurückgreifen zu können.

III. Eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits ist dem Senat gleichwohl nicht möglich, da das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Kombination der Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin und der Messkapseln der Beklagten in den Schutzbereich des Klagepatents fällt, und hinsichtlich der Auf-Putz-Gehäuse der Klägerin nichts dazu festgestellt hat, ob und ggf. in welchem Umfang diese von den Abnehmern mit den angegriffenen Messkapseln versehen werden. Hierzu ist der Rechtsstreit daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass für die Messkapseln der Beklagten sowohl eine patentgemäße als auch eine patentfreie Verwendung in Betracht kommt, wird es zu prüfen haben, ob dem durch ein entsprechend eingeschränktes Verbot Rechnung getragen werden kann (s. dazu Scharen, GRUR 2001, 995; OLG Düsseldorf InstGE 2, 115 [121]; LG Düsseldorf Mitt. 2000, 108).

Sollte das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz bejahen, wird es zu beachten haben, dass der Klägerin ein eigener Schadensersatzanspruch, wie er mit dem Klageantrag geltend gemacht wird, nur dann erwachsen sein kann, wenn ihr eine Dritte von der Benutzung ausschließende Berechtigung am Klagepatent zusteht, wie sie sich etwa aus einer ausschließlichen Lizenz ergibt (RG RGZ 83, 93 [95 f.] - Laufflecke; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 139 Rz. 22). Feststellungen zu einer solchen Berechtigung hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1170154

BGHZ 2005, 76

BGHR 2004, 1295

GRUR 2004, 758

LMK 2004, 212

Mitt. 2004, 358

Mitt. 2005, 227

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