Leitsatz (amtlich)

a) Die Vergütung, die der Gläubiger einem nach § 848 Abs. 2 ZPO bestellten Sequester zu erstatten hat, ist durch das Gericht, das den Sequester bestellt hat, festzulegen.

b) Sie bestimmt sich in Anlehnung an § 26 ZwVwV (1970) bzw. § 19 ZwVwV (2003) nach dem (Zeit-) Aufwand.

 

Normenkette

ZPO § 848 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 14.04.2003; Aktenzeichen 16 T 5388/02)

AG Grimma

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Sequesters wird der Beschluss der 16. Zivilkammer des LG Leipzig v. 14.4.2003 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Vergütungsantrag wegen eines Teilbetrags von 762,70 EUR zurückgewiesen worden ist.

Die von den Gläubigern an den Sequester zu erstattende Vergütung wird auf insgesamt 1.136,80 EUR festgesetzt.

Der weiter gehende Vergütungsantrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen der Sequester zu 54 % und die Gläubiger zu 46 %.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.094,01 EUR.

 

Gründe

I.

Die Gläubiger ließen den Anspruch des Schuldners gegen die Drittschuldner H. und He. E. auf Auflassung eines Grundstücks pfänden und beantragten bei dem AG Grimma die Einsetzung eines Sequesters zur Entgegennahme des von den Drittschuldnern herauszugebenden Grundstücks und zur Annahme der Auflassung des Grundstücks als Vertreter des Schuldners. Dem entsprach das AG Grimma mit Beschluss v. 12.5.1995, in welchem es den Rechtsbeschwerdeführer als Sequester einsetzte. Am 5.7.2002 hob es die Sequesterbestellung wieder auf, weil der Auflassungsanspruch durch Rückabwicklung des Kaufvertrags zwischen dem Schuldner und den Drittschuldnern erloschen war. Der Sequester beantragte am 20.10.2000 einen Vorschuss auf seine Vergütung i.H.v. 4.827,02 DM und am 8.3.2002, den ihm bisher nicht bewilligten Vorschuss als endgültige Vergütung festzusetzen.

Das AG hat die dem Sequester von den Gläubigern zu erstattende Vergütung auf 2.468,11 EUR festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat das LG die Vergütung auf 374,10 EUR herabgesetzt. Mit der von dem LG zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Sequester die Wiederherstellung der Festsetzung durch das AG erreichen. Dem treten die Gläubiger entgegen.

II.

Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, die Vergütung des Sequesters sei nicht in Anlehnung an die Vergütung des Insolvenzverwalters, sondern in Anlehnung an die Vergütung des Zwangsverwalters festzusetzen, weil sie eher dessen als der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters entspreche. Dabei sei nicht § 26 der (bei Erlass der Entscheidung noch geltenden) Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters v. 16.2.1970 (BGBl. I, 185 - ZwVwV (1970)), sondern § 24 Abs. 4 ZwVwV (1970) heranzuziehen, weil ein Sequester nach § 848 Abs. 2 ZPO einem Zwangsverwalter vergleichbar sei, der den Besitz am Grundstück nicht erlangt, seine Tätigkeit aber schon aufgenommen habe. Auf dieser Grundlage betrage die Vergütung unter Berücksichtigung des Beschlusses des IX. Zivilsenats des BGH v. 12.9.2002 (BGH, Besch. v. 12.12.2002 - IX ZB 39/02, BGHZ 152, 18) 30 EUR jährlich. Das ergebe bei einer Bestellungsdauer von 7 Jahren und 2 Monaten einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer eine Vergütung von 374,10 EUR.

III.

Das hält einer Überprüfung nur teilweise stand.

