Leitsatz

Der Vermieter ist nicht daran gehindert, die nach § 556 Abs. 3 BGB geschuldete Abrechnung der Betriebskosten, die eine Nachforderung zu seinen Gunsten ausweist, nur einem von mehreren Mietern gegenüber vorzunehmen und lediglich diesen auf Ausgleich des sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrags in Anspruch zu nehmen.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 421, 556 Abs. 3

 

Kommentar

Es ging um die Abrechnung der Heizkosten über eine von einem Ehepaar gemietete Wohnung. Die Abrechnung schloss mit einem Nachzahlungsbetrag von ca. 250 EUR; sie war allerdings nur an die Ehefrau adressiert und nur dieser zugegangen. Der Vermieter hat die Ehefrau auf Zahlung in Anspruch genommen. Diese hat eingewendet, bei einer Mehrheit von Mietern werde der Saldo aus einer Betriebskostenabrechnung nur fällig, wenn gegenüber allen Mietern abgerechnet wird und die Abrechnung allen Mietern zugeht.

Von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass der Vermieter bei einer Mehrheit von Mietern gegenüber allen Mietern abrechnen müsse; anderenfalls sei die Abrechnung unwirksam (LG Berlin, Urteil v. 7.7.2006, 63 S 342/05, GE 2006 S. 1235; Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 68a; Sternel, Mietrecht aktuell (2009), Rdn. V 304). Nach anderer Meinung wirkt die Abrechnung gegenüber jenen Mietern, denen die Abrechnung zugegangen ist (LG Frankfurt/M., Urteil v. 2.12.2008, 2-17 S 63/08, ZMR 2009 S. 365 f.; Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 423; Rips in: Betriebskosten-Kommentar, Rdn. 1833; Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rdn. 140).

Der BGH vertritt die letztgenannte Ansicht: Die Betriebskosten sind Teil der Miete. Für diese haften mehrere Mieter als Gesamtschuldner (§§ 421, 427 BGB). Der Vermieter kann nach seinem Belieben jeden Schuldner oder nur einzelne Mieter in Anspruch nehmen.

Achtung: Ausnahme bei Herausgabeanspruch

Eine Ausnahme gilt für solche Ansprüche, die notwendigerweise nur gegenüber allen Mietern geltend gemacht werden können. Hierzu gehört beispielsweise der Herausgabeanspruch; deshalb muss die Kündigung eines Mietverhältnisses notwendigerweise gegenüber allen Mietern erfolgen.

Bei der Betriebskostenabrechnung ist dies anders. Diese bewirkt, dass die durch die Vorauszahlungen nicht gedeckten restlichen Betriebskosten fällig werden. Die Fälligstellung einer Forderung ist aber – wie der Anspruch auf die Zahlung der Miete – kein Umstand, der nur einheitlich gegenüber allen Mietern festgestellt werden kann. Anders ist es nur, wenn mietvertraglich eine einheitliche Abrechnung gegenüber allen Mietern vereinbart ist. Ein solcher Fall lag jedoch nicht vor.

Hinweis:

1. Hat der in Anspruch genommene Mieter die Nachforderung bezahlt, geht die Forderung des Vermieters auf ihn über (§ 426 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Mitmieter sind zum Ausgleich verpflichtet, wenn der in Anspruch genommene Mieter ihnen gegenüber die Forderung aus der Betriebskostenabrechnung fällig stellt. Dies muss innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB geschehen.

Ist die Einhaltung der Frist nicht möglich oder wird diese versäumt, so ist zu fragen, ob zwischen den mehreren Mietern eine vertragliche Abrede besteht, wonach die Miete anteilig aufzubringen ist. Eine solche Abrede kann auch schlüssig getroffen werden; hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn dies in der Vergangenheit so gehandhabt wurde.

2. Ergibt sich aus der Abrechnung ein Guthaben, steht dieses den Mietern als Gesamthandsgläubigern (Mitgläubigern) zu. Jeder Mieter kann Zahlung an sich und die Mitmieter verlangen. Der Vermieter muss das Guthaben zu Händen aller Mieter auszahlen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abrechnung allen oder nur einzelnen Mietern zugegangen ist.

3. Eine andere Frage ist es, ob die Abrechnungspflicht des Vermieters insgesamt erlischt, wenn der Vermieter gegenüber einem von mehreren Mietern abgerechnet hat. Der BGH hat diese Frage – weil nicht entscheidungserheblich – offengelassen.

Die Frage ist zu verneinen: Nach dem Mietvertrag schuldet der Vermieter die Abrechnung gegenüber jedem Mieter; deshalb kann jeder Mieter den Vermieter auf Erfüllung in Anspruch nehmen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 28.4.2010, VIII ZR 263/09, NJW 2010 S. 1965

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