Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach etwa 10jähriger Tätigkeit einen kostenlosen Erholungsurlaub in seinem Erholungsheim, so kann der Wert dieser Zuwendung bei der Besteuerung zwar auf die Lohnzahlungszeiträume des Jahres der Zuwendung umgelegt werden; eine Verteilung nach § 34 Abs. 4 EStG 1953 auf mehrere Jahre ist jedoch regelmäßig nicht möglich.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 4, § 34/3; LStDV §§ 32-33

 

Tatbestand

Der Beschwerdegegner (Bg.) verbrachte vom 28. September bis 14. Oktober 1954 in einem Erholungsheim seiner Arbeitgeberin auf deren Kosten einen Erholungsurlaub. Für die Lohnsteuer wurde der Wert dieses Sachbezugs mit 64 DM angenommen. Dieser Betrag wurde gemäß Abschn. 52 Abs. 3 Ziff. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1954 auf die Lohnzahlungszeiträume des Kalenderjahres 1954 umgelegt. Dabei ergab sich eine Lohnsteuer von insgesamt 9 DM, außerdem 0,72 DM Kirchensteuer und 0,90 DM Abgabe Notopfer Berlin. Der Bg. beantragte die Erstattung dieser Beträge, da nach seiner Ansicht gemäß Abschn. 52 Abs. 3 Ziff. 2 LStR 1954 eine Verteilung der 64 DM auf 36 Lohnzahlungszeiträume vorzunehmen gewesen wäre, bei der sich dann keine Lohnsteuer für diesen Bezug ergeben hätte. Das Finanzamt lehnte die beantragte Lohnsteuer-Erstattung ab. Die Einspruchsentscheidung bestätigte die Ablehnung.

Das Finanzgericht hob auf die Berufung des Bg. beide Entscheidungen auf und erkannte die Berechtigung seines Erstattungsantrags an. Voraussetzung für die Anwendung des Abschn. 52 Abs. 3 Ziff. 2 LStR 1954 sei, daß die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sich aus einem zwingenden Grund in einem Jahr zusammengeballt habe. Das sei hinsichtlich des dem Steuerpflichtigen zugewendeten Ferienaufenthalts zu bejahen. Da die Arbeitgeberin ihren Angestellten einen solchen kostenlosen Erholungsurlaub infolge der großen Zahl ihrer Arbeitnehmer im allgemeinen erst nach 10jähriger Tätigkeit gewähren könne, sei der Urlaub nicht als zusätzliches Entgelt für die im Jahr der Urlaubsgewährung geleisteten Dienste anzusehen, sondern als nachträgliches Entgelt für die Tätigkeit während der zurückliegenden 10 oder 11 Jahre. Hierin sei ein zwingender Grund im Sinne des angeführten Abschn. 52 Abs. 3 Ziff. 2 LStR zu erblicken, der eine Verteilung des Wertes der Sachzuwendung für die Lohnsteuerberechnung auf drei Jahre rechtfertige. Diese Bestimmung sei zwar ebenso wie der ihr zugrunde liegende § 34 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 eine "Kann" - Vorschrift. Da das Finanzamt die Voraussetzungen für diese Regelung nicht als gegeben angesehen habe, habe es überhaupt keine Ermessensentscheidung im Rahmen dieser Vorschriften getroffen. Wenn das Finanzgericht nunmehr zu dem gegenteiligen Ergebnis komme, könne es auch in eigener Zuständigkeit eine Verteilung des Wertes des Sachbezugs auf drei Jahre nach § 34 Abs. 4 EStG 1953 in Verbindung mit Abschn. 52 Abs. 3 Ziff. 2 LStR 1954 vornehmen. Da sich hiernach für die streitige Zuwendung keine Lohnsteuer ergebe, sei dem Erstattungsantrag des Bg. stattzugeben.

