Auch wenn die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, besteht das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB jedoch nicht unbegrenzt. Das Widerspruchsrecht kann nach der Rechtsprechung des BAG wegen Verwirkung ausgeschlossen sein.[1] Dies hat das BAG auch nach Inkrafttreten des § 613a Abs. 6 BGB bestätigt. Den Eintritt der Verwirkung ab einem bestimmten Zeitablauf lehnt das BAG ab[2], nimmt das aber für eine Frist von mehr als 2 Jahren häufig an[3], ggf. auch schon nach 5 Monaten ab Ablauf der Widerspruchsfrist.[4] Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls.[5]

Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der zutreffenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen oder mit der Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung. Grundsätzlich beginnt sie mit der fehlerhaften Unterrichtung. Für die Feststellung der Verwirkung muss darüber hinaus eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden.[6]

Denn neben dem Zeitmoment muss jedenfalls ein Umstandsmoment eintreten, das ein besonderes Vertrauen des Arbeitgebers begründet, dass das Widerspruchsrecht nicht mehr ausgeübt wird. Ohne ein solches Umstandsmoment tritt Verwirkung nicht ein.[7] Die Länge des Zeitablaufs ist in Wechselwirkung zu dem erforderlichen Umstandsmoment zu setzen.[8] Je gewichtiger das Umstandsmoment ist, d. h., das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Das gilt auch umgekehrt.[9]

Die bloße Weiterarbeit beim Erwerber begründet kein Umstandsmoment. In einem solchen Fall endet das Widerspruchsrecht nach 7 Jahren.[10]

  • Ein Umstandsmoment kann z. B. die Inanspruchnahme des Betriebserwerbers im Rahmen der Nachhaftung sein.[11]
  • Nicht ausreichend für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer ist, dass er gegen eine Kündigung des Betriebserwerbers nach Betriebsübergang Kündigungsschutzklage erhebt. Dadurch wahrt der Arbeitnehmer nur sein Interesse, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Regelung des § 7 KSchG geltend zu machen. Er begründet damit kein berechtigtes Vertrauen, er werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben, sondern akzeptiere den Betriebserwerber als neuen Arbeitgeber.[12]
  • Nicht ausreichend ist aufseiten des Arbeitnehmers die Annahme der Vergütung, einer Jubiläumszahlung, einer Gehaltserhöhung oder Beförderung durch den Erwerber.[13]
  • Einen Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen kann, kann es darstellen, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert, dass er mit dem Betriebserwerber einen Aufhebungsvertrag abschließt, eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift[14] oder sein zunächst nachhaltig bekundetes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses im Wege eines Beendigungsvergleichs aufgibt und im Gegenzug einen Anspruch auf eine überplanmäßige Abfindung akzeptiert[15], bzw. eine Abfindung gezahlt wird, die den gesamten Bestand des Arbeitsverhältnisses, auch der Zeit beim Betriebsveräußerer berücksichtigt.[16] Das gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer eine Eigenkündigung ausgesprochen hat.[17] Ausreichend kann auch die Erhebung der Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung durch den Betriebserwerber sein.[18] Hat der Arbeitnehmer schon über den Fortgang seines Arbeitsverhältnisses disponiert, kann das Zeitmoment auch nach 6 Monaten schon erfüllt sein.[19] Ein Aufhebungsvertrag, der nach Ausübung des Widerspruchsrechts noch mit dem Betriebserwerber geschlossen wurde, geht aber bei wirksam ausgeübtem Widerspruchsrecht ins Leere.[20]
  • Das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment ist weiterhin verwirklicht, wenn der Arbeitnehmer, der sich auf eine fehlerhafte Unterrichtung beruft, zunächst eine selbstgesetzte Frist zur Entscheidung über das Widerspruchsrecht verstreichen lässt, danach mit dem Betriebserwerber einen Aufhebungsvertrag und schließlich mit dem dritten Unternehmen einen neuen Arbeitsvertrag abschließt.[21]
  • Arbeitet ein nicht ordnungsgemäß unterrichteter Arbeitnehmer bei dem Betriebserwerber 34 Monate bis zur Ausübung seines Widerspruchsrechts weiter, sind an das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nur noch geringe Anforderungen zu stellen. Es wird schon dadurch erfüllt, dass der Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzverfahren sich gegenüber dem Betriebserwerber auf den Fortbestand des mit diesem begründeten Arbeitsverhältnis beruft und seine Weiterbeschäftigung verlangt.[22] Gleiches gilt bei identischem Zeitmoment, wenn der Erwerber allen Mitarbeitern des Betriebs die Stilllegungsentscheidung mitteilt und der Arbeitnehmer weitere 4 Monate wartet, bevor er den Widerspruch gegen den Betriebsübergang erklärt.
  • Zeit- und Umstandsmoment liegen auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer noch vo...

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