Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauausschreibungen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Richtet ein Mitgliedsunternehmen eines Wirtschaftsverbandes an diesen ein Schreiben, in dem angeblich unlautere Einflußnahmen eines anderen Verbandsmitglieds auf Ausschreibungen behauptet werden und eine Prüfung der Frage der weiteren Mitgliedschaft dieses (Konkurrenz-) Unternehmens im Verband angeregt wird, so spricht eine von ihm zu widerlegende Vermutung für die Absicht eines Handelns (auch) zu Wettbewerbszwecken.

b) Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG vorgesehene Anspruchsbeschränkung tritt nur ein, wenn beide dort genannten Voraussetzungen (Vertraulichkeit und berechtigtes Interesse) kumulativ erfüllt sind.

Zu den Anforderungen an die Ausschöpfung des vorgetragenen Tatsachenstoffs durch den Tatrichter.

 

Normenkette

UWG § 14 Abs. 1-2; ZPO § 286

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 1990 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien konkurrieren auf dem Gebiet der Errichtung von Stahlschornsteinanlagen. Beide gehörten zeitweilig dem Industrie-Verband St. e.V. (im folgenden: IVS) an. Nachdem es zwischen Verbandsmitgliedern im Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen zu Auseinandersetzungen gekommen war – was unter anderem auch Gegenstand einer Verbandssondersitzung im Januar 1985 war –, richtete die Beklagte unter dem 25. März 1986 ein Schreiben an den IVS, in welchem sie sich kritisch mit dem Verhalten von Mitarbeitern der Klägerin auseinandersetzte und die Frage aufwarf, „ob eine weitere Mitgliedschaft der Firma S. im IVS noch tragbar ist”. Weiter heißt es in dem Schreiben unter anderem:

„Im Frühjahr 1985 wurde die Ausschreibung eines hessischen Staatsbauamtes auf Betreiben der Fa. S. aufgehoben, wo wir sonst den Zuschlag erhalten hätten und im Herbst 1985 unternahm die Fa. S. erneut den Versuch, eine Bauleitung durch üble Nachrede dahingehend zu beeinflussen, daß uns ein Auftrag nicht erteilt werde.

In beiden Fällen wurden die Einlassungen der Fa. S. mit massiven Klagedrohungen gegen die betreffenden Bauämter unterstützt, wobei offensichtlich verbal auch der IVS ins Spiel gebracht wurde, denn in anschließenden Gesprächen, welche wir mit der Bauleitung führten, wurde nicht nur das Auftreten der Fa. S., sondern auch das Erscheinungsbild des IVS heftig kritisiert.”

Die Klägerin, die im Streit aus dem IVS ausgeschieden ist, hat die Beklagte mit dem Vortrag, die Behauptungen in dem Schreiben seien unwahr und in erheblichem Maß geschäftsschädigend, auf Unterlassung, hilfsweise auf Widerruf, in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, es habe sich lediglich um eine verbandsinterne Mitteilung gehandelt. Die Behauptungen seien sachlich zutreffend.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist vom Oberlandesgericht nach der Vernehmung zweier weiterer Zeugen zurückgewiesen worden. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1.1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe die beanstandeten Behauptungen zu Zwecken des Wettbewerbs aufgestellt. Das ergebe sich daraus, daß sie das Schreiben dem Zeugen L., dem Mitarbeiter einer Konkurrenzfirma, zugänglich gemacht habe, damit dieser es gegen die Klägerin verwenden könne. Unabhängig hiervon sei jedoch auch in der Übersendung des Schreibens an den IVS ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs zu sehen. Die in dem Schreiben enthaltenen negativen Äußerungen über das Geschäftsgebaren der Klägerin seien geeignet gewesen, deren Ansehen innerhalb des Verbandes und bei dessen Mitgliedsfirmen erheblich zu erschüttern und sie gegenüber der Konkurrenz in bedenklichem Maße bloßzustellen. Hierdurch sei die Stellung der Klägerin sowohl im Wettbewerb gegenüber den anderen Mitgliedsfirmen als auch gegenüber der Beklagten selbst maßgeblich geschwächt worden. Der Mitgliedschaft in einem Fachverband wie dem IVS komme, da die Zahl der Betriebe auf dem Gebiet der Stahlschornsteinanlagen gering sei, eine erhebliche Bedeutung zu. Der Verband sei Ansprechpartner für viele der Bauherren und Architekten und die Mitgliedschaft in ihm vermittle dem Kunden auch die Vorstellung einer gewissen Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens. Da das beanstandete Verhalten danach objektiv geeignet gewesen sei, die Wettbewerbsposition der Klägerin gegenüber ihren Konkurrenten negativ zu beeinflussen, spreche für die subjektive Wettbewerbsabsicht der Beklagten eine Vermutung. Durch das Schreiben habe die Beklagte ein Vorgehen des IVS erreichen wollen. Auch wenn die Beklagte dies in dem Bewußtsein getan habe, sie sei von der Klägerin im Wettbewerb unzulässig behindert worden, habe sie zu dem Zweck gehandelt, ihre eigene Wettbewerbsposition gegenüber derjenigen der Klägerin zu verbessern. Bei dem Schreiben habe es sich nicht um eine vertrauliche Mitteilung im Sinne von § 14 Abs. 2 UWG gehandelt. Einen entsprechenden Vermerk habe das Schreiben nicht enthalten. Die Verwendung des Schreibens sei innerhalb des Verbandes freigestellt gewesen. Damit sei für die Klägerin die Gefahr der Verbreitung der Äußerungen bei den Mitgliedsfirmen des Verbandes begründet gewesen.

2. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist zutreffend von einem Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs ausgegangen, auch wenn nur auf das Schreiben an den IVS abgestellt wird.

a) Die in dem Schreiben enthaltenen Behauptungen waren objektiv geeignet, die wettbewerbliche Situation auf dem relativ kleinen Markt der in Rede stehenden Fachbetriebe zum Nachteil der Klägerin und zugunsten der Beklagten zu beeinflussen (vgl. BGH, Urt. v. 26.01.1951 – I ZR 19/50, GRUR 1951, 283 – Möbelbezugsstoffe; Urt. v. 15.05.1959 – VI ZR 98/58, GRUR 1960, 135 = WRP 1959, 304 – Druckaufträge; Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 10/79, GRUR 1981, 658, 659 = WRP 1981, 457, 459 – Preisvergleich; Urt. v. 16.12.1982 – I ZR 163/80, GRUR 1983, 374, 375 = WRP 1983, 387, 388 – Spendenbitte). Wie von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, bezweckte sie ein Vorgehen des IVS gegen die Klägerin. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Mitgliedschaft im IVS stelle für ein Unternehmen einen wesentlichen wirtschaftlichen Wert dar, da die Mitgliedschaft aus der Sicht der potentiellen Auftraggeber eine gewisse Vertrauenswürdigkeit bewirke, rechtfertigt die Beurteilung, ein „Angriff” auf diese Mitgliedschaft sei geeignet, die Position der Klägerin im Wettbewerb negativ zu beeinflussen. Von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, daß durch die Verbreitung des Schreibens die Stellung der Klägerin innerhalb des Verbandes beeinträchtigt werden konnte. Im Falle des von der Beklagten angestrebten Ausschlusses der Klägerin wäre es dieser verwehrt gewesen, auf ihre Mitgliedschaft im Verband weiter werbend hinzuweisen. Hierdurch konnte die Wettbewerbslage der verbliebenen Mitgliedsunternehmen und somit auch die der Beklagten gestärkt werden.

b) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen auch seine Annahme, die Beklagte habe subjektiv in Wettbewerbsabsicht gehandelt, nämlich hier in der Absicht, den eigenen Wettbewerb zum Nachteil der Klägerin zu fördern (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 10/79 aa0, S. 659 f. – Preisvergleich; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., Einl. UWG Rdn. 235 f. m.w.N.). Für eine solche Absicht spricht bei kaufmännisch geführten Unternehmen und objektiv zur Wettbewerbsbeeinflussung geeignetem Verhalten eine Vermutung (st. Rspr., BGH, Urt. v. 21.09.1989 – I ZR 27/88, GRUR 1990, 463, 464 = WRP 1990, 254 – Firmenrufnummer m. Nachw.). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

Zwar macht die Revision geltend, die Beklagte habe das Schreiben an den Verband ausschließlich in dessen Interesse gerichtet; es sei ihr um die Einhaltung der Verbandsbeschlüsse gegangen. Als Vereinsmitglied sei sie nicht nur berechtigt gewesen, auf deren Einhaltung hinzuwirken, sie sei aufgrund ihrer Pflicht zur Förderung der Vereinszwecke auch verpflichtet gewesen, das Verhalten der Klägerin in geeigneter Weise – wozu auch die Nennung des Verstoßes gehört habe – zur Kenntnis zu bringen. Jedoch schließt die Annahme eines Handelns im Verbandsinteresse bei der vorliegenden Fallgestaltung – was die Revision nicht hinreichend beachtet – nicht aus, daß auch ein eigenes wettbewerbliches Interesse der Beklagten besteht. Es tritt auch nicht in ausreichendem Maß hinter das Verbandsinteresse zurück. Vielmehr stehen beide Interessen zumindest gleichwertig nebeneinander. Zutreffend ist das Berufungsgericht – entgegen der Annahme der Revision – davon ausgegangen, daß die Motivation der Beklagten in den von ihr als unzulässige Behinderung angesehenen Maßnahmen der Klägerin bei den beiden Ausschreibungen gelegen habe. Das entspricht dem eigenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz, das Schreiben vom 25. März 1986 sei die Reaktion auf das Verhalten der Klägerin vom Frühjahr und Herbst 1985 gewesen. Bei dieser Sachlage hat die Beklagte die bestehende tatsächliche Vermutung, daß ihr Vorgehen neben der Wahrung der Verbandsinteressen jedenfalls auch ihrer eigenen Stellung im Wettbewerb dienen sollte, nicht widerlegt.