Der Vorsteher des Finanzamts rügt mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) unrichtige Anwendung der §§ 34 Abs. 4, 38 EStG 1953. Eine Aufteilung von Einkünften sei bei der Besteuerung nach diesen Vorschriften auf drei Jahre nur in engen Grenzen möglich; denn sonst führe die Anwendung des § 34 Abs. 4 EStG 1953 zu einer weitgehenden Aufhebung des § 2 Abs. 1 EStG. Rechtsprechung und Verwaltung hätten deshalb § 34 Abs. 4 EStG immer eng ausgelegt. Seine Anwendung hänge insbesondere davon ab, ob eine "Zusammenballung" von Einkünften vorliege. Der Ausdruck "Zusammenballung" weise bereits sprachlich darauf hin, daß nur Fälle von einigem Gewicht für die Verteilung in Betracht kämen. Das Finanzgericht habe sich damit begnügt festzustellen, daß der Wortlaut des § 34 Abs. 4 EStG 1953 auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffe. Es habe aber nicht untersucht, ob Gründe vorlägen, die eine Anwendung dieser "Kann" - Vorschrift rechtfertigten. Das Finanzgericht habe sich damit in Gegensatz gestellt zu den in verschiedenen Ländern des Bundesgebiets geltenden Verwaltungsanweisungen, die es mit Recht ablehnten, den bei der Lohnsteuer anzusetzenden geldwerten Vorteil, den ein kostenloser oder verbilligter Erholungsaufenthalt darstelle, auf drei Jahre zu verteilen. Bei einem in mehrjährigen Abständen gewährten kostenlosen Aufenthalt führe die lohnsteuerliche Erfassung derartiger Sachbezüge bei der regelmäßig vorzunehmenden rechnerischen Verteilung auf die Lohnzahlungszeiträume des ganzen Jahres für die Steuerpflichtigen nur zu einer verhältnismäßig geringen steuerlichen Mehrbelastung gegenüber der Verteilung des Bezugs auf zwei oder drei Jahre. Wesentlich sei auch, daß bei der Gewährung eines kostenlosen Erholungsaufenthalts außer der langjährigen Betriebszugehörigkeit die Art der Tätigkeit, die Familienverhältnisse, der Gesundheitszustand der Arbeitnehmer usw. berücksichtigt würden. Es handle sich in erster Linie um eine Maßnahme zur Verbesserung des Betriebsklimas. Die Beziehung zu der Tätigkeit während der zurückliegenden Jahre sei erheblich lockerer als etwa bei der Nachzahlung von Gehalt, das einem Arbeitnehmer zunächst vorenthalten worden sei; sie reiche zur Annahme einer Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit in der Vergangenheit im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1953 nicht aus.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Die Gewährung eines kostenlosen Erholungsurlaubs durch den Arbeitgeber bedeutet für den Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur eine Annehmlichkeit, sondern darüber hinaus die Zuwendung eines geldwerten Vorteils, der als Arbeitslohn der Lohnsteuer unterliegt (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 103/56 U vom 5. Juli 1957, Slg. Bd. 65 S. 121, Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 279). Das Finanzamt hat den Wert des dem Bg. gewährten Erholungsurlaubs für die Lohnsteuerberechnung auf die Lohnzahlungszeiträume (ß 33 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -) des Jahres 1954 umgelegt, in dem der Bg. den Ferienfreiplatz von seiner Arbeitgeberin erhalten hat. Diese Besteuerung, die eine beachtliche Abschwächung der Progression des Lohnsteuertarifs zugunsten des Bg. zur Folge hat, ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Grundsatz der Jahresbesteuerung, der seit der Einführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs das Lohnsteuerrecht beherrscht. Die von dem Bg. angestrebte Umlegung des Werts der Sachzuwendung auf die Lohnzahlungszeiträume von drei Jahren wäre dagegen nur möglich, wenn feststände, daß der Freiplatz in dem Erholungsheim von der Arbeitgeberin als zusätzlicher Arbeitslohn für einen bestimmten Zeitraum gewährt wurde, der länger ist als zwei Jahre (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 32/56 U vom 8. März 1957, Slg. Bd. 64 S. 496, BStBl 1957 III S. 185). Das ist im vorliegendem Fall nicht anzunehmen. Der Vorsteher des Finanzamts weist in der Rb. zutreffend darauf hin, daß durch die Gewährung von Freiplätzen in einem Erholungsheim der Arbeitgeber nicht nur die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit seiner Arbeitnehmer fördern will, sondern daß derartige Zuwendungen vor allem auch den Zweck haben, das Betriebsklima zu verbessern. Sie beruhen weitgehend auf sozialen Erwägungen. Die Arbeitnehmer können sie nicht nach Ablauf einer bestimmten Zeit beanspruchen. Zuwendungen dieser Art sind zwar zusätzliche, auf dem Arbeitsverhältnis beruhende Leistungen der Arbeitgeber. Der Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitnehmer während der zurückliegenden Jahre ist aber - wie in der Rb. hervorgehoben wird - wesentlich lockerer als etwa bei Gehaltsnachzahlungen. Es fehlt bei diesen vorwiegend auf sozialen Erwägungen beruhenden Leistungen der Arbeitgeber insbesondere die Verbindung zu bestimmten Lohnzahlungszeiträumen. Diese überlegung läßt es im vorliegenden Fall nicht als gerechtfertigt erscheinen, die nach etwa 10- bis 11 jähriger Tätigkeit erfolgende Einweisung in ein Erholungsheim als nachträglich gewährte Entlohnung für die während dieses Zeitraums geleistete Arbeit anzusehen. Es muß vielmehr nach Lage des Falles bei dem Grundsatz verbleiben, daß derartige Zuwendungen für die Lohnsteuer als Arbeitslohn im Jahr des Zufließens anzusehen sind. Die Vorentscheidung hat dies verkannt. Sie ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Da das Finanzamt über den Erstattungsantrag des Bg. im Ergebnis zutreffend entschieden hat, muß die hiergegen eingelegte Berufung des Bg. als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409049

BStBl III 1958, 257

BFHE 1958, 667

BFHE 66, 667

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