Leitsatz (amtlich)

›Wird trotz Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer Partei mündlich verhandelt und darauf ein Urteil verkündet, kann der Verstoß gegen § 240 ZPO von jeder Partei durch Rechtsmitteleinlegung geltend gemacht werden.‹

 

Verfahrensgang

LG Koblenz

OLG Koblenz

 

Tatbestand

Die Klägerin, die bereits bei Klageerhebung in Liquidation war, hat gegen die Beklagte eine Forderung aufgrund von Warenlieferungen und Leistungen geltend gemacht und am 16. Oktober 1991 ein Versäumnisurteil über 84.008,56 DM zuzüglich 13 % Zinsen seit dem 21. Juli 1991 erwirkt. Der Einspruch der Beklagten ist vom Landgericht als unzulässig verworfen worden. Während des Berufungsverfahrens ist über das Vermögen der Klägerin am 11. Mai 1994 das Konkursverfahren eröffnet worden. Am 13. Mai 1994 haben die Parteien vor dem Berufungsgericht mündlich verhandelt. Das Oberlandesgericht hat am 3. Juni 1994 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Die ordnungsgemäß geladene Klägerin war im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht durch einen beim Revisionsgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten. Die Beklagte hat den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Das angefochtene Urteil war durch Versäumnisurteil aufzuheben. Die Entscheidung beruht indessen nicht auf der Säumnis der Klägerin.

Die Revision ist zulässig und begründet.

Die Eröffnung des Konkursverfahrens hatte die Unterbrechung des Verfahrens zur Folge. Das steht der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen (BGH, Urteil vom 11. Juli 1984 - VIII ZR 253/83 = WM 1984, 1170; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. November 1987 - VII ZR 208/87 = ZIP 1988, 446). Die Rechtsfolge der Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 249 ZPO kann die Gemeinschuldnerin, die insoweit selbst prozeßführungsbefugt bleibt, aber auch die Gegenpartei, wie hier die Beklagte, geltend machen. Das folgt aus § 249 Abs. 2 ZPO, der keine Differenzierung nach der Parteirolle kennt.

Wegen der Unterbrechung des Verfahrens hätte am 13. Mai 1994 weder mündlich verhandelt noch am 3. Juni 1994 ein Urteil verkündet werden dürfen; auf Kenntnis des Gerichts vom Unterbrechungsgrund kommt es nicht an (BGHZ 66, 59, 61). Obwohl die Prozeßhandlungen des Gerichts unwirksam sind (§ 249 ZPO), ist das Urteil nicht nichtig, sondern mit dem gegebenen Rechtsmittel, also der Revision, anfechtbar (BGHZ aaO.; BGHZ 43, 135, 136 und BGH, Beschluß vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 = NJW 1984, 2829 unter D I 3 und 4, beide Entscheidungen betreffen Fälle der Aussetzung des Verfahrens). Das aufgrund einer nach Konkurseröffnung über das Vermögen der Klägerin durchgeführten mündlichen Verhandlung erlassene Berufungsurteil ist zugunsten einer Partei ergangen, die nicht nach der Vorschrift des Gesetzes vertreten war. Dieser Verfahrensfehler stellt einen absoluten Revisionsgrund dar, der ohne Sachprüfung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz führt (Senatsurteil vom 11. Juli 1984 aaO. m.w.Nachw.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993344

BB 1995, 2344

NJW 1995, 2563

BGHR ZPO § 249 Abs. 2 Konkurseröffnung 1

KTS 1995, 703

WM 1995, 1607

AP Nr. 4 zu § 240 ZPO

MDR 1995, 1163

VersR 1996, 389

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