Leitsatz (amtlich)

Zur Unzulässigkeit einer Rechtsbeschwerde, die sich abstrakt gegen das gesetzgeberische Konzept der Restschuldbefreiung wendet.

 

Normenkette

ZPO § 574; InsO § 286 ff.

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 06.01.2003; Aktenzeichen 3 T 579/02)

AG Kassel

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Kassel v. 6.1.2003 wird auf Kosten des Gläubigers als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Der Schuldner hat neben anderen Verbindlichkeiten Steuerschulden. Mit Schriftsatz v. 8.9.2000 beantragte er, das Verbraucherinsolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen und ihm Restschuldbefreiung zu erteilen. Durch Beschluss v. 1.2.2001 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Schlusstermin v. 16.7.2002 beantragte der Gläubiger - das Land H. , die Restschuldbefreiung zu versagen. Das AG hat diesen Antrag mit Beschluss v. 6.8.2002 zurückgewiesen und die Restschuldbefreiung angekündigt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Gläubiger mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er nicht die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Beschlusses angreift, sondern die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Möglichkeit der Restschuldbefreiung geltend macht, die vom LG habe erkannt werden müssen.

II.

Das Rechtsmittel ist statthaft, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 7, 289 Abs. 2 S. 1 InsO. Es ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

1. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Vorschriften über die Restschuldbefreiung verfassungswidrig seien. Durch die Restschuldbefreiung werde bewirkt, dass Gläubiger Forderungen gegen Schuldner verlören, selbst wenn sie sich am Verfahren nicht hätten beteiligen können.

2. Ebenso wie das Gericht in dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Vorlageverfahren an das BVerfG will auch der Rechtsbeschwerdeführer ohne konkreten Bezug auf die angegriffene Entscheidung ein von ihm für verfassungswidrig erachtetes gesetzgeberisches Konzept insgesamt auf seine Vereinbarkeit mit der Verfassung überprüfen lassen. Dies genügt nicht den Anforderungen, die das Gesetz (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) an die Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen stellt. Im Übrigen ist das Ziel der Rechtsbeschwerde auch deshalb nicht erreichbar, weil der Senat, selbst wenn er sich der Auffassung der Rechtsbeschwerde zur Verfassungswidrigkeit der Restschuldbefreiung anschlösse, gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des BVerfG einzuholen hätte. Dieses sieht jedoch die von der Rechtsbeschwerde angestrebte Vorlage aus Anlass einer Entscheidung über die Ankündigung der Restschuldbefreiung als unzulässig an (BverfG ZInsO 2003, 176 [177]).

Dem Gläubiger steht als Land frei, die von ihm gewünschte Überprüfung der Vorschriften über die Restschuldbefreiung durch das BVerfG gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff BVerfGG herbeizuführen.

 

Fundstellen

BGHR 2004, 1444

WM 2004, 1644

DZWir 2004, 386

MDR 2004, 1250

NZI 2004, 510

VuR 2004, 342

ZVI 2004, 418

ProzRB 2004, 276

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