Entscheidungsstichwort (Thema)

Substantiierter Vortrag erforderlich für Zulässigkeit. Voraussetzungen der Rechtsbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Ebenso wenig wie bei der Darlegung von Zulassungsgründen (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) genügt es dem Darlegungserfordernis nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, wenn die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO durch eingestreute Klammerzusätze wie etwa "(Art. 3 Abs. 1 GG)" oder durch schlagwortartige Formulierungen geltend gemacht werden; der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulässigkeitsvoraussetzung nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen.

 

Normenkette

ZPO § 575 Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 24.08.2009; Aktenzeichen 6 S 192/09)

AG Leverkusen (Entscheidung vom 05.05.2009; Aktenzeichen 23 C 88/08)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Köln vom 24.8.2009 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 600 EUR.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Das AG hat die Beklagten dazu verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Gartenparzelle einen Grill in der Weise zu betreiben, dass Rauch und/oder Geruchsimmissionen in die Räumlichkeiten der Kläger eindringen. Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 9.7.2009 hat das LG den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 600 EUR festgesetzt und auf die Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen. In dem in Bezug genommenen Streitwertbeschluss heißt es, dieser Wert sei angemessen. Mit weiterem Beschluss vom 24.8.2009 hat das LG die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 2

Die gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Rz. 3

1. Allerdings ist es richtig, dass Beschlüsse, die mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben und die Anträge der Beteiligten erkennen lassen müssen. Dies muss jedenfalls soweit geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht, das grundsätzlich von dem durch das Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt auszugehen hat, zu einer rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses in der Lage ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 7.5.2009 - V ZB 180/08, JurBüro 2009, 442 f. m.w.N.; BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670, 1671; Beschl. v. 20.6.2006 - VI ZB 75/05, NJW 2006, 2910). Die in der Tat sehr dürftige Sachdarstellung hindert eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde vorliegend nur deshalb nicht, weil sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit den Erwägungen des Berufungsgerichts entnehmen lässt. Das gilt auch für das von den Beklagten verfolgte Rechtsschutzziel der Klageabweisung. Es ist zwar richtig, dass sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht ergibt, dass die Beklagten von dem AG auch zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt worden sind. Dabei handelt es sich jedoch - was die Rechtsbeschwerde auch selbst einräumt - um eine Nebenforderung, der für die Frage, ob die Berufungssumme erreicht ist, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Bedeutung zukommen kann (§ 4 Abs. 1 ZPO).

Rz. 4

2. Soweit die Beklagten eine Verletzung ihrer Prozessgrundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG rügen, scheitert die Rechtsbeschwerde schon daran, dass dem Darlegungserfordernis des § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht genügt wird.

Rz. 5

a) Darlegen bedeutet soviel wie erläutern, erklären oder näher auf etwas eingehen. Für den insoweit inhaltsgleichen § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entspricht es der Rechtsprechung des BGH, dass hierzu die bloße Behauptung eines Zulassungsgrundes - etwa durch eingestreute Klammerzusätze wie "(Art. 3 Abs. 1 GG)" oder schlagwortartige Formulierungen - nicht genügt. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund nicht nur benennen, sondern darüber hinaus zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen (vgl. nur BGH BGHZ 152, 182, 185; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 544 Rz. 10a; jeweils m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.6.2008 - V ZR 187/07, juris; Beschl. v. 19.3.2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 zu § 321a ZPO m.w.N.). Für die Darlegung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die inhaltlich den Zulassungsgründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechen, gilt nichts anderes (Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 575 Rz. 18; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.3.2009 - IX ZB 192/07, NJW-RR 2009, 1292).

Rz. 6

b) Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerde nicht.

Rz. 7

aa) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot liegt vor, wenn die angegriffene Erwägung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. nur BGH BGHZ 154, 288, 300; Beschl. v. 23.10.2009 - V ZR 105/09. NJW-RR 2010, 274, 275). Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind, führt die Rechtsbeschwerde nicht aus. Insbesondere macht sie nicht plausibel, dass die Festsetzung der Berufungssumme (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) auf einen Wert von 600 EUR schlechthin unvertretbar ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts mögen vor dem Hintergrund, dass der Streitwert in erster Instanz mit 2.000 EUR bemessen worden ist, mit Begründungsdefiziten behaftet sein. Das schließt es indessen nicht aus, dass die Wertbemessung des Berufungsgerichts von willkürfreien Erwägungen getragen ist. Die Rechtsbeschwerde verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, auf dessen Grundlage sich der Schluss aufdrängt, die angefochtene Entscheidung beruhe auf sachfremden Erwägungen.

Rz. 8

bb) Die geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ist ebenfalls nicht dargelegt. Das aus den genannten Verfassungsbestimmungen folgende Prozessgrundrecht auf Gewährung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Zugang zu den Rechtsmittelinstanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. etwa BGH BGHZ 151, 221, 227; Wenzel in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 543 Rz. 25; jeweils m.w.N.). Dass die Bemessung des Gegenstandes der Beschwer durch das Berufungsgericht eine mit diesen Vorgaben unvereinbare Hürde darstellt, arbeitet die Beschwerde ebenfalls nicht heraus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2327470

NJW 2010, 10

EBE/BGH 2010

FamRZ 2010, 890

NJW-RR 2010, 784

JZ 2010, 347

MDR 2010, 830

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge