Leitsatz (amtlich)

a) Die Rechtsbeschwerde ist im Kostenansatzverfahren auch dann nicht statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (st.Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschl. v. 27.10.2011 - VII ZB 8/10, DGVZ 2012, 208).

b) Eine unstatthafte Rechtsbeschwerde kann regelmäßig in eine weitere Beschwerde umgedeutet und die Sache an das zuständige OLG abgegeben werden (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.9.2008 - I ZB 22/07, DGVZ 2008, 187).

 

Normenkette

GKG § 66 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.09.2012; Aktenzeichen 2-9 T 316/12)

AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.07.2012; Aktenzeichen 32 C 1342/06 (72))

 

Tenor

Die Sache wird zur Entscheidung über die weitere Beschwerde der Gerichtskasse Frankfurt/M. gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 17.9.2012 an das OLG Frankfurt abgegeben.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 622,24 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beklagte ist u.a. auf Zahlung von Werklohn in Anspruch genommen worden. Ihr ist für den Rechtsstreit ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden, mit dem die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden sind.

Rz. 2

Die Gerichtskasse hat die Beklagte mit Kostenrechnung vom 17.11.2011 zur Zahlung von 622,24 EUR aufgefordert. Hierbei handelt es sich um verschiedene Gerichtskosten (Gebühren, Auslagen für Zustellung, Sachverständigenvergütung). Die Kostenrechnung enthält den Hinweis, dass die Beklagte als Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG hafte.

Rz. 3

Hiergegen hat die Beklagte Erinnerung eingelegt, die das AG zurückgewiesen hat. Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht (LG) die Kostenrechnung aufgehoben und die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Gerichtskasse, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die amtsgerichtliche Entscheidung wieder herzustellen.

II.

Rz. 4

Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das statthafte Rechtsmittel ist die weitere Beschwerde zum OLG. In eine solche ist das Rechtsmittel umzudeuten und die Sache ist an das zuständige OLG abzugeben.

Rz. 5

1. Gegen die Beschwerdeentscheidung des LG über den Kostenansatz ist die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht statthaft.

Rz. 6

Nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Damit ist auch eine Rechtsbeschwerde an den BGH ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschl. v. 11.9.2008 - I ZB 22/07, DGVZ 2008, 187 Rz. 7, jeweils m.w.N. aus der Gesetzesbegründung; Beschl. v. 27.10.2011 - VII ZB 8/10, DGVZ 2012, 208 Rz. 6).

Rz. 7

Gegen eine Entscheidung über die Beschwerde nach einer Erinnerung gegen einen Kostenansatz ist nach § 66 Abs. 4 GKG (nur) die weitere Beschwerde zulässig, wenn das LG als Beschwerdegericht entschieden und es die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat. Das beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsbeschwerde zum BGH zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung nur im Kostenfestsetzungsverfahren zu ermöglichen, während er zur Klärung von Grundsatzfragen im Kostenansatzverfahren die weitere Beschwerde eingeführt und die Rechtsbeschwerde ausdrücklich ausgeschlossen hat (BGH, Beschl. v. 11.9.2008 - I ZB 22/07, a.a.O., Rz. 14 m.w.N.).

Rz. 8

2. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert daran nichts. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. BGH, Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschl. v. 27.2.2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102 m.w.N.; Beschl. v. 11.9.2008 - I ZB 22/07, a.a.O., Rz. 15; Beschl. v. 8.7.2010 - VII ZB 36/08, BauR 2010, 1791 f.).

Rz. 9

3. Die Rechtsbeschwerde ist mit Rücksicht darauf, dass gegen die Beschwerdeentscheidung des LG nicht die Rechtsbeschwerde zum BGH, sondern nur die weitere Beschwerde zum OLG statthaft ist, nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern in eine weitere Beschwerde umzudeuten. Bei Rechtsmittelerklärungen ist eine Umdeutung unter der Voraussetzung zulässig, dass es sich um vergleichbare Prozesserklärungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen (BGH, Beschl. v. 11.9.2008 - I ZB 22/07, a.a.O., Rz. 17 m.w.N.). So verhält es sich hier. Die weitere Beschwerde zielt ebenso wie die Rechtsbeschwerde auf die Änderung einer Beschwerdeentscheidung des LG durch ein übergeordnetes Gericht; die weitere Beschwerde setzt zudem wie die Rechtsbeschwerde voraus, dass das LG die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Die Sache ist danach zur Entscheidung über die weitere Beschwerde an das OLG Frankfurt abzugeben. Wegen der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3657354

EBE/BGH 2013

FamRZ 2013, 697

NJW-RR 2013, 1081

JurBüro 2013, 311

JZ 2013, 259

MDR 2013, 560

AGS 2013, 194

NJW-Spezial 2013, 252

RVGreport 2013, 245

Mitt. 2013, 371

RVG prof. 2013, 74

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