Im Gegensatz zum anfechtbaren Beschluss, der schwebend wirksam ist bis zu dessen rechtskräftiger Ungültigerklärung, ist ein Beschluss, der einen Eingriff in unentziehbare, aber verzichtbare Rechte der Wohnungseigentümer zum Gegenstand hat, bis zur Zustimmung des jeweils betroffenen Wohnungseigentümers schwebend unwirksam. Dies hatte der BGH im Jahr 2004[1] klargestellt. Allerdings hat er sich von dieser Auffassung – ohne insoweit aber für klare Verhältnisse zu sorgen – wieder distanziert[2] und festgestellt, dass ein entsprechender Beschluss wohl nichtig sei.

 
Praxis-Beispiel

Generelles Verbot von Parabolantennen

Die Wohnungseigentümer beschließen mehrheitlich ein Verbot der Montage von Parabolantennen im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums. Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist auch ein ausländischer Wohnungseigentümer, der bei Vorhandensein einer Parabolantenne 10 Heimatsender empfangen könnte, über Kabelfernsehen und auch Internet kann er jedoch lediglich 3 Heimatsender empfangen. Er stimmt demnach gegen den Beschlussantrag.

Der ausländische Wohnungseigentümer kann nun den Mehrheitswillen der übrigen Wohnungseigentümer respektieren. Er kann aber auch eine Beschlussfassung über eine Berechtigung zur Montage einer Parabolantenne initiieren und die Entscheidung, wo diese zur Montage kommt, den Wohnungseigentümern überlassen. Freilich dürfte ein entsprechender Positivbeschluss nicht zustande kommen. Allerdings wäre die Klage des ausländischen Wohnungseigentümers auf Beschlussersetzung nicht aus dem Grund erfolglos, weil die Wohnungseigentümer ein Verbot der Montage von Parabolantennen beschlossen hatten und die Beschlussfassung ggf. bereits mehrere Monate zurückliegt. Tatsache ist, dass der Beschluss über das Verbot der Montage von Parabolantennen zu keinem Zeitpunkt zustande gekommen ist. Er wäre lediglich mit Zustimmung des ausländischen Wohnungseigentümers zustande gekommen. Dieser aber hatte gerade nicht zugestimmt. Insoweit ist nun aber auch unerheblich, ob man den ursprünglichen Verbotsbeschluss für nichtig oder schwebend unwirksam erachtet. Wollte man lediglich schwebende Unwirksamkeit annehmen, hätte der Wohnungseigentümer durch den Beschlussantrag auf Montage einer Parabolantenne klar zum Ausdruck gebracht, diesem Beschluss gerade nicht zuzustimmen.

Ungeachtet der Frage einer Nichtigkeit oder schwebenden Unwirksamkeit, wird das mit der Beschlussersetzungsklage befasste Gericht im Wege der praktischen Konkordanz abzuwägen haben, ob das Grundrecht der Informationsfreiheit und ggf. der Religionsfreiheit des ausländischen Wohnungseigentümers das Eigentumsrecht der übrigen Wohnungseigentümer überwiegt.

Insbesondere auf Grundlage vereinbarter Öffnungsklauseln besteht die Gefahr, dass schwebend unwirksame oder aber – je nach endgültiger Position des BGH – nichtige Beschlüsse gefasst werden.[3]

Verstößt jedenfalls ein Beschluss auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gegen das Belastungsverbot oder entzieht er Wohnungseigentümern unentziehbare, aber verzichtbare Rechte, ist er mindestens ebenfalls schwebend unwirksam. Er würde wirksam werden, wenn der entsprechend belastete Wohnungseigentümer zustimmt. Nimmt man hingegen Nichtigkeit an, entfaltet er von vornherein keine Rechtswirkung. Im ersten Fall wird er endgültig unwirksam bzw. nichtig, wenn der entsprechend belastete Wohnungseigentümer nicht zustimmt. Zustimmungserteilung wie auch Zustimmungsverweigerung sind insoweit an keinerlei Fristen gebunden.

Grundsätzlich ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beschluss zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der entsprechend belasteten Wohnungseigentümer bedarf. Stimmen diese zu, so ist der Beschluss zustande gekommen, wenn das nach der Öffnungsklausel erforderliche Quorum erreicht ist, auch wenn ggf. andere – nicht belastete – Wohnungseigentümer gegen den Beschlussantrag gestimmt haben.

 
Praxis-Beispiel

Erhaltungspflicht bezüglich Sondernutzungsrecht

Die Wohnungseigentümer beschließen auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel, dass der Wohnungseigentümer, zu dessen Gunsten ein Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz begründet ist, zu dessen Erhaltung verpflichtet ist.

Stimmt der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zu, so ist der Beschluss mit Erreichen des erforderlichen Mehrheitsquorums zustande gekommen, weil er als entsprechend Belasteter zugestimmt hat. So das erforderliche Mehrheitsquorum erreicht ist, wäre demnach unerheblich, ob ggf. ein anderer Wohnungseigentümer gegen den Beschlussantrag gestimmt hätte.

Ist der entsprechend belastete Wohnungseigentümer in der beschlussfassenden Wohnungseigentümerversammlung anwesend oder vertreten und stimmt er hingegen gegen den Beschlussantrag, ist der Beschluss nicht zustande gekommen. Stimmt der belastete Wohnungseigentümer zu, kann zwar ein entsprechender Beschluss verkündet werden. Da aber bekanntlich einem Wohnungseigentümer, der einem Beschlussantrag zugestimmt hat, die Beschlussanfechtungsmöglichkeit bis zur Grenze der...

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