Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzanspruch des Vermieters nach Beendigung des Mietverhältnisses: Schadensersatz statt der Leistung

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1 S. 1, § 281 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 23.11.2020; Aktenzeichen 13 S 123/19)

AG Wesel (Urteil vom 11.11.2019; Aktenzeichen 27 C 27/18)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Ferner beabsichtigt der Senat, die Beschwerde der Klägerin gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Klägerin war Erbbauberechtigte eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in S.. Mit Mietvertrag vom 3. Februar 2016 vermietete sie das Haus an die Beklagten. Nach den mietvertraglichen Vereinbarungen waren die Beklagten auch zur Pflege des Gartens verpflichtet.

Rz. 2

Obwohl die Klägerin den Beklagten lediglich gestattet hatte, zwei Hunde in dem Mietobjekt zu halten, hielten diese während der Mietzeit mindestens neunzehn Hunde. Nach Kündigung durch die Beklagten endete das Mietverhältnis zum 15. Dezember 2017. In dem von der Klägerin und der Beklagten zu 1 unterzeichneten "Wohnungs-Abnahmeprotokoll" wurden zahlreiche "Mängel" vermerkt. Ein Beauftragter der Klägerin wies die Beklagten darauf hin, dass die "Mängel" innerhalb einer Woche zu beseitigen seien.

Rz. 3

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. Dezember 2017 forderte die Klägerin die Beklagten unter Fristsetzung auf, die aus dem Protokoll ersichtlichen "Mängel" zu beseitigen. Sie ließ sodann eine Ozonbehandlung wegen Uringeruchs in dem Haus zum Preis von 1.166,20 € brutto durchführen. Ferner holte sie zwei Kostenvoranschläge ein, wonach sich die Kosten für die "Instandsetzung der Gartenanlage" auf 7.225 € netto und für "Sanierungsarbeiten im Haus" auf 25.489,54 € netto belaufen sollten. Im Jahr 2018 veräußerte sie das Erbbaurecht an dem Hausgrundstück zum Preis von 181.000 € an Dritte, ohne das Haus und den Garten weiter instandsetzen zu lassen.

Rz. 4

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner zunächst auf Zahlung der in den Kostenvoranschlägen ausgewiesenen Beträge, der Kosten für die Ozonbehandlung sowie von Kosten für die Erstellung eines Abnahmeprotokolls in Höhe von 174,04 €, insgesamt 33.880,74 €, nebst Zinsen abzüglich der von den Beklagten geleisteten Kaution in Höhe von 1.680 € in Anspruch genommen. Ferner hat sie den Ersatz vorprozessualer Kosten nebst Zinsen verlangt.

Rz. 5

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie noch - ausgehend von den anhand der Kostenvoranschläge bemessenen Instandsetzungs- und Sanierungskosten unter Berücksichtigung eines Abzugs "Neu für Alt" sowie den Protokollierungskosten - die Zahlung eines Betrags in Höhe von 31.807,88 € nebst Zinsen geltend gemacht hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen seien nicht gemäß §§ 249 ff. BGB erstattungsfähig, soweit der Haftungsgrund nicht in einer Beschädigung der Mietsache zu erblicken sei. Im Übrigen sei der geltend gemachte Schaden nicht substantiiert dargelegt worden.

Rz. 6

Mit der vom Berufungsgericht beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der nicht auf eine Beschädigung der Mietsache zurückzuführenden Instandsetzungs- und Sanierungskosten in Höhe von 11.337,84 € weiter. Ferner erstrebt sie im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde eine Zulassung der Revision hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen Beschädigung der Mietsache in Höhe von 20.295,90 €.

II.

Rz. 7

1. Das Berufungsgericht hat - wovon auch die Revision zu Recht ausgeht - die Revision nur beschränkt auf die nicht aus einer Beschädigung der Mietsache resultierenden Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem streitgegenständlichen Mietvertrag zugelassen, wie sich eindeutig aus der vom Berufungsgericht für die Zulassung angegebenen Begründung ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Mai 2020 - VIII ZR 222/18, NJW 2020, 3258 Rn. 9; vom 16. November 2021 - VIII ZR 15/20, juris Rn. 8; vom 30. November 2021 - VIII ZR 81/20 unter II 1, zur Veröffentlichung vorgesehen). Denn das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision zur Klärung der Frage für erforderlich erachtet, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung von fiktivem Schadensersatz im Mietrecht auf der Grundlage der §§ 280, 281 BGB möglich ist. Diese Frage betrifft jedoch allein die vorgenannten Schadensersatzansprüche, wobei angesichts der vorliegenden Umstände eine Beschränkung auf die Schadenshöhe nicht in Betracht kommt. Diese Beschränkung ist auch wirksam, da das Berufungsgericht die Revision - wie hier - allein hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zulassen kann, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 21. August 2018 - VIII ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 16; vom 16. November 2021 - VIII ZR 15/20, aaO; vom 30. November 2021 - VIII ZR 81/20, aaO; jeweils mwN).

Rz. 8

2. Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, liegt ein Zulassungsgrund nicht (mehr) vor. Denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist einer der weiteren in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Revisionszulassungsgründe gegeben. Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage nach der fiktiven Bemessung des Schadens bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280, 281 BGB im Mietrecht ist bereits geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung im Mietrecht auch mit den für die Instandsetzung oder -haltung oder für den Rückbau der Mietsache erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Kosten bemessen werden (vgl. BGH, Urteile vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; vom 12. März 2014 - XII ZR 108/13, NZM 2014, 306 Rn. 31; vom 8. Januar 2014 - XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 26; vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 378/03, NZM 2005, 58 unter II 2 [zu § 326 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung]).

Rz. 9

Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 22. Februar 2018 (VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1) einer Bemessung des Schadens anhand von fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB eine Absage erteilt hat, hat er klargestellt, dass die Ablehnung einer solchen Bemessung allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts, insbesondere dem Vorschussanspruch des Bestellers gemäß § 637 Abs. 3 BGB, beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 19 ff.). Auf andere Vertragstypen sind diese Erwägungen nicht übertragbar (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 21; Beschluss vom 25. Januar 2022 - VIII ZR 337/20 unter III 1, zur Veröffentlichung vorgesehen) und sollen es nach Ansicht des VII. Zivilsenats auch nicht sein (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 78).

Rz. 10

Zwar gibt es anders als im Kaufrecht (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 2021 - VIII ZR 187/20, NJW 2022, 686 Rn. 95; vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, aaO Rn. 11; Beschlüsse vom 16. November 2021 - VIII ZR 15/20, juris Rn. 14; vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 42) im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Vorschuss für die (beabsichtigte) Selbstvornahme. Denn nach der Rechtsprechung des Senats besteht unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB im laufenden Mietverhältnis ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mietmängeln (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 14 ff.) und kann auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten verlangen, wenn der Mieter sich mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen im Verzug befindet (Senatsurteil vom 15. März 2006 - VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 12 mwN). Solche Ansprüche stehen hier aber nicht in Rede, weil die Klägerin Schadensersatzansprüche aus dem beendeten Mietverhältnis geltend macht (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, aaO). Aus diesen Gründen ist auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs nach § 132 Abs. 2 GVG nicht veranlasst, weil die Entscheidung des erkennenden Senats nicht im Sinne dieser Vorschrift von den Entscheidungen des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2018 (VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) und vom 8. Oktober 2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) abweicht.

Rz. 11

3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO). Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflichten zur Gartenpflege und zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach § 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem streitgegenständlichen Mietvertrag in Höhe von 11.337,84 € entgegen der Ansicht der Revision nicht zu.

