Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer auch zur Finanzierung besonders kostenintensiver Maßnahmen wie Erhaltungsmaßnahmen oder baulichen Veränderungen mit einer Kostentragungsverpflichtung aller Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 2 WEG eine langfristige Kreditaufnahme beschließen. Gerade bei Maßnahmen der energetischen Modernisierung oder der privilegierten Maßnahmen des § 20 Abs. 2 WEG, die als Gemeinschaftsmaßnahmen mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurden, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber es den Wohnungseigentümern erleichtern wollte, ihre Wohnanlage in wirtschaftlich vernünftiger Weise an die Erfordernisse der Zeit anzupassen. Auch ist es nicht jedem Wohnungseigentümer möglich und zumutbar, bei einem größeren Finanzbedarf der Gemeinschaft, der durch den Rückgriff auf die Erhaltungsrücklage nicht gedeckt werden kann, eine hohe anteilige Sonderumlage aufzubringen. Zugleich ist den übrigen Wohnungseigentümern und auch dem Gesetzgeber daran gelegen, dass Wohnanlagen nicht infolge ausbleibender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen verfallen oder erheblich an Wert verlieren.[1]

Für die Frage, ob der Beschluss über eine längerfristige Kreditaufnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sind die Höhe des Kredits, dessen Laufzeit, die Höhe der Zinsen und etwaige besondere Konditionen des Kreditinstituts von ausschlaggebender Bedeutung.[2]

Der Verwalter wird jedenfalls Modelle verschiedener Bankinstitute vorstellen müssen – ähnlich seiner Verpflichtung im Vorfeld der Beschlussfassung über Erhaltungsmaßnahmen. Auch im Vorfeld der längerfristigen Aufnahme eines Kredits seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bedarf es daher des Einholens von mindestens 3 Vergleichsangeboten, soweit dies möglich ist.[3]

Weiter muss klargestellt sein, wie Selbstzahler berücksichtigt werden sollen. Wenn einzelnen solventen Eigentümern diese Option gewährt werden soll, dann muss auch klar geregelt sein, in welcher Höhe der Verbraucherdarlehensvertrag geschlossen werden soll. Darüber hinaus müssen die Gesamtkosten berechenbar sein und Darlehenssumme und Finanzierungskonzept harmonieren. Schließlich muss klar werden, wie sich die KfW-Förderung auf das Darlehen auswirken soll.[4]

 
Wichtig

Bestandskräftiger Beschluss vor Vertragsabschluss

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten erheblichen Anfechtungsrisiken eines Beschlusses über eine längerfristige Darlehensaufnahme ist bei Beschlussfassung unbedingt zu beachten und in den Beschlusswortlaut aufzunehmen, dass der Verwalter erst dann zu einem entsprechenden Vertragsschluss ermächtigt ist, wenn der Beschluss bestandskräftig ist. Andernfalls geht die Gemeinschaft das Risiko ein, etwa mit Ansprüchen des Kreditinstituts auf Vorfälligkeitsentschädigung konfrontiert zu sein.

Gerade bei einer längerfristigen Darlehensaufnahme müssen die besonderen Haftungsrisiken berücksichtigt werden, die für die Wohnungseigentümer mit einer Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verbunden sind. Im (Außen-)Verhältnis zur kreditgewährenden Bank haftet der einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 4 WEG zwar nur nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils. Im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer droht dagegen eine Nachschusspflicht bei Zahlungsausfällen von Wohnungseigentümern. Da ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft nicht stattfindet, ist die Nachschusspflicht theoretisch unbegrenzt und trifft auch die Wohnungseigentümer, die den nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils zu zahlenden Teil des Darlehens bereits erbracht haben. Hierauf muss der Verwalter im Vorfeld der Beschlussfassung hinweisen. Der Verwalter hat die entsprechende Aufklärung unbedingt im Protokoll der Eigentümerversammlung zu vermerken.[5]

 

Musterbeschluss: Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

TOP XX Beschluss über den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags

Nach Aufklärung des Verwalters über die mit einer Darlehens- bzw. Kreditaufnahme verbundene Gefahr der Inanspruchnahme einzelner Wohnungseigentümer wegen der in § 9a Abs. 4 WEG angeordneten, auf den jeweiligen Miteigentumsanteil beschränkten Außenhaftung im Fall von Zahlungsausfällen von Wohnungseigentümern im Hinblick auf die Rückführung der Kreditraten, fassen die Wohnungseigentümer nachfolgenden Finanzierungsbeschluss:

Die Kosten der in dieser Wohnungseigentümerversammlung zu TOP XX beschlossenen baulichen Veränderung in Form der Errichtung eines Aufzugs im gemeinschaftlichen Treppenhaus in Höhe von _______ EUR werden durch Aufnahme eines Netto-Darlehens in Höhe von _______ EUR in Form eines Verbraucherdarlehensvertrags finanziert. Der Verwalter wird ermächtigt, namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer _______ mit der _______-Bank einen entsprechenden Darlehensvertrag zu schließen.

Die Laufzeit des Kredits beträgt __ Jahre. Der Zins darf __ Prozentpunkte p. a. nicht übersteigen. Die...

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