1. Im Ergebnis zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen geht das Beschwerdegericht davon aus, dass der Gläubiger dem nach § 848 Abs. 2 ZPO bestellten Sequester eine Vergütung zu erstatten hat und dass diese Vergütung durch das Gericht, das ihn danach bestellt hat, regelmäßig in Anlehnung an die gesetzliche Vergütung des Zwangsverwalters zu bestimmen ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Sequester jedenfalls bei einer Bestellung nach § 938 Abs. 2 ZPO nicht in einem öffentlich-rechtlichen Bestellungsverhältnis zum Staat, sondern in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zum Gläubiger steht (BGH v. 9.11.2000 - III ZR 314/99, BGHZ 146, 17 [20] = MDR 2001, 330 = BGHReport 2001, 72; OLG Koblenz v. 5.2.1981 - 14 W 60/81, MDR 1981, 855; OLG München v. 31.5.1985 - 25 U 2231/83, MDR 1985, 855 = Rpfleger 1985, 409; OLG Köln v. 27.1.1986 - 17 W 534/85, MDR 1986, 768; OLG Hamburg OLGE 43, 166 [167]; Heinze in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 938 Rz. 24; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl., § 938 Rz. 22) und die Vergütung auch einvernehmlich geregelt werden kann (OLG Hamburg Rpfleger 1957, 87; KTS 1977, 176; Heinze in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 938 Rz. 24; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl., § 938 Rz. 22). Denn die gesetzlich vorgesehene Befugnis des Gerichts zur Begründung dieses Vertragsverhältnisses durch Hoheitsakt schließt wegen seiner Nähe zur Zwangsverwaltung in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 1 ZVG auch die Befugnis des Gerichts ein, im Streitfall die Vergütung des Sequesters durch Beschluss festzusetzen (OLG Celle Rpfleger 1969, 216; OLG München v. 31.5.1985 - 25 U 2231/83, MDR 1985, 855 = Rpfleger 1985, 409; OLG Köln v. 27.1.1986 - 17 W 534/85, MDR 1986, 768; OLG Frankfurt v. 1.9.1986 - 20 W 343/86, NJW-RR 1987, 63; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 848 Rz. 4; Musielak/Becker, ZPO, 4. Aufl., § 848 Rz. 2; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 848 Rz. 14; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 848 Rz. 3; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 848 Rz. 3). Das gilt erst recht für die Bestellung eines Sequesters nach § 848 Abs. 2 ZPO. Diese dient der Pfändung von Herausgabe- und Auflassungsansprüchen und ist damit - anders als die Sequestration nach § 938 Abs. 2 ZPO (BGH v. 9.11.2000 - III ZR 314/99, BGHZ 146, 17 [20] = MDR 2001, 330 = BGHReport 2001, 72) - Teil der Zwangsvollstreckung. Die Vergütung ist in entsprechender Anwendung des § 152a S. 2 ZVG nach Art, Umfang und Leistung des Sequesters zu bestimmen (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 848 Rz. 3). Dabei sind regelmäßig die für die Vergütung des Zwangsverwalters geltenden Regelungen zu Grunde zu legen (für § 848 ZPO: OLG Breslau OLGE 19, 155; LG Altona JW 1935, 2305; Musielak/Becker, ZPO, 4. Aufl., § 848 Rz. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 848 Rz. 3; für § 938 Abs. 2 ZPO: OLG Celle Rpfleger 1969, 216; OLG München v. 31.5.1985 - 25 U 2231/83, MDR 1985, 855 = Rpfleger 1985, 409; OLG Köln v. 27.1.1986 - 17 W 534/85, MDR 1986, 768).

2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Vergütung des Sequesters nicht auf der Grundlage des Verkehrswerts des an den Schuldner aufzulassenden Grundstücks der Drittschuldner ermittelt.

a) Das ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass die bei der Bemessung der Sequestervergütung zu Grunde zu legenden Vergütungssätze für Zwangsverwalter nicht auf den Wert des sequestrierten Vermögens abstellen. Denn der hier noch heranzuziehende § 25 ZwVwV (1970) erlaubt eine Erhöhung der Vergütung nach Billigkeitsgesichtspunkten, wenn die Regelvergütung nicht zu angemessenen Ergebnissen führt. Zur Ausfüllung dieser Regelung kann in Anlehnung an die Vergütungssätze für Insolvenzverwalter unter Umständen auf den Wert des an den Sequester herauszugebenden Vermögens abgestellt werden. Das gilt aber nur, wenn dem Sequester eine Aufgabe mit Pflichten und Befugnissen übertragen ist, die nach Umfang, Schwierigkeitsgrad und Dauer der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters entspricht (OLG Köln v. 27.1.1986 - 17 W 534/85, MDR 1986, 768 f.; OLG Hamburg KTS 1977, 176 [177]; LG München I Rpfleger 1969, 212), oder wenn der Sequester nach § 938 Abs. 2 ZPO bestellt ist und Vermögenswerte nicht nur entgegenzunehmen und zu verwahren, sondern auch zu verwalten hat (OLG Bamberg JurBüro 1978, 1571 [1572]; OLG München v. 31.5.1985 - 25 U 2231/83, MDR 1985, 855 = Rpfleger 1985, 409; OLG Köln v. 27.2.1997 - 18 W 36/96, MDR 1997, 690 [691] = OLGReport Köln 1997, 167; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 938 Rz. 3).

b) Einer dieser Ausnahmefälle liegt hier nicht vor. Die Bestellung des Sequesters mit Aufgaben nach § 848 Abs. 2 ZPO ist ihnen auch nicht gleichwertig. Er hat nicht die Aufgabe, das Grundstück zu verwalten oder zu verwerten. Ihm obliegt es auch nicht, den gepfändeten Auflassungsanspruch durchzusetzen. Das ist Sache des Gläubigers (Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 848 Rz. 5). Auch wenn der Schuldner diesen Anspruch selbst bei Leistung an den Sequester durchsetzen kann (RG JW 1935, 3541 [3542]), hat der Sequester den Schuldner hierbei nicht zu vertreten. Vielmehr erschöpft sich seine Aufgabe darin, die Erfüllung des Auflassungsanspruchs und die Sicherung der Gläubiger durch eine Zwangssicherungshypothek an dem Grundstück zu ermöglichen. Dafür spielt der Wert des aufzulassenden Grundstücks keine Rolle, der deshalb auch nicht als Bemessungsmaßstab herangezogen werden kann.

3. Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdegericht jedoch in seiner Ansicht, die Vergütung eines Sequesters mit den Aufgaben nach § 848 Abs. 2 ZPO bemesse sich nach § 24 Abs. 4 ZwVwV (1970) in seiner verfassungskonformen Auslegung durch den BGH (BGH v. 12.12.2002 - IX ZB 39/02, BGHZ 152, 18 [24]).

a) Die Regelvergütung des Zwangsverwalters nach § 24 ZwVwV (1970) gilt ebenso wie die Regelvergütung nach § 18 ZwVwV der Zwangsverwalterverordnung v. 19.12.2003 (BGBl. I, 2804 - ZwVwV (2003)) nur, wenn der Verwalter ein vermietetes oder verpachtetes Grundstück in Besitz zu nehmen und zu verwalten hat. Allein in einem solchen Fall kann die Vergütung von dem Miet- oder Pachtertrag des Grundstücks abhängen, so dass die Aufnahme der Tätigkeit oder die Inbesitznahme als Vorbereitung der eigentlichen Verwaltungsaufgabe zu den Mindestvergütungen führt, die in § 24 Abs. 3 und 4 ZwVwV (1970) (§ 29 ZwVwV (2003)) bestimmt sind. Ist das Grundstück hingegen nicht vermietet, soll sich die Vergütung nach § 26 ZwVwV (1970) (§ 19 ZwVwV (2003)) schon beim Zwangsverwalter nicht nach dem auch nicht verfügbaren Ertrag, sondern nach dem Aufwand (§ 26 ZwVwV (1970)) oder dem Zeitaufwand (§ 19 ZwVwV (2003)) richten. Das muss erst recht gelten, wenn die Vergütung eines Sequesters in Rede steht, der das Grundstück nicht verwalten soll (OLG Saarbrücken DGVZ 1977, 188 [190], für verwahrenden Sequester nach § 938 Abs. 2 ZPO).

b) Die Anwendung des § 24 Abs. 4 ZwVwV (1970) auf einen Sequester nach § 848 Abs. 2 ZPO würde auch zu einer unangemessen niedrigen Vergütung führen. Die Vergütung beträgt nach der Auslegung dieser Vorschrift durch den BGH 45 EUR (BGH v. 12.12.2002 - IX ZB 39/02, BGHZ 152, 18 [24]). Sie fällt im Gegensatz zu der Vergütung nach § 24 Abs. 3 ZwVwV (1970) nicht jährlich, sondern nur einmal an (BR-Drucks 842/03, 17). Eine Vergütung von 45 EUR zzgl. Mehrwertsteuer wäre hier aber nicht angemessen. Zu seinem abweichenden Ergebnis konnte das Beschwerdegericht auch nur kommen, indem es die Vergütung gem. § 25 ZwVwV (1970) erhöhte. Das aber setzt voraus, dass die Regelvergütung unangemessen niedrig ist. Damit scheidet § 24 Abs. 4 ZwVwV (1970) als Bemessungsgrundlage aus.

c) Scheidet aber die Regelvergütung des Zwangsverwalters als Maßstab aus, kann die Vergütung des Sequesters mit den Aufgaben nach § 848 Abs. 2 ZPO nur gem. § 26 ZwVwV (1970) nach dem Aufwand bestimmt werden, der dem Sequester entsteht. Diesen hat das Beschwerdegericht, von seinem Standpunkt aus konsequent, nicht festgestellt. Das kann der Senat aber nachholen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

4. Bei der Bestimmung des dem Sequester zu vergütenden Aufwands ist einerseits, was die Rechtsbeschwerde mit Recht hervorhebt, die lange Dauer der Bestellung zu berücksichtigen. Es darf andererseits, worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hinweist, nicht außer Acht gelassen werden, dass der Sequester mit den Aufgaben nach § 848 Abs. 2 ZPO auch bei langer Bestellungsdauer zu aktivem Tun erst von dem Zeitpunkt an berufen ist, in dem der Gläubiger die Voraussetzung für die Erfüllung und die Erfüllungsbereitschaft des Drittschuldners herbeigeführt hat. Vor diesem hier nicht eingetretenen Zeitpunkt hat er sich nur handlungsbereit zu halten. Die dazu erforderlichen Tätigkeiten können weitgehend Hilfskräften überlassen werden und nehmen nicht viel Zeit in Anspruch. Der Stundensatz kann auch für den Zeitraum von Mai 1995 bis Juli 2002 nicht über dem ab dem 1.1.2004 geltenden Rahmen des § 19 ZwVwV (2003) liegen. Angemessen erscheint ein Stundensatz am unteren Ende des durch § 19 ZwVwV (2003) vorgegebenen Rahmens und ein zeitlicher Einsatz von einer Stunde je Vierteljahr. Das führt zu einer Vergütung von 28x 35 EUR (= 980 EUR) zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 16 % (= 156,80 EUR), zusammen 1.136,80 EUR.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1379354

BGHR 2005, 1360

NJW-RR 2005, 1283

WM 2005, 1757

ZIP 2005, 1295

InVo 2005, 475

MDR 2005, 1251

Rpfleger 2005, 549

ZInsO 2005, 869

AGS 2005, 498

RVGreport 2005, 320

VE 2005, 193

ZVI 2005, 561

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