Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Restschuldbefreiung bei grob fahrlässiger Nichtangabe eines fälligen Darlehensrückzahlungsanspruchs i.H.v. 500.000 DM im Vermögensverzeichnis des Insolvenzantrags

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt eine grobe Fahrlässigkeit i.S. der Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 Ziff. 5 bzw. Ziff. 6 InsO dar, wenn der Schuldner einen Darlehnsrückzahlungsanspruch in Höhe von EUR 500.000,–, dessen Wert der Insolvenzverwalter aktuell mit zumindest EUR 5.000,– bewertet, in seinem Vermögensverzeichnis bei Antragstellung nicht angibt und den Insolvenzverwalter davon nicht unterrichtet. Es liegt nicht im Bereich des Schuldners, für die Masse vermeintlich „uninteressante Angaben” zu unterlassen.

 

Normenkette

InsO § 290 Abs. 1 Ziff. 5, Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

AG Hamburg (Beschluss vom 11.10.2010; Aktenzeichen 67 b IN 149/04)

BGH (Beschluss vom 05.02.2009; Aktenzeichen IX ZB 185/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde vom 28.10.10 wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 11.10.10, Insolvenzgericht, Aktenz. 67b IN 149/04 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners unter Berücksichtigung der Auffassung des Beschwerdegerichtes an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Tatbestand

I)

Der Schuldner war als Steuerberater tätig und hatte seit 1992 in den neuen Bundesländern in erheblichem Umfang in Immobilien investiert. Seit 2004 läuft das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Am 18.08.2010 wurde der Schlusstermin in dem Insolvenzverfahren durchgeführt. Der Schuldner war in dem Termin ohne seinen Verfahrensbevollmächtigten anwesend. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Sie bezog sich zur Glaubhaftmachung auf den im Termin übergebenen Schriftsatz Ihres Bevollmächtigten vom 12.08.10 und die Berichte des Insolvenzverwalters v. 12.10.09, S. 3 Ziffer 3 (Bl. 269 d. Hauptakte), und v. 29.06.10, S. 2 Ziffer 2 (Bl. 302 d. Hauptakte). Dort führt der Insolvenzverwalter aus, er habe nicht durch den Schuldner sondern über das Finanzamt xxx erfahren, dass dem Schuldner ein Darlehensrückzahlungsanspruch gegen eine Firma in Sxxx (eine xxx AG) zustehe. Das Darlehen betrage 500.000 DM, sei 1998 gewährt worden und zum 30.06.09 zur Rückzahlung fällig gewesen. Vertreter der Darlehensnehmer hätten auf Nachfrage angegeben, die Firma sei zur Darlehensrückzahlung nicht in der Lage. Man könne lediglich 5.000EUR gegen Abtretung der Darlehensforderung anbieten. Hierauf habe sich der Insolvenzverwalter nicht eingelassen.

Der Schuldner nahm im Schlusstermin nicht zu dem Versagungsantrag Stellung.

Vor seiner Entscheidung über den Versagungsantrag gewährte das Gericht dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners eine Stellungnahmefrist von 3 Wochen. Der Schuldner ließ mittels Schriftsatzes ausführen, er habe für die Gewährung des Darlehens selbst ein Darlehen bei der xxx aufgenommen. Er habe gegenüber der Bank 1999 den Rangrücktritt erklären müssen (vgl. Bl. 18 f. d.A.). Die Bank habe sich danach direkt mit der Fxxx AG, die wohl inzwischen insolvent sei, in Verbindung gesetzt. Er habe die Forderung in seiner Bilanz als uneinbringlich verbucht. Er habe von der Angelegenheit nach 1999 nichts mehr gehört und diese daher bei Anfertigung seines Vermögensverzeichnisses im Jahre 2004 nicht mehr präsent gehabt. Seiner Meinung nach sei der wirtschaftliche Wert der Forderung wegen der Finanzlage der Schweriner Firma mit 0,00EUR anzusetzen. Die Nichtangabe dieser Forderung sei daher eine „lässliche Sünde” ohne jede finanzielle Auswirkung für die Gläubiger.

Der Insolvenzverwalter gab an, das Fitnessstudio werde inzwischen nicht mehr betrieben. Die Firma sei postalisch unter der bekannten Anschrift nicht mehr erreichbar. Die AG solle wohl in eine GmbH umgewandelt und der Sitz nach Rosteck verlegt werden. Dies sei im Handelsregister aber noch nicht eingetragen und verzögere sich aus unbekannten Gründen.

Die Beschwerdeführerin rügte die Einlassungen des Schuldners als verspätet. Er habe den Vortrag der Beschwerdeführerin im Schlusstermin nicht bestritten und damit zugestanden. Ein nachschiebendes Bestreiten sei unzulässig (BGH NZI 2009, 256 [BGH 05.02.2009 – IX ZB 185/08]). Im Übrigen sei die Darlehensforderung nach Auffassung des Insolvenzverwalters werthaltig und das Gericht dürfe das Unterschlagen von Angaben nicht als „lässliche Sünde” durchgehen lassen.

Mit Beschluss vom 11.10.2010, zugestellt am 18.10.2010 (Bl. 39 d.A.), hat das Insolvenzgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen und dem Schuldner Restschuldbefreiung gewährt.

Zwar sei eine Verletzung von Mitwirkungs- und Auskunftspflichten im Sinne von § 290 Abs. I Nr. 5 InsO gegeben, diese sei jedoch nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich erfolgt. Es sei nachvollziehbar und verständlich, dass der Schuldner angesichts der ...

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