Leitsatz

Die Parteien stritten um rückständige Ansprüche auf Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis zum 30.6.2004. Es ging primär um die Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Tochter, deren zwei Geschwister unstreitig leistungsunfähig waren. Sie selbst erzielte Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit als Altenpflegerin i.H.v. ca. 990,00 EUR netto monatlich, ihr Ehemann erzielte weit höheres Einkommen. Insoweit war auch zu prüfen, inwieweit die Einkünfte des Ehemannes der Beklagten bei ihrer Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen waren.

 

Sachverhalt

Die Mutter der im Jahre 1957 geborenen Beklagten war im Jahre 1937 geboren und bezog seit dem 5.12.1985 öffentliche Leistungen. Sie hatte eine eigene monatliche Rente von 333,16 EUR. Ihr Ehemann war im Jahre 1987 verstorben. Die Ehe der Eltern der Beklagten war geschieden. Nachehelichen Unterhalt hatte der Vater der Beklagten an seine geschiedene Ehefrau nie gezahlt.

Eine Rechtswahrungsanzeige der Klägerin gegenüber der Beklagten war im Jahre 1986 erfolgt.

Bis zum 30.6.2004 hat die Klägerin neben Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz auch die Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem BSHG für die Mutter der Beklagten mit 130,52 EUR gezahlt. Diese Kosten wollte die Klägerin von der Beklagten im Rahmen deren Leistungsfähigkeit erstattet bekommen.

Die beiden Geschwister der Beklagten waren unstreitig leistungsunfähig.

In einem Verfahren vor dem FamG Heidelberg hatte die Klägerin für einen Unterhaltszeitraum vom 1.3. bis zum 31.10.2002 55,00 EUR monatlich gegenüber der Beklagten unter Zugrundelegung eines Taschengeldanspruchs gegenüber ihrem Ehemann geltend gemacht. Das Verfahren endete mit einem Vergleich vom 17.1.2003, in dem die Beklagte sich verpflichtete, zur Abgeltung der Unterhaltsansprüche ihrer Mutter bis Ende 2002 275,00 EUR zu zahlen.

Bis 30.9.2003 befand sich die seit dem 31.7.1999 verheiratete, kinderlose Beklagte in einer Ausbildung. Sie erzielte Ausbildungsvergütung und Unterhaltsgeld i.H.v. unstreitig mindestens 1.000,00 EUR. Seit 1.10.2003 arbeitete sie rund 28 Stunden wöchentlich als Altenpflegerin und erzielte aus dieser Tätigkeit ein Nettoeinkommen von ca. 990,00 EUR monatlich nach der Steuerklasse V. Ihr Ehemann erzielte ab 1.10.2003 ein Einkommen von ca. 2.075,00 EUR monatlich bei Steuerklasse III.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei nicht leistungsfähig. Ausgehend von dem Familienbedarf der Beklagten und ihres Ehemannes sei eine Erhöhung des Selbstbehalts im Hinblick auf die konkret vorgetragenen und unstreitigen Aufwendungen der Beklagten vorzunehmen. Es sei von einem zu berücksichtigenden Verbrauch des Familieneinkommens auszugehen.

Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein. Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Unterhalt zumindest in geltend gemachter Höhe aus übergegangenem Recht gem. §§ 1601 ff. BGB, 91 BSHG a.F. i.V.m. § 70 BSHG a.F..

Die Beklagte sei unstreitig gegenüber ihrer Mutter gem. § 1601 BGB unterhaltspflichtig. Ihr sei im Jahre 1986 eine Rechtswahrungsanzeige übersandt und darüber hinaus vor dem streitgegenständlichen Zeitraum die Fortdauer der Hilfegewährung und deren Höhe mitgeteilt worden.

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei die Beklagte auch leistungsfähig. Bei der Beurteilung dessen sei allerdings nur ihr eigenes Einkommen maßgebend. Ihr Ehemann stehe außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnissen zwischen der Beklagten und ihrer Mutter und sei daher nicht verpflichtet, Unterhalt zu leisten. Der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts betrage gem. Ziff. 21.3.2 der SüdL, Stand 1.7.2003, im Zeitraum ab 1.7.2003 250,00 EUR. Gleiches gelte für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 30.6.2003.

Die Festlegung des angemessenen Selbstbehalts könne nicht losgelöst von der im Einzelfall vorliegenden Lebensstellung bestimmt werden. Vielmehr sei er aufgrund der konkreten Umstände und unter besonderer Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse zu ermitteln (BVerfG, Urt. v. 7.6.2005 - 1 BvR 1508/96, MDR 2005, 927; BGH FamRZ 2004, 366 [367]; v. 19.3.2003 - XII ZR 123/00, MDR 2003, 1183 = BGHReport 2003, 954 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 1179; v. 23.10.2002 - XII ZR 266/99, MDR 2003, 86 = BGHReport 2003, 11 m. Anm. Borth = FamRZ 2002, 1698 [1700]).

Es könne letztendlich dahinstehen, ob der Selbstbehalt der Beklagten zu erhöhen sei, da auch der Mindestselbstbehalt bezogen auf ihr eigenes Erwerbseinkommen im gesamten Unterhaltszeitraum unterschritten werde.

Dies führe gleichwohl nicht zu einem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung. Bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt könne der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen finde. Dessen Höhe richte sich nach dem Verhältnis der beid...

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