Leitsatz

  1. Beschlussbindung (hier: auf Beseitigung einer baulichen Veränderung) nur gegenüber einem faktischen Eigentümer!
  2. Erlangt ein Erwerber Besitz an seiner Wohnung zeitlich erst nach Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, hat er vorher keine Rechte und Pflichten aus dem WEG
 

Normenkette

(§§ 8, 22 Abs. 1 WEG; § 1004 BGB)

 

Kommentar

  1. Ein durch Eigentumsvormerkung gesicherter Erwerber und Nutzer von Wohnungseigentum kann nicht durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, der ihm die Beseitigung baulicher Veränderungen auferlegt, gebunden werden, wenn er nicht vor Entstehung der Eigentümergemeinschaft Mitglied einer werdenden Gemeinschaft geworden ist.
  2. Im vorliegenden Fall konnte ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss auf Beseitigung eines Wintergartens und einer Außentreppe den Antragsgegner nicht verpflichten, da dieser bisher nicht Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen und es bis heute auch noch nicht geworden ist. Besitz erlangte der Antragsgegner zeitlich erst nach Entstehung (Invollzugsetzung) der Gemeinschaft, d.h. erst nach Eintragung eines weiteren Ersterwerbers im Grundbuch (neben dem teilenden Eigentümer). Wurde damit der Antragsgegner bisher nicht Mitglied (Sonderrechtsnachfolger) einer bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft, hat er auch noch keine eigenen Rechte und Pflichten aus dem WEG (BGH v. 1.12.1988, V ZB 6/88, BGHZ 106, 113). Selbst eine etwaige Ermächtigung des Erwerbers aus einem Kaufvertrag mit dem Bauträger, bereits vor einer Eigentumsumschreibung in alle Rechte und Pflichten der Gemeinschaft einzutreten, ändert an der fehlenden Passivlegitimation des Antragsgegners für wohnungseigentumsrechtliche Ansprüche nichts; denn eine Verpflichtungsermächtigung ist dem deutschen Recht unbekannt. Der Antragsgegner ist somit außenstehender Dritter. Fragen einer Beseitigungspflicht (vgl. §§ 1004 Abs. 1, 1011 BGB) hängen von weiteren Fragen einer Beeinträchtigung oder Duldungspflicht ab, was das LG – nach Zurückverweisung – noch gesondert zu überprüfen habe.
  3. Sollten hier Veränderungen noch vor Invollzugsetzung der Gemeinschaft entgegen dem Aufteilungsplan vom Bauträger vorgenommen worden sein (ggf. auch über Sonderwunsch), ist an erstmalige ordnungsgemäße Herstellungsansprüche des Gemeinschaftseigentums zu denken; diese sind gegen die Gesamtheit der (gegenwärtigen) Wohnungseigentümer zu richten (h.R.M.); es liegt dann keine bauliche Veränderung vor.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 19.05.2004, 2Z BR 272/03)

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