Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuervergütung. Berufsbetreuer. Berechnung. Wechsel. Ehrenamtlicher Betreuer. Betreuungsmonate. Kalendermonate

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berechnung der einem Berufsbetreuer bei einem Wechsel zu einem ehrenamtlichen Betreuer gem. § 5 Abs. 5 VBVG zu vergütenden Monate erfolgt nach Betreuungsmonaten und nicht nach Kalendermonaten.

 

Normenkette

BGB § 1908i Abs. 1, § 1836; VBVG § 5 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 11.09.2012; Aktenzeichen 3 T 296/12)

AG Kiel (Entscheidung vom 30.07.2012; Aktenzeichen 2 XVII L 1143)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Kiel vom 11.9.2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 88 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beteiligte zu 2) wurde mit Beschluss des AG vom 6.10.2010 zur berufsmäßigen Betreuerin des Betroffenen bestellt. Der für sofort wirksam erklärte Beschluss wurde der Geschäftsstelle am 7.10.2010 übergeben. Mit der Beteiligten zu 2) am 5.3.2012 bekannt gegebenem Beschluss vom 29.2.2012 entließ das AG sie aus dem Amt und bestellte die Tochter des Betroffenen, die Beteiligte zu 1), zur ehrenamtlichen Betreuerin.

Rz. 2

Die Beteiligte zu 2) beantragte die Festsetzung ihrer Vergütung aus dem Vermögen des Betroffenen für die Zeit vom 8.1.2012 bis zum 30.4.2012i.H.v. insgesamt 418 EUR.

Rz. 3

Das AG hat eine Vergütung lediglich für den Zeitraum vom 8.1.2012 bis zum 7.4.2012 bewilligt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen wendet sie sich mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Rz. 5

1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beteiligten zu 2) stehe gem. § 5 Abs. 5 VBVG lediglich eine Vergütung bis zum 7.4.2012 und nicht wie von ihr beantragt bis zum 30.4.2012 zu. Der Monatsbegriff des § 5 Abs. 5 VBVG sei im betreuungsrechtlichen und nicht im kalendermäßigen Sinn zu verstehen. Dies ergebe sich aus der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Rz. 6

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.

Rz. 7

a) Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass sich die Berechnung der gem. § 5 Abs. 5 VBVG zu vergütenden Monate bei einem Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer nach Betreuungsmonaten und nicht nach Kalendermonaten richtet (ebenso LG Göttingen Beschl. v. 6.1.2011 - 5 T 142/10 - juris Rz. 14 ff.; Jurgeleit/Maier Betreuungsrecht 2. Aufl., § 5 VBVG Rz. 47; Deinert/Lütgens Die Vergütung des Betreuers 6. Aufl. Rz. 1028; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl., § 5 VBVG Rz. 14; Fröschle in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 5 VBVG Rz. 43; Knittel Betreuungsgesetz Stand 1.6.2010 § 5 VBVG Rz. 80; a.A. OLG Frankfurt FamRZ 2008, 1562; OLG Hamm FamRZ 2008, 92 jeweils ohne Begründung). Das folgt aus dem Wortlaut, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm.

Rz. 8

aa) Nach § 5 Abs. 5 VBVG sind bei einem Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer dem beruflichen Betreuer der Monat, in den der Wechsel fällt und der Folgemonat mit dem vollen Zeitaufwand nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG zu vergüten. Der nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG dem Berufsbetreuer zu vergütende Zeitaufwand wird ab dem Beginn der Betreuung monatsweise berechnet (vgl. BGH v. 25.5.2011 - XII ZB 440/10, FamRZ 2011, 1220 Rz. 12). Für die Berechnung der Monate gelten § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB entsprechend (§ 5 Abs. 4 Satz 1 VBVG). Maßgebendes Ereignis für den Beginn der Betreuung und damit des Abrechnungsmonats ist das Wirksamwerden des Beschlusses über die Bestellung des Betreuers gem. § 287 FamFG. Danach beginnt der Lauf der Monatsfrist an dem Tag nach dem Wirksamwerden des Beschlusses (§ 187 Abs. 1 BGB). Das Ende des Abrechnungsmonats fällt gem. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB auf den Tag des folgenden Monats, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, an dem der Beschluss wirksam geworden ist.

Rz. 9

bb) Dafür, dass § 5 Abs. 5 VBVG abweichend von dem in §§ 5 Abs. 1, 2, und 4 VBVG definierten Begriff des zu vergütenden Monats nicht von dem Betreuungsmonat, sondern von dem Kalendermonat ausgeht, gibt es keine Anhaltspunkte.

Rz. 10

Mit § 5 Abs. 5 VBVG sollte für den Fall des Wechsels von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer eine Ausnahme von der Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG geschaffen werden, nach der u.a. bei einem Wechsel des Betreuers vor Ablauf des vollen Abrechnungsmonats der Stundenansatz nur zeitanteilig nach Tagen bis zur Beendigung der Betreuung zu berechnen ist (BT-Drucks. 15/2494, 34). Mit der Sonderregelung in § 5 Abs. 5 VBVG wollte der Gesetzgeber die gewünschte Subsidiarität der berufsmäßigen Betreuung fördern. Durch die Vergütung der vollen Monatspauschale für den laufenden Abrechnungsmonat, in den der Wechsel fällt, und den Folgemonat anstelle der taggenau mit dem Ende der Betreuung endenden Vergütung soll dem berufsmäßigen Betreuer einerseits ein Anreiz zur Abgabe der Betreuung an einen ehrenamtlichen Betreuer geboten werden. Andererseits soll ein durch die Abgabe möglicherweise nötig werdender Mehraufwand mit abgegolten werden (BT-Drucks. 15/4874, 32).

Rz. 11

b) Da der Beschluss über die Bestellung der Beteiligten zu 2) zur Berufsbetreuerin gem. § 287 Abs. 2 Nr. 2 FamFG mit dem Tag nach seiner Übergabe an die Geschäftsstelle, somit am 8.10.2010, wirksam geworden ist, endete die Monatsfrist jeweils am 7. Tag der Folgemonate. Nachdem die Betreuung mit Bekanntgabe des Aufhebungsbeschlusses am 5.3.2012 endete, kann die Beteiligte zu 2) gem. § 5 Abs. 5 VBVG lediglich die ihr vom Beschwerdegericht bis zum 7.4.2012 zuerkannte Vergütung verlangen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3666636

DB 2013, 8

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