Gründe

I.

Der Senat hat auf die Revision des Angeklagten unter anderem zu prüfen, ob Strafklageverbrauch eingetreten ist. Dem liegt im wesentlichen folgendes zugrunde:

Der Angeklagte, der in Deutschland wegen Kapitalanlagebetrugs verfolgt wurde, hatte sich dazu entschlossen, aus Rache seinen Bruder G. H. und den Kriminalbeamten R. durch einen gedungenen Mörder töten zu lassen.

1. Er ist in einem früheren Verfahren wegen versuchter Anstiftung des Ra. He. zum Mord an den genannten Opfern zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Der Schuldspruch in jener Sache ist durch die Senatsentscheidung in BGHSt 42, 86 ff. rechtskräftig geworden. Der Angeklagte hatte in der Zeit zwischen dem 23. Januar und dem 3. Februar 1993 in Miami (USA) seinen "Sicherheitschef" He. dazu bestimmt, einen Täter zu beauftragen. He. hatte dies zugesagt und sich mit einem Schreiben an P. Gr. in der Schweiz gewandt, damit dieser die Morde begehe. Gr. war aber aus nicht näher festgestellten Gründen nicht im Sinne der Auftraggeber tätig geworden. Weitere Maßnahmen durch Ra. He. waren unterblieben.

2. In dem nunmehr vorliegenden Verfahren, in dem der Angeklagte wegen tateinheitlich begangener Anstiftung zum versuchten Mord in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt worden ist, geht es im wesentlichen um folgendes Tatgeschehen:

Ende Februar 1993 erkannte der Angeklagte, daß die an He. erteilten Aufträge nicht ausgeführt worden waren. Nachdem ihm auch "zur Gewißheit geworden war, daß die Aufträge nicht mehr zur Ausführung kommen würden", glaubte er, daß er zur Erreichung seiner Ziele "eine neue, völlig andere Lösung würde finden müssen". Er erteilte nunmehr seinem weiteren Firmenmitarbeiter, dem früheren Mitangeklagten Ge. , "nochmals dieselben Aufträge - erweitert nun um den Auftrag, auch ... Ru. zu töten". Später wurde der Auftrag abermals erweitert, indem auch der Zeuge S. , der den ersten Anstiftungsversuch gegenüber Ra. He. miterlebt hatte, getötet werden sollte. Ge. schaltete den früheren Mitangeklagten Hei. ein. Beide wandten sich an den früheren Mitangeklagten L. , der wiederum die früheren Mitangeklagten C. und M. als Täter vermittelte. Diese befestigten nacheinander unter Fahrzeugen am Wohnsitz von S. und R. Handgranaten, um diese Opfer zu töten. Beide Sprengfallen konnten jedoch entschärft werden. Weitere Attentate durch die Haupttäter unterblieben aus Angst vor Entdeckung.

II.

Die Revision des Angeklagten, der auch die Sachrüge erhoben hat, meint unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß ein wiederholtes Ansetzen des Angeklagten zur Anstiftung anderer Personen zur Begehung einer jedenfalls teilweise - in der Person des Tatopfers R. - identischen Tat vorgelegen habe. Der zum Schuldspruch bereits rechtskräftig abgeurteilte Anstiftungsversuch gehe insofern in der Anstiftung zum Versuch des Mordes auf. Da somit von einer Tat im Sinne des materiellen Rechts (§ 52 Abs. 1 StGB) auszugehen sei, liege notwendigerweise auch eine Tat im prozessualen Sinne vor. Diese sei jedoch bereits durch das vorangegangene Strafverfahren erfaßt.

III.

1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden, daß ein fehlgeschlagener Anstiftungsversuch gegenüber neuem Ansetzen zur Beteiligung an der Tat (oder zur Begehung der Tat) eine rechtlich selbständige Handlung im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB und damit grundsätzlich auch eine andere Tat im prozessualen Sinne darstellt. Er möchte insoweit neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgen, die zwar in einem mehraktigen Geschehen mit gleicher Angriffsrichtung auch bei Wechsel des Angriffsmittels eine tatbestandliche Handlungseinheit sieht, aber annimmt, daß ein Fehlschlag eines Versuchs eine Zäsur bildet (BGHSt 40, 75 ff.; 41, 368, 369 mit Anm. Beulke/Satzger NStZ 1996, 432 f. und mit Anm. Puppe JR 1996, 513 ff.). Mehrere Anstiftungshandlungen sind demnach verschiedene Taten im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB, wenn die vorangegangenen Handlungen infolge des Fehlschlags des Versuchs (der Beteiligung oder der Tatbegehung) eigenständiges Unrecht darstellen, das auch nicht durch späteren Rücktritt vom (weiteren) Versuch straflos bleibt.

Auf diese "neuere Rechtsprechung zum Konkurrenzverhältnis" (BGH, Beschl. vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95 [a.E.] = NStZ-RR 1997, 72 = StV 1996, 584) nehmen folgende weitere Entscheidungen Bezug: BGH, Beschl. vom 18. Februar 1997 - 1 StR 675/96 -; Beschl. vom 28. Februar 1997 - 2 StR 587/96 -; Beschl. vom 3. Januar 1997 - 3 StR 545/96 -; Beschl. vom 7. Januar 1997 - 4 StR 603/96.

