Für den Fall einer vorzeitigen Lösung des Berufsausbildungsverhältnisses nach der Probezeit gewährt § 23 BBiG unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch. Der Ausbildende oder der Auszubildende kann danach Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen, wenn der andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat.

Als nicht zum Schadensersatz verpflichtender Lösungstatbestand sieht das Gesetz die nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG mögliche fristgemäße Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen Berufswechsels oder Berufsaufgabe an. Eine vorzeitige Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Probezeit oder zum Ablauf der Probezeit begründet ebenfalls keine Schadensersatzansprüche.

Die Schadensersatzregelung des § 23 BBiG knüpft in erster Linie an die Fälle einer nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG zulässigen außerordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit an. Ein Schadensersatzanspruch ist in diesen Fällen nur dann begründet, wenn die außerordentliche Kündigung aus einem vom anderen schuldhaft (d. h. vorsätzlich oder fahrlässig) herbeigeführten Grund erfolgt ist. Darüber hinaus entsteht nach § 23 BBiG eine Schadensersatzpflicht, wenn das Ausbildungsverhältnis schuldhaft ohne Rechtsgrund tatsächlich gelöst wird, z. B. durch Vertragsbruch.[1]

Wird das Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig aus einem von einer Partei zu vertretenden Grunde im Wege eines Aufhebungsvertrags beendet, so ist für die Praxis die Aufnahme eines ausdrücklichen Vorbehalts hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche zu empfehlen. Der Schadensersatzanspruch richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB. Zu beachten ist dabei, dass nach § 23 BBiG nur der sog. "Verfrühungsschaden" zu ersetzen ist, also der Schaden, der auf die vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zurückzuführen ist.[2] Zum erstattungsfähigen Schaden des Ausbildenden gehören insbesondere Aufwendungen, die diesem durch eine neue Besetzung des Ausbildungsplatzes entstehen (z. B. Kosten für entsprechende Zeitungsanzeigen). Der Ausbildende kann dagegen keinen Schadensersatz mit der Begründung verlangen, die vom Auszubildenden erbrachte Arbeitsleistung entspreche nicht der gezahlten Ausbildungsvergütung.[3]

Der Auszubildende kann insbesondere solche Schäden ersetzt verlangen, die ihm durch den vorzeitigen Abbruch des Ausbildungsverhältnisses entstehen. Löst der Auszubildende das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig, weil ihm die weitere Ausbildung verweigert wird, kann er von dem Ausbildenden Schadensersatz verlangen. Dazu gehören z. B. Aufwendungen für die Begründung eines neuen Ausbildungsverhältnisses, der Schaden, der dem Auszubildenden dadurch entsteht, dass sich der konkrete Ausbildungsabschluss verlängert und etwaige Mehrkosten, die durch die Ausbildung an einem anderen Ort verursacht werden.[4]

Der Ausbildende kann als Schaden grundsätzlich nicht die Zusatzkosten geltend machen, die durch die Einstellung einer ausgebildeten Vollzeitkraft anstelle des Auszubildenden entstehen, da die Qualität der Arbeitsleistung einer ausgebildeten Fachkraft wesentlich höher ist.[5]

Der Schadensersatzanspruch gemäß § 23 Abs. 1 BBiG ist innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend zu machen. Maßgebend für den Fristbeginn ist das vertragsgemäße Ende des Ausbildungsverhältnisses, nicht das tatsächliche Ende der Ausbildung.[6]

Obgleich nach dem Gesetz keine besondere Form für die Geltendmachung vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich, die Schadensersatzansprüche schriftlich anzumelden. Die 3-monatige Ausschlussfrist wird auch durch eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung gewahrt, sofern die Klage der anderen Vertragspartei noch vor Ablauf der Ausschlussfrist zugestellt wurde. Die Bestimmung des § 23 BBiG stellt keine abschließende Sonderregelung hinsichtlich des Schadensersatzes bei Berufsausbildungsverhältnissen dar. Daneben kommen insbesondere Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung[7] in Betracht, z. B. bei einem Verstoß des Ausbildenden gegen die ihm nach § 13 BBiG obliegenden Ausbildungspflichten oder aus Verschulden bei Vertragsabschluss[8], z. B. bei Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Eine vertragliche Regelung über den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 BBiG nichtig.

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