Entscheidungsstichwort (Thema)

Immobilienanzeige

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Immobilienanzeige, mit der für den Verkauf eines bewohnten Hauses, das kein Neubau ist, geworben wird, ist grundsätzlich auch dann nicht irreführend, wenn nicht auf den Umstand hingewiesen wird, daß das Haus nicht sofort beziehbar ist.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Tatbestand

Die Beklagte warb in der "S. Zeitung" vom 24. Juni 1989 mit folgender Anzeige:

"Villa am K. Südhang 300 qm Wfl., 700 qm Grdst. mit altem Baumbestand, Swimmingpool, Doppelgarage, KP 1,68 Mio."

Der klagende Wettbewerbsverein hält diese Anzeige für irreführend, weil die damals noch vom Eigentümer bewohnte Villa nicht sofort, sondern erst im Sommer 1990 beziehbar gewesen sei.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für nicht sofort beziehbare Wohnimmobilien zu werben, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen, insbesondere wie folgt zu werben:

"Villa am Killesberger Südhang ... KP 1, 68 Mio. "

Die Beklagte hat einen Wettbewerbsverstoß in Abrede gestellt. Sie ist der Ansicht, ihre Anzeige sei schon deshalb nicht irreführend, weil diese über den Zeitpunkt, zu dem die Villa nach einem Erwerb hätte bezogen werden können, nichts aussage.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat die angegriffene Immobilienanzeige als irreführend angesehen. Die sofortige Beziehbarkeit nach Erwerb sei auch bei bewohnten Häusern für die Auswahlentscheidung der angesprochenen Interessenten von ausschlaggebender Bedeutung. Zumindest ein wettbewerbsrechtlich beachtlicher Teil der Interessenten erwarte, daß eine angebotene Wohnimmobilie sofort oder jedenfalls alsbald beziehbar sei, wenn - wie im Streitfall - eine Zeitungswerbung darüber keine andere Angabe enthalte.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

a)

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Immobilienanzeige der Beklagten ihrem Wortlaut nach keine falschen Angaben über die Beziehbarkeit der angebotenen Villa enthält. Es ist auch im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, daß der Werbende regelmäßig nicht gehalten ist, in einer Anzeige die Umstände einer angebotenen Leistung vollständig aufzuführen, daß aber im Verschweigen dann eine Angabe im Sinne des § 3 UWG liegen kann, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 21. 6. 1990 - I ZR 258/88, GRUR 1990, 1024, 1025 = WRP 1991, 92 - Lohnsteuerhilfeverein IV, m.w.N.). Eine solche Aufklärungspflicht kann sich aus der besonderen Bedeutung ergeben, die der verschwiegenen Tatsache aus der Sicht des Verkehrs zukommt, so daß ihre Nichterwähnung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen (vgl. BGH GRUR 1990, 1024, 1025 - Lohnsteuerhilfeverein IV, m.w.N.). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß eine solche Aufklärungspflicht hier bestanden habe, ist jedoch nicht rechtsfehlerfrei.

b)

Die Feststellungen des Berufungsgerichts darüber, welche Erwartungen die angesprochenen Interessenten hinsichtlich der Beziehbarkeit einer angebotenen Wohnimmobilie haben, wenn in der Werbung dazu nichts ausgesagt wird, können seine Entscheidung nicht tragen, weil sie nicht an dem gestellten Klageantrag orientiert sind.

Mit dem Klageantrag wird es als irreführende Werbung angegriffen, wenn für eine Wohnimmobilie, die nicht sofort beziehbar ist, geworben wird, ohne daß auf diesen Umstand hingewiesen wird. Die danach als Grundlage einer Verurteilung erforderliche Feststellung, daß ein beachtlicher Teil des Verkehrs mangels gegenteiliger Angabe in der Werbung nicht nur die alsbaldige, sondern die sofortige Beziehbarkeit der Wohnimmobilie erwartet, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, da es rechtsirrig die Erwartung einer sofortigen oder einer alsbaldigen Beziehbarkeit gleichgesetzt hat. Schon deshalb kann seine Entscheidung keinen Bestand haben.

2.

Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung bedarf es jedoch nicht. Der Senat kann selbst entscheiden, daß eine Verkehrsauffassung, wie sie der Kläger behauptet, nicht bei einem rechtlich beachtlichen Teil des Verkehrs besteht.

Eine Anzeige, in der für ein nicht sofort beziehbares Objekt geworben wird, ohne daß auf diesen Umstand hingewiesen wird, ist ihrem objektiven Inhalt nach nicht falsch, sondern allenfalls unvollständig. In einem solchen Fall ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Verurteilung aus § 3 UWG grundsätzlich ohnehin ein höherer Anteil tatsächlich Irregeführter erforderlich als in den Fällen einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben (vgl, dazu auch BGH, Urt. v. 1. 10. 1986 - I ZR 126/84, GRUR 1987, 171, 172 = WRP 1987, 242, 243 - Schlußverkaufswerbung; Urt. v. 11. 10. 1990 - I ZR 10/89, GRUR 1991, 552, 554 = WRP 1991, 163, 166 - TÜV-Prüfzeichen; Urt. v. 21. 2. 1991 - I ZR 106/89, GRUR 1992, 66, 68 = WRP 1991, 473, 475 - Königl.-Bayerische Weisse; Urt. v. 2. 5. 1991 - I ZR 258/89, GRUR 1992, 70, 72 = WRP 1991, 642, 645 - 40 % weniger Fett; Urt. v. 29. 5. 1991 - I ZR 204/89, GRUR 1991, 852, 855 - Aquavit). Dafür, daß hier ein solcher nicht nur nicht ganz unerheblicher, sondern schon deutlich über dieser Untergrenze liegender Anteil des angesprochenen Publikums in rechtlich relevanter Weise getäuscht werden könnte, spricht nichts. Die sofortige Beziehbarkeit eines Hauses, das kein Neubau ist, stellt eher die Ausnahme als die Regel dar. Es wäre daher lebensfremd anzunehmen, daß ein im Sinne der vorstehenden Ausführungen wesentlicher Teil der angesprochenen Interessenten allein aus dem Umstand, daß in einer - unvermeidlich unvollständigen - Immobilienanzeige über den Zeitpunkt der Beziehbarkeit keine Angaben gemacht werden, schließen könnte, die Immobilie sei in jedem Fall sofort beziehbar.

III.

Das Berufungsurteil war danach aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456050

BB 1993, 315

NJW 1993, 1069

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge