Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Streitwerts. Unterhaltsrechtlicher Auskunftsanspruch. Teilbeschluss. Beschwerdewert. Interesse des Rechtsmittelführers, Auskunft nicht erteilen zu müssen. Eigener Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Bemessung des Streitwertes bei dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs

 

Normenkette

FamFG § 61

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Beschluss vom 16.10.2015; Aktenzeichen 25 UF 106/15)

AG Köln (Beschluss vom 03.06.2015; Aktenzeichen 315 F 28/15)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats als Senat für Familiensachen des OLG Köln vom 16.10.2015 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Beschwerdewert: bis 600 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beteiligten streiten im Scheidungsverbund über nachehelichen Unterhalt.

Rz. 2

Das AG hat den Antragsteller mit Teilbeschluss verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen über sein Vermögen durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In- und Ausland zum 31.12.2014 sowie über sein Einkommen im Zeitraum vom 1.4.2014 bis zum 31.3.2015. Ferner hat es den Antragsteller verpflichtet, die Auskunft zu belegen durch Vorlage der abgegebenen Steuererklärungen für die Jahre 2011 bis 2014 nebst den dazugehörigen Steuerbescheiden, das Einkommen insb. durch detaillierte Gehaltsabrechnungen, das Renteneinkommen insb. durch Rentenbescheide und -abrechnungen, die Kapitaleinkünfte insb. durch Abrechnungen und Ausschüttungsbescheinigungen, das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung insb. durch spezifizierte Abrechnungen und die Anlage V zur Einkommenssteuererklärung sowie selbständige Einkünfte insb. durch vollständige Gewinnermittlungen und detaillierte Verzeichnisse über das betriebliche Anlagevermögen, steuerliche Gewinnerklärungen, Umsatzsteuererklärungen und -bescheide.

Rz. 3

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat das OLG verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 EUR nicht übersteige und das AG die Beschwerde nicht zugelassen habe. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

Rz. 4

Die gem. §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.

Rz. 5

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der auf "bis zu 600 EUR" festzusetzende Beschwerdewert erreiche den nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwerdewert nicht. Das Beschwerdegericht sei bei der Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstandes an die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung auf 1.000 EUR nicht gebunden. Maßgeblich für den Wert sei nicht der von der Antragsgegnerin voraussichtlich beabsichtigte Zahlungsantrag, sondern das Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Die vom Antragsteller aufgrund der angefochtenen Entscheidung verlangte Auskunft sei nicht dergestalt, dass sie die Hinzuziehung eines Steuerberaters, Anwalts oder Sachverständigen erfordere. Die geforderten Verzeichnisse könne der Antragsteller in seiner Freizeit selbst erstellen. Dies erfordere keinen Zeitaufwand, der zu einer 600 EUR übersteigenden Beschwer führe. Im Übrigen sei der Antragsteller zur Erstellung von Steuererklärungen, Abrechnungen o.Ä. nicht verpflichtet worden. Schließlich sei die Verpflichtung - bis auf geringe divergierende Zeiträume - identisch mit der Auskunftsverpflichtung im Parallelverfahren bezüglich Trennungs- und Kindesunterhalts.

Rz. 6

2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.

Rz. 7

a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nach dem - mit dem Auskunftsanspruch vorbereiteten - beabsichtigten Leistungsanspruch bemisst, sondern nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist dafür auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. BGH v. 27.7.2016 - XII ZB 53/16, FamRZ 2016, 1681 Rz. 6; v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 6; v. 14.2.2007 - XII ZB 150/05, FamRZ 2007, 711 Rz. 6 jeweils m.w.N.).

Rz. 8

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei der Bemessung der Beschwer eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (BGH, Beschl. v. 27.7.2016 - XII ZB 53/16, FamRZ 2016, 1681 Rz. 7 m.w.N.).

Rz. 9

b) Derartige Ermessenfehler liegen hier nicht vor.

Rz. 10

aa) Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, das Beschwerdegericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass ausweislich der vorgelegten Mitteilungen des Steuerberaters allein für die Erstellung der Steuererklärungen für 2012, 2013 und 2014 ein Honorar von jeweils ca. 1.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer anfalle, muss dies schon deshalb außer Betracht bleiben, weil der Antragsteller zu einer Erstellung von Steuererklärungen nicht verpflichtet worden ist.

