Entscheidungsstichwort (Thema)

Unstreitige Tatsachengrundlage für Versagungsgrund. Glaubhaftmachung eines Versagungsgrunds im Schlusstermin. Versagung der Restschuldbefreiung. Glaubhaftmachung eines Versagungsgrunds im Beschwerdeverfahren. Nachholen der Glaubhaftmachung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Bestreiten eines im Schlusstermin schlüssig dargelegten Versagungsgrundes kann nach Aufhebung des Termins nicht mehr nachgeholt werden.

 

Normenkette

InsO §§ 289, 290 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 08.07.2008; Aktenzeichen 7 T 7348/05)

AG Weilheim i. OB (Entscheidung vom 02.11.2005; Aktenzeichen IN 455/03)

 

Nachgehend

LG Hamburg (Beschluss vom 06.01.2011; Aktenzeichen 326 T 111/10)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des LG München II vom 8.7.2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

[1] Über das Vermögen des Schuldners wurde am 5.7.2004 ein Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Im Schlusstermin am 26.7.2005 stellte der weitere Beteiligte zu 1) den Antrag, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt habe. Er habe verschwiegen, dass ihm von seinem Arbeitgeber ein Pkw Chrysler Jeep Cherokee zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werde. Dies folge aus der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 21.3.2002. Hieraus ergebe sich ein geldwerter Vorteil von monatlich 410 EUR. Mit Schriftsatz vom 13.10.2005 hat der Schuldner bestritten, das Fahrzeug privat zu nutzen.

[2] Das AG - Insolvenzgericht - hat durch Beschluss vom 2.11.2005 den Versagungsantrag mangels ausreichender Glaubhaftmachung zurückgewiesen und dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das LG zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1) mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

[3] Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 289 Abs. 2 Satz 1, 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

[4] 1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht ausgeführt, der Antrag des weiteren Beteiligten zu 1) sei unzulässig. Dieser habe im Schlusstermin eine Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht glaubhaft gemacht. Die eidesstattliche Versicherung des Schuldners vom 21.3.2002 reiche nicht aus. Aus ihr gehe lediglich hervor, dass der Schuldner zum damaligen Zeitpunkt das Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen habe. Ob die Nutzung auf den betrieblichen Gebrauch beschränkt gewesen sei, oder auch die private Nutzung umfasst habe, ergebe sich aus der Versicherung nicht. Hinsichtlich der Dauer der Nutzung des Fahrzeugs bis zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei der Versicherung ebenfalls nichts zu entnehmen. Nachgeschobener Vortrag des weiteren Beteiligten zu 1) sei nicht zu berücksichtigen, weil die Glaubhaftmachung schon im Schlusstermin erfolgen müsse.

[5] 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

[6] a) Das Beschwerdegericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die gem. § 290 Abs. 2 InsO erforderliche Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes schon im Schlusstermin erfolgen muss und im Beschwerdeverfahren nicht nachgeschoben werden kann (BGHZ 156, 139 [142 f.]; BGH, Beschl. v. 5.4.2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597 Rz. 6; v. 23.10.2008 - IX ZB 53/08, ZInsO 2008, 1272 Rz. 9). Das Nachschieben von Versagungsgründen im Beschwerdeverfahren ist ebenfalls nicht zulässig (BGH, Beschl. v. 18.5.2006 - IX ZB 103/05, NZI 2006, 538; v. 27.7.2006 - IX ZB 234/03, zit. bei Ganter NZI 2007, Beilage zu Heft 5 S. 18 Fn. 169; v. 23.10.2008, a.a.O.).

[7] b) Das Beschwerdegericht hat jedoch nicht beachtet, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes ausnahmsweise dann nicht erforderlich ist, wenn die Tatsachen, auf die der Antragsteller seinen Antrag stützt, unstreitig sind (BGHZ 156, 139 [143]; BGH, Beschl. v. 29.9.2005 - IX ZB 178/02, ZVI 2005, 614; v. 8.1.2009 - IX ZB 80/08).

[8] c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hätten die Vorinstanzen den Versagungsantrag des weiteren Beteiligten zu 1) nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Einer Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes im Schlusstermin bedurfte es nicht, weil der Schuldner den Vortrag zur privaten Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Pkw im Schlusstermin nicht bestritten hat. In Frage gestellt hat er die private Nutzung erstmals in einem Schriftsatz vom 13.10.2005. Dieses Bestreiten hätten die Vorinstanzen nicht mehr berücksichtigen dürfen. Entsprechend dem Verbot des Nachschiebens von Versagungsgründen und der Glaubhaftmachung nach Beendigung des Schlusstermins kommt auch ein erstmaliges Bestreiten des Versagungsgrundes nach diesem Termin nicht mehr in Betracht. Der Schuldner, der im Schlusstermin nicht erscheint, oder - wie hier - den geltend gemachten Versagungsgrund nicht bestreitet, kann den Versagungsgrund später nicht mehr in Frage stellen. Andernfalls würde er den Gläubiger zu einer nachträglichen Glaubhaftmachung zwingen, die diesem jedoch nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Senats versagt ist. Die Entscheidung über die Frage, ob der Gläubiger den Versagungsantrag glaubhaft zu machen hat, kann deshalb nicht erst nach Ende des Schlusstermins fallen. Vielmehr muss schon im Schlusstermin feststehen, ob eine Glaubhaftmachung ausnahmsweise entbehrlich ist, weil der Schuldner den Versagungsgrund gar nicht bestreitet, oder ob es einer solchen bedarf.

[9] Dem Schuldner ist es auch zuzumuten, im Schlusstermin zu erscheinen und sich zu dem Antrag des Gläubigers zu erklären. Er hat den Antrag gestellt und will Befreiung von seinen restlichen Verbindlichkeiten erreichen. Die Gründe, die zur Versagung der Restschuldbefreiung führen können, sind Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung. Zu der Frage, ob er sie bestreitet und damit die Pflicht des Insolvenzgerichts zur Ermittlung von Amts wegen auslöst (BGHZ 156, 139 [142]), kann er sich sofort erklären. Eine Bedenkzeit brauchte ihm nicht eingeräumt zu werden und ist ihm auch nicht eingeräumt worden. Erscheint der Schuldner im Schlusstermin nicht und wird ihm die Restschuldbefreiung aufgrund des unstreitig gebliebenen Vortrags des Gläubigers versagt, so hat er sich dies selbst zuzuschreiben.

[10] 3. Die vorsätzliche oder grob fahrlässige Nichtangabe der Überlassung eines Fahrzeugs zur privaten Nutzung, die einen geldwerten Vorteil darstellt, ist geeignet, eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu begründen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.1.2008 - IX ZB 154/07). Bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben liegt ein Verstoß gegen die Offenbarungspflichten des Schuldners auch dann vor, wenn dieser sich nicht zum Nachteil der Gläubiger ausgewirkt hat (BGH, Beschl. v. 8.1.2009 - IX ZB 73/08). Es genügt, dass die Angaben ihrer Art nach geeignet sind, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden. Das Beschwerdegericht wird dieses sowie die subjektiven Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung festzustellen haben.

III.

[11] Der Beschluss des Beschwerdegerichts kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO).

 

Fundstellen

BGHR 2009, 533

EBE/BGH 2009

WM 2009, 619

DZWir 2009, 297

MDR 2009, 590

NZI 2009, 256

ZInsO 2009, 481

InsbürO 2009, 159

InsbürO 2009, 196

InsbürO 2010, 111

ZVI 2009, 308

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