Leitsatz (amtlich)

Bei einem Haftbefehl gem. § 802g Abs. 1 ZPO handelt es sich um ein Zwangsmittel i.S.v. § 570 Abs. 1 ZPO. Der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde (§ 575 Abs. 5 ZPO) gegen einen Haftbefehl kommt damit aufschiebende Wirkung zu.

 

Normenkette

ZPO § 570 Abs. 1, § 575 Abs. 5, § 802g Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 03.05.2021; Aktenzeichen 13 T 3/21)

AG Kiel (Beschluss vom 12.09.2019; Aktenzeichen 21 M 1672/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.01.2022; Aktenzeichen I ZB 30/21)

 

Tenor

Der Antrag des Schuldners, die Vollziehung des Beschlusses der 13. Zivilkammer des LG Kiel vom 3.5.2021 auszusetzten, wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

Rz. 1

I. Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Kostenrechnung. Am 12.9.2019 erließ das AG gegen den Schuldner den verfahrensgegenständlichen Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO. Der Schuldner sei in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmten Termin am 15.5.2018 vor der zuständigen Gerichtsvollzieherin ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen. Der Beschluss des AG ist dem Schuldner am 14.1.2021 ausgehändigt worden. Auf seine sofortige Beschwerde vom selben Tag hat das LG den Beschluss des AG aufgehoben und dahingehend neu gefasst, dass das Datum des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft statt auf den 15.5.2018 auf den 5.9.2019 lautet. Dagegen richtet sich die von der Einzelrichterin in den Gründen des Beschlusses zugelassene Rechtsbeschwerde des Schuldners. Ferner beantragt er, die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen.

Rz. 2

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Eine Vollstreckung des angegriffenen Haftbefehls ist während des anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen.

Rz. 3

Gemäß § 570 Abs. 1 ZPO kommt der sofortigen Beschwerde aufschiebende Wirkung zu, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat; die Vorschrift gilt nach § 575 Abs. 5 ZPO im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend. Bei dem mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Haftbefehl gem. § 802g Abs. 1 ZPO, mit dem die Erteilung der Vermögensauskunft erzwungen werden soll, handelt es sich um ein Zwangsmittel i.S.v. § 570 Abs. 1 ZPO (vgl. BVerfG NJW 2018, 531 Rz. 22). Nach ihrem ausdrücklich weiten Wortlaut schließt die Vorschrift auch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ein (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2011 - I ZB 20/11 GRUR 2012, 427 Rz. 8 bis 10 - Aufschiebende Wirkung; Beschl. v. 16.5.2012 - I ZB 52/11, juris Rz. 6; vgl. auch Heßler in Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 570 Rz. 2).

Rz. 4

Eines zusätzlichen Aussetzungsbeschlusses bedarf es somit nicht. Es besteht deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren zur Herbeiführung eines Aussetzungsbeschlusses gem. §§ 570 Abs. 3, 575 Abs. 5 ZPO.

 

Fundstellen

NJW 2021, 10

NJW 2021, 3536

NJW-RR 2021, 1000

GRUR 2021, 1556

JurBüro 2021, 498

WM 2021, 1379

ZAP 2021, 790

DGVZ 2021, 194

JZ 2021, 512

MDR 2021, 1027

FoVo 2021, 179

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