Rz. 11

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann ein erhöhter Kostenaufwand auch nicht aus der Verpflichtung zur Vermögensauskunft über Darlehen, Konten und Aktiendepots hergeleitet werden. Die entsprechenden Saldenmitteilungen zum 31.12.2014 übermitteln die Banken grundsätzlich - für die jeweiligen Steuererklärungen - ohne gesonderte Kosten.

Rz. 12

cc) Soweit der Antragsteller Eigentümer bzw. Miteigentümer von sieben Immobilien ist, ist er zur Ermittlung und Angabe der Vermögenswerte nur insoweit verpflichtet, als er selbst dazu imstande ist. Eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen schuldet der Auskunftspflichtige nicht (BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - XII ZB 150/05, FamRZ 2007, 711 Rz. 7 f.; BGH BGHZ 84, 31 = FamRZ 1982, 682, 683). Die für die wertbildenden Merkmale der Immobilien erforderlichen Informationen kann der Antragsteller - bei einem Erwerb 2012 und 2013 - den ihm vorliegenden Unterlagen entnehmen.

Rz. 13

dd) Die erforderlichen Angaben und Belege über seine Mieteinkünfte, die mit den Mieteinkünften verbundenen Ausgaben, seine Kapitaleinkünfte und die Finanzierungskosten für seine Immobilien kann der Antragsteller unmittelbar seinen Unterlagen entnehmen. Warum er hierfür auf die Mitwirkung eines Steuerberaters angewiesen sein soll, erschließt sich aus dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde nicht.

Rz. 14

ee) Der eigene Zeitaufwand des auskunftspflichtigen Antragstellers kann für die hier relevante Zeit maximal mit 21 EUR pro Stunde bewertet werden (zu § 22 JVEG a.F. vgl. BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rz. 12 m.w.N.). Dass danach ein Gesamtaufwand von über 600 EUR entstünde, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Rz. 15

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht schließlich auch nicht versäumt, selbst über die Zulassung der Beschwerde zu entscheiden.

Rz. 16

Zwar ist die Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde nach § 61 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG grundsätzlich dem Gericht des ersten Rechtszugs vorbehalten. Hat indessen - wie hier - kein Beteiligter die Zulassung der Beschwerde beantragt, ist eine ausdrückliche Entscheidung entbehrlich; das Schweigen in der Entscheidung des AG bedeutet zumindest in diesem Fall Nichtzulassung (vgl. BGH v. 2.7.2014 - XII ZB 219/13, FamRZ 2014, 1445 Rz. 10 m.w.N.).

Rz. 17

Allerdings muss nach der Rechtsprechung des BGH das Berufungsgericht die Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht hierzu keine Veranlassung gesehen hat, weil es den Streitwert auf über 600 EUR festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, aber das Gericht des zweiten Rechtszugs diesen Wert nicht für erreicht hält (vgl. BGH v. 2.7.2014 - XII ZB 219/13, FamRZ 2014, 1445 Rz. 10 m.w.N.). Eine vergleichbare Konstellation liegt hier indessen nicht vor.

Rz. 18

Beim Auskunftsanspruch zur Geltendmachung von Unterhalt fallen der Streitwert und die Beschwer des zur Auskunft verpflichteten Antragstellers in aller Regel auseinander. Während der Streitwert mit einem nach §§ 112 Nr. 1, 113 FamFG, 3 ZPO zu schätzenden Teilwert des Unterhaltsanspruchs zu bemessen ist, richtet sich die Beschwer des zur Auskunft verpflichteten Antragstellers nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Daher kann aus der Streitwertfestsetzung für den Auskunftsanspruch nichts für die Bemessung der Beschwer des unterlegenen Antragstellers entnommen werden. Damit scheidet auch die Annahme der Rechtsbeschwerde aus, das AG sei aufgrund der Festsetzung des Streitwerts von 1.000 EUR davon ausgegangen, die Beschwer des zur Auskunft verpflichteten Antragstellers habe einen entsprechenden Wert, so dass die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 FamFG erfüllt seien und kein Anlass für eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde bestehe (vgl. BGH v. 2.7.2014 - XII ZB 219/13, FamRZ 2014, 1445 Rz. 12 m.w.N.). Das AG hat zudem in der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt (vgl. BGH v. 2.7.2014 - XII ZB 219/13, FamRZ 2014, 1445 Rz. 13 f.).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10090734

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