"Schwebend unwirksam" sind Beschlüsse, die in unentziehbare aber verzichtbare Rechte der Wohnungseigentümer eingreifen.[1] Von der "schwebenden" Unwirksamkeit hat sich der BGH zwischenzeitlich distanziert, ohne allerdings ausdrücklich klarzustellen, dass entsprechende Beschlüsse nichtig sind.[2] Allerdings dürfte er bei erneuter Gelegenheit einer entsprechend anstehenden Entscheidung wohl von Beschlussnichtigkeit ausgehen. Das Gesetz kennt auch lediglich den anfechtbaren und nichtigen Beschluss.

Unentziehbar sind dabei Rechte der Wohnungseigentümer, die gesetzlich – insbesondere grundrechtlich – garantiert sind. Auf gesetzliche bzw. grundrechtlich gesicherte Rechte kann der einzelne Wohnungseigentümer jedoch verzichten. Aus diesem Grund sind alle Beschlüsse, die in unentziehbare aber verzichtbare Rechte der Wohnungseigentümer eingreifen, bis zur Zustimmung der entsprechend betroffenen Wohnungseigentümer schwebend unwirksam[3] oder eben nichtig. Verweigern sie ihre Zustimmung endgültig, wird der Beschluss ungültig bzw. nichtig. Dies gilt auch für Beschlüsse, die aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden.[4]

 
Praxis-Beispiel

Kollision von Grundrechten

Die Wohnungseigentümer beschließen ein Verbot der Montage von Parabolantennen. In der Wohnanlage lebt ein polnischer Wohnungseigentümer, der über den vorhandenen Kabelanschluss nur wenige Programme aus seiner Heimat empfangen kann. Auch über Internet sind kaum weitere Programme zu empfangen, wohingegen über Satellit eine Vielzahl polnischer Sender zu empfangen wären.

Hier stehen sich das grundrechtlich geschützte Interesse der Informationsfreiheit des polnischen Wohnungseigentümers aus Art. 5 GG und das ebenfalls grundrechtlich geschützte Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Unversehrtheit ihres Eigentums aus Art. 14 GG gegenüber. Beide Grundrechte kollidieren vorliegend. Sie sind im Wege praktischer Konkordanz nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit zum Ausgleich zu bringen. Abhängig vom konkreten Einzelfall, kann dem Informationsinteresse des Wohnungseigentümers größeres Gewicht zukommen. Hat er dem entsprechenden Beschluss nicht zugestimmt, ist dieser schwebend unwirksam, bis er dem Beschluss zustimmt. Verweigert er seine Zustimmung – was insbesondere dann der Fall ist, wenn er entgegen des Beschlusses eine Parabolantenne installiert –, wird der Beschluss endgültig unwirksam. Wie bereits ausgeführt, dürfte man bei fehlender Zustimmung von Beschlussnichtigkeit ausgehen.

Diese Grundsätze gelten auch für entsprechende Beschlüsse, die auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden.[5] Nicht per se nichtig, aber ebenfalls schwebend unwirksam, sind insoweit auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasste Beschlüsse, die gegen das Belastungsverbot verstoßen.[6]

 
Praxis-Beispiel

Vereinbarte Öffnungsklausel: Auf die Zustimmung kommt es an

Zugunsten zweier Sondereigentumseinheiten ist jeweils ein Sondernutzungsrecht im Bereich des gemeinschaftlichen Gartens begründet. Die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt uneingeschränkt sämtlichen Wohnungseigentümern. Die Gemeinschaftsordnung enthält eine Öffnungsklausel. Auf Grundlage dieser Öffnungsklausel beschließen die Wohnungseigentümer mit der erforderlichen Mehrheit, dass die Erhaltung der Sondernutzungsflächen künftig allein den beiden Wohnungseigentümern obliegt.

Mit diesem Beschluss werden den beiden Wohnungseigentümern Leistungspflichten auferlegt, die sich nicht bereits aus dem Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung ergeben. Ohne ihre Zustimmung ist der Beschluss schwebend unwirksam. Verweigern sie ihre Zustimmung, ist der Beschluss endgültig unwirksam bzw. nichtig, so man nicht ohnehin Nichtigkeit von Anfang an annimmt.

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