Leitsatz

§ 556 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 BGB steht einer einmaligen einvernehmlichen Verlängerung der jährlichen Abrechnungsperiode zum Zweck der Umstellung auf eine kalenderjährliche Abrechnung nicht entgegen.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556 Abs. 3 Satz 1; § 556 Abs. 4

 

Kommentar

Zwischen den Parteien eines Wohnraummietverhältnisses wurden die Betriebskosten in der Vergangenheit jeweils für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. Mai erfasst und abgerechnet. Der Vermieter hatte die Absicht, den Abrechnungszeitraum auf das Kalenderjahr umzustellen. Aus diesem Grund vereinbarte er mit der Mieterin im Jahr 2007, dass die nächste Abrechnung den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Dezember 2008 umfassen sollte. Ab dem Jahr 2009 und die folgenden Jahre werde dann kalenderjährlich abgerechnet. Die Mieterin hat die Abrechnung für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2008 nicht bezahlt. Die Klage des Vermieters wurde vom Berufungsgericht abgewiesen, weil der gesetzlich vorgeschriebene Abrechnungszeitraum nicht gewahrt sei.

Der BGH ist anderer Ansicht: Über die Betriebskosten ist jährlich abzurechnen (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB). Eine zum Nachteil des Mieters hiervon abweichende Vereinbarung ist gem. § 556 Abs. 4 BGB unwirksam. Im Hinblick auf diese Gesetzeslage wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur nahezu einhellig die Ansicht vertreten, dass eine vertragliche Verlängerung des Abrechnungszeitraums unwirksam ist (s. z.B. Langenberg, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 BGB Rdn. 298 m.w.N.).

Hier umfasst der Abrechnungszeitraum die Monate Juni 2007 bis Dezember 2008, also nicht 12 Monate, sondern 19 Monate. Der BGH erachtet einen Vertrag über die Verlängerung des Abrechnungszeitraums gleichwohl für wirksam, wenn die Vereinbarung

  1. nach dem Abschluss des Mietvertrags getroffen wird,
  2. eine einmalige Verlängerung der jährlichen Abrechnungsperiode zum Inhalt hat und
  3. eine Umstellung auf eine kalenderjährliche Abrechnung beabsichtigt ist.

Die Entscheidung beruht letztlich auf der Erwägung, dass ein Vertrag mit dieser Zielsetzung kaum Nachteile für den Mieter mit sich bringt. Deshalb erscheint eine einschränkende Auslegung des § 556 Abs. 4 BGB gerechtfertigt.

Praxis-Tipp

Abrechnungszeitraum verkürzen

Alternativ können die Parteien statt einer einmaligen Verlängerung auch eine einmalige Verkürzung des Abrechnungszeitraums vereinbaren: im Entscheidungsfall also eine Abrechnung vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Dezember 2007 und sodann ab dem Jahr 2008 eine kalenderjährliche Abrechnung.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 27.7.2011, VIII ZR 316/10, EBE/BGH 2011 S. 275

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