Zunächst und grundsätzlich ist der Verwalter verpflichtet, auch angefochtene Beschlüsse durchzuführen. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat die Anfechtungsklage gerade keine aufschiebende Wirkung dahingehend, dass vor Beschlussdurchführung erst das Ergebnis des Verfahrens abzuwarten sei. Lediglich dann, wenn der Kläger der Anfechtungsklage eine einstweilige Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Nichtdurchführung des Beschlusses erwirkt hat, kann der angefochtene Beschluss nicht ausgeführt werden.

Nicht selten sind in der Praxis die Fälle, in denen Wohnungseigentümer bereits im Vorfeld der Beschlussfassung ankündigen, einen zur Tagesordnung stehenden Beschluss im Fall seines Zustandekommens anfechten zu wollen. Nicht selten sind auch die Fälle, in denen die Ankündigung nach Beschlussfassung und -verkündung erfolgt.

2.1 Angekündigte Beschlussanfechtung vor der Beschlussfassung

Stets sollte der Verwalter bei Ankündigung einer Anfechtungsklage seitens eines Wohnungseigentümers den entsprechenden Beschluss nochmals auf seine formelle und materielle Rechtmäßigkeit überprüfen. Er sollte in formeller Hinsicht insbesondere prüfen, ob dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer im Vorfeld der Beschlussfassung ausreichend Rechnung getragen wurde.

  • Steht die Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Vorschussanpassung auf Grundlage der Jahresabrechnung und/oder die Festsetzung der Hausgeldvorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans an, muss der Verwalter bereits mit dem Ladungsschreiben den Wohnungseigentümern ihren Einzelwirtschaftsplan und die Jahreseinzelabrechnung übersenden.[1]
  • Steht die Beschlussfassung über größere Erhaltungsmaßnahmen zur Beschlussfassung, muss der Verwalter die im Vorfeld eingeholten Vergleichsangebote mit dem Ladungsschreiben übersenden[2] – bei großen Erhaltungsmaßnahmen kann die Übersendung eines Preisspiegels mit dem Hinweis darauf genügen, dass weitere Unterlagen beim Verwalter eingesehen werden können.[3]
  • Steht die Beschlussfassung über die Bestellung des Verwalters an, müssen den Wohnungseigentümern mit dem Ladungsschreiben ebenfalls 3 Vergleichsangebote nebst Verwaltervertragsentwürfen übersandt werden.[4]
 

Übersendung von Unterlagen: Ladungsfristen beachten!

Hat der Verwalter erforderliche Unterlagen nicht bereits mit dem Ladungsschreiben übersandt, sollte dies schnellstmöglich nachgeholt werden. Auf der sicheren Seite ist der Verwalter aber nur dann, wenn die Ladungsfrist noch eingehalten werden kann. Kann die Ladungsfrist nicht mehr eingehalten werden, ist nach diesseitiger Auffassung zu differenzieren, welche Dauer die Ladungsfrist im Einzelfall hat. Im Gesamtzusammenhang ist allerdings eine Entscheidung des LG Frankfurt a. M.[5] zu berücksichtigen, wonach insbesondere Jahresabrechnungen vor der Beschlussfassung den Wohnungseigentümern zwar zur Verfügung gestellt werden müssen, dies aber nicht innerhalb der Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG erfolgen müsse, vielmehr auch ein Prüfungszeitraum von 8 Tagen ausreichend sein könne. Diese Auffassung dürfte zwar uneingeschränkt zutreffend sein, allerdings ist nicht als sicher prognostizierbar, dass andere Gerichte diese Auffassung teilen werden.

Gesetzliche Ladungsfrist

Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 4 WEG beträgt die Ladungsfrist 3 Wochen. Obgleich als "Soll-Vorschrift" ausgestaltet, bedeutet die Einhaltung dieser Frist ein "Muss", wenn nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt.[6] Hat der Verwalter die gesetzliche Frist zu beachten, sollte er auf Grundlage der neueren strengen Rechtsprechung zur Übersendung von Unterlagen die Versammlung vertagen. Der Verwalter ist jedenfalls nicht nur zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung berechtigt. Er ist auch berechtigt, eine einmal einberufene Eigentümerversammlung neu zu terminieren.[7]

Vereinbarte Ladungsfrist

Orientiert sich die vereinbarte Ladungsfrist an der gesetzlichen Regelung und beträgt daher ebenfalls 3 Wochen, gilt Vorerwähntes entsprechend – und dies erst recht, wenn die vereinbarte Ladungsfrist gar kürzer sein sollte.

Etwas anderes dürfte aber dann gelten, wenn die vereinbarte Ladungsfrist länger als die gesetzliche ist. Nicht selten sind Fälle, in denen Gemeinschaftsordnungen eine Ladungsfrist von 4 Wochen vorsehen. Derartige Vereinbarungen sind auch nach Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 weiterhin zu beachten, da sie bewusst eine längere Vorbereitungszeit für die Wohnungseigentümer vorsehen als vormals gesetzlich geregelte Ladungsfristen. Beruft der Verwalter dann unter Beachtung dieser Frist ein und bemerkt er nach einigen Tagen, dass wesentliche Unterlagen dem Ladungsschreiben nicht beigefügt waren, kann er nach diesseits vertretener Ansicht diese Unterlagen noch nachsenden, sofern diese die Wohnungseigentümer dann tatsächlich noch vor Ablauf der gesetzlichen Ladungsfrist erreichen.

Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Ladungsfrist in erster Linie dem Eigentümer ermöglichen soll, entsprechend zeitlich zu disponieren. Selbstverständlich muss ihm auch...

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