Rz. 178

Mutter eines Kindes ist die Frau, die als solche in der Geburtsurkunde bezeichnet ist[228] (mater semper certa est). Aufgrund Art. 44 ZGB ist der Name der Mutter obligatorisch in der Geburtsurkunde eines in Belgien geborenen Kindes einzutragen. Die Mutterschaft, die aus der Geburtsurkunde hervorgeht, kann angefochten werden. Eine Anfechtungsklage ist jedoch nicht zulässig, wenn das Kind einen mit der Geburtsurkunde übereinstimmenden, fortdauernden Statusbesitz[229] hat, d.h. wenn das Abstammungsverhältnis durch sozial affektive Tatsachen bewiesen wird.[230] Vater des Kindes ist von Rechts wegen der Ehemann der Mutter des Kindes, welches innerhalb der Ehe oder weniger als dreihundert Tage nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe oder nach dem Verschwinden des Ehemannes[231] geboren wird.[232] Wird das Kind nach einer erneuten Eheschließung der Mutter und weniger als dreihundert Tage nach Auflösung der vorherigen Ehe geboren, gilt der neue Ehemann als Vater des Kindes.[233] Der Ehemann, die Mutter, der Mann, der die Vaterschaft für sich in Anspruch nimmt, die Frau, die die Mitmutterschaft für sich in Anspruch nimmt,[234] oder das Kind[235] können die vermutete Vaterschaft des Ehemannes mit allen Beweismitteln anfechten, es sei denn, das Kind hat dem Ehemann gegenüber einen fortdauernden Statusbesitz.[236]

Steht die Vaterschaft nicht aufgrund der vorangehenden Vermutung fest, kann gegebenenfalls eine Mitmutterschaftsvermutung aufgrund der Bestimmungen von Art. 325/1 ff. ZGB herangezogen werden.[237] Diese Mitmutterschaftsvermutung kann von der Mutter, dem Kind, der Mitmutter, hinsichtlich derer die Abstammung feststeht, der Frau, die die Mitmutterschaft für sich in Anspruch nimmt, und dem Mann, der die Vaterschaft für sich in Anspruch nimmt, angefochten werden. Die Mitmutterschaftsvermutung beruht auf der Annahme, dass im Rahmen einer Ehe zwischen zwei Frauen das Kind durch medizinisch assistierte Fortpflanzung gemäß Art. 7 des Gesetzes vom 6.7.2007 über die medizinisch assistierte Fortpflanzung gezeugt wurde.

[229] Gemäß Art. 331nonies ZGB ergibt sich der fortdauernde Statusbesitz aus Tatsachen, die zusammen oder getrennt auf das Abstammungsverhältnis hindeuten. Diese Tatsachen sind u.a.: 1. dass das Kind stets den Namen der Person getragen hat, von der man sagt, dass es abstammt; 2. dass Letztgenannte es immer wie ihr eigenes Kind behandelt hat; 3. dass die Person in ihrer Eigenschaft als Vater bzw. Mutter für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes gesorgt hat; 4. dass das Kind die Person wie seinen Vater bzw. wie seine Mutter behandelt hat; 5. dass es als Kind dieser Person von der Familie und in der Gesellschaft anerkannt wird; 6. dass die öffentlichen Behörden es als solches ansehen.
[230] Art. 312 § 2 ZGB. Diese gesetzliche Regel verleiht also dem sozial-affektiven Mutter-Kind-Verhältnis Vorrang gegenüber der biologischen Wirklichkeit. Vgl. hierzu auch Pintens, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Belgien, S. 55.
[231] Festgestellt durch eine gerichtliche Verschollenheitsvermutung.
[232] Art. 315 und 316 ZGB.
[234] Diese Anfechtungsklage ist jedoch nur dann begründet, wenn seine Vaterschaft erwiesen ist (Art. 318 § 5 ZGB).
[235] Unter gewissen Voraussetzungen auch die Nachkommen und Vorfahren des verstorbenen Ehemanns, der als Vater gilt, und der geschiedene Gatte der wiederverheirateten Mutter.
[236] Art. 318 ZGB. Zu den Anfechtungsfristen vgl. Pintens, Belgisches Familien- und Erbrecht 2006–2007, FamRZ 2007, 1491.
[237] Gesetz vom 5.5.2014.

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