Rz. 12

a) Zwar scheitert die Klageforderung, anders als das Berufungsgericht meint, nicht bereits daran, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Schaden fiktiv berechnet hat, obwohl sie ihr Erbbaurecht an dem Hausgrundstück vor der Wiederherstellung des schadensfreien Zustands veräußert hat. Denn auch der Umstand, dass der Geschädigte das Eigentum - oder im vorliegenden Fall das Erbbaurecht - an dem Grundstück veräußert, schließt eine solche Bemessung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nicht aus (vgl. BGH, Urteile vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, WM 2016, 1748 Rn. 19 ff.; vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31 [jeweils zu § 437 Nr. 3 BGB iVm §§ 280, 281 BGB]).

Rz. 13

aa) Ein Anspruch auf Ersatz der fiktiven Kosten scheidet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall nicht schon deshalb aus, weil die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands (subjektiv) unmöglich im Sinne von § 275 BGB geworden und damit die "wesentliche Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nach § 249 Abs. 1, § 250 Satz 1 BGB" entfallen sei, so dass an die Stelle des Wiederherstellungs- beziehungsweise Geldersatzanspruchs ein Kompensationsanspruch nach § 251 BGB trete, der nach dem anhand des Mindererlöses zu bemessenden Wertinteresse des Vermieters bestimmt werde.

Rz. 14

(1) Denn es handelt sich bei den mit der Revision verfolgten Schadensersatzansprüchen bereits nicht um Ansprüche nach § 249 BGB. Im Gegensatz zu einem Schadensersatzanspruch neben der Leistung kommt bei einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung - wie im vorliegenden Fall - eine Naturalrestitution nicht in Betracht, weil die Erfüllung der vertraglichen Leistung gemäß § 281 Abs. 4 BGB gerade nicht mehr verlangt werden kann. Dieser Anspruch ist deshalb von Anfang an nur auf Geld gerichtet (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rn. 26; vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, aaO Rn. 21).

Rz. 15

(2) Auch die an die Naturalrestitution anknüpfenden Bestimmungen der §§ 250, 251 BGB sind nicht beziehungsweise nicht unmittelbar anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 271/20, juris Rn. 39; Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 15). Aus diesen Gründen ist auch die von dem Berufungsgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogene Entscheidung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 1981 (V ZR 147/80, BGHZ 81, 385, 391 [zu § 249 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung]), wonach bei Veräußerung der beschädigten Sache der Geschädigte an Stelle des zur Herstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB lediglich eine Kompensation seines Schadens gemäß § 251 Abs. 1 BGB verlangen kann, nicht einschlägig.

Rz. 16

bb) Das Interesse, nach dem sich die Höhe des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung richtet, ist auch nicht unabhängig von der Nichtanwendbarkeit der §§ 249 ff. BGB im Falle einer Veräußerung der Mietsache allein anhand eines bei der Veräußerung erzielten Mindererlöses zu bemessen.

Rz. 17

Der bei Nicht- oder Schlechterfüllung einer Leistungspflicht geschuldete Schadensersatz bildet das Surrogat der zur Erfüllung führenden Leistungspflicht (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rn. 21). Der Gläubiger kann daher verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, aaO Rn. 34 [zum Kaufrecht]). Dieses Leistungsinteresse kann entweder auf Erstattung des Minderwerts der Sache oder auf Erstattung der zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten gerichtet sein (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 33 [zum Kaufrecht]).

Rz. 18

Wollte man den Geschädigten lediglich auf den Minderwert verweisen, ließe man außer Acht, dass der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach dem Konzept der Schuldrechtsreform den ausgebliebenen Erfüllungserfolg und nicht nur den Minderwert der Sache ausgleichen soll; durch die Ersatzfähigkeit der hierfür erforderlichen Kosten wird unabhängig von deren Aufwendung der Vorrang des Erfüllungsanspruchs schadensrechtlich umgesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 40 [zum Kaufrecht]). Dies liefe auch der Dispositionsfreiheit des Geschädigten zuwider (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, aaO Rn. 44 [zum Kaufrecht]; siehe auch BGH, Urteil vom 14. Januar 1986 - VI ZR 48/85, BGHZ 97, 14, 17 [zu Sachschäden]), der - wie bereits ausgeführt - nach Beendigung eines Mietverhältnisses nicht vor den mit einer Vorleistung verbundenen Gefahren durch einen Vorschussanspruch, wie ihn die Vorschrift des § 637 Abs. 3 BGB für das Werkvertragsrecht vorsieht, geschützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2021 - XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; Riehm, NZM 2019, 273, 276).

