2.1 Belegschaftsbefragungen als kontinuierlicher Prozess

Die Belegschaftsbefragung zeigt das aktuelle Bild der Belastungen und Gefährdungen im Zeitpunkt der Befragung auf. Die Belastungen können sich durch neue betriebliche Anforderungen und Gegebenheiten jedoch im Laufe der Zeit ändern. Im Idealfall werden die Befragungen daher in regelmäßigen Abständen wiederholt und somit dem neuesten betrieblichen Stand angepasst.

 
Praxis-Tipp

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Eine einmalige Befragung ohne spürbare Folgen sendet ein falsches Signal an die Belegschaft. Bei der Belegschaft sollte das Bewusstsein geschaffen werden, dass die Befragungen die Gesundheitsförderung als kontinuierlicher Verbesserungsprozess zum Ziel haben. Abhängig von

  • der Art der aufzuspürenden Belastung,
  • den sich daraus ergebenden Maßnahmen und
  • der Einschätzung ihrer Wirkungsweise bzw.
  • möglichen Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern

sind Wiederholungsbefragungen anzusetzen.

 
Praxis-Beispiel

Folgebefragung

Ergibt eine Belegschaftsbefragung, dass Arbeitsplätze rückenunfreundlich ausgestaltet sind, bietet sich eine Rückenschulungsmaßnahme an. Im Rahmen der Folgebefragung sollte unmittelbar die Akzeptanz des angebotenen Schulungsprogramms und mögliche positive Folgen der Maßnahme abgefragt werden.

2.2 Transparent kommunizieren

Eine Belegschaftsbefragung greift – selbst wenn sie anonym erfolgt – in die engere Sphäre des Arbeitnehmers ein. Die richtige Kommunikation ermöglicht optimale Ergebnisse.

 
Praxis-Tipp

Sinn und Zweck der Befragung darlegen

Nur wenn der Arbeitnehmer weiß,

  • was die Befragung bezweckt,
  • wer sie durchführt,
  • wie die Anonymität gewährleistet ist,
  • was dabei herausgekommen ist,
  • welche Folgemaßnahmen ergriffen werden und
  • wie deren Wirksamkeit geprüft wird,

wird er den Sinn der Maßnahme erkennen und bereit sein, sich zu öffnen und möglichst alle Fragen zu beantworten.

Die Mittel der Kommunikation sind vielfältig. Es empfiehlt sich, die Ergebnisse und die abgeleiteten Maßnahmen im Rahmen einer Mitarbeiter- oder Betriebsversammlung (§§ 42 ff. BetrVG) vorzustellen, um Rückfragen und eine offene Diskussion zu ermöglichen.

 
Praxis-Tipp

Fragebogen gestalten

Wenn sich Arbeitnehmer gedanklich zu lange mit der Sinnhaftigkeit einzelner Fragen auseinandersetzen müssen, wirkt sich dies negativ auf die Teilnahmebereitschaft aus. Um der Vielfalt der Belegschaft und den jeweiligen Bildungsstandards einzelner Mitarbeiter gerecht zu werden, sollten die Fragebögen sprachlich so einfach und verständlich wie möglich gestaltet sein.

2.3 Keine "Gießkannenbefragung"

Nicht alle Mitarbeiter haben vergleichbare Probleme. Menschen in Produktionsprozessen, in der Verwaltung, im Homeoffice oder im Außendienst erleben ihren Alltag unterschiedlich, leiden unter unterschiedlichen Belastungen, die man in einem "Rundumschlag" nicht erfassen und bewerten kann. Selbst der "Stress" wird in diesen Bereichen unterschiedlich erlebt und verarbeitet, sodass es sich anbietet, nach Belastungsbereichen und Art der Tätigkeiten zu differenzieren.

 
Praxis-Tipp

Belastungsszenarien feststellen

Selbst bei dieser Vorgehensweise ist es möglich, durch einzelne Fragen, die sich in allen Bereichen wiederholen, z. B. auch die unterschiedliche Einschätzung einheitlicher Belastungsszenarien hinsichtlich deren Gesundheitsschädlichkeit festzustellen!

Es liegt auf der Hand, dass bei einer differenzierten Befragung neben einer grundsätzlichen Kommunikation im Unternehmen auch eine differenzierte Kommunikation in den einzelnen Befragungsbereichen stattfinden muss.

2.4 Fragebogen professionell gestalten

Die richtige Gestaltung des Fragebogens, die richtigen Fragestellungen, der Sinn von offenen und geschlossenen Fragen – das alles ist eine Wissenschaft für sich. Und so wie der Arbeitgeber das Controlling den Fachleuten überlässt, sollte auch die Erstellung der Fragebögen das Werk von Profis sein.

 
Praxis-Tipp

Fragen professionell aufbereiten

Gerade dann, wenn es um die Befragung zu psychischen Belastungen geht, gehen die Fragen weit in die Privatsphäre des Arbeitnehmers[1] und müssen daher professionell aufbereitet sein.

[1] Siehe hierzu die Musterbetriebsvereinbarung "Betriebsvereinbarung zur Vermeidung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz".

2.5 Folgemaßnahmen festlegen

Eine umfangreiche Befragung wird in der Regel Probleme aufzeigen, für welche im bisherigen Arbeitsschutzmanagement des Unternehmens

  • keine,
  • nicht zutreffende oder
  • nicht ausreichende

Lösungsansätze erarbeitet wurden.

Werden Maßnahmen daraufhin neu in die Wege geleitet oder bisherige Prozesse angepasst, so sollte dieses immer unter Bezugnahme auf die Befragung stattfinden, um den Arbeitnehmern den Zusammenhang offenzulegen.

 
Praxis-Tipp

Unbequeme Wahrheiten

Bei Befragungen kommen auch "unbequeme Wahrheiten" an den Tag, denen man sich spätestens nun annehmen sollte!

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