1 Leitsatz

Mit Café ist ein Gastronomiebetrieb umschrieben, in dem in erster Linie Kaffee und Tee ausgeschenkt sowie Feinbackwaren und Kuchen verzehrt und verkauft werden.

2 Normenkette

§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG

3 Das Problem

In der Gemeinschaftsordnung heißt es in Bezug auf das Sondereigentum wie folgt: "Ausdrücklich unzulässig in jeder Einheit sind jegliche Spiel- und Wettbetriebe sowie Betriebe mit Bezug zum Rotlichtmilieu gleich welcher konkreten Ausgestaltung. Eine Nutzung als Bewirtungsbetrieb (Café ohne Vollküche) ist nur dem jeweiligen Eigentümer der TE Nr. 1 gestattet." Teileigentümer B, der Eigentümer des Teileigentums Nr. 1, ignoriert diese Benutzungsvereinbarung und vermietet sein Sondereigentum an einen Mieter, der dort ein Restaurant unterhält. Wohnungseigentümer K verklagt daher B auf Unterlassung. Im Übrigen rügt K, es gingen vom Restaurantbetrieb mit Vollküche permanent massive Geruchsbelästigungen (Küchengerüche) aus, die er in seinem Sondereigentum wahrnehme.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Der Mieter des B verstoße gegen die zwischen den Wohnungseigentümern getroffene Benutzungsvereinbarung. Die Wörter "Café ohne Vollküche" könnten nur so verstanden werden, dass der Betrieb einer Bewirtschaftung mit einer Vollküche untersagt sein solle. Als Küche werde ein Raum zum Kochen, Backen und Zubereiten von Speisen verstanden. Eine "Vollküche" zeichne sich dadurch aus, dass dort warme Speisen von Grund auf vollständig zubereitet würden (wohingegen in einer Teil- oder Wärmeküche nur kalte Speisen zubereitet oder Fertiggerichte erwärmt würden). Auch bei einer typisierenden Betrachtungsweise stelle sich der Gebrauch des Mieters nicht als zulässig dar. Mit dem Betrieb eines Cafés sei nämlich – auch bei heutigem Verständnis – ein Gastronomiebetrieb umschrieben, in dem in erster Linie Kaffee und Tee ausgeschenkt sowie Feinbackwaren und Kuchen verzehrt und verkauft würden.

Hinweis

  1. Im Sondereigentum eines Teileigentums darf man nicht wohnen. Die Räume dürfen aber für jeden anderen Zweck genutzt und gebraucht werden. Gäbe es im Fall keine Gemeinschaftsordnung, wäre es B erlaubt gewesen, sein Sondereigentum an einen Mieter zu vermieten, der dort ein Restaurant betreiben will. Anders ist es hingegen, wenn die Wohnungseigentümer eine klare Benutzungsvereinbarung getroffen haben. Denn dieser sind sowohl der vermietende Wohnungseigentümer als auch seine Mieter unmittelbar unterworfen und eine Benutzung, die der Benutzungsvereinbarung widerspricht, ist unzulässig.
  2. Das AG musste daher in einem 1. Schritt prüfen, ob es eine Benutzungsvereinbarung gibt und wie diese zu verstehen ist. Es kommt bei seiner Prüfung überzeugend zu dem Ergebnis, dass ein "Café ohne Vollküche" kein Restaurant ist und dieses daher gegen die Benutzungsvereinbarung der Wohnungseigentümer verstößt.
  3. In einem 2. Schritt war das AG dann gehalten, im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise zu untersuchen, ob die von einem Restaurant ausgehenden Störungen den Störungen entsprechen, die von einem "Café ohne Vollküche" ausgehen. Diese Frage hat es vertretbar mit "Nein" beantwortet.
  4. Seit dem 1.12.2020 ist es einem Wohnungseigentümer nicht mehr möglich, vor Gericht Unterlassung zu verlangen, wenn ein anderer Wohnungseigentümer gegen eine Benutzungsvereinbarung verstößt. Eine solche Klage kann im aktuellen Recht nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen.
  5. Diese Änderung ist für Verwalter wichtig, da sie die Wohnungseigentümer jetzt darüber informieren müssen, wenn ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum unter Verletzung der Benutzungsbestimmungen gebraucht oder nutzt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn eine Nutzung oder ein Gebrauch zu Störungen im Sondereigentum führt. Dies kann beispielsweise durch Geräusche oder Gerüche der Fall sein. So lag es im Fall, denn der klagende Wohnungseigentümer machte neben dem Verstoß gegen die Benutzungsvereinbarung eine Geruchsbelästigung geltend, die in seinem Sondereigentum wahrzunehmen war. Ein solcher Wohnungseigentümer könnte auch im aktuellen Recht gegen eine vergleichbare Störung vorgehen. Auch in diesem Fall dürfte aber ein Verwalter dennoch die Pflicht haben, den vermietenden Wohnungseigentümer, aber auch seine Mieter abzumahnen und sämtliche Wohnungseigentümer zu informieren. Denn auch in diesem Fall könnte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst gegen den Störer vorgehen. Dabei wäre in der Versammlung darüber zu informieren, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowohl gegen den Vermieter als auch gegen den Mieter vorgehen kann – oder gegen beide.

5 Entscheidung

AG Berlin-Mitte, Urteil v. 19.2.2020, 26 C 21/19

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