Rz. 19

Der von dem Berufungsgericht angeführten Gefahr einer Überkompensation wird zum einen dadurch begegnet, dass der Geschädigte nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf. Zum anderen ist zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 42; vom 10. Dezember 2014 - VIII ZR 9/14, NJW-RR 2015, 457 Rn. 28).

Rz. 20

cc) Schließlich führt auch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Vergleich der kaufrechtlichen Interessenlage mit der mietrechtlichen nicht zu einer anderen Bewertung. Denn im Kaufrecht ist - was das Berufungsgericht übersieht - eine Bemessung des Schadens statt der Leistung anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten auch in den Fällen möglich, in denen die Sache veräußert wird, ohne dass die Mängel beseitigt worden sind und der Schadensersatzanspruch an die Käufer abgetreten worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, WM 2016, 1748 Rn. 19; vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31).

Rz. 21

b) Es fehlt jedoch - worauf die Revisionserwiderung zu Recht verweist - an einer wirksamen Fristsetzung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann der Senat selbst beurteilen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

Rz. 22

aa) Der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht erbrachter Leistung (§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) setzt voraus, dass der Vermieter den Mieter zur Leistungserbringung auffordert, ihm eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt und diese Frist verstreicht, ohne dass der Mieter seine Verpflichtung erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2014 - XII ZR 76/13, BGHZ 200, 133 Rn. 25). Der Gläubiger muss dabei in seinem mit Fristsetzung verbundenen Verlangen auf Erbringung der geschuldeten Leistung diese Leistung eindeutig bezeichnen (vgl. Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 163/05, NJW 2006, 2116 unter III 4; siehe auch Senatsurteil vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 47).

Rz. 23

bb) Ausgehend hiervon hat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 eine wirksame Frist zur Leistung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gesetzt. Die Beklagten sind nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich aufgefordert worden, die aus dem "Wohnungs-Abnahmeprotokoll" ersichtlichen "Mängel" zu beseitigen. Dem Schreiben ist nicht zu entnehmen, welche Leistungen die Beklagten tatsächlich bezüglich der zahlreichen "Mängel" im Einzelnen erbringen sollten. Auch aus dem dem genannten Schreiben beigefügten Abnahmeprotokoll geht dies - jedenfalls hinsichtlich der von der Klägerin mit dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung geltend gemachten Positionen - nicht hervor. Anhaltspunkte dafür, dass eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich gewesen sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Rz. 24

4. Die von der Klägerin ebenfalls eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil weder die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Rz. 25

5. Angesichts des von der Klägerin vor dem Berufungsgericht lediglich noch verfolgten Antrags auf Zahlung von 31.807,88 € nebst Zinsen und der von ihr im Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren angekündigten Anträge, "nach den Schlussanträgen der Klägerin in der Berufungsinstanz zu erkennen", geht der Senat davon aus, dass die Klägerin mit der von ihr eingelegten Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde lediglich diesen Zahlungsanspruch in dem von ihr bezifferten Umfang weiterverfolgen möchte. Der Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Kosten nebst Zinsen war nicht (mehr) Gegenstand des Berufungsverfahrens, so dass eine Aufhebung des Berufungsurteils, soweit "die Klage auf Erstattung außergerichtlicher Kosten zuzüglich Zinsen abgelehnt wurde", entgegen der Annahme der Klägerin nicht in Betracht kommt.

III.

Rz. 26

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Fetzer     

Dr. Bünger     

Kosziol

Dr. Matussek     

Dr. Reichelt     

Hinweis: Das Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist durch Rücknahme erledigt worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15407331

NJW-RR 2022, 1307

NZM 2022, 957

ZMR 2023, 3

WuM 2022, 610

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge