Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Rubrumsberichtigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei äußerlich unvollständiger oder unrichtiger Bezeichnung ist gundsätzlich derjenige Partei, der durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden soll, wobei auch spätere Prozessvorgänge zur Auslegung, wer Partei ist, herangezogen werden können. Ist durch Auslegung des Akteninhalts sicher feststellbar, wer die wirkliche nur falsch bezeichnete Partei war, kann ausgeschlossen werden, dass die Rubrumsberichtigung zu einem Parteiwechsel führt.

 

Normenkette

ZPO § 319

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Beschluss vom 21.11.2002)

LG Berlin (Urteil vom 03.08.2001)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des KG v. 21.11.2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 13.000 Euro

 

Gründe

I.

Das LG Berlin hat mit rechtskräftigem Urt. v. 3.8.2001 die "G. Filmproduktion GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer G. und P. ", dazu verurteilt, 23.829,97 DM nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Mit Schriftsatz v. 28.6.2002 beantragte die "G. Filmproduktion GmbH", das Rubrum im genannten Urteil sowie im Kostenfestsetzungsbeschluss v. 13.9.2001 dahin zu berichtigen, dass Beklagte nicht die "G. Filmproduktion GmbH" sei, sondern die "G. G. und P. GmbH". Dem Antrag lag zugrunde, dass der Gerichtsvollzieher T. mit Schreiben v. 19.6.2002 die "G. Filmproduktion GmbH, Geschäftsführer G. , , B. " darauf hingewiesen hatte, das Passivrubrum im Urteil des LG müsse berichtigt werden.

Das LG Berlin hat mit Berichtigungsbeschluss v. 13.9.2002 die beantragte Berichtigung nach § 319 ZPO vorgenommen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat das KG mit Beschl. v. 21.11.2002 zurückgewiesen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde die Aufhebung der Berichtigungsbeschlüsse und die Zurückweisung des Antrags auf Rubrumsberichtigung.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Klägerin mit der Erwägung zurückgewiesen, eine unrichtige Parteibezeichnung könne jederzeit berichtigt werden, solange die Identität der Partei gewahrt bleibe. Bei äußerlich unvollständiger oder unrichtiger Bezeichnung sei grundsätzlich derjenige Partei, der durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden solle, wobei auch spätere Prozessvorgänge zur Auslegung, wer Partei sei, herangezogen werden könnten. Im Streitfall sei durch Auslegung des Akteninhalts sicher feststellbar, dass die "G. G. und P. GmbH" die wirkliche, nur falsch bezeichnete Beklagte war, so dass ausgeschlossen werden könne, dass die Rubrumsberichtigung zu einem Parteiwechsel führe.

Diese Auffassung hat das Beschwerdegericht auf verschiedene Umstände gestützt. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, eine im Rubrum des landgerichtlichen Urteils mit "G. Filmproduktion GmbH" bezeichnete Gesellschaft bestehe tatsächlich, sei aber erst nach der Rechtskraft des hier im Streit stehenden Urteils und nach der Genehmigung des in diesem Urteil streitgegenständlichen Vertrags mit der "G. G. und P. GmbH" gegründet worden. Hinzu komme, dass die zu den Akten gereichten Auftragsschreiben ein Logo aufwiesen, in dessen oberer Hälfte die "G. und P. GmbH" als Absender erkennbar sei und bei dem die weitere Angabe "TV und Filmproduktion" als Hinweis auf den Unternehmensgegenstand oder Ähnliches erscheine, nicht aber als Bestandteil der Firma der GmbH. Bei dieser Sachlage läge in der Berichtigung des Rubrums nur dann ein unzulässiger Parteiwechsel, wenn die so gestalteten Briefbögen indizierten, dass eine "G. Filmproduktion GmbH" zwar noch nicht in das Handelsregister eingetragen, aber zumindest schon als Vorgründungsgesellschaft bestanden habe. Für eine solche Annahme ergebe sich aus dem gesamten Akteninhalt kein Anhalt. Dass in allen Schreiben über die Eintragung ins Handelsregister eine falsche Nummer, nämlich die eines dritten Unternehmens, angegeben gewesen sei, ergebe für sich allein noch keinen Hinweis darauf, dass die "G. G. und P. GmbH" nicht die richtige Beklagte sei.

2. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde sind unbegründet.

a) Die Rechtsbeschwerde geht mit dem Beschwerdegericht davon aus, dass eine Rubrumsberichtigung im Rahmen des § 319 ZPO nur zulässig ist, wenn die Identität der Partei, im Verhältnis zu der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, gewahrt bleibt. Das entspricht allgemeiner Meinung (vgl. statt aller Musielak, ZPO, § 319 Rz. 6 m. w. N.), lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und ergibt sich schon daraus, dass nach der Rechtsprechung des BGH bei unrichtiger äußerer Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei des Rechtsstreits angesprochen wird, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (BGH, Beschl. v. 28.3.1995 - X ARZ 255/95, MDR 1995, 1163 = NJW-RR 1995, 764 m. w. N.). Denn die Bezeichnung einer Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zukommt (BGH, Urt. v. 24.11.1980 - VII ZR 208/79, NJW 1981, 1453; Urt. v. 4.6.1981 - VII ZR 174/80, WM 1981, 829; Urt. v. 26.2.1987 - VII ZR 58/86, MDR 1987, 752 = NJW 1987, 1946; Urt. v. 12.6.2002 - VIII ZR 187/01, BGHReport 2002, 1018 = NJW 2002, 3110 m. w. N.). Ist unter diesen Voraussetzungen eine offenbare Unrichtigkeit des Rubrums festzustellen, so dient die Berichtigung des Rubrums dazu, Identität der vom Rechtsstreit betroffenen Partei zweifelsfrei zu stellen.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, die vom LG von Amts wegen vorgenommene Berichtigung des Rubrums nach § 319 ZPO sei nicht zulässig gewesen, weil sie nicht der Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit gedient habe.

Eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. § 319 ZPO liegt vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und ohne weiteres erkennbar ist (BGHZ 20, 188 [192]; BGH, Beschl. v. 9.12.1992 - XII ZB 114/92, MDR 1993, 382). Von einer solchen offensichtlichen Unrichtigkeit sind das LG und das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen. Die unrichtige Bezeichnung der Beklagten ergibt sich ohne weiteres aus dem Rubrum des Urteils des LG Berlin einerseits und aus den im Tatbestand des Urteils in Bezug genommenen Schriftsätzen nebst Anlagen andererseits. Wie sich aus der Klageschrift ergibt, hat die Klägerin die Anlage K 4 vorgelegt mit der Behauptung, der zunächst von Herrn S. geschlossene Vertrag sei von der Beklagten jedenfalls durch die Erklärung Anlage K 4 genehmigt worden. Die Anlage K 4 ist eine Erklärung der "G. G. und P. GmbH" und von deren Geschäftsführer G. unterschrieben. Die Annahme einer offenkundig fehlerhaften Parteibezeichnung der Beklagten seitens der Klägerin und dem folgend im Urteil des LG Berlin lässt angesichts dieser Umstände einen Rechtsfehler nicht erkennen.

c) Daraus folgt auch, dass die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Vorinstanzen hätten mit der Berichtigung des Rubrums einen unzulässigen Parteiwechsel vorgenommen, einer Grundlage entbehrt.

Ausweislich des Berichtigungsbeschlusses des LG Berlin v. 13.9.2002 ist die korrekte Bezeichnung der Beklagten "G. G. und P. GmbH", vertreten durch den Geschäftsführer G., , B. . Das entspricht der Erklärung der Beklagten in der Anlage K 4 zur Klageschrift und der Eintragung der so bezeichneten Beklagten im Handelsregister des AG Charlottenburg. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass eine G. Filmproduktion GmbH im Zeitpunkt der Verkündung des berichtigten Urteils nicht existent gewesen sei, geht dies an den Ausführungen des Beschwerdegerichts vorbei. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass die Gründung der "G. Filmproduktion GmbH" erst nach der Genehmigung des Vertragsschlusses durch die G. G. und P. GmbH und nach der Rechtskraft des hier in Streit stehenden Urteils erfolgt sei.

3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 959685

BGHR 2003, 1168

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