c) Die Revision rügt als Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO, daß das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob sich die Beklagte auf ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung im Sinne von § 14 Abs. 2 UWG berufen könne. Hierzu enthält das Berufungsurteil allerdings keine Ausführungen. Das ist jedoch entgegen der Meinung der Revision unschädlich, da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint hat, daß es sich bei dem Schreiben vom 25. März 1986 um eine vertrauliche Mitteilung im Sinne von § 14 Abs. 2 UWG gehandelt hat. Ein Handeln im berechtigten Interesse zugunsten der Beklagten unterstellt, fehlt es jedenfalls an dem Erfordernis der Vertraulichkeit der Mitteilung, das nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kumulativ hinzutreten muß (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1956 – I ZR 34/56, GRUR 1957, 93, 95 = WRP 1957, 19, 21 – Jugendfilmverleih, unter Hinweis auf RG GRUR 1937, 237, 240; Urt. v. 08.01.1960 – I ZR 7/59, GRUR 1960, 331, 333 – Schleuderpreise). Nach den rechtsfehlerfreien und insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war das Schreiben vom 25. März 1986 ohne einen die Vertraulichkeit hervorhebenden Vermerk an den Industrieverband gerichtet. Zwar kann sich der vertrauliche Charakter einer Mitteilung auch ohne entsprechenden Vermerk oder eine Kenntlichmachung, daß das Schreiben nur für näher bezeichnete Personen bestimmt ist, aus den Umständen der Versendung bzw. der Adressierung von selbst ergeben (BGH, Urt. v. 15.05.1959 – VI ZR 98/58 aa0, S. 136 m.w.N. – Druckaufträge). Hier ist jedoch kein derartiger Anhalt dafür ersichtlich, daß es sich bei dem Schreiben um eine vertrauliche Mitteilung gehandelt hat. Vielmehr war infolge der Adressierung an den IVS selbst die Verwendung innerhalb des Verbandes freigestellt, so daß das Schreiben keine Vertraulichkeit genoß.

3. Das Berufungsgericht legt seiner weiteren Beurteilung zugrunde, die Beklagte habe den Wahrheitsbeweis im Sinne von § 14 Abs. 1 UWG für ihre Behauptungen nicht geführt, daß die Klägerin in zwei Fällen in unzulässiger Weise unter Einsatz übler Nachrede gegenüber einem Konkurrenten und unter Androhung von Pressionen Einfluß auf Ausschreibungsverfahren öffentlicher Auftraggeber genommen habe, um Mitbewerber zu schädigen und sich Vorteile zu verschaffen. Der Zeuge La. habe die Darstellung der Beklagten zu den Vorgängen bei der Ausschreibung der Leistungen bei der B.kaserne F. nicht bestätigt. Nach seiner Aussage habe er zwar mit einem Mitarbeiter der Klägerin mehrere Telefongespräche geführt, diese hätten jedoch hauptsächlich technische Details betroffen. Der Zeuge habe auch nicht bestätigt, daß die Klägerin als treibende Kraft hinter der Firma B. gestanden habe, die die Ausschreibung zu Fall gebracht habe. Es könne dahinstehen, ob der Sachvortrag der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, zwischen der Klägerin und der Firma B. bestehe eine wirtschaftliche Verflechtung, verspätet sei, denn die behauptete wirtschaftliche Verbindung lasse keine konkrete und substantiierte Feststellung dahingehend zu, die Klägerin habe gerade im betreffenden Einzelfall ein Vorgehen der Firma B. veranlaßt und gesteuert. Das weitergehende Vorbringen der Beklagten in dem nicht nachgelassenen, zwei Tage vor dem Verkündungstermin eingegangenen Schriftsatz vom 7. Juli 1990 sei verspätet und gebe keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Da die Aussage des Zeugen La. auch nicht ergeben habe, daß die Klägerin die Beklagte gegenüber der zuständigen Ausschreibungsbehörde herabgesetzt oder gerichtliche Schritte angekündigt habe, sei hinsichtlich des Vorfalls „B.kaserne F.” in allen Punkten von der Unwahrheit der im Schreiben vom 25. März 1986 aufgestellten Behauptungen auszugehen. Hieraus folge auch die Unwahrheit der weiteren beanstandeten Passagen des Schreibens, da durch das Wort „erneut” zum Ausdruck gebracht werde, daß sich die Klägerin wiederholt so verhalten habe. Dies sei aber schon deshalb unrichtig, weil der erste Vorfall nicht erweislich wahr sei. Daher könne dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Klägerin hinsichtlich der Ausschreibung „Bu.kaserne Ö.” tatsächlich versucht habe, durch herabsetzende Äußerungen gegenüber dem Finanzbauamt Bad K. die Beklagte aus dem Geschäft zu drängen.

4. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg, da das Berufungsgericht das unter Beweis gestellte tatsächliche Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschöpft hat (§ 286 ZPO).

a) Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung vorgetragen, die Klägerin, dabei vertreten durch ihren Gesellschafter-Prokuristen K., sei bei der Ausschreibung des Bauvorhabens B.kaserne die treibende Kraft gewesen, um die Ausschreibung zu Fall zu bringen, auch wenn sie sich dabei teilweise des Herrn Br. bedient habe. Neben dem durch den ersuchten Richter vernommenen Zeugen La. war hierfür auch der Zeuge Br. angeboten worden (GA II 41, 43). Dieses Beweisangebot hätte das Berufungsgericht nicht übergehen dürfen, da es der unter Beweis gestellten Tatsache entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat. Für die Berücksichtigung dieses Beweisantrags hat um so mehr Veranlassung bestanden, als die Beklagte im Termin vom 27. Juni 1990 weitere Tatsachen – nämlich solche für eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Firma B. mit der Klägerin – in das Wissen des Zeugen Br. gestellt hatte, die geeignet erscheinen, die Richtigkeit des Vortrags, „die Klägerin habe sich der Firma B. bedient”, ebenfalls indiziell mit zu stützen.

b) Zu Recht rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe die Aussage des Zeugen La. unvollständig gewürdigt (§ 286 ZPO). Der Zeuge hat zwar ersichtlich im Hinblick auf die seither verflossene Zeit nicht bestätigen können, daß von seiten der Klägerin versucht worden sei, bei Telefongesprächen Druck auszuüben, er hat das aber auch nicht ausschließen können. Der Zeuge hat jedoch ausgesagt, die Firma B. habe alles unternommen, um die Ausschreibung zu Fall zu bringen; sie habe dazu auch gerichtliche Schritte angekündigt. Er habe noch nie eine Ausschreibung erlebt, bei der die Beteiligten so mißgünstig gewesen seien. Diese Aussage des Zeugen durfte das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der unter Beweis gestellten Behauptung über das Vorschieben der Firma B. jedenfalls nicht gänzlich vernachlässigen.

c) Das Berufungsgericht hätte schließlich, wenn es – wie geboten – dem Beweisantrag entsprochen und zu diesem Zweck das Verfahren fortgesetzt hätte, auch den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 7. Juli 1990 und dessen Anlagen berücksichtigen müssen. Die Beklagte hat ihren Vortrag über das Tätigwerden der Firma B. für die Klägerin und auf deren Weisung weiter substantiiert. Sie hat eine Kopie des Schreibens (ohne Blatt 1) der Firma B. an das Staatsbauamt A. vorgelegt, in dem sich diese gegen die Vergabe des Auftrages an die Beklagte wandte, unter anderem mit der Behauptung, das Angebot könne nur auf einer beabsichtigten nicht ordnungsgemäßen Arbeit von seiten der Beklagten beruhen (Blatt 6 vorletzter Absatz des Schreibens); die angebotene Leistung entspreche nicht dem Stande der Technik (Blatt 7 Mitte). Das Schreiben gleicht in Aufbau und Formulierung weitgehend dem Schreiben der Klägerin vom 13. September 1985 an das Finanzbauamt Bad K. (Anlage I). Weiter hat die Beklagte Unterlagen vorgelegt, auf denen Herr Br., ein angeblich selbständiger Unternehmer, als weisungsgebundener Mitarbeiter der Klägerin erscheint.

II. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Soweit es im Verlaufe des Verfahrens noch von Bedeutung sein sollte, ob die Beklagte dem Zeugen L. eine Abschrift des Schreibens vom 25. März 1986 zugesandt bzw. ob das von dem Zeugen bei seiner Vernehmung geschilderte Telefonat mit dem Geschäftsführer der Beklagten stattgefunden hat, wird das Berufungsgericht sich mit dem Vorbringen der Beklagten zur Glaubwürdigkeit des Zeugen, insbesondere zu der behaupteten „Verflechtung” der Klägerin mit der Firma L., zu befassen haben und in Erwägung ziehen müssen, ob eine erneute Einvernahme (vor dem Prozeßgericht) erforderlich erscheint.

 

Unterschriften

Teplitzky, Mees, v. Ungern-Sternberg, Ullmann, Starck

 

Fundstellen

Haufe-Index 609439

BB 1992, 2248

GRUR 1992, 860

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