Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbswidrige Berufsbezeichnung eines Steuerberaters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Benutzung der Bezeichnung „Mediator § 7a BORA” verstößt ein Steuerberater gegen § 43 Abs. 2 StBerG.

2. Der Streitwertfestsetzung hat im Verfahren wegen Unterlassung der zusätzlichen Berufsbezeichnung nach Ermessen und dem wirtschaftlichen Interesse an der Unterbindung solcher geschäftlicher Handlungen und nicht mit dem Regelstreitwert zu erfolgen (hier: Gebührenstreitwert 15000 EUR).

 

Normenkette

StBerG § 43 Abs. 2; GKG § 51 Abs. 2

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 26.10.2022; Aktenzeichen I ZR 62/22)

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.02.2022; Aktenzeichen 6 U 185/20)

LG Darmstadt (Entscheidung vom 01.09.2020; Aktenzeichen 12 O 103/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.02.2023; Aktenzeichen I ZR 62/22)

 

Tenor

Die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Beschluss vom 14. Juli 2022 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Rz. 1

I. Der Senat hat mit Beschluss vom 30. Mai 2022 die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. Februar 2022 auf seine Kosten verworfen, weil die Beschwerde nicht durch einen beim Revisionsgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht worden war (§§ 544 Abs. 1, 78 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO). Mit Beschluss vom 14. Juli 2022 hat der Senat den Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf 15.000 € festgesetzt. Der Antragsteller hat dagegen durch einen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten aus der II. Instanz "Gegenvorstellung" erhoben.

Rz. 2

II. Die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss des Senats vom 14. Juli 2022 ist zwar statthaft, da der Gegenstandswert nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GKG auch von Amts wegen geändert werden kann (BGH, Beschluss vom 17. August 2017 - V ZR 277/16, NJW-RR 2017, 1471 [juris Rn. 5]). In entsprechender Anwendung der § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG, § 78 Abs. 3 ZPO bedarf es auch nicht der Mitwirkung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2021 - XI ZR 417/19, juris Rn. 2). Sie gibt aber keine Veranlassung dazu, weil der Streitwert zutreffend festgesetzt worden ist.

Rz. 3

1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Berufungsentscheidung. Wendet sich - wie hier - die beklagte Partei mit der Revision gegen die in der Vorinstanz zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer insoweit nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung. Der so zu bemessende Wert der Beschwer entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem nach dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Das Interesse des Klägers an einer Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu bewerten (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. Juni 2019 - I ZR 159/18, juris Rn. 5; Beschluss vom 27. Januar 2022 - I ZR 77/21, juris Rn. 20).

Rz. 4

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Festsetzung der vom Antragsteller mit der Revision geltend zu machenden Beschwer und des Gebührenstreitwerts auf 15.000 € nicht zu beanstanden.

Rz. 5

a) Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist im Streitfall nicht gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von einem Regelstreitwert in Höhe von 5.000 € auszugehen.

Rz. 6

Maßgeblich für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - wie sie auch im Streitfall in Rede stehen - ist die Vorschrift des § 51 Abs. 2 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Festsetzung des Streitwerts kann nicht anhand von Regelstreitwerten erfolgen, weil dies mit den Vorschriften des § 3 ZPO und des § 51 Abs. 2 GKG nicht vereinbar ist, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 - I ZR 95/14, WRP 2015, 454 [juris Rn. 2] mwN; Beschluss vom 15. September 2016 - I ZR 24/16, GRUR 2017, 212 [juris Rn. 8]).

Rz. 7

b) Die Streitwertfestsetzung des Senats entspricht auch der wirtschaftlichen Bedeutung der in Rede stehenden Klageanträge.

Rz. 8

aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers richtet sich gegen die Zurückweisung seiner Berufung gegen das Urteil des Landgerichts, durch das ihm unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt wurde, die Bezeichnung "Mediator § 7a BORA" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in seiner beruflichen Außendarstellung, im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Berufsbezeichnung "Steuerberater" zu führen.

Rz. 9

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Antragsteller als Steuerberater mit der Benutzung der Bezeichnung "Mediator § 7a BORA" gegen § 43 Abs. 2 StBerG verstoßen hat. Nach dieser Bestimmung ist dem Steuerberater die Führung weiterer Berufsbezeichnungen nur gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind. Andere Zusätze und der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft sind im beruflichen Verkehr unzulässig.

Rz. 10

bb) Sinn und Zweck der gesetzlichen Beschränkungen bei der Wahl von Berufsbezeichnungen für Steuerberater ist es, auf Gleichheit der für die wettbewerbsrechtliche Ausgangslage maßgebenden Bedingungen und insoweit auf Chancengleichheit der Wettbewerber hinzuwirken und dafür zu sorgen, dass die zur Steuerberatung befugten Personen und Vereinigungen nach ihrer Leistung und nicht nach der Firmierung ausgewählt werden. Darüber hinaus soll der Gefahr einer Irreführung des Verkehrs vorgebeugt werden, die sich daraus ergeben kann, dass eine Häufung von berufs- oder tätigkeitsbezogenen Bezeichnungen und Zusätzen zu der unzutreffenden Annahme führt, der so Firmierende sei entsprechend seinen Hinweisen zur Steuerberatung in besonderer Weise qualifiziert (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1981 - I ZR 29/79, BGHZ 79, 390 [juris Rn. 14] - Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft; Urteil vom 10. März 1988 - I ZR 217/85, BGHZ 103, 355 [juris Rn. 13] - Buchführungs-und Steuerstelle; zur Verfassungsmäßigkeit von § 43 Abs. 2 StBerG vgl. BVerfG, NJW 2010, 3705 [juris Rn. 13 bis 17]). Die im Streitfall klagende Steuerberaterkammer hat daher angesichts der großen werblichen Bedeutung der Führung von Berufsbezeichnungen im Wettbewerb um Kunden und der damit verbundenen konkreten Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen durch das Führen unzulässiger Bezeichnungen und Zusätze ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Unterbindung solcher geschäftlichen Handlungen. Dieses Interesse kommt in der Streitwertfestsetzung des Senats angemessen zum Ausdruck.

Koch     

Löffler     

Schwonke

Odörfer     

Wille     

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15568058

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