Leitsatz

  1. Bei vereinbarter Bildung von Untergemeinschaften in der Teilungserklärung mit ausdrücklicher Trennungsbestimmung allein zur Kosten- und Lastenverteilung muss die Beschlussanfechtungsklage hier gegen Zähleraustausch grundsätzlich gegen alle übrigen Eigentümer (in notwendiger Streitgenossenschaft) der Gesamtgemeinschaft gerichtet werden
  2. Mangels weitergehend ausdrücklicher Vereinbarung kann es keine eigenständigen Eigentümerversammlungen der Untergemeinschaften im Sinne von "Unterorganen" mit jeweils eigener Beschlusskompetenz und möglichen Blockabstimmungsrechten geben (Revisionszulassung)
  3. Unzulässige Berufung bei Anfechtungsklage – wie hier – nur gegen einen Teil der übrigen Miteigentümer
  4. Keine Wiedereinsetzung bei Berufungserweiterung gegen alle restlichen Eigentümer nach Ablauf der Berufungsfrist; hinsichtlich möglicher Blockstimmrechte hätte der Klägervertreter "vorsorglich" gegen alle übrigen Eigentümer Berufung einlegen müssen (selbst wenn das AG in 1. Instanz eine andere Auffassung als das Berufungsgericht vertreten haben sollte)
 

Normenkette

§§ 23, 25, 46 WEG

 

Kommentar

1.

In der Sache ging es um eine Mehrhausanlage mit 3 getrennten Blöcken. In der Gemeinschaftsordnung war vereinbart, dass "die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums von den jeweiligen Miteigentümern getrennt zu tragen und abzurechnen seien". In einer Eigentümerversammlung wurde nun von den Miteigentümern einer Untergemeinschaft die Umrüstung der Zähler für Heizung, Warm- und Kaltwasser auf Funkmodule beschlossen; hierüber stimmten auch nur die Eigentümer des einen Hauses/der Untergemeinschaft ab. Mit ursprünglich gegen alle übrigen Eigentümer gerichteter Anfechtungsklage beantragte ein Eigentümer Beschlussungültigkeit u.a. mit der Begründung, dass die beschlossene Maßnahme mit Gesundheitsgefahren verbunden sei und eine für ihn nachteilige bauliche Veränderung in Widerspruch zu ordnungsgemäßer Verwaltung beinhalte.

Vom Amtsgericht wurde die Klage als unbegründet abgewiesen, insbesondere aus den Gründen, dass Eigentümer einer anderen Untergemeinschaft nicht passivlegitimiert seien und im Übrigen auch nicht von einem Nachteil des Klägers i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG gesprochen werden könne. Daraufhin legte der Kläger Berufung ein, soweit durch das Urteil die Klage gegen die Miteigentümer des betreffenden Hauses abgewiesen wurde. Gleichzeitig wiederholte er, dass der Beschluss von allen Eigentümern hätte gefasst werden müssen. Dennoch bestätigte er im Berufungsantrag zunächst die amtsgerichtliche Meinung fehlender Passivlegitimation der am Beschluss nicht beteiligten Miteigentümer des anderen Hauses. Nach Fristablauf erweiterte er die Berufung auch auf Miteigentümer des anderen Hauses und begehrte insoweit Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist.

2. Das Berufungsgericht ging hinsichtlich dieser Erweiterung von Versäumung der Berufungsfrist aus und verneinte die Wiedereinsetzung mangels eines Wiedereinsetzungsgrundes als unbegründet. Bei zweifelhafter Rechtslage hätte zumindest vorsorglich gegen alle Eigentümer die Berufung eingelegt werden müssen, sodass sich die Klägerseite das Verschulden ihres Rechtsanwalts gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Auf die Entscheidung der Kammer vom 20.12.2010 (Az. 1 S 8436/10) konnte insoweit nicht abgestellt werden, da dort nach Teilungserklärung ausdrücklich Untergemeinschaftsversammlungen vorgesehen und vereinbart waren (also nicht wie hier auf einer Gesamteigentümerversammlung unter Berufung auf Grundsätze des sog. Blockstimmrechts Beschlüsse gefasst wurden). Damit war insoweit die Berufung nur gegen einen Teil der Eigentümer nach § 46 Abs. 1 WEG unzulässig, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass das Amtsgericht in dieser komplexen, noch nicht endgültig geklärten Rechtsfrage lediglich eine andere Meinung vertreten hat als die Kammer. Eine Berufung dient gerade dazu, mögliche Rechtsfehler durch die höhere Instanz klären zu lassen.
3. Auch bezüglich der fristgemäß eingelegten Berufung gegen die Miteigentümer nur des einen Hauses ist die Berufung unzulässig, weil sie nur gegen einen Teil der Miteigentümer als in Gesamtheit notwendige Streitgenossen gerichtet wurde. Eine solche Berufung muss form- und fristgerecht gegen alle Streitgenossen eingelegt werden; es kann auch nur rechtlich zwingend eine einheitliche Sachentscheidung zur Anfechtung geben (vgl. Klein in Bärmann, 11. Aufl., § 46, Rn. 62; Spielbauer/Then, WEG, § 46, Rn. 14).
4. Dass die Anfechtungsklage grundsätzlich gegen sämtliche Eigentümer einer Gemeinschaft zu richten war, begründet sich nach § 23 Abs. 1 WEG, also Beschlussfassungen von der Gesamteigentümerversammlung (als Willensbildungsakt der Gesamtgemeinschaft). Auch vorliegend gab es nur die Gesamteigentümerversammlung als Organ der Gemeinschaft (mangels anderweitiger Vereinbarungen zu etwa vorgesehenen eigenständigen Eigentümerversammlungen von Untergemeinschaften mit eigenen Beschlusskompetenzen). Unterorgane mit eigenen willentlichen Entscheidungsr...

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