Der genannte Grundsatz der Zäsurwirkung eines fehlgeschlagenen Versuchs für das Konkurrenzverhältnis gilt nach Auffassung des Senats auch im vorliegenden Fall. Der Versuch des Angeklagten, Ra. He. zu dessen weiterer Anstiftung zum Mord zu bestimmen, war (nach den Grundsätzen von BGHSt 41, 368, 369) fehlgeschlagen, da P. Gr. nicht im Sinne der Auftraggeber tätig geworden war und He. keine weiteren Maßnahmen ergriffen hatte. Von diesem Beteiligungsversuch konnte der Angeklagte nicht mehr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbefreiend zurücktreten. Sein anschließendes neues Ansetzen zur Bestimmung des früheren Mitangeklagten Ge. zu dessen weiterer Anstiftung zum Mordversuch durch andere Täter ist dann trotz teilweise identischer Angriffsrichtung auf eines der Opfer eine weitere, rechtlich selbständige Handlung im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB. Da beide Anstiftungshandlungen gegenüber verschiedenen weiteren Anstiftern zu verschiedenen Zeitpunkten Lebenssachverhalte darstellen, die getrennter Beurteilung zugänglich sind, sieht der Senat darin auch im übrigen verschiedene Taten im prozessualen Sinn.

2. Der Senat ist durch frühere Rechtsprechung des 2. und 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, sofern diese nicht überholt sein sollte, an der beabsichtigten Entscheidung gehindert.

a) Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in BGHSt 8, 38, 39 (dazu Geppert Jura 1997, 546, 552 f.) ausgeführt, die erfolglose Aufforderung eines anderen zur Mitwirkung als Mittäter bei einem Verbrechen sei gegenüber späterer Tatbegehung desselben Angeklagten mit einem anderen Mittäter subsidiär. Der Gedanke, daß ein fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zur Mittäterschaft durch die Zäsur des Fehlschlags zu eigenständig strafwürdigem Unrecht abgetrennt werde, wurde in dieser Entscheidung nicht berücksichtigt. Darin liegt im Ergebnis eine abweichende Rechtsauffassung des 2. Strafsenats zu der hier aufgeworfenen Rechtsfrage. Auch der größere Schuldumfang durch das - grundsätzlich tatmehrheitliche - Zusammentreffen eines fehlgeschlagenen Anstiftungsversuchs mit späterer eigener Tatbegehung blieb in dessen Entscheidung unberücksichtigt.

b) Der 3. Strafsenat hat in seinem Urteil vom 15. Mai 1995 - 3 StR 419/91 - (zu dem hier interessierenden Punkt in BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 3 teilweise abgedruckt, in BGHSt 38, 291 ff. insofern nicht abgedruckt) im Anschluß an die vorgenannte Entscheidung des 2. Strafsenats ausgeführt: "Eine versuchte Anstiftung ist auch dann subsidiär, wenn der Auffordernde selbst als Täter oder Mittäter das Verbrechen begeht, zu dem er einen anderen vergeblich zu bestimmen versucht hatte..." Auch dabei ist eine Zäsurwirkung des fehlgeschlagenen Beteiligungsversuchs nicht berücksichtigt worden, was der beabsichtigten Entscheidung des Senats im vorliegenden Fall entgegenstehen kann.

3. Die genannten Entscheidungen betreffen zwar das Verhältnis eines fehlgeschlagenen Anstiftungsversuchs zur Täterschaft derselben Person, doch kann die Konkurrenz zwischen einem fehlgeschlagenen Anstiftungsversuch und nachfolgender Anstiftung einer anderen Person nicht anders beurteilt werden. Für die Frage der Konkurrenz bei mehrfacher Erfüllung von Straftatbeständen gemäß den §§ 52, 53 StGB ist die Zahl der Handlungen derselben Person maßgeblich. Deshalb ist die Konkurrenzfrage nicht unterschiedlich zu behandeln, wenn der Täter in einem Falle nach fehlgeschlagenem Versuch der Anstiftung eines anderen zur Tatbegehung die Tat selbst begeht oder in einem anderen Fall nach fehlgeschlagenem Anstiftungsversuch eine andere Person anstiftet. Nicht die Art der Zurechnung einer Tat nach den §§ 25, 26, 27, 30 StGB, sondern die Einheit oder Mehrzahl der (Beteiligungs- oder Ausführungs-) Handlungen (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 1 StGB bestimmt das Konkurrenzverhältnis).

Auch der Gedanke der Subsidiarität, der in den unter III.2. genannten Entscheidungen des 2. und 3. Strafsenats genannt ist, ändert hieran nichts. Er betrifft (dort) nur das Verhältnis verschiedener Stufen der Tatbegehung (in Form des Versuchs der Beteiligung oder der eigenen Tatbegehung); nur soweit es dieselbe Person betrifft, geht der Versuch in der Vollendung auf oder der Versuch der Beteiligung im Versuch oder in der Vollendung der Tat. Soweit dagegen verschiedene Personen als Adressat eines Anstiftungsversuchs oder als Täter oder Beteiligte betroffen sind, kann der Gedanke der Subsidiarität nicht weiterhelfen. In diesen Fällen ist die Konkurrenz mehrerer Handlungen nach den §§ 52, 53 StGB zu prüfen. Dann gewinnt wiederum der Gedanke der Trennbarkeit eines fehlgeschlagenen Versuchs von neuem Ansetzen zur Begehung der Tat Bedeutung.

4. Der Senat vermag nicht selbst festzustellen, daß die unter III.2. genannten Entscheidungen des 2. und 3. Strafsenats durch die neuere Rechtsprechung zum Konkurrenzverhältnis überholt ist. Er fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 2. und 3. Strafsenat an, ob an der genannten Rechtsauffassung festgehalten wird.

Vorsorglich fragt der Senat auch bei dem 4. und 5. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegensteht. Die Entscheidungen des 5. Strafsenats in BGH StV 1983, 456 f. und BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 4 betreffen nach Meinung des Senats eine andere rechtliche Konstellation der Handlungseinheit mehrerer Anstiftungshandlungen beziehungsweise Beteiligungsversuche.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993502

NStZ 1998, 189

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