Leitsatz

Vom Verwalter nicht angenommene Stimmrechtsvollmacht rechtfertigt keine erfolgreiche Beschlussanfechtung und führt auch nicht zu einer Kostentragungspflicht zu seinen Lasten gemäß § 49 Abs. 2 WEG

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Der Verwalter hatte rechtzeitig zu einer Eigentümerversammlung am 4.8.2011 eingeladen, u. a. auch mit einem Tagesordnungspunkt "Antrag der Hausverwaltung auf Neubestellung (Wiederbestellung)". Dem Einladungsschreiben wurde ein Blanko-Vollmachtsformular mit der Empfehlung beigefügt, im Verhinderungsfall persönlicher Teilnahme Stimmrechtsvollmacht an den Beirat, einen Miteigentümer oder den Verwalter zu erteilen. Ein Eigentümer erteilte dem Verwalter Vollmacht, zur Wiederbestellung mit "Nein" abzustimmen. Noch vor der Versammlung schickte der auf diese Weise bevollmächtigte Verwalter dem klagenden Eigentümer die Vollmacht aufgrund des geäußerten Vertrauensentzugs zurück, zusätzlich mit dem Bemerken, er befinde sich in einem Interessenkonflikt, der vollmachtgebende Eigentümer möge ggf. eine andere Person mit der Stimmrechtsausübung betrauen. Die Ablehnung ging dem klagenden Eigentümer hier noch vor der Versammlung, d. h. am 29.7.2011 zu; er nahm dann weder an der Versammlung teil noch ließ er sich anderweit vertreten.

    In der Versammlung wurde entgegen ursprünglichem Antrag das Verwaltervertragsverhältnis nicht für 3 Jahre verlängert, sondern beschlussweise nur für 2 Jahre. Dieses Beschlussergebnis ist nach Ansicht des Gerichts vom Vorschlag zur Verlängerung um 3 Jahre "mitumfasst" und rechtfertigt keine Beschlussungültigkeit.

    Die Beschlussanfechtungsklage wurde vom Amtsgericht mangels kausalem Ladungsfehler abgewiesen; allerdings wurden die Kosten des Streits dem beigeladenen Verwalter auferlegt, da seine Zurückweisung der Vollmacht in grob rechtsmissbräuchlicher Weise erfolgt sei; dieses erhebliche Fehlverhalten der Verwaltung habe nach Ansicht des Amtsgerichts den Streit ausgelöst.

    Gegen diese Kostenentscheidung wurde vom Verwalter Beschwerde eingelegt, die dem Beschwerdegericht zur Entscheidung überantwortet wurde.

  2. Dem Verwalter steht insoweit das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG in analoger Anwendung der Bestimmungen über die Anfechtung isolierter Kostenentscheidungen zu (Bärmann/Klein, 11. Aufl., § 49 Rn. 27).

    Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts erscheint es der Kammer bereits zweifelhaft, aus der Übersendung eines Blanko-Vollmachtsformulars eine Verpflichtung für den Verwalter abzuleiten, sich entsprechend bevollmächtigen zu lassen. Auch entgegen der Urteilsentscheidung des Amtsgerichts Hannover vom 22.7.2008 (483 C 945/08) spricht im vorliegenden Fall bereits gegen die Annahme einer Bevollmächtigung das einer Vollmacht zugrunde liegende Kausalgeschäft, da nach dem Formular offenbleiben sollte, wer bevollmächtigt werden sollte. Zusätzlich war vorliegend von der Gefahr einer Interessenkollision des bevollmächtigten Verwalters auszugehen, zumal Weisung gegen seine Interessen erfolgte; damit ging es auch nicht um eine uneingeschränkte Annahme eines entsprechenden Angebots auf Vollmachtsausübung.

    Selbst wenn man eine Verpflichtung des Verwalters annehmen wollte, stellt eine rechtzeitig erklärte Weigerung keinerlei Grund dar, ihm Verfahrenskosten nach § 49 Abs. 2 WEG anzulasten (als berechtigten Grund für die Erhebung einer Anfechtungsklage).

    In vorherrschender Meinung ist anerkannt, dass im Fall der Nichtausübung einer Stimmrechtsvollmacht eine Anfechtung eines Beschlusses wegen Nichtausübung des Stimmrechts nicht in Betracht kommt (vgl. KG v. 8.1.1997, 24 W 4957/96 und KG v. 8.4.1998, 24 W 1012/97 sowie Bärmann/Merle, § 25 Rn. 70). Somit wäre selbst ohne Reaktion des ursprünglich bevollmächtigten Verwalters eine auf Nichtausübung der Vollmacht gestützte Anfechtung nicht erfolgversprechend gewesen. Umso weniger konnte der klagende und vollmachtgebende Eigentümer daher erwarten, dass eine auf die Zurückweisung der Stimmrechtsvollmacht durch den Verwalter gestützte Anfechtungsklage hätte Erfolg haben können.

Anmerkung

Die Entscheidung hat völlig zu Recht Haftungsansprüche des Verwalters nach § 49 Abs. 2 WEG verneint.

In der Sache selbst ist es tatsächlich bestritten (gewesen), ob ein nach Gemeinschaftsordnung möglicherweise auch zu bevollmächtigender Verwalter stets verpflichtet ist, solche Vollmachten aus Grundsätzen des § 14 Nr. 1 WEG bzw. § 242 BGB kraft getroffener Vereinbarung annehmen zu müssen, insbesondere dann, sollten hier Weisungen gegen seine Interessen erteilt worden sein (so etwa früher die Auffassung von J.-H. Schmidt).

Geht man bei dem einer Vollmachtserteilung zugrundeliegenden Kausalgeschäft von einem Auftrags- bzw. Gefälligkeitsverhältnis aus, muss m. E. auch kein nach Vereinbarung in eingeschränkter Weise möglicher Vollmachtnehmer zwingend eine solche "Handlungsbitte" annehmen, damit auch nicht ein Verwalter als Adressat einer solchen Vollmacht, insbesondere dann nicht, wenn ihn eine bestimm...

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