Leitsatz (amtlich)

Die Kosten für die Unterbringung eines Kindes im Kindergarten gehören auch bei einer geschiedenen berufstätigen Mutter grundsätzlich zu den Kosten des Unterhalts und der Erziehung, die durch den Kinderfreibetrag abgegolten sind. Eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG kann für diese Kosten nicht gewährt werden.

 

Normenkette

EStG 1961 § 32 Abs. 2, § 33

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige, die geschiedene Frau eines Ausländers, brachte im Streitjahr 1964 ihr Kind in einem Kindergarten unter und legte dafür 205 DM aus. Sie macht diesen Betrag als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Sie meint, der Aufenthalt im Kindergarten sei eine auswärtige Unterbringung gewesen; denn nach dem Urteil des BFH VI 175/56 U vom 25. Oktober 1957 (BFH 65, 546, BStBl III 1957, 444) sei der Begriff "auswärts" allein auf die Wohnung der Eltern zu beziehen. Ferner habe der BFH die Kosten für die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegeanstalt als außergewöhnliche Belastung angesehen; das müsse entsprechend auch für einen Kindergarten gelten. Obwohl sie schuldlos geschieden sei, zahle ihr früherer Ehemann keinen Unterhalt.

Die Klage der Steuerpflichtigen gegen den ablehnenden Bescheid des FA hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Auch die Revision ist nicht begründet.

Zu Recht hat das FG die Auslagen für den Kindergarten nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit den Arbeitseinkünften der Steuerpflichtigen behandelt. Diese Auffassung entspricht der Entscheidung des Senats VI R 208/66 vom 4. August 1967 (BFH 89, 527, BStBl III 1967, 726).

Auch eine außergewöhnliche Belastung hat das FG zu Recht verneint. Die Steuerpflichtige erhielt für das Kind den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Damit sind alle normalen Aufwendungen für den Unterhalt, die Erziehung und die Ausbildung des Kindes abgegolten (Entscheidungen des Senats VI 144/55 U vom 9. Juli 1958, BFH 67, 346, BStBl III 1958, 407; VI 332/65 vom 13. Mai 1966, BFH 86, 361, BStBl III 1966, 506). Einen vollen Ersatz der Aufwendungen für ein Kind wollen die Freibeträge des § 32 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht gewähren. Sie sind vielmehr Pauschbeträge, die "unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Gleichbehandlung den sozialen Belangen aller Steuerpflichtigen ausgleichend Rechnung tragen sollen" (Urteile des BFH VI 144/55 U, a. a. O., und VI R 236/67 vom 23. Februar 1968, BFH 91, 418). Eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG kann neben einem Kinderfreibetrag nur gewährt werden, wenn dem Steuerpflichtigen durch besondere Umstände für das Kind größere Aufwendungen erwachsen als anderen Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes, z. B. für Krankheitskosten des Kindes, insbesondere bei Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen des Kindes (Entscheidung des Senats VI 215/63 U vom 4. Dezember 1964, BFH 81, 467, BStBl III 1965, 169). Der stundenweise Aufenthalt in einem Kindergarten ist nicht mit der Unterbringung in einer Krankenanstalt zu vergleichen.

Die Steuerpflichtige meint zu Unrecht, ihr Kind sei "auswärts" untergebracht. Abgesehen davon, daß § 33a Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 EStG voraussetzt, daß das Kind zur "Berufsausbildung" auswärts untergebracht ist, kann man hier von "auswärtiger Unterbringung" nicht sprechen. Das Kind kehrt jeweils nach dem stundenweisen Aufenthalt im Kindergarten in die Wohnung der Mutter zurück und hat dort sein dauerndes Zuhause (vgl. VI 175/56 U, a. a. O.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 68005

BStBl II 1968, 434

BFHE 1968, 574

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