Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vorläufiger Insolvenzverwalter. Bei Zustimmungspflichtigkeit von Schuldnerverfügungen kein genereller Zuschlag

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Insolvenzgericht angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, rechtfertigt dies bei der gesonderten Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters keinen generellen Zuschlag von 10 % auf den Ausgangssatz von 25 % der Vergütung des endgültigen Verwalters (Ergänzung zu BGH, Beschl. v. 24.6.2003 - IX ZB 453/02, z.V.b.).

 

Normenkette

InsVV § 11; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 19.12.2002)

AG Oldenburg (Oldenburg)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Oldenburg v. 19.12.2002 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.676,70 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde durch Beschluss des Insolvenzgerichts v. 5.12.2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO bestellt. Der Schuldner betrieb eine Arztpraxis mit 14 Mitarbeitern. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.2.2002 eröffnet.

Der Antragsteller hat beantragt, seine Vergütung i. H. v. 9.948,45 Euro festzusetzen; dies entspricht 35 % der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters. Das Insolvenzgericht hat die Vergütung auf 7.271,75 Euro festgesetzt und ist dabei von einem Bruchteil von 25 % der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters ausgegangen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

II.

Die gem. § 574 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO i. V. m. § 7 InsO statthafte sowie gem. § 574 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Vorinstanzen haben auf ihre ständige Praxis verwiesen, wonach für den vorläufigen Verwalter eine Nettovergütung i. H. v. 25 % der Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt werde. Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde darauf aufmerksam, dass für den vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt sowohl in der Rechtsprechung (OLG Dresden v. 26.6.2002 - 13 W 0144/02, ZIP 2002, 1365 [1366]; LG Wiesbaden InVo 2000, 165; AG Potsdam DZWIR 2001, 259) als auch im Schrifttum (Nowak in MünchKomm/InsO, § 11 InsVV Rz. 12; Eickmann, Vergütungsrecht, 2. Aufl., § 11 Rz. 14) generell eine Erhöhung auf 35 % befürwortet werde.

2. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Eine feste Regelvergütung für eine bestimmte abstrakte Form der vorläufigen Verwaltung gibt es nicht.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV soll die - gesondert festzusetzende - Vergütung der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters i. d. R. einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht überschreiten. Nach Satz 3 sind Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit bei der Festsetzung zu berücksichtigen. Damit sind die Vergütungsregeln für den Insolvenzverwalter im Rahmen der §§ 10, 11 Abs. 1 InsVV nicht schematisch, sondern in einer den Besonderheiten angepassten Weise auf den vorläufigen Insolvenzverwalter zu übertragen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.2000 - IX ZB 105/00, BGHReport 2001, 263 = MDR 2001, 592 = ZIP 2001, 296 [300]; v. 4.7.2002 - IX ZB 31/02, BGHReport 2002, 1064 = MDR 2002, 1216 = ZIP 2002, 1459 [1460]). Der Senat hat es zwar im Ausgangspunkt für angemessen gehalten, dem vorläufigen Insolvenzverwalter 25 % der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters zuzubilligen (BGH, Beschl. v. 24.6.2003 - IX ZB 453/02, z.V.b.). Er hat es aber abgelehnt, Zuschläge entsprechend der mit der Bestellung verliehenen typisierten Rechtsmacht vorzunehmen, und demgemäß einen Regelsatz von 50 % der Vergütung des endgültigen Verwalters als Vergütung für den "starken" vorläufigen Verwalter verworfen (BGH, Beschl. v. 24.6.2003 - IX ZB 453/02, z.V.b.). Auch für die Höhe der Vergütung des "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt ist entscheidend die konkrete Art und Weise, wie der vorläufige Verwalter von seinen Befugnissen Gebrauch gemacht hat. Das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit muss im Einzelfall gewürdigt und zu dem Grundsatz einer leistungsangemessenen Vergütung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1, § 63 InsO) in Beziehung gesetzt werden (BGH v. 4.7.2002 - IX ZB 31/02, BGHReport 2002, 1064 = MDR 2002, 1216 = ZIP 2002, 1459 [1460]; ebenso OLG Braunschweig NZI 2000, 321; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 3. Aufl., § 11 Rz. 33, 53 ff.). Je nach Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit sind, bezogen auf den Ausgangssatz von 25 %, Zu- oder Abschläge in Betracht zu ziehen.

3. Den Grundsatz einer leistungsangemessenen Vergütung hat das Beschwerdegericht nicht in Frage gestellt. Es hat vielmehr die festgesetzte Vergütung für leistungsangemessen gehalten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Da der Antragsteller seinen Vergütungsantrag nicht - auch nicht hilfsweise - auf die konkret von ihm entfalteten Tätigkeiten gestützt hat, sondern 35 % als "Regelvergütung" hat durchsetzen wollen, fehlt es an hinreichendem Vortrag dazu, wie aufwändig die vorläufige Verwaltung im vorliegenden Fall war. Der Antragsteller hat lediglich geltend gemacht, sein Arbeits- und Verwaltungsaufwand sei - auch gemessen an dem, was ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt üblicherweise leiste - überdurchschnittlich hoch gewesen. Es sei ein Betrieb mit 14 Mitarbeitern über einen Zeitraum von fünf Monaten fortgeführt worden, so dass das Insolvenzverfahren habe eröffnet werden können. Im Eröffnungsstatus seien Aktiva i. H. v. 147.500 Euro festgestellt worden. Demgegenüber hat der Schuldner eingewandt, bei der Verwaltung der Arztpraxis seien hauptsächlich die Abrechnungen der ärztlichen Leistungen mit der Privatrechnungsstelle und der kassenärztlichen Vereinigung angefallen. Diese Abrechnungen sowie die Buchhaltung hätten ausschließlich er und das bei ihm angestellte Personal vorgenommen. Der Antragsteller sei nur bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs tätig geworden. Diese Aufgabe habe er "von seinem Schreibtisch aus" erledigen können. Dem ist der Antragsteller im Wesentlichen nicht entgegengetreten.

 

Fundstellen

BB 2003, 2087

BGHR 2003, 1241

NJW-RR 2003, 1417

KTS 2004, 73

WM 2003, 1871

ZIP 2003, 1612

DZWir 2003, 475

InVo 2003, 464

MDR 2003, 1441

NZI 2003, 549

Rpfleger 2003, 608

ZInsO 2003, 748

ZVI 2003, 430

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